Die Siedler - U.H. Wilken - E-Book

Die Siedler E-Book

U. H. Wilken

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Beschreibung

Der Autor steht für einen unverwechselbaren Schreibstil. Er versteht es besonders plastisch spannende Revolverduelle zu schildern und den ewigen Kampf zwischen einem gesetzestreuen Sheriff und einem Outlaw zu gestalten. Er scheut sich nicht detailliert zu berichten, wenn das Blut fließt und die Fehde um Recht und Gesetz eskaliert. Diese Reihe präsentiert den perfekten Westernmix! Vom Bau der Eisenbahn über Siedlertrecks, die aufbrechen, um das Land für sich zu erobern, bis zu Revolverduellen - hier findet jeder Westernfan die richtige Mischung. Lust auf Prärieluft? Dann laden Sie noch heute die neueste Story herunter (und es kann losgehen). Über sandige Hügel und staubgefüllte Täler schallte das klagende Geheul des Wolfshundes in die klare Sternennacht. Immer wieder rief der Hund in die Wildnis nach Hilfe, lief um die Hütte, wedelte mit dem Schwanz und kehrte zurück zu seinem Herrn, leckte die Wunden und klagte. Aus den Tälern kam das Echo, verlor sich in der Wildnis. Wolfsrudel tauchten an den Hängen des Berges auf. Da erhob sich der Wolfshund, sträubte die Nackenhaare und knurrte tief und feindselig, stellte sich breitbeinig und geduckt halb über den sterbenden Mann und entblößte die Fangzähne. Langsam, zögernd zogen die Wolfsrudel weiter und verschwanden in der Nacht. Hufschlag drang durch die Stille, aus der Hügelfalte kam eine junge, sehnige Gestalt geritten. Das unbeschlagene Pferd trug das Halbblut rasch zur Hütte hinüber. Er sprang vom Pferd und stürzte zu seinem sterbenden Vater. Der Wolfshund winselte und wich kaum zurück. Mit zitternden Händen drehte der junge Halbblut-Indianer seinen weißen Vater auf den Rücken. »Wasser, Chamacco!«, stöhnte der Mann. In-Chamaccos-Augen flackerten die Lichter der Verzweiflung auf. Er sprang auf und lief zum Pferd, zerrte den Wassersack herunter und hetzte zurück. Mühsam trank der Mann. Der Hund lag im Sand, wedelte mit dem Schwanz durch den Staub. »Wo sind Mutter und Ruth?« Chamaccos Stimme zitterte. In seinem Hals würgte es.

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Seitenzahl: 149

Veröffentlichungsjahr: 2025

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Die großen Western – 400 –Die Siedler

U.H. Wilken

Über sandige Hügel und staubgefüllte Täler schallte das klagende Geheul des Wolfshundes in die klare Sternennacht. Immer wieder rief der Hund in die Wildnis nach Hilfe, lief um die Hütte, wedelte mit dem Schwanz und kehrte zurück zu seinem Herrn, leckte die Wunden und klagte. Aus den Tälern kam das Echo, verlor sich in der Wildnis. Wolfsrudel tauchten an den Hängen des Berges auf. Da erhob sich der Wolfshund, sträubte die Nackenhaare und knurrte tief und feindselig, stellte sich breitbeinig und geduckt halb über den sterbenden Mann und entblößte die Fangzähne. Langsam, zögernd zogen die Wolfsrudel weiter und verschwanden in der Nacht.

Hufschlag drang durch die Stille, aus der Hügelfalte kam eine junge, sehnige Gestalt geritten. Das unbeschlagene Pferd trug das Halbblut rasch zur Hütte hinüber. Er sprang vom Pferd und stürzte zu seinem sterbenden Vater. Der Wolfshund winselte und wich kaum zurück. Mit zitternden Händen drehte der junge Halbblut-Indianer seinen weißen Vater auf den Rücken.

»Wasser, Chamacco!«, stöhnte der Mann. In-Chamaccos-Augen flackerten die Lichter der Verzweiflung auf. Er sprang auf und lief zum Pferd, zerrte den Wassersack herunter und hetzte zurück.

Mühsam trank der Mann.

Der Hund lag im Sand, wedelte mit dem Schwanz durch den Staub.

