Die Schwarzen Perlen - Folge 05 - O. S. Winterfield - E-Book

Die Schwarzen Perlen - Folge 05 E-Book

O. S. Winterfield

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Beschreibung

Angetrieben von der Hoffnung, den geliebten Mann endlich wieder in die Arme schließen zu können, begibt sich Stella auf eine abenteuerliche Reise in die geheimnisvolle Welt von Tausendundeiner Nacht. Sie spürt, dass Gaston sich in großer Gefahr befindet, und vielleicht ist sie die Einzige, die ihm noch helfen kann.

Doch als sie ihm endlich gegenübersteht, muss sie feststellen, dass sie zu spät kommt...

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Seitenzahl: 140

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Inhalt

Cover

Impressum

Ein Tanz für den Scheich

Vorschau

BASTEI ENTERTAINMENT

Vollständige E-Book-Ausgabe der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe

Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG

© 2015 by Bastei Lübbe AG, Köln

Verlagsleiter Romanhefte: Dr. Florian Marzin

Verantwortlich für den Inhalt

Titelbild: shutterstock / Iancu Christian

Datenkonvertierung E-Book: Blickpunkt Werbe- und Verlagsgesellschaft mbH, Satzstudio Potsdam

ISBN 978-3-7325-0412-1

www.bastei-entertainment.de

www.lesejury.de

Ein Tanz für den Scheich

Von O. S. Winterfield

In Monte Carlo fand Stella endlich General Harold Sutton, der vor sechzehn Jahren mit ihrer Mutter befreundet gewesen war. Doch was sie von ihm erfahren musste, war für die junge Frau ein Schock: Lady Olivia war damals von einem Mädchenhändler entführt worden! Der General vermutete, dass dieser aus Damaskus stammte, doch alle Spuren hatten sich im Sand verlaufen.

Damaskus! Stella schluckte. Dorthin war doch auch Gaston verschwunden! Es musste wohl Schicksal sein, dass die Spuren der beiden Menschen, die sie am meisten liebte, in diese geheimnisvolle Stadt im Orient führten.

Und so begibt sich Stella auf eine abenteuerliche Reise in die Welt von Tausendundeiner Nacht …

Stella Douglas öffnete die Augen. Sie sah sich verwundert um. Träumte sie, oder hatte wirklich jemand gesagt: »Bitte, aufwachen, Mademoiselle, wir landen bald.«

Landen? Stella rieb sich den Schlaf aus den Augen, um ihren Mund legte sich ein Lächeln. Ja, wir landen in Damaskus! Ich bin auf dem Weg zu Gaston!

Dieser glückliche Gedanke machte sie ganz munter. Sie beugte sich zum Kabinenfenster des Flugzeuges.

Die Morgendämmerung hatte schon eingesetzt. Spät am Abend war sie in Cannes abgeflogen. Sie hatte noch die Lichter der Häuser von Antibes gesehen. Eines davon, am Hang oben, gehörte Gaston. Dort war sie mit ihm glücklich gewesen, aber dort hatte er sie auch allein gelassen – weil seine abenteuerliche Vergangenheit ihn verfolgt und seine Partner ihn gezwungen hatten, in Damaskus ein Geschäft abzuschließen. Aber nun würde sie dem geliebten Mann helfen, sich aus den Verstrickungen zu lösen.

Außerdem hatte Gaston ihr versprochen, sein abenteuerliches Leben aufzugeben und sich mit ihr eine gemeinsame Zukunft aufzubauen.

Stella sah auf das Meer hinunter. Weiße Schaumkronen ritten auf den bewegten Wellen. Schon waren die Gebirgszüge des Libanon zu erkennen, schroffe kahle Berge.

»Bitte, anschnallen und das Rauchen einstellen«, erklang die Stimme der Stewardess.

Fieberhafte Erwartung bemächtigte sich Stellas. Ihr Blick hing an den langen Rollbahnen und an dem modernen Flughafenbau. Sein grelles Weiß blendete sie.

Jetzt setzte das Flugzeug auf und rollte langsam aus.

Stella löste den Gurt und griff nach ihrem Handgepäck. Beim Verlassen des Flugzeugs traf sie die Hitze draußen wie ein Schlag. Sie ging mit den anderen Passagieren den Flugsteig entlang, passierte die Kontrolle und stellte sich vor dem Förderband an, auf dem die Koffer herangerollt kamen.

Ein Gemisch von Gerüchen umgab Stella. Wie eine Wolke hing es in der Halle – Knoblauch, Ambra und Moschus schienen vorzuherrschen.

