Die Stadt der Verlorenen: Operation Nautilus - Neunter Roman - Wolfgang Hohlbein - E-Book
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Die Stadt der Verlorenen: Operation Nautilus - Neunter Roman E-Book

Wolfgang Hohlbein

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Beschreibung

Der Kampf gegen die Gewalten des Meeres: der mitreißende Roman »Die Stadt der Verlorenen« von Wolfgang Hohlbein jetzt als eBook bei dotbooks. Der junge Abenteurer Mike hat unter mysteriösen Umständen sein Gedächtnis verloren. Tag für Tag arbeitet er in einer Strafkolonie der geheimnisvollen Unterwasserstadt Lemura. Doch er ahnt: Das ist nicht immer so gewesen … Als er plötzlich von einem Fremden befreit wird, kehrt Mikes Erinnerung zurück und er erfährt, dass Unruhen in der versunkenen Stadt brodeln. Eine Gruppe von Rebellen hat sich gegen den eisernen König Argos verbündet und braucht Hilfe. Während die Glaskuppel über der Stadt gefährliche Risse bekommt, macht Mike sich auf die Suche nach seinen Freunden von der NAUTILUS – ein gefährlicher Wettlauf gegen die Zeit beginnt! Jetzt als eBook kaufen und genießen: Das neunte Abenteuer aus Wolfgang Hohlbeins »Operation Nautilus«-Reihe für Leser ab 8 Jahren erlebt ihr in »Die Stadt der Verlorenen« hautnah mit. Wer liest, hat mehr vom Leben: dotbooks – der eBook-Verlag.

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Seitenzahl: 255

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Über dieses Buch:

Der junge Abenteurer Mike hat unter mysteriösen Umständen sein Gedächtnis verloren. Tag für Tag arbeitet er in einer Strafkolonie der geheimnisvollen Unterwasserstadt Lemura. Doch er ahnt: Das ist nicht immer so gewesen … Als er plötzlich von einem Fremden befreit wird, kehrt Mikes Erinnerung zurück und er erfährt, dass Unruhen in der versunkenen Stadt brodeln. Eine Gruppe von Rebellen hat sich gegen den eisernen König Argos verbündet und braucht Hilfe. Während die Glaskuppel über der Stadt gefährliche Risse bekommt, macht Mike sich auf die Suche nach seinen Freunden von der NAUTILUS – ein gefährlicher Wettlauf gegen die Zeit beginnt!

Über den Autor:

Wolfgang Hohlbein, 1953 in Weimar geboren, ist Deutschlands erfolgreichster Fantasy-Autor. Der Durchbruch gelang ihm 1983 mit dem preisgekrönten Jugendbuch MÄRCHENMOND. Inzwischen hat er 150 Bestseller mit einer Gesamtauflage von über 44 Millionen Büchern verfasst. 2012 erhielt er den internationalen Literaturpreis NUX.

Der Autor im Internet: www.hohlbein.de

Die Romane der Operation-Nautilus-Reihe:

Die vergessene Insel – Erster Roman

Das Mädchen von Atlantis – Zweiter Roman

Die Herren der Tiefe – Dritter Roman

Im Tal der Giganten – Vierter Roman

Das Meeresfeuer – Fünfter Roman

Die schwarze Bruderschaft – Sechster Roman

Die steinerne Pest – Siebter Roman

Die grauen Wächter – Achter Roman

Die Stadt der Verlorenen – Neunter Roman

Die Insel der Vulkane – Zehnter Roman

Die Stadt unter dem Eis – Elfter Roman

Die Rückkehr der Nautilus – Zwölfter Roman

Bei dotbooks erscheint von Wolfgang Hohlbein: Der weiße Ritter – Erster Roman: Wolfsnebel Der weiße Ritter – Zweiter Roman: Schattentanz Nach dem großen Feuer

Teufelchen Schandmäulchens Abenteuer

Ithaka Der Drachentöter

Saint Nick – Der Tag, an dem der Weihnachtsmann durchdrehte

NORG – Erster Roman: Im verbotenen Land

NORG – Zweiter Roman: Im Tal des Ungeheuers

***

eBook-Neuausgabe November 2018

Copyright © der Originalausgabe 1998 by Verlag Carl Ueberreuter, Wien

Copyright © der Neuausgabe 2018 dotbooks GmbH, München

Alle Rechte vorbehalten. Das Werk darf – auch teilweise – nur mit Genehmigung des Verlages wiedergegeben werden.

Titelbildgestaltung: Nele Schütz Design unter Verwendung von shutterstock/Esteban De Armas

eBook-Herstellung: Open Publishing GmbH (aks)

ISBN 978-3-96148-672-4

***

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Wolfgang Hohlbein

Die Stadt der Verlorenen

Operation Nautilus – Neunter Roman

dotbooks.