»Wo sind Mutter und Ruth?«

Chamaccos Stimme zitterte. In seinem Hals würgte es. Viele Fragen brannten ihm auf den Lippen, doch nur wenige würde der Vater beantworten können, denn er war von mehreren Schüssen tödlich verletzt.

»Im Haus«, flüsterte er. Das Leben begann aus dem Körper zu weichen. Das Gesicht war schon grau wie der Sand.

Als Chamacco hochwollte, hielt ihn der Vater mit letzter Kraft fest.

»Nicht jetzt, Chamacco – nicht jetzt. Bleib bei mir … Es waren fünf Männer …« Die Stimme wurde zu einem Flüstern, noch leiser als der raunende Nachtwind. »Sind – nach Norden geritten. Fünf Mörder. Einer – heißt Chubby. Ruth war draußen auf dem Feld, als sie kamen. Ruth lief zum Haus, die Fremden kamen ihr nach. Sie schossen mich nieder. Dann …« Er konnte nicht weitersprechen. Der Atem rasselte unregelmäßig.

Chamacco sprang auf, lief zur Hütte, blieb unter der Tür stehen und krümmte sich, presste die Hände an den Körper und stöhnte auf. Er konnte nicht mehr deutlich sehen: Tränen traten ihm in die Augen. Die angespannten Muskeln unter der braunen Haut vibrierten. Er hielt sich an der Tür fest und barg sekundenlang sein Gesicht.

Da hörte er hinter sich wieder das Heulen des Hundes.

Chamacco sah hin und schrie auf. Der Vater lag still am Boden. Die Hände lagen schlaff im Sand.

Steif kam Chamacco heran, ging in die Knie und hockte reglos neben dem Vater.

Der Hund heulte und winselte. Es war das Totenlied für den Herrn.

*

Drei Gräber lagen dicht beieinander neben der Hütte. Der angeschossene Hund schleppte sich kraftlos von einem Grab zum anderen und suchte.

Leise knirschten die Schritte des jungen Mannes durch den Sand. Er zog einen weiten Bogen um das Elternhaus. Das Pferd seines Vaters war nicht mehr im Verschlag hinter der Hütte. Das Feuer im Ofen war verglüht. Unbekannte Hände hatten alles durchwühlt und das wenige Gold an sich gerissen, das der Vater unter dem Schlaflager versteckt hatte.

Chamacco hatte die Wunden des Hundes verbunden, doch das Tier wurde nicht ruhig.

Wieder erreichte Chamacco sein Pferd. Er lehnte sich dagegen, suchte die Wärme des Tieres und biss die Zähne zusammen.

In seinen Adern floss das Blut eines weißen Mannes und einer Indianerfrau vom Stamm der Mescalero-Apachen. Er war sehnig, kräftig geworden von der harten Feldarbeit und hatte die Einsamkeit dieses Tales geliebt. Von der Liebe zum Tal war nichts geblieben. Irgendetwas in ihm war in dieser Stunde erkaltet. Er wusste noch nicht, was er tun sollte, aber er würde irgendetwas tun. Er fürchtete sich davor, das Tal zu verlassen, denn dann würde er auch die Gräber seiner Eltern und seiner Schwester verlassen.

Und doch musste er für immer Abschied nehmen. Er zog sich aufs Pferd und sah mit geröteten Augen nach den Gräbern hinüber.

»Komm!«, rief er heiser. »Komm!«

Der Hund kam näher, blieb stehen, drehte sich um und humpelte winselnd zurück.

Das Tier wollte nicht das Grab seines Herrn verlassen.

Chamacco ritt allein davon.

In dieser Nacht verdunkelte sich der Himmel ungewöhnlich, der Wind wurde stärker, begann zu heulen und trieb Staubwolken über das Land. In heftigen Stößen wurde der Wind zum Sturm. Dieser Sturm vernichtete die Spuren und trieb Chamacco in die Deckung schützender Felsen und Sträucher. Hier verkroch er sich.

Auf einmal sah Chamacco, der Indianerabkömmling, einen grauen Schatten näherkommen. Er riss den alten Colt hinter dem Gurt hervor. Dann aber erkannte er in dem Schatten den Wolfshund.

