Die Tote aus der Blockheide - Joana Angelides - E-Book

Die Tote aus der Blockheide E-Book

Joana Angelides

0,0
4,99 €

oder
-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
  • Herausgeber: BookRix
  • Kategorie: Krimi
  • Sprache: Deutsch
  • Veröffentlichungsjahr: 2019
Beschreibung

Ein weibliches Skelett ohne Kopf wird nach 20 Jahren durch Zufall im Naturpark Blockheide, zwischen den dortigen, gewaltigen Wackelsteinen und im dichten Wald entdeckt. Sofort ranken sich die wildesten Gerüchte und mystische Ahnungen um die Ereignisse. Hier im Waldviertel, nahe der tschechischen Grenze soll es Geister, Hexen und Druiden geben, es gibt  magische Gruppen, die diese Geister beschwören, Fast gleichzeitig wird der möglicher Weise fehlende Kopf in Wien bei Erdarbeiten in einer Kleingartensiedlung entdeckt. Kommissar Mahrer begibt sich in das kleine Dorf in der Blockhheide um die Hintergründe gemeinsam mit seinem Kollegen Inspektor Tom Bauer, zu klären. Im Zuge der Recherchen wird die Bibliothekarin, eine der selbst ernannten Hexen des Dorfes, ebenfalls ermordet. Kommissar Mahrer kämpft mit Vorurteilen, Geheimnissen und Leidenschaften, wird selbst von der Mystik ein wenig eingenommen.

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Joana Angelides

Die Tote aus der Blockheide

BookRix GmbH & Co. KG81371 München

Die Tote aus der Blockheide

 

Kommissar Georg Mahrer genoss die Kühle des Abends auf seiner Terrasse des kleinen Hauses am Stadtrand von Wien. Er war froh, der brütenden Hitze der City entgangen zu sein. Am Nachhauseweg hörte er in den Nachrichten, dass dies der heißeste Juni sei, seit es Aufzeichnungen gibt. Die drohende Erderwärmung wirkt sich offenbar aus, ganz Europa leidet unter der extremen Hitze. Es gab schon Hitzetote, und immer wieder Störungen in Stromnetzen.

 

Er stand auch an diesem Abend, wie schon einige davor, einige Minuten länger unter der kühlen Dusche und spürte, wie sich der Körper langsam entspannte.

 

Noch mit feuchter Haut und nur mit einem Sauna-Lendenschurz bekleidet machte er es sich in dem bequemen Stuhl bequem und genoss das kühle Pils in seiner Hand.

 

Mephisto der Rabe, sein schwarzer Mitbewohner, saß am Baum gegenüber und betrachtete ihn neugierig. Er sondierte so, ob Mahrer heute Probleme hatte, oder ob er sich entspannt mit ihm unterhalten werde. Mahrer besprach alle seine Fälle mit diesem seltsamen Vogel, der sich oft schon wie eine anspruchsvolle Ehefrau gebärdete. Er krähte erbost, wenn ihn Mahrer nicht beachtete, manches Mal setzte er sich auch auf das Gelände der Terrasse und blähte seine Federn auf, um größer zu wirken und sein Interesse zu erhalten. Er ging auch oft, wenn Mahrer im Haus war, auf der Terrasse auf und ab und dabei erinnerte ihn an einen Notar, der nachdenklich auf und abgeht. Er wurde von Mahrer auch gefüttert und trank wie selbstverständlich aus dem, im Garten sprudelnden kleinen Springbrunnen.

 

Dass der Garten von keinem der anderen Vögeln belagert wurde, verdankte Mahrer ihm, weil er sein Revier eifersüchtig und militant verteidigte. Da musste in der Vergangenheit schon manch anderer Rabe Federn lassen!

 

Das Handy brummte vor sich hin. Mahrer hatte es auf leise gestellt, er hatte keinen Bereitschaftsdienst, Barbara war für einige Tage auf einem Symposium für Pathologen in Kärnten und sonst erwartete er keine Anrufe.