Zahlreiche Menschen strömten zum Ausgang. Stella erschrak von dem Stimmengeschwirr. Die Sprache dieses Landes war ihr fremd, aber mit ihrer Muttersprache Englisch und mit ihrem perfekten Französisch würde sie sich gewiss verständigen können.

Sie nahm ihren Koffer und ging damit ins Freie. Dort erblickte sie einen altersschwachen Bus. Sie atmete auf, als sie erkannte, dass die Route, die er fuhr, auch in französischer Sprache ausgezeichnet war.

Der Bus fuhr ins Zentrum. Stella stieg ein. Sie wollte zum Hotel Dimasho. Es sollte eines der besten Hotels in Damaskus sein, also nahm sie an, dass sie es im Zentrum finden würde.

Obwohl das Fahrzeug wenig vertrauenserweckend aussah, kletterte Stella rasch hinein. Schüchtern setzte sie sich neben eine Frau, die einen Korb mit gackernden Hühnern auf dem Schoß hielt. Der Bus ruckte an und fuhr los. Stella sah aus dem Fenster.

Kubusförmige Häuser mit Dachkuppeln säumten die Straße. Hühner stoben gackernd auseinander, und manchmal musste der Fahrer scharf bremsen, weil ein Esel mitten auf der Fahrbahn stand. Je näher sie der Stadt kamen, desto belebter wurden die Straßen. Der Bus hielt mit einem jähen Ruck. Die Frau mit den Hühnern stieg aus.

Stella sah entzückt auf eine vielkuppelige Moschee, neben der spitz das Minarett aufragte. Hoch oben konnte sie auf der Galerie des Minaretts den Muezzin erkennen, der die Gläubigen zum Gebet rief. Er begann jetzt mit lauter, monotoner Stimme zu rezitieren.

Der Bus fuhr weiter. Der Singsang des Muezzins blieb zurück, wurde schwächer und verstummte schließlich ganz. Verwirrt nahm Stella die Vielfalt der Häuser, der Straßen und Plätze und der Basare mit den vielen Menschen wahr.

Der Bus hielt abermals. Diesmal im Zentrum von Damaskus. Die Straßen waren breit. Viele Autos rollten darüber. Die Häuser hier, alle mehrstöckig, hätten auch irgendwo in Europa stehen können. Stella griff nach ihrem Koffer und beeilte sich, hinauszukommen. Sie wusste selbst nicht, was sie dazu veranlasste, gerade hier auszusteigen. Sie folgte ganz einfach einem Impuls.

Nun überquerte sie die Straße, um in den Schatten von hohen Palmen zu kommen.

Zwei junge Syrer kamen ihr entgegen und riefen ihr etwas zu. Schnell ging Stella weiter. Die fremde Umwelt bedrückte sie immer mehr. Vielleicht sollte sie doch nicht zu Fuß weitergehen, sie würde später noch Zeit haben, sich in Damaskus umzusehen. Mit Gaston.

Dieser Gedanke ließ sie neben einem Taxi stehen bleiben. Der Fahrer verstand sie, als sie verlangte, ins Hotel Dimasho gebracht zu werden.

Schon nach zehn Minuten hielt das Taxi. Stella bezahlte und blieb noch vor dem Hotel stehen. Es war ein pompöser Bau. Langsam ging sie einige Stufen hinauf. Immer wieder setzte sie ihren Koffer ab, allmählich wurde er ihr zu schwer.

Aber da kam ihr aus der Hotelhalle schon ein Boy entgegengelaufen. Ein hübscher Junge mit großen dunklen Augen. Als er hörte, dass Stella französisch sprach, stellte er sich sogleich darauf ein. Er führte sie zum Empfangschef.

Stella fragte nach Gaston Germain. Und dann setzte sie hinzu: »Habe ich mit Ihnen telefoniert?«

»Von wo, Mademoiselle?«

»Aus Antibes an der Riviera, Monsieur.«

»Ich kann mich nicht erinnern. Aber verstehe ich Sie richtig, Sie fragen nach Monsieur Germain?«

»Ja. Er hat in Ihrem Hotel ein Zimmer gemietet. Auf unbestimmte Zeit. Das wurde mir jedenfalls am Telefon gesagt.«

»Das stimmt sogar. Aber Monsieur Germain hat unser Hotel verlassen.«

»Für immer?«, fragte Stella.

Ihr Herz schlug dumpf und bang. Wenn Gaston nun inzwischen nach Europa zurückgekehrt war? Vielleicht in der vergangenen Nacht, während sie nach Damaskus flog.