Winselnd schleppte sich das verwundete Tier durch die wilden Staubwolken und kroch zu Chamacco, kauerte sich bei ihm nieder und legte den Kopf auf die Vorderläufe.

Die Hand des jungen Menschen fuhr vorsichtig und liebkosend durch das verstaubte Fell des treuen Hundes. Der Sturm ließ nach, das Gurgeln entfernte sich, es wurde totenstill.

Chamacco erhob sich, er sah, dass der Himmel klar war. Die Spur der Mörder aber war völlig verwischt.

Er stieg aufs Pferd. Der Hund erhob sich langsam und trottete voraus.

»Such«, flüsterte Chamacco heiser, »finde die Spur, du musst mir helfen, such!« Und der Hund schien diese Worte verstanden zu haben, denn er wedelte schwach, winselte vor Schmerz und kroch nach Norden, die Nase dicht über dem Boden. Der Ritt ins Ungewisse hatte begonnen.

Am Nachmittag stieß er wieder auf die Pferdespur. Der Wolfshund bellte scharf und sträubte die Nackenhaare. Chamacco starrte auf eine dunkle Hügelkette. Die Spur führte in eine Hügelfalte hinein.

Er zog das Gewehr seines Vaters und ritt weiter. Als es Abend wurde, hatte er die Hügel erreicht. Von einer Anhöhe aus blickte er suchend über das Land.

Die Schatten der nahenden Nacht hüllten bereits die Senken ein und krochen schnell nach Osten. Aus der Dunkelheit glühte ein Feuer hervor.

Er band den Hund an einem dürren abgestorbenen Baum fest, ließ das Pferd zurück und schlich in die Dunkelheit hinein. Tastend setzte er die Füße, er verursachte kein Geräusch. Jetzt brach in ihm das Blut der Mescaleros durch, dieses Blut, worüber er sich noch nie Gedanken gemacht hatte. Bald schon roch er das Feuer, den strengen Geruch verbrannten Harzes. Er duckte sich und lauschte. Weiter …

Tiefgeduckt glitt er auf das Feuer zu, kroch über eine Bodenwelle hinweg und verschwand hinter Gestrüpp. Doch die Feuerstelle war verlassen. Die Männer waren schon weitergeritten.

Er kehrte um, löste den Hund und ritt auf der Spur weiter.

Die Mörder konnten nicht mehr weit vor ihm sein. Vielleicht nur noch eine Meile.

*

Am Fuße des hohen roten Berges waren vier mächtige Planwagen zu einer Wagenburg zusammengefahren worden, zwei Feuer brannten nahe der Felswand, sie warfen den züngelnden Schein an die Wand.

Vor der Wagenburg ging ein junger Bursche auf und ab und hielt Wache. Er hatte das Gewehr in die Hüfte gepresst und blieb öfter stehen. Am Feuer in der Nähe erhob sich ein langer Texaner und kam langsam heran. Der Junge draußen hatte Vertrauen zu ihm, hieß es doch, dass Stew Hazelwood schon vor ein paar Jahren mit Goodnight und Loving und vielen Rindern diesen Weg nach Norden genommen hatte – 1866, als das Gebiet am Pecos nahezu unerforscht gewesen war.

»Siehst du was?«, fragte Stew Hazelwood, als er neben dem Jungen war.

»Nein«, sagte der Boy, »alles ruhig, glauben Sie, Mister Hazelwood, dass wir von Indsmen angegriffen werden könnten?«

Stew Hazelwood zuckte die Schultern. »Schon möglich, aber man weiß nie, was in den Köpfen der Indsmen vor sich geht. Im Westen haben wir das Land der Apachen, im Osten das der Comanchen und weiter nördlich das der Kiowas. Yea, Boy, das ist noch ein weiter Weg bis nach Colorado rauf. Vielleicht schaffen wir es auch.«

»Glauben Sie, dass wir Fort Sumner erreichen werden, Mister Hazelwood?«

»Warte es ab, Boy. Ich bin kein Hellseher.« Stew Hazelwood klopfte ihm auf die Schulter und ging zurück.