»He! Du da! Du sollst nicht Maulaffen feilhalten, sondern arbeiten!«

Die Peitsche des Aufsehers pfiff so dicht über Mikes Rücken hinweg, dass er den Luftzug spüren konnte, und der Knall, mit dem die geflochtenen Lederbänder zurückschnalzten, ließ ihn erschrocken zusammenzucken und rasch wieder nach der Hacke greifen. Er hatte sie wirklich nur für einen Moment sinken lassen, um sich einmal zu recken und seine verspannten Muskeln zu dehnen, aber den aufmerksamen Blicken des Aufsehers entging nichts.

Dabei hatte Mike noch Glück gehabt. Der Mann war der am wenigsten schlimme der vier Sklaventreiber, die abwechselnd im Korallenbruch Dienst taten. Hätte ihn einer der drei anderen dabei erwischt, wie er seine Arbeit vernachlässigte, so hätte er die Peitsche wirklich zu schmecken bekommen. Es wäre nicht das erste Mal. Mikes Rücken schmerzte noch immer von den Hieben, die er vor ein paar Tagen wegen einer noch viel geringeren Verfehlung kassiert hatte ...

Mike fühlte den Blick des Aufsehers noch immer auf sich ruhen, verscheuchte jeden anderen Gedanken und beeilte sich schneller zu arbeiten. Wenn man in den Korallenbrüchen überleben wollte, war es vor allem wichtig nicht aufzufallen.

Seine Hacke fuhr in den Boden und löste große Brocken der harten, grünbeigen Korallenmasse, in die sich das Dutzend Arbeiter hineinwühlte wie ein Trupp großer, zweibeiniger Maulwürfe. Sie hatten vor zwei Wochen angefangen an dieser Stelle zu arbeiten – wobei eine Woche in der Strafkolonie aus zehn Tagen bestand, die sich wiederum aus zehn Stunden pausenloser Arbeit und nur fünf Stunden Schlaf zusammensetzten; und Mike hatte das sichere Gefühl, dass eine Stunde unter dem grünen Himmel Lemuras deutlich länger dauerte als die Zeitspanne, die er bisher unter diesem Begriff gekannt hatte.

Trotzdem hatten sie die Grube schon nahezu ausgebeutet. Zwischen den Korallenbrocken, die sie mit ihren Hacken aus dem Boden schlugen, fanden sich jetzt immer öfter Steine und Felstrümmer. Bald schon würden sie diese Stelle aufgeben und einen neuen Platz suchen müssen, um das kostbare Baumaterial zu schürfen; möglicherweise an einem noch unzugänglicheren Ort.

Oder einem gefährlicheren ...

Die Peitsche des Aufsehers war nicht die einzige Gefahr, die ihnen drohte. Und auch nicht die größte. Erst vor zwei Tagen war einer der Arbeiter von einer Raubkrabbe, die unversehens aus einem Spalt zwischen den Felsen herausgesprungen war, angegriffen und dabei so schwer verletzt worden, dass er wohl nicht überleben würde, und eine Woche zuvor hatte es in einer anderen Grube einen Wassereinbruch gegeben, dem man nur mit Mühe und Not hatte Herr werden können. Irgendwann, davon war Mike überzeugt, würde es einmal zu einem Wassereinbruch kommen, der zu schlimm war, um ihn stopfen zu können, und dann würde die ganze untere Ebene Lemuras im Meer versinken. Vielleicht sogar die ganze Stadt. Das war das Verrückte an dem, was sie taten: Es war notwendig für das Überleben der Stadt und zugleich war jedes Stück, das sie aus dem Boden gruben, ein sicherer Schritt zu ihrem Untergang. Manchmal schien es Mike, als müsse es einen anderen Weg geben den Fortbestand der Stadt zu sichern. Aber immer wenn er an diesem Punkt seines Überlegens angelangt war, begannen sich seine Gedanken zu verwirren.

Solche Überlegungen waren zu kompliziert für ihn. Und es war auch nicht seine Aufgabe, sich den Kopf über solcherlei Dinge zu zerbrechen. Er war ein einfacher Arbeiter, dessen Leben darin bestand, Korallen abzubauen, und seine Zeit in der Strafkolonie war vorbei. Wenn er sich keine weiteren Verfehlungen erlaubte, konnte er wieder in sein normales Leben zurückkehren – das sich allerdings nicht allzu sehr von dem unterschied, das er jetzt führte; allenfalls dass er einige Stunden weniger am Tag arbeiten musste und nicht mit Peitschenhieben bestraft wurde, wenn er sein Soll nicht erfüllte.

Auch das waren Gedanken, die manchmal wie zusammenhangslose und vollkommen absurde Bilder in seinem Kopf aufblitzten: Er hatte dann das Gefühl, nicht immer dieses Leben gelebt zu haben, sondern ein ... nun, vollkommen anderes eben. Ein Leben ohne die schwere Arbeit in den Korallenbrüchen, ohne Hunger und Schläge, ja selbst unter einem anderen Himmel; einem Himmel, der nicht immer gleich und von einem sanftgrünen Licht erfüllt war, sondern –

»Verdammt, Bursche, ich habe gesagt, du sollst arbeiten, nicht träumen!«

Die Peitsche traf seinen Rücken. Mike presste die Zähne zusammen. Der Schmerz war so heftig, dass ihm die Tränen in die Augen schossen, aber er verbiss sich jeden Laut und arbeitete sogar rascher.