»Das wird sich erst herausstellen. Bitte, fahren Sie zur französischen Botschaft, um sich nach Monsieur Germain zu erkundigen. Ich kann Ihnen leider keine nähere Auskunft geben. Aber auf der Botschaft weiß man bestimmt, wo Monsieur Germain ist.«

Zunächst sah sich Stella hilflos um, dann hielt sie den Rat für richtig, sich auf der Botschaft nach Gaston zu erkundigen.

»Kann ich meinen Koffer solange bei Ihnen lassen?«, fragte sie.

»Selbstverständlich, Mademoiselle.« Der Empfangschef gab dem Boy einen Wink und bat ihn auch, ein Taxi für Stella zu rufen.

***

Auf der Botschaft wurde Stellas Geduld auf eine harte Probe gestellt.

Schließlich empfing sie ein sehr unfreundlicher Angestellter. »In welchem Verhältnis stehen Sie zu Monsieur Germain?«, fragte er.

»Ich bin seine Verlobte«, sagte Stella mutig. »Er wusste nicht, dass ich komme. Ich wollte ihn überraschen. Warum macht man im Hotel Dimasho solch ein Geheimnis um Gaston Germains Aufenthalt?«

Stella bekam Angst. Sie dachte daran, dass Gaston Feinde hatte. Unter seinen Partnern. War sie doch zu spät gekommen, um ihn zu warnen?

»Monsieur Germain befindet sich im Untersuchungsgefängnis des Polizeipräsidiums. Er hat gegen die Gesetze Syriens verstoßen. Lassen Sie die Finger von diesem Mann. Mademoiselle, nehmen Sie die nächste Maschine und fliegen Sie nach Hause zurück.«

»Niemals«, sagte Stella heftig. »Ich liebe Gaston, und er liebt mich. Das wäre eine armselige Liebe, die bei der ersten Probe versagt. Ich werde versuchen, Gaston zu helfen. Seine Verhaftung muss ein Irrtum sein, der sich rasch aufklären wird. Ich muss dankbar sein, dass ich die Eingebung hatte, nach Damaskus zu fliegen.«

»Bitte«, sagte der Beamte höflich, doch distanziert. »Ich habe Sie gewarnt. Sie müssen wissen, was Sie tun.«

Er hatte sich erhoben und deutete damit an, dass er die Unterhaltung als beendet ansah. Stella bedankte sich und verließ die Botschaft.

Sie winkte ein Taxi heran und fuhr auf dem schnellsten Weg zum Polizeipräsidium.

Man erlaubte ihr, Gaston zu besuchen. Allerdings musste sie ihre Handtasche zurücklassen und eine Leibesvisitation durch eine Beamtin über sich ergehen lassen. Dann führte sie ein Wärter in den Keller hinunter, wo sich die Zellen und auch das Sprechzimmer befanden.

Ein kalter Schauer überlief Stella, als sie dem Mann durch den langen Gang mit den vielen Eisentüren folgte. Er ließ sie in einen Raum eintreten und verschloss hinter ihr die Tür.

Stella blieb bei der Tür stehen. Sie wartete ungeduldig. Ihr Herz klopfte, und ihre Wangen glühten. Gleich würde sie Gaston wiedersehen.

Sie hörte Schritte und das Knirschen des Schlüssels im Schloss. Dann betrat Gaston die Besuchszelle. Hinter ihm kam der Wärter.

Gaston trug einen hellen Straßenanzug und war sorgfältig rasiert. Er sah Stella ungläubig an.

Sie wollte auf ihn zulaufen, ihn umarmen, doch der Wärter hinderte sie daran. Er trat zwischen sie und Gaston. »Non, non«, sagte er und deutete auf einen Stuhl an der einen Wand für Stella und einen an der anderen Wand für Gaston.

Der Wärter lehnte sich gelangweilt an die Tür.

In Gastons Augen stand jene zärtliche Liebe, nach der sich Stella so sehr gesehnt hatte. Sie konnte nicht begreifen, dass sie jetzt wohl dem geliebten Mann gegenüberstand, sich aber nicht in seine Arme flüchten konnte.

