Die schwarzen Perlen - Folge 36 - O. S. Winterfield - E-Book

Die schwarzen Perlen - Folge 36 E-Book

O. S. Winterfield

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Beschreibung

Als Stella nach Ferrymoore zurückkehrt, erwartet sie dort eine große Überraschung. Lady Laura will den Verwalter von Gut Ferrymoore, John Gordon, heiraten und sich sogar kirchlich trauen lassen. Offensichtlich möchte die frühere Teufelsanbeterin endlich ein normales Leben führen.
Doch ihr Entschluss kommt zu spät. Zum ersten Mal stellen sich die Dorfbewohner gegen sie, und auch die unheimlichen Kapuzenmänner wird sie nicht mehr los. Auf der Insel der Toten schmieden die Männer ihre grausamen Pläne, und auf Lady Laura wartet die Nacht der Rache.

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Seitenzahl: 152

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Inhalt

Cover

Impressum

Die Nacht der Rache

Vorschau

BASTEI ENTERTAINMENT

Vollständige E-Book-Ausgabe der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe

Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG

© 2015 by Bastei Lübbe AG, Köln

Verlagsleiter Romanhefte: Dr. Florian Marzin

Verantwortlich für den Inhalt

Titelbild: shutterstock / conrado

Datenkonvertierung E-Book: Blickpunkt Werbe- und Verlagsgesellschaft mbH, Satzstudio Potsdam

ISBN 978-3-7325-2401-3

www.bastei-entertainment.de

www.lesejury.de

Was bisher geschah

Die junge Stella flieht von Ferrymoore Castle. Hass und Feindseligkeit vertreiben die Erbin des altehrwürdigen Schlosses im schottischen Hochland. Auch ihre Mutter Olivia wurde einst zur Flucht gezwungen. Lady Olivia trug damals eine Kette aus kostbaren schwarzen Perlen, denen ein magischer Zauber zugeschrieben wurde. Seitdem blieb sie auf rätselhafte Weise verschwunden.

Die Suche nach Lady Olivia führt Stella um den halben Erdball. Mit jeder Perle findet sie eine Station im geheimnisvollen Leben ihrer Mutter. Aber dabei wird sie selbst das Opfer tragischer Verstrickungen.

Stella verdient sich auf einer Zuckerrohrplantage Geld für die Heimfahrt. Die Plantagenbesitzerin verdächtigt ihren Mann, er wolle sie umbringen. Nur Stella weiß, dass der Verwalter, Manuel Barros, für die Mordanschläge verantwortlich ist. Als Barros das merkt, bringt er Stella zum Flughafen und will sie zwingen, Madeira zu verlassen.

Die Hauptpersonen dieses Romans

Stella Douglas – Lady Olivias Tochter und Erbin von Ferrymoore Castle in Schottland

Dona Madalena – Besitzerin einer Zuckerrohrplantage auf Madeira

Bertram Heyek – Ihr deutscher Ehemann

Dom Manuel Barros – Der Verwalter der Plantage

Louisa – Madalenas Haushälterin

Lady Laura – Die Frau in Schwarz

Mike Hylander – Ihr Bruder und Besitzer des Guts Smallhome

John Gordon – Der Verwalter des Guts Ferrymoore

Jock – Der alte Butler auf Schloss Ferrymoore

Die Kapuzenmänner – Teufelsanbeter

Die Nacht der Rache

von O. S. Winterfield

Als Stella nach Ferrymoore zurückkehrt, erwartet sie dort eine große Überraschung. Lady Laura will den Verwalter von Gut Ferrymoore, John Gordon, heiraten und sich sogar kirchlich trauen lassen. Offensichtlich möchte die frühere Teufelsanbeterin endlich ein normales Leben führen.

Doch ihr Entschluss kommt zu spät. Zum ersten Mal stellen sich die Dorfbewohner gegen sie, und auch die Kapuzenmänner von der Insel der Toten wird sie nicht mehr los. Sie schwören Laura blutige Rache …

Über der Orchideeninsel Madeira zogen dunkle Wolken auf. Sie verhüllten allmählich die leuchtenden Sterne, dann begann es zu regnen.

