Die schwarzen Perlen - Folge 24 - O. S. Winterfield - E-Book

Die schwarzen Perlen - Folge 24 E-Book

O. S. Winterfield

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Beschreibung

Gedankenverloren sitzt Stella im Flugzeug nach England. Warum nur hat sie Patrick verlassen? Erst jetzt wird ihr klar, dass sie mit ihm zusammen sein möchte. Wenn sie doch wenigstens mehr von ihm wüsste als nur seinen Vornamen. Aber sie wollte es ja so. Sie wollte sich nicht schon wieder an einen Menschen binden, nur um dann erneut von ihm getrennt zu werden. Es ist wohl ihr Schicksal, allein zu sein.

Plötzlich reißt eine Stimme Stella aus ihren traurigen Gedanken. Als sie sich umdreht, kann sie kaum glauben, wen sie vor sich sieht. Es ist Patrick! Er ist ihr gefolgt.

Doch die Freude über das Widersehen hält nicht lange an. Es kommt zu Turbulenzen, das Flugzeug muss auf dem Meer notlanden. Und dieses Unglück hat für Patrick schlimme Folgen ...

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Inhalt

Cover

Impressum

Der Mann ohne Gedächtnis

Vorschau

BASTEI ENTERTAINMENT

Vollständige E-Book-Ausgabe der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe

Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG

© 2015 by Bastei Lübbe AG, Köln

Verlagsleiter Romanhefte: Dr. Florian Marzin

Verantwortlich für den Inhalt

Titelbild: shutterstock / Svitozar rohach

Datenkonvertierung E-Book: Blickpunkt Werbe- und Verlagsgesellschaft mbH, Satzstudio Potsdam

ISBN 978-3-7325-1650-6

www.bastei-entertainment.de

www.lesejury.de

Der Mann ohne Gedächtnis

von O. S. Winterfield

Gedankenverloren sitzt Stella im Flugzeug nach England. Warum nur hat sie Patrick verlassen? Erst jetzt wird ihr klar, dass sie mit ihm zusammen sein möchte. Wenn sie doch wenigstens mehr von ihm wüsste als nur seinen Vornamen. Aber sie wollte es ja so. Sie wollte sich nicht schon wieder an einen Menschen binden, nur um dann erneut von ihm getrennt zu werden. Es ist wohl ihr Schicksal, allein zu sein.

Plötzlich reißt eine Stimme Stella aus ihren traurigen Gedanken. Als sie sich umdreht, kann sie kaum glauben, wen sie vor sich sieht. Es ist Patrick! Er ist ihr gefolgt.

Doch die Freude über das Wiedersehen hält nicht lange an. Es kommt zu Turbulenzen, das Flugzeug muss auf dem Meer notlanden. Und dieses Unglück hat für Patrick schlimme Folgen …

Stella Douglas verließ ihr Ferienhaus in der kleinen Bucht von St. Raphael. Mit einer Reisetasche machte sie sich auf den Weg zum Flughafen von Nizza.

Wieder einmal ging sie auf die Suche nach ihrer Mutter, und wieder war es nur eine vage Spur, der sie folgen konnte. Sie wollte nach Cornwall, um dort einen Lord Killnoggin zu finden. An ihn sollte sich ihre Mutter vor vielen Jahren gewandt haben.

Stella blieb stehen und sah noch einmal in die Bucht hinunter. Ihr Gesicht hellte sich auf. Sie dachte an die vergangene Nacht, in der sie mit Patrick auf der Terrasse gesessen hatte. Sie waren sehr glücklich gewesen, obwohl sie so wenig voneinander wussten.

Sie war Patrick unendlich dankbar, weil er sie aus den Fängen des Scharlatans Sir Archibald befreit hatte. Doch dann hatten Patrick und sie voneinander Abschied genommen, weil sie nicht mehr an das Glück der Liebe glauben konnte. Sie wollte nur noch ihre Mutter suchen.