 

Es hörte nach einer Weile auf und schaltete auf Mail-Box.

 

Mahrer blieb noch einige Minuten in seiner Ruhestellung, bis er feststellte, dass er eigentlich hungrig war. Er entschloss sich, eine Pizza zu bestellen, da brauchte er keine Anstrengungen machen, um sich selbst einen Imbiss zu machen und auch keinen Teller abzuwaschen. Er griff nun doch zum Handy und wählte die Pizzeria um die Ecke, sie war eingespeichert. Man kannte ihn da und war immer sehr bemüht.

 

Da er nun schon das Handy in der Hand hielt, schaut er gleich nach, wer ihn angerufen hatte.

 

Oh, es war Robert sein Cousin aus dem Waldviertel. Dieser ist freier Journalist und versucht des Öfteren irgendwelche Infos von ihm zu erhalten. Der wird doch nicht so verrückt sein und den kühlen Wald rund um sein Haus dort im nördlichen Niederösterreich zu verlassen, um in die heiße, brodelnde Stadt zu kommen?

 

Robert war mit seiner damaligen Frau Sabine ins Waldviertel gezogen, sie kauften sich dort einen alten Bauernhof, restaurierten ihn und Sabine war sehr glücklich mit einigen Hühnern, Kaninchen und Gänsen. Der Gemüsegarten war ihr Hobby! Leider ist sie nun vor einigen Jahren gestorben und seitdem lebte Robert dort ganz alleine und zurück gezogen.

 

Er zögerte einen Moment, ob er ihn gleich zurückrufen sollte, oder ihn bis Morgen warten lassen sollte. Er hatte ihn aber sowieso im Speicher und rief nun doch gleich zurück.

 

„Hallo Robert, schon länger nicht gehört, genießt Du die Kühle und Ruhe in Deinem Refugium?“

 

„Hallo Georg, danke, dass Du mich zurückrufst. Ja, teilweise. Kann mir vorstellen, dass es hier bei uns angenehmer und kühler ist, als in Wien. Nur mit der Ruhe ist es nicht weit her. Seit nun die furchtbare Klinik vom Prof. Klausner geschlossen wurde, war es eine Weile ruhig hier und die Menschen begannen wieder alles zu vergessen. Das Gebäude steht nun wieder leer und man überlegt, was man mit dem Gemäuer anstellen kann. Der Bürgermeister versucht, es wieder zu vermieten. Aber nun ist leider schon wieder etwas geschehen, was alle in Aufregung versetzt hat. Man hat ein Skelett ohne Kopf in unserem Wald gefunden, es wurde nach Horn in die Pathologie gebracht. Laut dem Pathologen dort, handelt es sich um ein weibliches Skelett. Er hat das vorab an Hand der Beckenknochen festgestellt. Nach dem Kopf wird noch gesucht!“, erzählte Robert Jennings, etwas aufgeregt. Er war immerhin Journalist und hatte offenbar wieder Blut gerochen.

 

Mahrer erinnerte sich noch sehr gut an den erwähnten grausigen Fall „Prof. Klausner“, der gar nicht so einfach zu lösen war. Man hatte damals in dieser Klinik im Waldviertel bei Geras heimlich Experimente an menschlichen Gehirnen gemacht, bis alles aufflog und die Klinik geschlossen wurde. Der damalige Pathologe aus Horn war einer der Mittäter.

 

„Achja? Davon weiß ich nichts. Ist noch nicht in Wien gelandet. Aber können die Gebeine nicht in Zusammenhang mit der Causa der Klinik vom Klausner stehen?“

 

„Nein, laut dem neuen Pathologen in Horn sind die schon länger unter der Erde gewesen, so ungefähr zwanzig Jahre. Wird die genaue Untersuchung ergeben!“, verneinte das Robert.