Ein Stein kollerte vor seinen Füßen davon, dann noch einer, ohne dass seine Hacke ihn berührt hatte, und plötzlich flitzte etwas Schwarzes, Pelziges zwischen seinen Beinen hindurch.

Mike schrie erschrocken auf und ließ seine Hacke fallen und auch einige der anderen Arbeiter stießen erschrockene Laute aus und hielten in ihrem Tun inne. Sofort war der Aufseher heran und hob seine Peitsche. Aber er schlug nicht zu, sondern erstarrte ebenfalls mitten in der Bewegung, als er das sonderbare Tier sah, das Mike aufgescheucht hatte.

Es war nicht besonders groß – nicht einmal so groß wie eine Raubkrabbe –, sah aber vollkommen anders aus als jedes Tier, das Mike jemals zu Gesicht bekommen hatte. Es war pechschwarz und hatte langes, seidig glänzendes Fell. An den Enden der vier Pfoten, auf denen es sich bewegte, blitzten gefährlich aussehende Krallen, und obwohl sein Maul nicht sehr groß war, sahen die spitzen Zähne darin durchaus so aus, als könnten sie gehörigen Schaden anrichten. Spitze Ohren und ein buschiger Schwanz, der fast so lang wie der gesamte Körper war, vervollständigten den exotischen Eindruck. Das Wesen hatte nur ein einziges Auge, das andere war vernarbt, was ihm ein noch wilderes Aussehen verlieh.

Aber es war seltsam – obwohl Mike ganz sicher war, ein solches Geschöpf noch niemals zu Gesicht bekommen zu haben, hatte sein Anblick trotzdem etwas Vertrautes ...

»Was steht ihr da und glotzt?«, schrie der Wächter. »Fangt das Vieh ein!« Er selbst schwang unverzüglich seine Peitsche und schlug damit nach der Kreatur, die dem Hieb jedoch mit einer eleganten Bewegung auswich. Zwei, drei der anderen stürzten sich ebenfalls auf das Pelztier. Den meisten konnte es einfach zwischen den Händen hindurchschlüpfen, denn es entwickelte eine geradezu unglaubliche Schnelligkeit, und einem versetzte es einen Krallenhieb, der blutige Kratzer auf seiner Hand hinterließ.

»Packt das Biest!«, schrie der Aufseher. Er schlug wieder mit seiner Peitsche zu, doch das Felltier wich dem Hieb im letzten Moment aus und die Lederschnur traf einen der Arbeiter, der heulend zu Boden ging. Zwei weitere knallten heftig mit den Köpfen zusammen, als sie sich gleichzeitig nach dem Tier bückten, das ihnen aber geschickt zwischen den Fingern hindurchschlüpfte und mit einem unerwartet kraftvollen Satz direkt im Gesicht des Aufsehers landete, das es unverzüglich mit seinen Krallen zu bearbeiten begann. Der Aufseher kreischte vor Schmerz und Wut und ließ seine Peitsche fallen und einer der Arbeiter sprang hinzu und schlug mit der Faust nach dem Felltier. Das einäugige Geschöpf schien die Gefahr jedoch zu spüren, denn es ließ sich im letzten Moment einfach fallen und die geballte Faust des Arbeiters landete schwungvoll auf der Nase des Sklaventreibers. Der Mann heulte schrill auf, prallte zurück und schlug beide Hände vor das Gesicht. Seine Nase begann heftig zu bluten.

Indessen ging die Jagd fröhlich weiter. Außer Mike beteiligten sich mittlerweile alle Arbeiter daran und schließlich hatten es die Männer doch in die Enge getrieben und bildeten einen dicht geschlossenen Kreis, in dessen Mitte sich der fauchende Dämon aufhielt. Einige hatten ihre Hacken und Schaufeln gehoben, um das Geschöpf damit zu bedrohen, es sich aber gleichzeitig auch damit vom Leibe zu halten, und niemand wagte es noch einmal nach ihm zu greifen.

»Ihr sollt das Vieh packen!«, schrie der Aufseher, der inzwischen wieder auf die Beine gekommen war. »Und bringt es mir lebendig!« Seine Stimme war schrill vor Wut, klang aber zugleich auch fast komisch – was daran liegen mochte, dass seine Nase mittlerweile unförmig angeschwollen war und immer heftiger blutete. »Na los, oder ihr bekommt alle die Peitsche zu spüren!«

Diese Drohung wirkte. Gleich drei Männer stürzten sich auf das Felltier. Den ersten empfing es mit zwei, drei blitzschnellen Tatzenhieben, die ihn keuchend zurückspringen ließen, und der zweite verfehlte es, verlor die Balance und landete mit dem Gesicht voran in den Korallen. Der dritte aber bekam es zu fassen. Sofort vergrub das Felltier die Zähne in seiner Hand. Er schrie vor Schmerz, ließ aber trotzdem nicht los, sondern packte das Geschöpf nun auch noch mit der anderen Hand im Nacken und riss es in die Höhe. Es fauchte und schlug mit allen vier Pfoten um sich, war aber hilflos. Für einen Moment sah es aus seinem einzelnen, gelben Auge direkt auf Mike.