Trotz dieses Vorsatzes dachte Stella auf der Fahrt nach Nizza immer wieder an Patrick. Noch immer spürte sie seine Küsse und hörte seine zärtlichen Worte.

Der Jumbojet, mit dem Stella nach Plymouth fliegen wollte, stand schon bereit. Sie musste sich beeilen. Deshalb bemerkte sie den Passagier nicht, der nach ihr die Gangway heraufkam. Er hatte seinen Platz auf einer der Sitzbänke hinter ihr.

Erst als die Stewardess Kaffee anbot, meinte Stella, eine ihr bekannte Stimme zu hören. Sie drehte sich um, und ihre dunklen Augen begannen zu leuchten – hinter ihr saß Patrick!

Er stand sofort auf und kam zu ihr. »Der Platz neben dir ist frei, Stella. Darf ich mich zu dir setzen?«

Stella nickte. Sie brauchte nichts zu sagen, ihre Augen verrieten ihm, wie sehr sie sich freute. Als Patrick neben ihr saß, zog er verstohlen ihre Hand an die Lippen und küsste sie.

»Eigentlich wollte ich dich erst beim Aussteigen überraschen.« Er rückte noch etwas näher zu ihr. »Aber das Schicksal hat es gut mit mir gemeint, es schenkt mir eine Stunde mehr, die ich mit dir verbringen kann.«

»Wann hast du dich entschlossen, auch von der Riviera abzureisen?«, fragte Stella.

»Sofort, nachdem wir uns getrennt hatten. Du hattest diese Trennung zwar gewollt, aber ich war damit nicht einverstanden.« Er legte den Arm um Stellas Schultern. »Du bist noch sehr angeschlagen von all dem, was du bei diesem schrecklichen Sir Archibald erlebt hast. Ich kann dich nicht allein in neue Abenteuer ziehen lassen. Ich hoffe, du hast nichts dagegen, dass ich dich auf der Suche nach diesem Lord Killnoggin begleite. Wer weiß, was das wieder für ein Verrückter ist.«

Patrick scherzte, aber seine Besorgnis war nicht zu überhören.

Stella vergaß ihren Vorsatz, ihr Herz nicht wieder ganz zu verschenken. Sie spürte, wie wohl ihr Patricks Fürsorge tat.

»Heute Abend werde ich dir erzählen, wer ich bin und wohin ich gehöre«, beschloss Patrick. »Schließlich kannst du es ja nicht immer mit einem Mann zu tun haben, der nur einen Vornamen hat.«

»Bis jetzt fand ich das ganz romantisch.« Stella lachte und lehnte sich an Patrick. »Ich weiß, dass ich zu viel träume.« Sie seufzte. »Dabei ist schon so viel passiert, was mir das Träumen und die Sehnsucht nach Romantik hätte abgewöhnen müssen.«

Patrick sah sie mit strahlenden, verlangenden Augen an. »Ich glaube, ein bisschen Romantik kann ab und zu nicht schaden, oder?«

Ohne ihre Antwort abzuwarten, küsste er sie auf den Mund.

»Oh, Patrick, ich hatte solche Angst vor diesem Flug, vor dem Alleinsein. Ich redete mir ein, von dir Abschied nehmen zu müssen. Ich ließ meinen Verstand entscheiden und nicht mein Herz.« Stellas Hand schmiegte sich in Patricks. »Aber jetzt hast du für uns beide entschieden, und ich füge mich gern.«

Patrick lachte und drückte sie etwas fester an sich. »Nun, du könntest jetzt auch schlecht aus dem Flugzeug aussteigen.« Sein Gesicht wurde ernst. »Aber vielleicht denkst du ganz anders, wenn wir wieder festen Boden unter den Füßen haben.«

»Das glaube ich nicht«, sagte Stella nachdenklich.

»Das glaubst du nur, du weißt es aber nicht sicher.« Patrick sah bestürzt aus. »Ich möchte mich nie mehr von dir trennen.«

Flüchtig gingen seine Gedanken weit zurück. Bis zu einer jungen Frau namens Kathleen. Aber diese Erinnerung verblasste schnell wieder. Neben ihm saß die schönste und liebenswerteste Frau, die er sich wünschen konnte.