Stella stand auf. Sie hatte auf dem Rasen hinter einer Pinie gesessen und den Mann beobachtet, der sich an die Hauswand presste und lauschte. Es war Manuel Barros, der Verwalter der Zuckerrohrplantage Carrera.

Die Plantage trug noch den Namen ihres ehemaligen Besitzers. Die junge Herrin hieß jedoch Madalena Heyek. Sie hatte einen Deutschen geheiratet. Doch diese Ehe drohte durch Manuel Barros’ Intrigen in die Brüche zu gehen.

Dessen war sich Stella jetzt ganz sicher. Manuel Barros hatte ihr gegenüber kein Geheimnis daraus gemacht, dass er die reiche Madalena heiraten wollte. Um das zu erreichen, musste er aber zuerst Bertram Heyek ausschalten. Und Manuel Barros hatte es bereits geschafft, dass Madalena ihrem Mann misstraute und ihn für den Initiator all jener mysteriösen Geschehnisse hielt, die sie immer von Neuem erschreckten.

Sogar ich musste Madalena in ihrem Misstrauen noch bestärken, dachte Stella. Manuel Barros hat mich gezwungen, ihr einen Brief zu schreiben, in dem ich ihren Mann schwer belaste.

Stella sah zu den beiden beleuchteten Fenstern und zu der Balkontür im ersten Stock hinauf. Dahinter lag Madalenas Salon.

In diesem Augenblick wurde die Balkontür geöffnet. Madalena trat heraus und stützte sich auf das Geländer. Sie trug ein langes helles Kleid. Der Nieselregen schien ihr nichts auszumachen.

Hinter ihr tauchte Bertram Heyek auf. Doch er blieb auf der Schwelle der Balkontür stehen, als wage er sich nicht bis zu seiner Frau. Hatten sie sich noch immer nicht ausgesprochen? Blieb Madalena bei den furchtbaren Vorwürfen, dass ihr Mann ihr nach dem Leben trachte?

Jetzt richtete sich Madalena auf. Aufmerksam sah sie in den dunklen Park herunter. Nur bei der Eingangspforte brannte eine Laterne. Das wirkte trotz des Regen sehr romantisch.

Das Licht fiel auf rot blühende Kameliensträucher und auf die weißen Federwolken der Akazien.

»Nein! Nein!«, klang es plötzlich gellend vom Balkon herunter.

Madalena schwankte zurück. Ihr Mann zog sie in den Salon hinein. Stella vergaß vor Überraschung ihre Vorsicht und ging einige Schritte über den Rasen. Und nun sah sie, was Madalena so erschreckt hatte: An der Pforte stand der heruntergekommene Fremde, der in den letzten Wochen immer wieder ihren Weg gekreuzt hatte.

Stella kannte diesen Mann, ohne zu wissen, wer er war und wie er hieß. Vor wenigen Stunden hatten er und Manuel Barros sie überwältigt und zum Flughafen bei Santa Cruz gebracht, damit sie nach London zurückflog.

Aber es war Stella gelungen, wieder zu dem weißen Haus auf dem Hügel zurückzukehren. Sie musste Madalena unbedingt helfen.

Plötzlich gab Manuel Barros seinen Lauscherposten an der Hauswand auf. Stella duckte sich schnell hinter eine große dicke Aloe. Manuel Barros lief an ihr vorbei und verschwand mit seinem Komplizen im Dunkel des Parks. Die Gartenpforte stand offen.

Einige Minuten überlegte Stella noch, dann schlich sie den beiden Männern nach. Sie brauchte nicht lange nach ihnen zu suchen. Ihre leisen Stimmen waren zu hören. Sie mussten hinter den Kameliensträuchern stehen.