Und etwas durch und durch Unheimliches geschah: Mike hörte das Tier sprechen!

Es waren nicht wirklich Worte. Er hörte die Stimme direkt in seinem Kopf: Verdammt noch mal, Blödmann! Hättest du vielleicht die Güte, mir zu helfen?! Dieser grobe Kerl bricht mir ja glatt das Genick!

Mike konnte nicht anders. Er war viel zu entsetzt über das, was er erlebte, als dass er auch nur einen klaren Gedanken fassen konnte, und so reagierte er einfach ohne nachzudenken: Blitzschnell warf er sich auf den Mann, der das Felltier gepackt hatte, und schlug ihm die geballte Faust auf das Handgelenk. Der Arbeiter ließ das Geschöpf mit einem überraschten Keuchen fallen. Elegant drehte es sich in der Luft, kam auf allen vier Pfoten auf und flitzte im Zickzack zwischen den Beinen der Männer hindurch. Nur einen Moment später hatte es den Rand der Grube erreicht und war mit einem Satz darüber verschwunden.

Darüber reden wir noch, mein Lieber!, erklang die Stimme in Mikes Kopf.

Mike starrte dem schwarzen Felltier fassungslos nach. Es fiel ihm schwer, zu glauben, was er gerade erlebt hatte; und noch schwerer, zu glauben, was er gerade getan hatte!

Aber es musste wohl so sein, denn nicht nur der Mann, dem er das Felltier aus den Händen geschlagen hatte, starrte ihn ungläubig an. Auch alle anderen blickten zum Teil verblüfft, zum Teil aber auch wütend in seine Richtung und der Aufseher brüllte mit überschnappender Stimme: »Du! Was ist in dich gefahren, Kerl? Was fällt dir ein?!«

»Ich ... ich musste es tun!«, stammelte Mike.

»Was sagst du da?« Die Augen des Aufsehers wurden schmal.

»Es ist die Wahrheit«, verteidigte sich Mike. »Ich konnte nicht anders, wirklich! Es hat es mir befohlen!«

»Es?«, wiederholte der Aufseher lauernd. »Wer – es?«

»Das Felltier«, antwortete Mike. Er hatte das Gefühl, dass das keine besonders kluge Antwort war. Eine Sekunde lang starrte ihn der Aufseher auch nur fassungslos an – dann holte er aus und schlug ihm so heftig ins Gesicht, dass Mike auf der Stelle das Bewusstsein verlor.

Er erwachte mit furchtbaren Kopfschmerzen, dem Geschmack von Blut auf der Zunge und in Ketten. Trotzdem spürte er sofort, dass er gebunden war; vielleicht weil er längst nicht zum ersten Mal mit Ketten an Händen und Füßen erwachte oder auch einschlief. Zum Leben in der Strafkolonie Lemuras gehörte das praktisch dazu.

Was nicht immer dazugehörte, das war der Anblick eines pelzigen runden Gesichts, das sich unmittelbar vor dem seinen befand und ihn aus einem einzelnen, bernsteingelben Auge anstarrte.

Mike fuhr mit einem keuchenden Schrei in die Höhe und sank gleich darauf mit einem zweiten Schrei wieder zurück, denn er war nicht nur in Ketten, sondern diese Ketten waren zusätzlich an einem schweren Eisenring im Boden angebracht, sodass er mit einem harten Ruck zurückgerissen wurde.

Er bemerkte den Schmerz kaum, sondern starrte das Pelztier vor sich aus hervorquellenden Augen und mit klopfendem Herzen an und einen Moment später erklang hinter seiner Stirn eine Stimme:

Wenn du noch ein bisschen lauter schreist, bekommen wir bald Besuch.

Es war dieselbe spöttische Stimme, die er schon einmal gehört hatte. Und diesmal konnte er sich nicht einreden, sie sich nur eingebildet zu haben.

»Was ...«, keuchte er. »Wer bist du? Was willst du von mir?!«

Nicht so laut!, sagte die Stimme in seinem Kopf noch einmal. Wieso schreist du hier so rum? Willst du unbedingt die Wachen alarmieren?

»Du sprichst mit mir?«, sagte Mike verstört – zwar leiser, für den Geschmack des Felltiers aber offensichtlich immer noch zu laut, denn es brachte das Kunststück fertig, sein pelziges Gesicht zu einer fast menschlich wirkenden Grimasse zu verziehen.

Verdammt noch mal, du sollst nicht so schreien! Draußen steht eine Wache! Du musst nicht laut reden. Es reicht vollkommen, wenn du nur denkst!