Stella strich sich das Haar aus der Stirn. »Vielleicht sollten wir nicht so viel darüber reden. Manches sagt sich so schwer.« Sie sah in Patricks Augen. »Genügt es dir nicht, dass wir jetzt wieder zusammen sind?«

Wieder küsste Patrick sie verstohlen.

Das Flugzeug war bereits über dem Meer und würde bald in Südengland landen. Von Plymouth aus hatte Stella den kürzesten Weg nach Cornwall. Sie beriet jetzt mit Patrick darüber, wo sie sich dort zuerst nach Lord Killnoggin erkundigen wollten.

***

Zur selben Zeit brach im Cockpit Panik aus. Vor wenigen Minuten waren nacheinander zwei der vier Triebwerke ausgefallen, das dritte begann nun zu stottern. Auf der Instrumentenanzeige flammte in diesem Augenblick ein rotes Licht auf – das Warnsignal für Feuergefahr.

Die Hände des Piloten waren schweißnass.

»Bekommst du Antwort?«, rief er seinem Copiloten zu.

»Ja, da ist etwas«, antwortete der mit rauer Stimme.

Das Flugzeug sackte ab.

»Flughöhe tausend Meter«, sagte der Pilot.

Auf dem Instrumentenbrett leuchtete das zweite Warnsignal auf. Akute Feuergefahr.

»Wenn ich die Maschine nicht sofort auf dem Wasser lande, ist das Feuer nicht zu vermeiden!«, schrie der Pilot.

»Ein französisches Schiff meldet sich, die Marseille. Der Kapitän will wissen, wo wir herunterkommen.« Der Copilot war aufgesprungen.

»Gib die genaue Position durch.« Die Gedanken des Piloten überschlugen sich.

»Müssen wir runter?«, erklang eine helle Stimme im Cockpit. Eine der beiden Stewardessen sah mit bleichem Gesicht herein.

»Ja, Jenny, gib es bekannt!«, schrie der Pilot zurück.

Die Stewardess lief in den Mittelgang zwischen den Sitzbänken. Die Passagiere sahen ihr angstvoll entgegen. Es hatte ihnen nicht entgehen können, dass das Flugzeug abgesackt war.

»Meine Damen und Herren«, erklang die helle Stimme der Stewardess, »ich bitte Sie um Ruhe. Wir müssen eine Notlandung auf dem Wasser vornehmen. Es besteht für Sie keine Gefahr, wenn Sie meine Anordnungen befolgen. Bitte legen Sie die Schwimmwesten an.«

Patrick hatte Stella schon die Schwimmweste umgelegt. »Sei ganz ruhig, Stella, wir können nicht mehr allzu weit von der englischen Küste entfernt sein. Und ein guter Pilot meistert eine Notwasserung.« Er schlüpfte in seine Schwimmweste.

»Wirst du bei mir bleiben?«, fragte Stella mit zitternder Stimme. Sie konnte nicht begreifen, dass sie plötzlich in Lebensgefahr waren. Eben hatte sie sich noch so glücklich unterhalten.

Der Luftdruck in der großen Kabine wurde unerträglich, allen war zumute, als würde es ihnen das Trommelfell zerreißen. Sie hörten kaum, dass das Flugzeug auf das Wasser aufkam.

Einer schob den anderen zur Notrutsche. Die Passagiere verhielten sich ziemlich diszipliniert. Alle waren so sehr mit ihren Schwimmwesten und der Rettungsaktion beschäftigt, dass gar keine Zeit für eine Panik blieb.

»Schlauchboote klar!«, schrie jemand.

Die Besatzung stand am Ausstieg und gab ihre Anordnungen.

Die ersten Schlauchboote mit Passagieren schaukelten über die hohen Wellen. Das Meer war aufgewühlt, der Horizont hatte sich verdunkelt. Obwohl es erst später Nachmittag war, kam es allen so vor, als sei es Abend. Der starke Seegang machte die Schlauchboote zu seinem Spielzeug.