Stella wagte sich noch einige Schritte vor. Als sie dann stehen blieb, hörte sie den Fremden sagen: »Sie ist nicht abgeflogen, ich habe sie auf der Straße unterhalb der Plantage aus einem Taxi steigen sehen.«

»Hast du den Verstand verloren? Du musst dich geirrt haben. So raffiniert kann diese kleine Schottin nicht sein. Und so lebensmüde auch nicht.« Das war Manuel Barros’ Stimme.

»Ich habe mich nicht geirrt«, beharrte der Mann. »Wie ist das überhaupt, wann kriege ich endlich Geld? Seit Wochen liege ich auf der Lauer, damit ich dieser Dona Madalena immer wieder über den Weg laufen kann. Ein Vergnügen ist das nicht gerade. Ich habe keine Lust, so lange zu warten, bis Sie Dona Madalenas Mann und Herr der Plantage sind. Darüber kann noch viel Zeit vergehen.«

»Meinetwegen, dann bekommst du einen Vorschuss.«

Das Knistern von Papierscheinen war zu hören.

»Besonders viel ist das nicht. Allein dafür, dass ich die Schottin habe zurückkommen sehen, hätte ich eine Extrabelohnung verdient.«

»Warum bist du ihr nicht gefolgt?«, fragte Manuel Barros.

»Die Straße war zu belebt, ich konnte mich nicht so auffällig benehmen. Sie ist hier heraufgegangen, das konnte ich noch beobachten. Aber dann habe ich sie aus den Augen verloren. Aber wo wird sie schon sein? Wahrscheinlich im Haus, bei ihrer Herzensfreundin Dona Madalena.«

»Nein, das ist ganz ausgeschlossen. Ich war auf jeden Fall früher zurück als diese Stella und habe die ganze Zeit an der Hauswand vor der Terrasse gestanden. Wenn jemand zur Pforte hereingekommen wäre, hätte ich das sehen müssen.«

»Dann kann sie nur im Park sein.«

»Und hier werden wir sie finden. Gnade ihr Gott.« Manuel Barros’ Stimme klang lauter, als es auch für seine Situation angebracht war.

Stella erschrak darüber so sehr, dass sie sofort die Flucht ergriff. In ihrer Aufregung achtete sie nicht darauf, dass sie durch den Lichtschein der Laterne lief.

Beide Männer stießen einen Schrei aus und folgten Stella mit großen Sprüngen. Obwohl es dunkel war, blieben sie ihr auf den Fersen. Einige Male gelang es ihr noch, einen Haken zu schlagen, aber an der Grenze des Parks fand sie in der dichten Hecke keinen Durchschlupf.

Manuel Barros packte Stella im Nacken und presste ihr die Hand auf den Mund. Ihr Hilfeschrei erstickte.

»Wohin mit ihr?«, fragte der Fremde.

»Wohin wohl?« Manuel Barros schüttelte Stella und fluchte wild. »Ich habe dir Gelegenheit gegeben, zu entkommen. Du könntest morgen unter einer Daunendecke in deinem Schloss liegen, aber das wolltest du ja nicht. Nun sollst du sehen, dass ich nicht mit mir spaßen lasse.« Er gab Stella einen Stoß, sodass sie zu Boden stürzte. »Los, sie kommt dorthin, wo Louisa ist.«

Der Fremde zog Stella vom Boden hoch. Seine Hände packten noch fester zu als Manuel Barros’. Stella war der Gewalt der beiden Männer ausgeliefert. Sobald sie sich wehrte, bekam sie grobe Stöße. Die beiden zwängten sie durch die Hecke, sodass ihr Kleid zerriss und ihre Haut eingeritzt wurde.

Stella konnte nur noch auf ihre Handtasche achten. Das merkten die Männer in ihrer Erregung gar nicht. Für Stella gab es in dieser Not nur eines: ihre schwarze Perle behalten zu dürfen, die in einem kleinen Fach der Handtasche steckte.

***

Inzwischen hatte es aufgehört zu regnen, die dunklen Wolken rissen auf, es waren wieder einige Sterne zu sehen, die Nacht wurde heller.