»Nur ... denken?«, murmelte Mike. »Du ... du meinst, du kannst meine Gedanken lesen?«

Jeder in ganz Lemura kann sie hören, wenn du noch ein bisschen lauter wirst, flüsterte die spöttische Stimme hinter seinen Schläfen. Hast du denn alles vergessen, um Gottes willen?

»Vergessen? Aber ... aber was denn?«, flüsterte Mike.

Diesmal hörte er etwas wie ein gedankliches Seufzen.

Ja, du hast alles vergessen. Na, das kann ja heiter werden. Da suche ich monatelang nach dir und dann finde ich einen halb toten Dummkopf, der weniger Grips als eine Mohrrübe in der Birne hat Was haben sie mit dir gemacht? Dir auch noch das letzte bisschen Verstand aus der Rübe geprügelt?

Vielleicht stimmte das sogar. Mike war nämlich gar nicht sicher, ob er das alles wirklich erlebte oder ob er vielleicht im Fieber dalag und fantasierte. Nicht nur dass er sich Auge in Auge mit einem Geschöpf sah, von dem in ganz Lemura noch nie jemand gehört hatte – dieses Wesen sprach auch noch mit ihm! Das war vollkommen unmöglich!

Ich dachte, das hätten wir schon seit ein paar Jahren hinter uns, seufzte das Felltier. So, und jetzt reiß mal deine letzten fünf Gehirnzellen zusammen und hör mir genau zu. Wir haben nämlich eine Menge zu besprechen und nicht sehr viel Zeit. Ich würde dich ja befreien, auch wenn du es bestimmt nicht verdient hast, aber ich fürchte, ich kriege die Ketten nicht auf

Es war seltsam: So unglaublich Mike die Situation auch vorkam ... Irgendwie hatte sie trotzdem etwas Vertrautes. Und er hatte nicht die Spur von Angst vor diesem Geschöpf und das war eigentlich das Seltsamste überhaupt, denn wenn man auf der untersten Ebene Lemuras eines lernte, dann allem Unbekannten zu misstrauen und lieber einmal zu oft Angst zu haben als einmal zu wenig. Wenn man gegen diesen ehernen Grundsatz verstieß, lebte man hier nicht lange.

Stell dir vor, das habe ich auch schon gemerkt, spöttelte die lautlose Stimme in seinem Kopf. Ich wäre ein Dutzend Mal fast gefressen worden, während ich dich gesucht habe. Ich schätze, wir haben da ein kleines Problem. Was zum Teufel haben sie bloß mit dir gemacht?

»Gemacht?«, murmelte Mike. »Ich verstehe nicht, wovon du überhaupt redest.«

Stell dir vor, das glaube ich dir auf Anhieb, höhnte das Felltier. Also los, jetzt lass uns mal überlegen, wie wir deine Ketten abkriegen.

»Meine Ketten?«, wunderte sich Mike. »Du meinst, du ... du willst mir helfen?«

Auch wenn du es nicht verdient hast.

»Aber warum?«, fragte Mike. »Ich meine ... auch ohne Ketten – wo sollte ich denn hin?«

Na, weg von hier, Dummkopf!, sagte das Felltier.

»Weg? Du meinst weg von dieser Ebene?« Mike schüttelte verwirrt den Kopf. »Und dann?«

In dem runden Pelzgesicht war tatsächlich ein Ausdruck von Fassungslosigkeit zu sehen. Hätte das Felltier zwei Augen besessen, Mike war sicher, es hätte sie verdreht. Au weia, seufzte es. Ich fürchte, da hilft nur noch eines. Ich hoffe bloß, meine Kraft reicht aus. Und unsere Zeit.

Es bewegte sich ein paar Schritte rückwärts und wandte den Kopf nach rechts und links, wie um sich zu überzeugen, dass sie auch wirklich allein und ungestört waren. Was hatte es vor?

Sieh mich an!, befahl die Stimme in seinem Kopf.

Das wollte Mike nicht. Aus irgendeinem Grund wusste er zwar mit unerschütterlicher Sicherheit, dass er dem Felltier vorbehaltlos vertrauen konnte, aber trotzdem hatte er ziemlich große Angst vor dem, was das Geschöpf vorhatte.

Aber er hatte keine Wahl. Die lautlose Stimme verlangte erneut, dass er das Felltier ansehen sollte, und plötzlich war sie von einer solchen zwingenden Macht erfüllt, dass er ihr einfach nicht widerstehen konnte. Das einzige, gelbe Auge des Geschöpfes schien plötzlich riesengroß zu werden, füllte sein gesamtes Sichtfeld aus und ...

Mit dem ersten Licht des neuen Tages kehrten sie auf die NAUTILUS zurück Sie konnten den Weg beinahe trockenen Fußes hinter sich bringen, denn die Ebbe hatte ihren tiefsten Stand erreicht sodass das Schiff nun nahezu zur Hälfte aus dem Wasser herausragte und in deutlicher Schräglage auf dem Strand lag.