Das Flugzeug war beim Aufsetzen beschädigt worden, einzelne Teile trieben im Wasser. An einem von ihnen hielt sich Patrick fest. Er war beim Einsteigen in das Schlauchboot gestoßen worden und ins Meer gestürzt.

Stella saß im Boot. Sie beugte sich weit über den Rand und schrie verzweifelt: »Patrick!«

Sie streckte die Arme aus. In diesem Augenblick verlor sie das Gleichgewicht. Niemand konnte sie festhalten, alle hatten Mühe, sich auf den Boden des Schlauchbootes zu drücken.

Patrick war nicht der Einzige, der im Meer um sein Leben kämpfte. Neben ihm hielt sich der Copilot an einem Leichtmetallteil des Flugzeuges fest. Und er hatte gesehen, dass jemand aus dem Schlauchboot gestürzt war. Er schrie, so laut er konnte, um darauf aufmerksam zu machen.

Patrick blickte zu dem Schlauchboot, zu dem der Copilot zeigte. Er sah Stella nicht mehr. Eben hatte sie doch noch beide Arme nach ihm ausgestreckt.

Jetzt deutete der Copilot auf ein dunkles Bündel, das von einer Welle hochgetragen wurde. Beide Männer schwammen darauf zu. Sie hatten Stella entdeckt und kämpften gemeinsam um ihr Leben.

Immer wieder wurde es vor Patricks Augen dunkel, seine Kraft erlahmte. Und doch schaffte er es noch, Stella in das Schlauchboot zu hieven. Sie war bewusstlos. Als er sich am Rand des Schlauchbootes festhalten wollte, riss ihn eine gischtende Welle weg. Er verschwand vor den Augen der entsetzten Menschen.

Zu dieser Zeit tauchte der Passagierdampfer Marseille auf. Er kam den Verunglückten zu Hilfe und nahm sie an Bord.

Inzwischen näherten sich auch Küstenfahrzeuge. Die Besatzungen suchten noch in der Nacht nach Überlebenden. Die Scheinwerfer verbreiteten ein gespenstisches Licht über das wieder etwas ruhiger gewordene Meer.

Drei Tote wurden geborgen. Vorher war es gelungen, zwei Bewusstlose aus dem Meer zu retten. Sie waren nach Portland ins Krankenhaus gebracht worden.

***

Dort erwachte Stella Douglas noch in der Nacht aus ihrer tiefen Ohnmacht. Aber sie war noch nicht imstande, zu sprechen und Fragen zu stellen.

Niemand kannte ihren Namen, sie hatte alle Papiere verloren. Aber auf dem Nachttisch neben ihrem Bett lag ein abgegriffenes, durchweichtes Portemonnaie. Die Schwester hatte es achtlos dorthin gelegt. Es war kein Geld darin, nur eine einzelne schwarze Perle.

Aber gerade die schwarze Perle wirkte am nächsten Morgen auf die Kranke wie ein Wundermittel. Die Schwester konnte sich nicht genug darüber wundern. Sie hatte vergeblich mit dem Arzt versucht, die Lebensgeister in der Patientin wieder zu wecken. Als diese jetzt die schwarze Perle auf ihrem Handteller liegen hatte, begann sie zu weinen.

Es dauerte einige Zeit, bis sie sich beruhigt hatte. Dann fragte sie: »Sind alle gerettet worden?«

Die Schwester zuckte mit den Schultern. Wohl wusste sie, dass drei Menschen bei der Katastrophe umgekommen waren, aber das wollte sie jetzt der Kranken nicht sagen, um sie nicht zu beunruhigen.

»Wer sind Sie?«, fragte die Schwester. »Wie heißen Sie?«

Stella versuchte, sich aufzusetzen, aber sie sank kraftlos in die Kissen zurück. Ihre Hand umschloss fester die schwarze Perle.