Sekunden später schrie der Boy gedämpft: »Mister Hazelwood! Da kommen Reiter – fünf Mann!«

Hazelwood kehrte um, blieb neben dem Jungen stehen. Er erkannte fünf Reiter, die genau auf die Wagenburg zuhielten.

»Vielleicht wollen sie auch am Pecos entlang und nach Fort Sumner«, murmelte er. »Sag den anderen, was auf uns zukommt. Sie sollen die Schießeisen bereitlegen.«

»Ja.« Der Boy flitzte los, setzte über die Deichsel hinweg und stürmte zum Feuer am Fuß des Berges.

Die fünf Fremden kamen langsam näher. Sie trugen derbe Kleidung und Chaps an den Beinen. Jetzt hielten sie inne, rotteten sich zusammen und sprachen miteinander.

Stew Hazelwood konnte kein Wort verstehen. Er sah nur, wie sie weiterritten. Schnell blickte er zur Wagenburg zurück. Die Siedler hatten das Feuer verlassen und zu den Waffen gegriffen, während die Frauen den Schutz der Wagen aufgesucht hatten.

Die Fremden schienen nicht in feindseliger Stimmung zu sein und keine bösen Absichten zu haben. Sie ließen Hazelwood Zeit, sie genau zu betrachten. Da war der Anführer. Er ritt eine halbe Pferdelänge voraus – ein schwarzhaariger Mann, der wie seine Begleiter Cowboy zu sein schien.

»Hallo«, rief der Anführer und beugte sich im Sattel vor, »auf dem Weg nach Norden?«

Stew Hazelwood nickte. »Yea – und ihr?«

»Wir auch. Mein Name ist übrigens Morley Dunn. Die vier Burschen da heißen Jake, Simmons, Hud und – he, wie heißt du eigentlich, Amigo?«

Der fünfte Mann, noch jung, schlank und sehnig, grinste, seine Hand fuhr über das zerschrammte Gesicht.

»Chubby!«, sagte er.

»Also, Chubby heißt er«, dehnte Morley Dunn. »Wir haben uns unten im Süden getroffen, bei Horsehead Grossing, alle wollen wir nach Norden. Habt ihr einen Becher heißen Kaffee für uns?«

Schweigend deutete Stew Hazelwood auf das Feuer. Er folgte ihnen und ließ sie nicht aus den Augen.

Langsam traten die Siedler hervor, die Frauen sahen skeptisch von den Wagen herunter.

Morley Dunn beugte sich über das Feuer und rieb die feuchtkalten Hände.

»Die Nächte sind immer verdammt kühl«, meinte er.

Hazelwood nickte stumm und gab den Männern die Becher mit heißem Kaffee.

Sie hockten sich ums Feuer, während die Siedler nähertraten.

»Ist noch ein weiter Weg bis Fort Sumner«, meinte Dunn ein wenig heiser und blickte zu den Wagenpferden hinüber. »Die Indsmen sind wieder höllisch unruhig. Seht euch diesen Chubby an! Er ließ sich in einen Dornenstrauch fallen, als die Apachen plötzlich auftauchten.«

»Schlimm«, sagte er, »ganz schlimm. Kein Mädchen wird mich mehr ansehen.«

»Das ist nicht weiter schlimm, du Narr!«, knurrte Morley Dunn, »wenn du im Norden bist, wird alles verheilt sein.«

Hazelwood hörte den Gesprächen der Fremden aufmerksam zu. Die Männer unterhielten sich über belanglose Dinge. Die Siedler sahen ein, dass sie sich zu den Fremden ans Feuer setzen konnten. Als der rothaarige Jake, einer der fünf Fremden, schließlich eine Flasche Whisky aus der Satteltasche holte, fiel die letzte Mauer des Misstrauens, die Flasche wanderte von Hand zu Hand.

»Wenn ihr wollt, kommen wir mit euch«, meinte Morley Dunn später. »Ein paar Männer mehr sind nur gut bei so einem Treck. Wir könnten mithelfen, euch die Indsmen vom Halse zu halten.«

Hazelwood saß ihm gegenüber. Immer wieder betrachtete er die Gesichter der Männer. Er war als Einziger noch argwöhnisch. Zu gern hätte er die Fremden wieder davonreiten sehen, aber die Siedler würden das nicht verstehen. Die stille Furcht vor den Indianern ließ sie schnell Kontakt mit den fünf Fremden finden. Die Siedler aber ahnten nicht, mit wem sie am Feuer zusammensaßen.