Die beiden Atlanter hatten kein einziges Wort der Erklärung mehr von sich gegeben und auch Argos hatte sich in Schweigen gehüllt und war ihnen allen ausgewichen, so gut es ging. Der dritte Mann, den sie aus dem gesunkenen Frachtschiff geborgen hatten, blieb auf der Insel zurück Argos' Kräfte hatten entweder nicht mehr ausgereicht, auch ihn aus seinem ewigen Schlaf zu wecken, oder sie waren in diesem Fall zu spät gekommen.

Tarras und Vargan jedoch schienen allemal auszureichen, nicht nur Argos, sondern die gesamte Besatzung der NAUTILUS in Schach zu halten. Es war nicht das erste Mal, dass sie in einer gefährlichen Situation waren; nicht einmal das erste Mal, dass sie sich mit Männern konfrontiert sahen, die bewaffnet waren und auch durchaus bereit, von diesen Waffen Gebrauch zu machen. Und so hatte sich Mike in den ersten Minuten noch der schwachen Hoffnung hingegeben, dass es schon einen passenden Moment geben würde, um die beiden Atlanter zu überwältigen, ohne Serena dadurch in zu große Gefahr zu bringen. Aber dieser Moment kam nicht. Die Atlanter waren entweder ausgebildete Soldaten oder sie hatten einige Erfahrung mit Situationen wie dieser, denn sie ließen ihnen nicht einmal die geringste Chance, einen Befreiungsversuch zu starten.

Eine halbe Stunde, nachdem die Sonne aufgegangen war, fanden sie sich alle im Salon der NAUTILUS wieder. An ihrer Lage hatte sich nicht viel geändert. Tarras deutete zwar jetzt nicht mehr direkt mit seiner Waffe auf Serena, aber sein Kumpan und er standen hinter dem Steuerpult und hielten Serena als lebenden Schutzschild vor sich, während Mike und die anderen am entgegengesetzten Ende des großen Raumes Aufstellung nehmen mussten.

Argos hatte sich auf die Bank unter dem Fenster gesetzt und starrte ins Leere. Der betroffene Ausdruck war nicht aus seinem Gesicht gewichen. Aber Mike empfand zumindest in diesem Moment noch keine Spur von Mitleid mit ihm.

»Das also ist die sagenumwobene NAUTILUS«, sagte Tarras, nachdem er sich eine Weile in dem Salon umgesehen hatte. Er hatte die Pistole unter den Gürtel geschoben, hielt die rechte Hand aber immer griffbereit in ihrer Nähe, sodass nicht die geringste Chance bestand, ihn zu überwältigen, bevor er sie ziehen konnte. Er warf einen weiteren nachdenklichen Blick in die Runde und schüttelte dann den Kopf »Ich hätte sie mir etwas besser in Schuss vorgestellt. Andererseits ... wenn man bedenkt, wie alt sie ist.«

»Sie ist in diesen Zustand geraten, weil wir diesen verräterischen Mistkerl da retten wollten«, grollte Mike mit einer Geste auf Argos.

Tarras lächelte. »Das ist sehr nobel von euch, mein Junge. Aber keine Sorge. Wenn wir erst einmal zu Hause sind und ein wenig Zeit und Arbeit investiert haben, dann sieht sie wieder aus wie neu.«

»Ist es das, was Sie wollen?«, fragte Trautman. »Nach Hause?«

Tarras nickte. »Was sonst?«

»Dann ist es nicht nötig, dass Sie uns mit Gewalt dazu zwingen««, sagte Mike. »Lassen Sie Serena frei und ich verspreche Ihnen, dass wir Sie hinbringen, wo immer Sie wollen.«

»Und dieses Wort gilt auch für uns andere«, fügte Trautman hinzu. »Ich kann Sie verstehen. Wahrscheinlich haben Sie zu viel mitgemacht, um noch irgendein Risiko eingehen zu wollen, aber ich gebe Ihnen mein Ehrenwort als Kapitän dieses Schiffes, dass wir Sie zu Ihrem Ziel bringen.«

»Wie gesagt: sehr nobel«, sagte Tarras kühl. »Leider kann ich das Risiko nicht eingehen, mich auf Ihr Ehrenwort zu verlassen, Trautman, oder das irgendeines anderen.««

»Können Sie unsere Gedanken lesen?«, fragte Mike. »So wie Argos?«

Tarras schüttelte den Kopf »Nein, ich fürchte, diesen Trick beherrscht nur er«

»Dann fragen Sie ihn«, fuhr Mike fort. »Er wird Ihnen bestätigen, dass wir die Wahrheit sagen. Unser Ehrenwort gilt, ganz egal, wem wir es geben und unter welchen Umständen.«

»Das ist wahr«, sagte Argos leise. »Sie hatten mehrmals die Möglichkeit mich einfach im Stich zu lassen. Sie haben es nicht getan. Selbst als ich sie verraten habe, haben sie mir weiter geholfen um ihr Wort zu halten.«

»Das spielt keine Rolle«, antwortete Tarras. »Wir werden Vorräte und Wasser aufnehmen, falls das nötig ist, und dann in See stechen. So schnell wie möglich.«

»Aber nicht mit unserer Hilfe«, sagte Ben trotzig. »Nehmen Sie unser Angebot an oder versuchen Sie doch allein das Schiff zu lenken. Sie werden sehen, wie weit Sie kommen.«

Tarras seufzte. »Ich könnte dich so leicht zwingen zu tun, was ich will, mein Junge«, sagte er. »Aber wozu? Du hast es ja selbst gesagt: Wir werden das Schiff alleine steuern.«

»Das können Sie gar nicht!«, versetzte Ben patzig.