»Ich heiße Stella Douglas«, sagte sie in einem Ton, als müsse sie darüber nachdenken, ob das stimme. »Ja, Stella Douglas«, setzte sie hinzu. »Ich bin aus Schottland.« Jetzt wurde sie unruhig. »Sind noch mehr Gerettete in diesem Krankenhaus?«

»Zwei Männer wurden noch eingeliefert, soviel ich weiß.«

»Und in welchem Krankenhaus bin ich?«, fragte Stella.

»In Portland, Miss Douglas. Ich bin übrigens Schwester Mary.«

»Was fehlt mir?«

Schwester Mary lächelte. »Sie haben zu viel Wasser geschluckt und waren bewusstlos.«

Stella legte die Hand auf die Stirn. »Ich kann mich gar nicht mehr erinnern …« Sie stockte. »Doch, ich bin ins Meer gestürzt. Aus dem Schlauchboot. Ich war ja schon so gut wie gerettet. Aber Patrick …« Jetzt richtete sie sich auf. »Patrick wurde ins Meer gestoßen, als wir in die Schlauchboote wollten.« Sie umklammerte das Handgelenk der Schwester und sah sie entsetzt an. »War niemand bei mir, als ich gebracht wurde?«

»Nur die Sanitäter.«

»Hat auch noch niemand nach mir gefragt?«

»Ich glaube nicht, aber ich kann mich danach erkundigen, Miss Douglas. Sie müssen ganz ruhig liegen bleiben. Sollen wir jemanden darüber verständigen, dass Sie hier liegen?«

Stella schien die Frage nicht gehört zu haben und sah geistesabwesend an die Zimmerdecke. Doch dann antwortete sie plötzlich doch.

»Nein, Sie brauchen niemanden zu verständigen, ich habe keine Familie, Schwester Mary.«

Die Schwester erschrak und bekam Mitleid mit der schönen jungen Frau. »Irgendwelche Angehörige werden Sie doch haben, die sich um Sie sorgen.«

»Nein.« Stella schloss die Augen. »Nur Patrick würde sich um mich sorgen, aber er wird im Meer umgekommen sein.« Zwischen ihren Augenlidern drängten sich Tränen hervor.

Schwester Mary beugte sich über Stella. »Ich werde mich nach diesem Mann erkundigen. Wie heißt er? Patrick …«

Stella öffnete ihre Augen wieder und blickte Schwester Mary hilflos an. »Ich weiß es nicht. Ich kenne nur seinen Vornamen.«

Schwester Mary richtete sich auf und trat einen Schritt zurück, um Stella besser mustern zu können. Sie musste doch noch nicht ganz wach sein. Wie hätte sie sonst um einen Mann weinen können, obwohl sie angeblich nur seinen Vornamen kannte?

»Bestimmt, Schwester Mary, ich kenne nur den Namen Patrick. Bitte erkundigen Sie sich, ob jemand etwas von ihm weiß. Es werden ja wohl nicht so viele Männer an Bord des Flugzeuges gewesen sein, die Patrick hießen.« Stellas Stimme klang jetzt unleidlich. Die Verwunderung der Schwester ärgerte sie.

»Ja, ich werde mich erkundigen.« Schwester Mary verließ das Krankenzimmer.

Wenig später telefonierte sie mit der Hafenpolizei. Dort fragte sie nach, ob einer der Toten mit Vornamen Patrick heiße.

Sie bekam die Antwort, dass man die Toten noch nicht habe identifizieren können, man warte erst auf die Ankunft von Angehörigen verschiedener Passagiere. Bis jetzt sehe es so aus, als seien noch mehr Menschen im Meer umgekommen.

Als Schwester Mary zu Stella zurückkam, sagte sie: »Es ist noch zu früh, um genaue Auskunft zu bekommen. Wir müssen noch Geduld haben.«

Um neuen Fragen auszuweichen, verließ sie das Zimmer schnell wieder.

Stella aber wartete jetzt nur auf Patrick. Solange sie die Augen offen halten konnte, sah sie zur Tür. Und manchmal verfiel sie in Wachträume. Dann sah sie, dass die Tür geöffnet wurde und Patrick hereinkam.