 

„Na, dann kann das wirklich nicht mit dem Fall Professor Klausner zusammenhängen, das war ja später! Wie hat man die Knochen denn nun gefunden?“

 

„Es waren Holzfäller von der Försterei, sie haben Bäume gefällt und einige alten Baumstumpen ausgegraben und da haben sie sie entdeckt. Sie war ziemlich tief vergraben, der Mörder hat sich da Mühe gemacht, dass man sie nicht entdeckt!“.

 

„Den Kopf hat man noch nicht gefunden, sagst Du? Na. Das wird aber eine Identifikation auch nicht leichter machen!“ Mahrer wiegte seinen Kopf hin und her.

 

„Nein, sicher nicht“, bestätigte Robert.

 

„Kann die Frau aus Eurer Region sein? Hast Du da irgendetwas gehört, die Leute werden ja Vermutungen anstellen“.

 

„Ja, ist natürlich Tagesgespräch. Es handelt sich offenbar um eine Frau, so um die vierzig Jahre alt, sagte der Pathologe noch und sie soll schon über zwanzig Jahre unter der Erde sein. Da gibt es aber um diese Zeit keine Abgängigkeitsanzeige, ich habe da nachgeforscht, auch in den Archiven der Lokalzeitung nachgesehen. Um diese Zeit wurde hier keine Frau vermisst. Muss eine Fremde sein. Das macht die Sache natürlich noch mysteriöser und schwieriger“, berichtete Robert weiter.

 

„Hat man keine Hinweise über ihre Identität gefunden, keine Papiere, keine Tasche? Hat man in der Kleidung keine Merkmale oder Marken feststellen können?“

 

„Nein, denn der Mörder muss die Frau nackt begraben haben. Eine Hundestaffel hat den Wald nach irgendwelchen persönlichen Dingen abgesucht, doch nichts gefunden. Sie werden den Radius jetzt etwas vergrößern“, verneinte Robert.

 

„Und, wie kann ich Dir da helfen?“, fragte Mahrer.

 

„Naja, ich dachte, da es ja in Wien ganz furchtbar heiß sein muss, dass Du vielleicht ein paar Tage dem entfliehen und zu mir raufkommen kannst, wir könnten einige schöne Abende verbringen, wir könnten Schwammerl und Beeren im Wald suchen und Du könntest Dich ein wenig umhören“, lächelte Robert ins Telefon, es klang wie eine Bitte.

 

„Wenn, und ich sage ausdrücklich wenn, also, wenn ich das mache, dann geht das nur privat. Wir haben hier in Wien von diesem Fall noch nichts gehört und sollte der Fall nach Wien delegiert werden, dann muss ich mit offiziellen Recherchen auch noch warten, bis er uns offiziell zugeteilt wird!“ antwortete Mahrer ein wenig genervt. Sie hatten hier genug zu tun, er ist nicht gewillt, sich hier Arbeit aufzuhalsen, wenn es nicht sein muss.

 

„Naja, schade, dachte Du würdest heraufkommen!“, bedauerte es Robert. Sie sprachen noch ein paar belanglose Sätze, dann legte Robert auf und seufzte. Er war enttäuscht.

 

Die Sache interessierte Robert irgendwie. Auch wenn die Tote scheinbar nicht aus der Umgebung stammen sollte, wäre es doch interessant gewesen zu erfahren, warum sie gerade hier im tiefen, dichten Wald so neben den Wackelsteinen des Waldviertels so formlos und einsam einfach eingegraben wurde. Sicherlich trauerte jemand um sie, konnte an keinem Grab weinen, um seiner Trauer Ausdruck zu verleihen. Er nahm sich vor, wenn die Sperre dann aufgehoben wurde, dass er an der Fundstelle ein paar Blümchen niederlegen wird.