»Wie bist du nur auf den Gedanken gekommen, mich zu suchen, Stella? Ich muss träumen.« Gaston strich sich über die Augen. »Ich musste dich in Monte Carlo allein zurücklassen, kleine geliebte Lady. Es blieb mir gerade noch eine Gelegenheit, dir einen Brief zu schicken. Hast du ihn bekommen?«

»Ja, Gaston. Und ich habe getan, was du von mir verlangt hast.« Stellas Augen strahlten. »Ich habe jede Minute, jede Sekunde an dich gedacht.« Ihr Gesicht wurde sehr ernst. »Aber wir haben sicher jetzt keine Zeit, darüber zu sprechen.« Scheu sah sie zu dem Wärter an der Tür. »Wieso hat man dich verhaftet, Gaston?«

»Irgendjemand muss mich denunziert haben. Hier sieht man mich als Feind des Landes an. Ich werde etwas tun müssen, um das Gegenteil zu beweisen.« Seine Stimme wurde etwas leiser. »Stella, du kannst mir helfen. Ich habe einen Brief vorbereitet. Dieser Brief kann mich retten, wenn du ihn zu der Adresse bringst, die darauf steht. Würdest du das für mich tun, Stella? Für uns?« Gaston hatte jetzt englisch gesprochen. Wohl, weil er annahm, der Wärter würde ihn dann nicht verstehen.

»Du weißt, dass ich alles für dich tue, Gaston. Wenn wir nur wieder in unser kleines Haus in Antibes zurückkehren können. Beeile dich, Gaston.«

Gaston sprach jetzt einige Worte mit dem Wärter in einer arabischen Sprache. Dann schloss er Stella überraschend schnell in die Arme. Er küsste sie. Stella spürte, wie er blitzschnell etwas in ihren Ausschnitt schob. Noch ein Kuss, dann trat er von ihr zurück.

»Ich liebe dich, kleine Lady. Ich kann es wirklich kaum mehr erwarten, endlich wieder mit dir allein zu sein. Au revoir, Chérie.«

***

Wenig später nahm Stella ihre Handtasche in Empfang und verließ das Polizeipräsidium. Man hatte sie nicht mehr durchsucht. Trotzdem zog sie den Brief erst hervor, als sie auf der Straße stand.

Sie war erleichtert, dass das Taxi, mit dem sie hergekommen war, noch am Straßenrand stand. Sie stieg ein und nannte dem Fahrer die Adresse, die sie auf dem Kuvert gelesen hatte.

Die Fahrt dauerte fast eine Stunde. Schließlich hielt der Wagen in einer engen Straße vor einem mehrstöckigen Haus.

»Bitte, warten Sie hier auf mich«, sagte Stella zu dem Fahrer, bevor sie ausstieg. Sie ging auf die Haustür zu. Vergeblich suchte sie nach Namensschildern. Sie erschrak, als plötzlich die Haustür geöffnet wurde.

Vor ihr stand ein großer, breitschultriger Schwarzer. Er lächelte und entblößte dabei seine schneeweißen Zähne.

»Bitte«, sagte Stella, »ich möchte zu Monsieur Abdellah Sikri. Es ist sehr dringend.«

Der Schwarze hob die Schultern und sah Stella bedauernd an.

»Ich darf Monsieur Sikri nicht stören. Streng verboten. Siesta. Verstehen Sie?«

»Bitte«, flehte Stella. »Bitte, führen Sie mich zu Ihrem Herrn. Es ist sehr wichtig, es geht um Leben oder Tod.«

Sie hatte eine Münze aus ihrer Tasche gesucht und sie dem Schwarzen gegeben. In ihrer Erregung legte sie eine Hand auf seinen Arm.

»Also gut«, meinte der Schwarze schließlich. »Stockwerk drei. Hier ist der Fahrstuhl.«

Er öffnete die Tür des altersschwachen Lifts und verschloss sie hinter Stella. Der Lift war ein schmaler Gitterkäfig, der ächzte und stöhnte, als er sich gemächlich aufwärts bewegte. Im dritten Stock hielt er mit einem Ruck an. Stella stieg aus und ging auf eine Tür zu. Dort drückte sie auf den Klingelknopf.

Sekunden später wurde die Tür geöffnet. Ein höchstens dreizehn Jahre alter Junge funkelte sie aus schwarzen Augen erstaunt an.

»Monsieur Sikri?«, fragte Stella und zeigte auf die Tür.

Dann nahm sie den Brief und hielt ihn dem Jungen vor die Augen. Er schüttelte den Kopf. Wahrscheinlich konnte er nicht lesen.

»Monsieur Sikri Siesta«, erklärte er in undeutlichem Französisch. »Mich wegjagen, wenn jetzt stören.«

»Ich muss ihn aber sofort sprechen!«, rief Stella laut.

Der Junge schüttelte wieder den Kopf. Nun versuchte es Stella mit einer kleinen Bestechung. Sie reichte dem Jungen eine Münze.

»Mitkommen.« Der Junge lächelte zufrieden, nachdem er die Münze eingesteckt hatte.

Er ging voran und öffnete eine Tür, die in einen mit schäbiger Eleganz eingerichteten Raum führte.