*

Der Mann von der Lagerwache machte kehrt und näherte sich ihm.

Chamacco lag flach am Boden und barg das Gesicht hinter einem kleinen flachen Felsen. Die derben Stiefel des Mannes rieben näher, und Steine zerplatzten unter dem Körpergewicht.

Ein hartes Knacken verriet, dass der Mann sich auf dem Absatz gedreht hatte und zurückging.

Sofort glitt Chamacco auf den ersten Wagen zu, kroch unter ihn und lag still. Der Feuerschein erreichte ihn nicht mehr. Er sah neun Männer am Feuer, Sattel- und Wagenpferde und zwei Frauen, die an einem Wagen standen und zum Feuer herübersahen.

Er war so nahe am Ziel – und doch so weit davon entfernt.

Denn er wusste nicht, welche Männer die Mörder waren. Er wusste, dass es fünf gewesen waren – doch dort am Feuer hielten sich neun Männer auf.

So blieb er unter dem Wagen liegen, lauschte und beobachtete.

Plötzlich erhoben sich die Männer, gingen auseinander, kamen näher. Chamacco sah, wie sie die Wagenpferde holten. Zwei Mann kamen heran. Einer hob die Deichsel an, der andere spannte die Pferde vor. Chamacco konnte nicht mehr zurück. Dicht vor ihm verharrte ein Mann. Er sah die Stiefel, die derbe Hose und etwas von der langen Lederjacke.

Überall wurde aufgebrochen. Frauen stiegen auf die Wagen. Drüben rollte der erste Wagen an. Dann folgten die anderen.

Chamacco sah nicht, ob nun die Frauen oder die Männer die Wagenpferde lenkten. Auf einmal rollte auch der Wagen über Chamacco an. Hinter dem Wagen verhielt ein Reiter. Blitzschnell packte Chamacco zu und hielt sich unter dem Wagen fest. Der Prärieschoner schaukelte knarrend den anderen nach. Der Reiter blieb hinter dem Wagen. Chamacco durfte nicht loslassen. Durch die sich drehenden Räder sah er drei, vier Reiter, die den kleinen Wagenzug flankierten. Die Wagen entfernten sich vom Berg und rollten den steinigen Weg hinauf, polterten über die Anhöhe hinweg und beschleunigten die Fahrt.

Bald sah Chamacco das silberne Band des Pecos River hinter dem verstaubten Grün einer Baumkette hervorschimmern. Die Strauchgruppen traten näher. Der Reiter überholte den Wagen. Chamacco ließ los, lag auf dem Boden und ließ den Wagen davonrollen, wälzte sich schnell zur Seite und verkroch sich im Gestrüpp.

Von hier aus beobachtete er, wie die Wagen zum Fluss fuhren und ihm folgten.

Am Fluss ruhten sich Mensch und Tier aus. Chamacco lag auf dem Rücken, hörte Pferd und Hund saufen.

Sein schmales, gutgeschnittenes Gesicht glänzte im Mondlicht, das durch einen Wolkenriss und durch die Baumkronen fiel. Er grübelte und dachte immer wieder an die Mörder und an jene furchtbare Stunde, da er den Vater sterbend fand und die Gräber aushob.

Dieser Gedanke schmerzte und quälte ihn mehr und mehr.

Ruhelos setzte er den Weg fort.

Die Wagen hatten eine tiefe Spur gezogen.

*

Sie waren schon lange unterwegs, Stew Hazelwood, der lange Texaner, ritt dem Wagenzug voraus, aber er entfernte sich nie so weit, dass er den Zug nicht mehr hätte sehen können.

Morley Dunn und seine Begleiter ritten neben den Wagen her. Am Schluss ritt ein junger Siedlersohn. Einmal sah er, wie Dunn seinen Begleitern zunickte und grinsend das knochige Gesicht verzog.

Das Grinsen gefiel dem Jungen nicht, aber er musste hinten bleiben, denn Hazelwood hatte es so gewollt.