***

Stella wartete nicht nur an diesem Tag vergeblich auf Patrick. Auch der nächste verging, ohne dass sie etwas von ihm erfuhr. Aber man hatte ihr nicht mehr verheimlicht, dass drei Tote aus dem Meer geborgen worden waren. Verwandte hatten die drei inzwischen identifiziert, keiner von ihnen hieß Patrick.

Inzwischen wusste man anhand der Passagierliste, dass eine Frau und drei Männer im Meer umgekommen sein mussten. Man hatte vergeblich nach ihnen gesucht.

Stella ging es inzwischen etwas besser. Nun bestand sie darauf, einen Vertreter der Fluggesellschaft sprechen zu können. Dieser Wunsch wurde ihr erfüllt. Aber dann erlebte sie etwas, das ihr den Verstand zu rauben drohte: Auf der gesamten Passagierliste gab es keinen Mann mit dem Vornamen Patrick.

In ihrer Erregung sprach sie ausführlich von Patrick. Plötzlich horchte Schwester Mary auf und fragte: »Hat Ihr Patrick braunes volles Haar und graue Augen? Ist er groß und schlank?«

Stella presste die Hände auf das wild klopfende Herz. »Ja, Schwester Mary, so sieht Patrick aus.«

»Ich komme gleich wieder zurück, Miss Stella, gedulden Sie sich bitte einige Minuten.«

Schwester Mary lief aufgeregt durch das Krankenhaus, bis sie den Chefarzt Dr. Dickson gefunden hatte.

»Sir, ich glaube herausfinden zu können, wer der mysteriöse Kranke ist«, sprach sie ihn aufgeregt an. »Sie wissen schon, dieser Gerettete, der anscheinend sein Gedächtnis verloren hat.«

Der Chefarzt begleitete Schwester Mary zu Stella, und wenig später wurde diese auf einer fahrbaren Trage auf eine andere Station des Krankenhauses gebracht. Der Arzt hatte Stella nichts von dem Schicksal seines Patienten erzählt.

Die Trage wurde in ein Zimmer gerollt, in dem nur zwei Betten standen. Stella sah sich in dem kleinen Zimmer um, als warte sie darauf, dass ihr jemand entgegenlaufen werde. Aber beide Männer lagen teilnahmslos in ihren Betten und sahen zur Decke.

In dem ersten Bett lag ein älterer Mann mit grau meliertem Haar. Als Stella jedoch zu dem zweiten Bett sah, stützte sie sich mit den Händen fest auf die Trage, ihr Mund öffnete sich, aus ihren Augen stürzten Tränen, aber es dauerte noch Sekunden, ehe sie herausschrie: »Patrick!«

Der Chefarzt und Schwester Mary sahen einander bedeutungsvoll an. Und nun halfen sie Stella von der Trage und führten sie an das Bett.

Stella sank auf den Rand und beugte sich über den Mann. Doch er zog die Bettdecke bis ans Kinn und drehte den Kopf etwas zur Seite.

»Patrick!« Stella sah in die grauen Männeraugen, auf das volle braune Haar, sie streckte die Hand aus und zuckte doch gleich darauf zurück. Ihre Stimme wurde zum Flüstern. »Patrick, wie siehst du mich denn an? Erkennst du mich nicht? Bist du so krank?«

Dr. Dickson beugte sich ebenfalls zu dem Kranken. »Erkennen Sie Miss Douglas nicht?«

»Miss Douglas?«, fragte der Kranke. Er wurde unruhig und musterte Stella, bis er erschöpft die Augen schloss. »Ich weiß nicht, wer Miss Douglas ist, ich erinnere mich nicht.«

Stella begann von Neuem zu weinen, hilflos sah sie zu dem Arzt auf.

»Seien Sie ruhig, Miss Douglas. Das ist kein Grund zur Aufregung. Der Kranke steht noch immer unter dem schweren Schock, den er anscheinend bei der Flugzeugkatastrophe erlitten hat.«