 

Den ganzen Nachmittag verbrachte er an seinem Schreibtisch, loggte sich wieder ins Archiv der Lokalzeitung, sowie der NÖN (Niederösterr. Nachrichten) ein und durchwühlte die alten Aufzeichnungen. In der heutigen Zeit der Digitalisierung ist es ja um vieles leichter zu Informationen zu kommen, als früher. Doch Niemand aus dieser Zeit wurde vermisst.

 

Gegen Abend beschloss er in das Dorf zu radeln, den „Dorfkrug“ aufzusuchen und etwas aus der deftigen Küche von Kathi, der Wirtin zu genießen. Sein Kühlschrank war leer. Es war ein beliebter Treffpunkt für fast alle Männer aus der Umgebung. In einem der Hinterzimmer konnte man immer eine Männerrunde finden, die gerade Karten spielte und wenn der Apotheker und der alte Dorfdoktor zusammentrafen, spielten sie immer eine Runde Schach im Gastraum beim Erker, der fast eine Nische war, bevor sie nach Hause zu ihren Frauen gingen. Wobei die Frau des Doktors immer wieder im „Dorfkrug“ anrufen musste, weil ihr Mann einfach die Zeit vergaß und das Abendessen schon auf dem Tisch stand. Frauen waren abends nur selten anwesend und es war auch nicht gerne gesehen. Eine kleine Dorfidylle eben.

 

Die Gaststätte war gerammelt voll, der Geräuschpegel natürlich auch dementsprechend. Einer der Tische am Ende des Raumes war immer für die Lehrer der hiesigen Schule reserviert. Hier fanden oft sehr angeregte Gespräche statt, ja wurden sogar Debatten über Schulprobleme und auch Schüler abgehalten. Es kam sogar des Öfteren vor, dass sich dort jemand bei den Lehrern über seinen Nachwuchs und die schulischen Erfolge informierte. So zwischen zwei Bieren. In diesem kleinen Dorf blieb sowieso nichts ein Geheimnis, alles lag offen auf dem Tisch.

 

Der Tischler und sein Geselle hatten gerade eine Wette beim Darts laufen und es gab allgemeinen Beifall.

 

Robert durchquerte langsam den Raum, setzte sich in das kleine Extrazimmer und winkte dem Schankburschen, der auch der älteste Sohn der Wirtin war. Der wusste wie immer, dass er ein kühles gepflegtes Pilsen wollte und brachte es sofort.

 

„Guten Abend, Herr Jennings! Wollen Sie auch etwas essen?“, fragte er dann.

 

„Ja Flori, sag der Kathi ich hätte gerne ein großes Gulasch. Danke!“.

 

Es dauerte nur ein paar Minuten bis Kathi mit dem Tablett kam. Sie brachte einen Teller mit Besteck und eine kleine Terrine mit dem Gulasch zum selbst herausschöpfen.

 

 

„Hallo Robert! Habe Dich schon vermisst, Du gräbst Dich ja in Deinem Refugium im Wald ganz ein. Du solltest mehr unter die Leute gehen, Einsamkeit ist nicht erstrebenswert. Warst ja früher mit Sabine auch öfter hier. Wirst noch zu einem sonderlichen Schreiberling!“, rügte sie ihn lachend.

 

„Ach Kathi, bin oft zu bequem um wegzugehen. Seit Sabine tot ist, fehlt mir auch die Lust unter Menschen zu gehen. Und, es ist schon wahr, habe auch eine Menge zu schreiben und da ist der beste Freund mein Laptop!“, lächelte er.

 

Kathi richtete ihm alles mundgerecht her, stellte auch einen Korb mit frischen Semmeln auf den Tisch und wollte schon wieder gehen.

 

„Komm setz Dich einen Moment zu mir. Sag hörst Du hin und wieder, was die Leute so über den Knochenfund im Wald reden, dem Skelett ohne Kopf?“, fragt er neugierig. Aus Erfahrung wusste er, dass in einem Wirtshaus das Meiste geredet wird, Meinungen geäußert aber auch Unwahrheiten zu Wahrem werden.