Entsetzt bemerkte Stella, dass die beiden Männer sie zur Branntweindestillerie brachten, einem alten, schon baufälligen Haus außerhalb des Parks. Erst vor wenigen Tagen war sie auf einem Spaziergang mit Madalena hier vorbeigekommen. Madalena hatte gesagt, dass die Destillerie seit dem Tod ihres Vaters nicht mehr benutzt wurde, aber er habe hier während vieler Jahre Branntwein brennen lassen.

Stella dachte an Manuel Barros’ Bemerkung: »Los, sie kommt dorthin, wo Louisa ist.«

Es stimmte also, die alte Louisa, Madalenas Vertraute, war das Opfer eines Verbrechens geworden. Aber was war mit ihr geschehen?

Der Fremde leuchtete mit einer Taschenlampe, und Manuel Barros schob Stella eine brüchige Treppe hinunter.

»Was haben Sie mit mir vor? Warum verschleppen Sie mich?«, rief Stella und versuchte, sich am Geländer festzuhalten.

Manuel Barros gab ihr statt einer Antwort einen so kräftigen Stoß, dass Stella stolperte und die Treppe hinunterfiel.

Benommen blieb sie auf dem feuchten Boden liegen.

Aber da zerrte Barros sie schon wieder hoch. »Stell keine dummen Fragen. Du weißt, dass ich dich in Madalenas Nähe nicht brauchen kann. Jetzt verschwindest du auf Nimmerwiedersehen.« Er stieß Stella gegen ein Fass. »Bis du hier unten verhungerst, hast du genug Zeit, dir auszumalen, wie herrlich du jetzt auf deinem Schloss in Schottland leben könntest.« Er kehrte um.

Der Fremde leuchtete die Treppe herunter und rief: »Beeilen Sie sich, Dom Manuel. Die Nacht ist bald vorbei.«

Stella schwankte auf die Treppe zu und hob beide Hände. »Das können Sie nicht tun. Nehmen Sie mich mit. Bitte, lassen Sie mich hier nicht zurück. Ich flehe Sie an, ich appelliere an Ihr Gewissen.«

Manuel Barros lachte laut und drehte sich auf halber Treppe um.

»Es ist erschütternd, wie schön du jetzt bitten kannst, kleine Schottin. Aber nun ist es zu spät dazu.«

Er ging weiter und folgte dem Fremden durch die geöffnete Tür.

Das Licht der Taschenlampe erlosch. Stella war im Dunkeln. Sie hörte, wie die schwere Eingangstür abgeschlossen wurde. In panischer Angst zog sich Stella die Treppe hinauf. Der Atem kam keuchend aus ihrer Brust, mit heiserer Stimme schrie sie: »Öffnen Sie! Lassen Sie mich nicht hier. Das können Sie nicht tun!«

Doch ihre Hilferufe hallten nur dumpf durch den Keller und prallten an den dicken Quadermauern ab. Stella tastete über den schmalen Vorplatz oberhalb der Treppe, bis sie die Tür gefunden hatte. Lange Zeit donnerte sie mit beiden Fäusten dagegen, bis sie vor Erschöpfung zusammensank. Die Tür musste voller Schimmel sein. Stella fühlte ihn an ihren Händen. Alles roch modrig, und schon kroch unangenehme Feuchtigkeit in ihre Kleider.

Plötzlich rutschte sie zur Treppe zurück und weiter von einer Stufe zur anderen, bis sie wieder unten im Keller war. Sie hatte vorhin ihre Handtasche verloren. Nun begann sie sie in der Finsternis zu suchen, obwohl sie dabei ab und zu in stinkende Pfützen trat und jedes Mal ziemlich erschrak.

Endlich hielt sie die Tasche in den Händen. Tränen liefen nun über Stellas Gesicht. So verzweifelt sie war, so sehr sie ihre hoffnungslose Lage erkannte, dass sie die schwarze Perle dabeihatte, tröstete sie etwas.