»Ich fürchte, er kann es«, sagte Argos. Er lächelte traurig. »Vergiss nicht, dass dieses Schiff dort gebaut worden ist, wo wir herkommen. Seine Bedienung ist uns nicht fremd.«

»Richtig«, fügte Tarras hinzu. An Ben gewandt fuhr er fort: »Und jetzt solltest du dein vorlautes Mundwerk halten, mein Junge, bevor ich auf die Idee komme, dich allein hier auf der Insel zurückzulassen. Wie Argos ganz richtig gesagt hat: Wir brauchen euch nicht, um das Schiff zu steuern.«

»Ich habe ihnen mein Wort gegeben, sie freizulassen, sobald wir zu Hause sind«, sagte Argos, doch Tarras wischte auch diese Worte mit einer fast beiläufigen Bewegung zur Seite. »Dein Wort, du sagst es.«

Er überlegte einen Moment, dann wandte er sich mit einer Frage an Trautman: »Hat jeder von euch hier an Bord eine eigene Kabine?« Trautman nickte.

»Gut«, sagte Tarras. »Dann werdet ihr jetzt Wasser und Nahrungsmittel für drei Tage zusammenpacken und in eure Kabinen gehen. Einzeln und nacheinander. Vargan begleitet euch, während ich auf unser Prinzesschen Acht gebe.«

»Was haben Sie vor?«, fragte Mike aufgebracht. Er machte einen Schritt auf Tarras zu, blieb aber wieder stehen, als ihn ein Blick aus den eisigen Augen des Atlanters traf

»Ich will nur sichergehen, dass sie keine Dummheiten macht«, sagte Tarras. »Immerhin haben wir eine ganze Schiffsbesatzung voller junger Helden hier, nicht wahr? Und die könnten etwas Unüberlegtes tun. Etwas, das Serena in Gefahr brächte. Und das wollen wir doch nicht, oder?«

Mike presste wütend die Lippen zusammen, aber er konnte nichts anderes tun als hilflos die Fäuste zu ballen und wieder in die Reihe der anderen zurückzutreten.

»Sie wollen uns drei Tage lang einsperren?«, vergewisserte sich Trautman.

»Sie können auch gerne hier auf der Insel zurückbleiben«, antwortete Tarras. »Ich bin sicher, dass Sie nicht sehr lange allein sein werden. Unsere wortkargen Freunde sind bestimmt noch in der Nähe – und ich würde mich nicht darauf verlassen, dass sie ihren Fehlschlag mit einem Schulterzucken hinnehmen und einfach wieder gehen.«

»Davon abgesehen liegt diese Insel weitab von allen bekannten Schiffsrouten«, fügte Argos hinzu. »Es könnte sein, dass ihr nie gefunden werdet Ihr könnt Tarras vertrauen und ihr habt mein Wort, dass ihr frei seid und hingehen könnt, wohin ihr wollt, sobald wir unser Ziel erreicht haben.«

Trautman antwortete nicht darauf, doch der Blick den er Argos zuwarf, machte klar, was er von dessen Wort hielt.

Genau so, wie der Atlanter gesagt hatte, kam es. Sein Kamerad begleitete sie einen nach dem anderen in ihre Kabinen. Ben versuchte als Einziger sich zu wehren, hatte aber natürlich gegen den starken Mann keine Chance. Als Allerletzter erst kam Mike an die Reihe. Auch er widersetzte sich nicht, aber er war tief enttäuscht. Er hatte gehofft, dass er sich wenigstens noch von Serena verabschieden durfte, aber Tarras schien solch romantischen Gedanken gegenüber völlig unempfänglich zu sein. Mikes entsprechende Bitte beantwortete er nur mit einer ungeduldigen Geste, sodass Mike sich schließlich zornig umwandte und vor dem Atlanter den Gang hinunterging.

Vargan führte ihn zu seiner Kabine und stieß ihn unsanft hinein. Als er die Tür schließen wollte, erklang jedoch draußen Argos' Stimme und der Atlanter hob noch einmal den Blick.

»Warte noch einen Moment«, bat Argos. »Ich will noch einmal mit ihm reden.«

Vargan zögerte. »Tarras wird das nicht gerne sehen«, sagte er.

»Du musst es ihm ja nicht verraten«, antwortete Argos scharf Ohne ein weiteres Wort trat er hinter Vargan in Mikes Kabine und der Atlanter schloss die Tür hinter ihm und verriegelte sie.