Die Jalousien waren heruntergelassen, und das durch die schmalen Schlitze hereindringende Tageslicht malte ein strenges Streifenmuster auf den abgetretenen Teppich. Der Raum stellte eine Art Salon dar. Um ein giftgrünes Plüschsofa gruppierten sich klobige Sessel. Dazwischen stand ein runder Tisch. Auf diesem befand sich eine Schale mit verstaubtem künstlichen Obst.

Stella nahm das alles nur undeutlich wahr. Mit angespannter Aufmerksamkeit lauschte sie auf die Geräusche in der Wohnung und wartete darauf, dass Monsieur Sikri endlich erschien.

Sie hatte sich nicht gesetzt, sondern war mitten im Zimmer stehen geblieben. So sah sie Sikri gleich, als er aus dem gegenüberliegenden Raum trat. Es musste sein Schlafzimmer sein. Stella sah durch die geöffnete Tür ein großes Bett mit zerwühlten Kissen.

Ein dicklicher, glatzköpfiger Mann stand vor ihr. Sein Alter war schwer zu schätzen. Er mochte Mitte vierzig sein. Der seidene Morgenmantel klaffte vorn etwas auseinander und ließ eine behaarte Brust und stämmige Beine sehen.

»Ich bin sehr ärgerlich, dass Sie meine Mittagsruhe stören, Mademoiselle«, sagte Sikri in gutem Französisch. Während er sprach, hatte er sich auf das Sofa gesetzt.

Stella nahm den Brief und legte ihn vor Sikri auf den Tisch.

»Gaston Germain braucht dringend Ihre Hilfe, Monsieur Sikri. Es ist wirklich sehr wichtig, und ich hoffe, dass ich damit mein Eindringen entschuldigen kann.«

Sikri sah sie verblüfft an, doch er schob den Brief zur Seite.

»Ich werde diese Botschaft später lesen, Mademoiselle. Morgen ist auch noch ein Tag. Sie können am Vormittag kommen und meine Entscheidung hören.«

»Nein, nein!«, rief Stella verzweifelt. »Sie müssen den Brief sofort lesen. Ich bitte Sie sehr herzlich darum. Sind Sie nicht Gastons Freund? Würden Sie nicht auf ihn bauen, wenn Sie in Not wären?«

Sikri stand auf. Der Blick, den er Stella zuwarf, drückte Ärger aus. Doch jetzt griff er endlich nach dem Brief und riss ihn auf. Sein dickes Gesicht rötete sich beängstigend, je länger er las.

»Ist das wahr, Mademoiselle, was mir Gaston da schreibt?«

Stella hatte keine Ahnung vom Inhalt des Briefes. Doch sie sagte sich, dass eine Lüge Gaston vielleicht helfen würde.

Sie nickte. »Natürlich. Jedes Wort ist wahr, Monsieur Sikri. Gaston würde niemals die Unwahrheit sagen. Sie können sich ja durch eine Unterhaltung mit ihm genauestens davon überzeugen.«

Sikri hörte ihr gespannt zu. Als sie schwieg, sprang er auf und lief hinaus. Stella hörte, wie er mit jemandem erregt telefonierte. Schließlich war das Gespräch beendet, und Sikri kehrte zurück.

»Warten Sie, Mademoiselle. Ich kleide mich an. Sie können mich begleiten.«

Er verschwand in seinem Schlafzimmer und schloss die Tür.

Als er zurückkam, trug er einen dunklen Anzug. Auf seinem Kopf saß ein Fez. Sikri hatte sich stark parfümiert. Eine Wolke schwülen Duftes umgab ihn.

Stella hatte das Gefühl, kaum atmen zu können, als sie in der engen Liftkabine neben ihm stand. Sie war froh, als sie im Parterre ausstiegen.

»Ich habe mein Taxi warten lassen«, erklärte sie. »Wenn Sie wollen, können wir es gleich wieder benutzen.«

»Bezahlen Sie. Wir werden mit meinem Wagen fahren«, bestimmte Sikri.

Seit er Gastons Brief gelesen hatte, war er verändert. Ein Ausdruck eitler Wichtigtuerei beherrschte sein Gesicht.

Stella gehorchte. Sie bezahlte den Taxifahrer und stieg dann zu Sikri in einen schwarzen Citroën.

Sie fuhren in halsbrecherischem Tempo durch die Straßen. Als sie schließlich anhielten, erkannte Stella, dass sie sich nicht vor dem Polizeipräsidium befanden. Sie wagte keine Frage zu stellen. Die Posten, die vor einem großen Gebäude standen, und die vielen uniformierten Männer, die sie sah, machten ihr bald klar, dass sie sich vor einer militärischen Dienststelle befanden.