Doch schon nach kurzer Zeit geriet sie wieder in Panik. Lag in diesem Keller vielleicht eine Tote? Die alte Louisa, die hier verhungert war? Manuel Barros musste auch sie hier eingesperrt haben. Er hatte doch gesagt, sie sei hier.

Stella war vor Angst und Grauen wie gelähmt. Sie merkte kaum, dass es etwas heller wurde. Erst als sie die Treppe vor sich erkennen konnte, blickte sie sich um. Und nun atmete sie etwas auf.

In der Wand des Kellers waren Lichtschächte eingelassen, er musste also etwas über den Erdboden herausragen. Freilich waren diese Schächte so verstopft, dass nur dünnes Tageslicht hereinfiel. Doch es gab Stella schon die Hoffnung, dass sie hier nicht zu ersticken brauchte und dass sie sich vielleicht doch bemerkbar machen konnte, wenn jemand vorbeiging.

Die Erinnerung daran, dass Madalena gesagt hatte, es kümmere sich niemand mehr um die Branntweindestillerie, schob sie zur Seite. Jetzt, da sie die Nacht überstanden hatte, stieg auch ihr Lebenswille wieder. Sie wollte hier nicht elend umkommen. Oft genug war sie schon in großen Gefahren gewesen und doch wie durch ein Wunder gerettet worden. Sie stand unter dem Schutz der schwarzen Perle. Das redete sich Stella immer wieder ein.

Nach einer Weile stand sie auf und suchte nach einem Stab, mit dem sie die Lichtschächte erreichen konnte, um den Schmutz durchzustoßen. Dann würde es in dem großen Keller noch heller werden. Aber nirgends fand sie etwas, das sie zu diesem Zweck hätte verwenden können. Und mit den Händen erreichte sie die Schächte nicht.

Erst als Stella weiter in den Keller hineinging, merkte sie, wie groß er war. In der Hoffnung, ein Fenster oder eine Tür zu finden, zwängte sie sich zwischen Stapeln von leeren Fässern durch.

Aber sie suchte vergeblich danach. Je weiter sie ging, desto dunkler wurde es. Hier gab es in den Wänden nicht einmal mehr Lichtschächte, nur vorn an der Treppe schien der Keller Luftzufuhr zu haben und damit auch etwas Licht von draußen.

Als Stella zurückgehen wollte, fand sie sich nicht mehr zurecht. Sie irrte durch ein Labyrinth von schmalen Gängen zwischen den Fässern. Nun verlor sie den kurz aufgeflammten Mut wieder.

Manuel Barros’ Stimme verfolgte sie. »Jetzt verschwindest du auf Nimmerwiedersehen.« Aus der einen Stimme wurde allmählich ein ganzer Chor. Und schließlich ging er in ein Rauschen über. Stella sank zusammen. Sie war nur noch ein hilfloses Bündel Mensch, gemartert von Todesangst.

***

Bertram Heyek hatte seine Frau vom Balkon in den Salon zurückgezogen, damit sie den Fremden an der Gartenpforte nicht mehr sehen konnte. Jetzt erst glaubte er ihr, dass dieser Mann nicht nur in ihrer Einbildung existierte, zum ersten Mal hatte auch er ihn gesehen.

Madalena ließ sich auf die Couch fallen. Als sich ihr Mann über sie neigte, stemmte sie ihre Hände gegen seine Brust.

»Komm mir nicht zu nahe, ich bitte dich. Du lässt mich durch diesen Mann verfolgen, nur du.«

Bertram Heyek richtete sich auf und blickte Madalena verzweifelt an. Sollte er ihr wieder beteuern, wie sehr er sie liebte und dass er mit dem Psychoterror nichts zu tun hatte, den man auf sie ausübte? Madalena wollte ihm nicht mehr glauben. Sie hatte ihn schon beschuldigt, als Stellas Brief gekommen war.