Dunn ritt wenig später weiter nach vorn und neben dem Wagen her, dessen Wagenklappe hochgezogen worden war. Er ließ den Wagen vorbei und lenkte das Pferd auf die andere Seite. Dabei warf er einen schnellen Blick ins Innere des Wagens, wo eine feste Kiste mit eisernen Beschlägen stand.

Später kam Stew Hazelwood dem Wagen entgegengeritten und sagte, dass drüben am Fluss ein geeigneter Rastplatz liege.

Eine Stunde später fuhren die Wagen in die steinige Senke am Fluss und hielten. »Lasst die Pferde im Geschirr«, sagte Hazelwood mit heiserer Stimme. »Wir machen hier nur kurze Rast. In der Nacht fahren wir weiter.«

»Aber zum heißen Kaffee wird es wohl reichen, wie?«, knurrte einer der Siedler.

»Sicher«, nickte Stew Hazelwood. »Auch die Pferde brauchen etwas Ruhe.«

Nach einer kurzen Dämmerung brach die Nacht herein. Stew Hazelwood ging von einem Wagen zum anderen, betrachtete die Pferde und überprüfte das Geschirr und die Räder, Deichseln und Achsen. Dann ging er zum Feuer hinüber.

Nur eine Siedlerfrau war noch am Wagen. Sie hatte ein Kleinkind in Decken gerollt und auf den Wagen gelegt. Jetzt säuberte sie eine hölzerne Schüssel. Hinter dem Wagen begannen die Strauchgruppen. Nur schwach fiel der Schein des Feuers herüber. In der Ferne stimmten Kojoten ihren durchdringenden Chor der Wüste an. Die Frau hörte die Männer und Frauen am Feuer reden und die Pferde schnauben. Sie stellte die Schüssel auf den Bock und wollte sich gerade abwenden, als sie vor Schreck erstarrte.

Stand dort zwischen den Strauchgruppen nicht ein Indianer?

Verharrte er nicht reglos und starrte zum Feuer hinüber?

Dunkles, langgewachsenes Haar lag fast auf den Schultern. Das Gesicht, schmal und braun gebrannt, glänzte schweißnass. Die braunen Augen schienen im Widerschein des Feuers zu glühen.

Die Frau konnte nicht aufschreien. Die Kehle war wie zugeschnürt. Mühsam wandte sie sich ab und ging steif zum Feuer hinüber. Und als sie neben Stew Hazelwood stand, sagte sie mit brüchiger Stimme: »Indianer! Ich habe einen von ihnen gesehen – dort hinter dem Wagen! Mein Gott, wir sind umstellt!«

Stew Hazelwood erschauerte.

»Keine Bewegung!«, flüsterte er, »bleibt so stehen und sitzen. Wir müssen so tun, als hätten wir sie nicht bemerkt.«

Morley Dunn beugte sich etwas vor. In seinen Augen glühte es unheilvoll auf.

»Das können auch nur Späher sein! Wir machen das schon. Wenn wir sie erwischen, ist alles in Ordnung. Ich werde mit meinen Freunden in den Büschen verschwinden. Ihr kommt dann nach. Die Frauen bleiben in der Nähe des Feuers. Oder haben Sie einen besseren Vorschlag zu machen, Hazelwood?«

Schon kam er hoch und trat zurück.

Hazelwood kniff die Augen zusammen und spähte umher. Die Stille am Fluss gefiel ihm mit einem Male nicht mehr. Er sah, wie Morley Dunn mit seinen Leuten nacheinander zwischen den Büschen verschwand.

»Well«, murmelte er rau, »tut, was Dunn gesagt hat. Das ist ein guter Vorschlag.«

»Himmel, und wenn …« Die Frau schwieg bedrückt und sah Hazelwood mit flackernden Augen an.

»Morley Dunn hat schon recht«, sagte Hazelwood beruhigend. »Es können vielleicht nur Späher sein. Sonst hätten die Indsmen uns längst schon angegriffen. Die Frauen legen sich dort in die Mulde, sobald der erste Schuss fällt, und wir Männer springen zwischen die Sträucher. Wir müssen versuchen, die Späher von hinten zu erwischen und ihnen den Rückweg zu versperren, sonst ist der Treck verloren. Geht jetzt an eure Plätze.«