Mike starrte Argos an. Hinter seiner Stirn kreisten die Gedanken wie wild. Er war hin und her gerissen zwischen Wut, Verzweiflung und Trauer, Enttäuschung und anderen Gefühlen, die er gar nicht genau beschreiben konnte. Aber das Einzige, was er hervorbrachte, war das gestammelte: »Warum?«

»Ich hatte keine andere Wahl, Mike«, antwortete Argos. Er hatte immer noch nicht die Kraft, seinem Blick standzuhalten, und starrte irgendwo auf den Boden zwischen ihnen. Seine Stimme war sehr leise und sehr traurig, fast nur ein Flüstern, das um Vergebung bat »Ich verlange nicht dass du mir glaubst aber es ist die Wahrheit. Ich wollte nicht, dass es so kommt«

»Und Sie hätten es auch nicht getan, wenn Sie gewusst hätten, dass es so kommt nicht wahr?«, fragte Mike höhnisch.

Argos fuhr unter seinen Worten zusammen wie unter einem Hieb. »Doch«, sagte er nach kurzem Schweigen. »Es geht um viel mehr, als du dir vorstellen kannst Mein eigenes Leben spielt dabei keine Rolle und auch nicht das der beiden anderen.«

»So wenig wie unsere?«, schnappte Mike.

»Ich kann deine Bitterkeit gut verstehen«, murmelte Argos. »Ich will nicht, dass du mir verzeihst Aber du wirst mich verstehen, wenn wir erst einmal angekommen sind.«

»Wer sind diese Männer?«, fragte Mike. »Stammen sie wirklich aus Atlantis oder sind sie einfach nur Lügner?«

»Wie ich?«, flüsterte Argos bitter. »Willst du das damit sagen?« Er schüttelte den Kopf »Nein, es ist schon die Wahrheit Wir ... stammen aus Atlantis. Jedenfalls in gewissem Sinn. Ich kann es dir jetzt nicht erklären, aber ich habe nur da gelogen, wo es nötig war«

»Das scheint ziemlich oft gewesen zu sein.«

»... öfter als ich wollte«, gestand Argos.

»Aber warum haben Sie Serena vorgemacht, dass Sie ihr Vater wären?«, wollte Mike wissen. »Hat es Ihnen Spaß gemacht sie zu quälen? Falsche Hoffnungen in ihr zu wecken?«

»Es war das Leichteste«, antwortete Argos. »Ich habe in ihren Gedanken gelesen und erkannt, dass es ihr größter Wunsch war, ihren Vater wieder zu sehen.« Er lächelte schmerzlich. »Ich sehe ihm nicht einmal ähnlich, weißt du? Aber es ist so viel Zeit vergangen und Serena hat sich so sehr gewünscht, ihn zu treffen, dass das wohl keine Rolle spielte.«

»0 ja, und außerdem haben Sie natürlich alle Antworten auf alle Fragen, die sie stellen konnte, in ihren Gedanken gelesen«, sagte Mike bitter. »Wirklich eine Leistung. Bravo!« Er wartete vergeblich auf eine Antwort. Als er keine bekam, fuhr er fort: »Was geschieht jetzt mit uns? Wirklich, meine ich?«

»Nichts«, antwortete Argos. »Ich verspreche, dass ihr freigelassen werdet.«

»Warum sollte ich Ihnen das glauben?«, schnappte Mike. »Ihre Kameraden glauben unserem Ehrenwort ja auch nicht.«

»O doch, das tun sie«, behauptete Argos. »Sie wollen nur kein Risiko eingehen. Der Weg, der vor uns liegt, ist nicht sehr weit, aber gefährlich. Und von unserer Mission hängt so unendlich viel mehr ab, als du dir auch nur vorstellen kannst. Du und die anderen, ihr werdet in euren Kabinen bleiben. Es ist sicherer – für uns, aber auch für euch und für Serena.«

»Und was geschieht mit ihr?«, wollte Mike wissen.

»Nichts«, antwortete Argos. »Ich gebe dir mein Ehrenwort, dass ich ihr Leben verteidigen werde wie mein eigenes. Niemand wird ihr auch nur ein Haar krümmen.«

»Ach, und Sie glauben, das reicht?«, fragte Mike. »Sie haben ihr viel mehr angetan, als es diese beiden Verbrecher da oben jemals könnten, ist Ihnen das eigentlich klar?«

»Ja«, antwortete Argos. »Ich weiß das. Und es tut mir unendlich Leid. Bitte glaube mir. Könnte ich es ungeschehen machen, würde ich es tun. Aber das kann ich nicht.« Er seufzte. »Ich werde dich jetzt allein lassen. Wenn alles gut geht komme ich vielleicht in drei Tagen schon wieder. Kann ich noch irgendetwas für dich tun?«

»Ja«, antwortete Mike. »Warten Sie, bis wir auf dreitausend Metern sind, und dann steigen Sie ohne Taucheranzug aus der Schleuse!«

Argos sah ihn nur noch einen Moment lang traurig an, dann schüttelte er den Kopf, lächelte bitter und klopfte an die Türe, damit sein Kamerad, der draußen Wache stand, ihn hinausließ.