Diesen Brief hielt Madalena nun wieder in den Händen. »Stella warnt mich vor dir, sie ist davon überzeugt, dass du mir nach dem Leben trachtest. Louisa hat mich verlassen, weil sie in diesem Haus nicht mehr leben konnte, in dem ich sterben soll.«

Bertram Heyek hob abwehrend die Hände. »Ich bitte dich, Madalena, wiederhole das nicht immer wieder. Ich verstehe weder, warum Louisa gegangen ist, noch dass Stella diesen Brief geschrieben haben soll. Wenn du mich noch lieben würdest, könntest du mich nicht so quälen. Ich habe immer auf dich Rücksicht genommen, aber bald bin auch ich mit meiner Kraft am Ende. Muss ich mich als Erbschleicher hinstellen lassen? Ich habe meine Heimat verlassen und bin mit dir nach Madeira gegangen, weil ich dich liebe. Was du hier besitzt, war mir gleichgültig. Schon einmal habe ich dir gesagt, komm mit mir nach Deutschland, ich kann für uns beide sorgen.«

Madalena stand auf. Ihr Gesicht war kreidebleich.

»Geh allein, Bertram«, sagte sie leise. Sie schwankte und musste sich auf einen Sessel stützen.

»Ist das dein Ernst, Madalena? Du schickst mich fort?«, fragte Bertram entgeistert.

»Ja. Ich will nicht länger mit dir unter einem Dach leben. Ich will wieder frei sein.«

Bertram streckte die Arme aus, um Madalena an sich zu ziehen. Doch sie wich einen Schritt zurück. Da ließ er die Arme wieder sinken.

»Wenn du es so willst«, sagte er betroffen, »dann gehe ich gleich.«

»Ja, bitte. Ich will nicht mehr in Angst leben müssen.«

Madalena machte jetzt fast einen hysterischen Eindruck. Die Wochen, in denen sie mit immer neuem Schrecken gepeinigt worden war, hatten sie an den Rand des Zusammenbruchs getrieben.

Manuel Barros’ Rechnung ging auf. Madalena trennte sich von ihrem Mann.

An der Tür zum Flur blieb Bertram Heyek noch einmal stehen und drehte sich zu Madalena um.

»Ich werde dich immer lieben, glaube mir, Madalena, ich habe mir dir gegenüber nichts zuschulden kommen lassen.«

Madalena sah auf die Tür, die sich hinter ihrem Mann schloss.

»Der Fluch, das ist der Fluch, den mein Vater heraufbeschworen hat«, flüsterte sie. Plötzlich presste sie die Hände an die Ohren. »Ich höre die Schreie seiner Sklaven. Er lässt sie wieder auspeitschen. Und sie verfluchen ihn. Der Fluch setzt sich fort … Ich darf nicht glücklich sein, sondern muss die Schuld meines Vaters sühnen.«

Madalena setzte sich. Sie hörte die Schritte ihres Mannes, im Flur, auf der Treppe, in der Diele im Erdgeschoss.

Nahm er nichts mit? Ging er ohne Gepäck? Oder würde er wieder zurückkommen?

»Ja, komm zurück, Bertram.« Madalena erschrak vor ihrer eigenen Stimme. »Auch ich werde dich immer lieben, was du mir auch antun wolltest.«

Jetzt fiel die Haustür ins Schloss.

»Er geht.« Madalena stand auf. Sie ging an die Balkontür, um sie zu öffnen und zu rufen: »Komm zurück, Bertram!«

Aber sie tat nichts. Als auch die Gartenpforte zugezogen wurde, drehte sich Madalena um, warf sich auf die Couch und weinte.

***

Die Arbeiter auf der Zuckerrohrplantage Carrera wunderten sich darüber, dass Dona Madalena schon am frühen Morgen durch das Tor ritt. Um diese Zeit war sie noch nie gekommen.

Dasselbe dachte auch der Verwalter Manuel Barros. Er war eben erst aufgestanden und musste sich nun sehr beeilen. Natürlich wollte er mit Madalena sprechen. Er musste doch sehen, in welchem Zustand sie sich befand und ob seine Beobachtung stimmte, dass Bertram Heyek in der vergangenen Nacht das Haus auf dem Hügel für immer verlassen hatte.