 

„Robert, schrecklich! Niemand hat eine Vorstellung, wer diese Frau gewesen sein könnte! Es heißt ja, dass sie vor zwanzig Jahren ermordet worden sein soll. Aber um diese Zeit ist keine Frau von hier verschwunden, die ist sicher von irgendwo anders und der Mörder hat sie recht weit weg von seinem Umkreis bis hierhergebracht und hier eingegraben! Wo der Kopf ist, weiß man noch immer nicht! Den wird er woanders vergraben haben. Vielleicht ist es aber noch länger her, vielleicht ist es auch eine der Hexen, die früher hier in den Wäldern gelebt haben und die man umgebracht hat und den Kopf irgendwo aufgespießt, oder einem Wolf zum Fressen vorgeworden hat. Vielleicht finden sie noch mehr, Reste von Hexenfesten und den Druiden?“

 

„Kathi, es gibt und gab keine Hexen! Auch nicht hier in den tiefen Wäldern. Das sind Hirngespinste. Und bisher hat man keine weiteren Leichen gefunden und den Kopf wird man auch noch finden. Wölfe fressen keine Leichenteile und außerdem sind sie nur halb so wild und gefährlich, wie man immer sagt“, beruhigte sie Robert.

 

„Naja, ich weiß nicht!“ seufzte Kathi. Es war fast unglaublich, dass die Menschen in der heutigen aufgeklärten Zeit immer noch an Hexen glauben. Kathi war eine resolute Sechzigerin, die seit dem Tode ihres Mannes das Wirtshaus führte und man sollte meinen sie sei bodenständig und vernünftig. Sie hatte drei Kinder großgezogen und alle hatten Respekt vor ihr, da konnten die Gäste noch so betrunken sein, sie duckten sich sofort, wenn Kathi ein Machtwort sprach! Und dann glaubte sie doch tatsächlich an Hexen!

 

Während Robert sich dem wirklich guten Essen widmete, ging Kathi wieder zu ihrer Theke, es waren wieder zwei neue Gäste hereingekommen. Robert kannte beide. Es war einmal der Lehrer von der Volksschule im Dorf und dann der Apotheker. Sie standen nun zwar nebeneinander an der Theke, würdigten sich jedoch keines Blickes. Zwischen den Beiden schien eine Eiszeit ausgebrochen.

 

Robert runzelte die Stirne. Ja, es fiel ihm ein, dass ihm Sabine einmal erzählt hatte, dass die Frau des Lehrers und der Apotheker eine Liaison gehabt haben sollen und das ganze Dorf dann darüber gemunkelt hätte. Schlussendlich kam auch der Lehrer hinter die Afaire und es gab eine riesige Rauferei zwischen den beiden Männern, mitten auf dem Dorfplatz. Sie hatten zu diesem Zeitpunkt noch nicht hier gewohnt, doch Sabine hat es von den anderen Frauen im Dorf erfahren und es ihm brühwarm erzählt. Er hatte es aber wieder vergessen und doch fiel es ihm im Moment wieder ein.

 

Kathi kam wieder an seinem Tisch und brachte ihm noch ein Helles.

 

„Sag, Kathi, der Lehrer ist doch unverheiratet, oder? Ich habe noch nie etwas von einer Frau gehört?“

 

„Das stimmt nicht ganz. Er war verheiratet, doch seine Frau hat die Scheidung eingereicht und ist dann nach Australien ausgewandert. Sie hatte dort irgendwelche Verwandten. Seither ist er verbittert und alleine. Ich war mit Gretchen, das war seine Frau, sehr befreundet, sie hat mir noch ein paar Karten aus Australien geschickt, aber irgendwann hat sie dann aufgehört damit. Wird sicher in Australien eine neue Familie gegründet haben, sie wollte immer schon Kinder, doch es hat nie geklappt.!“

 

„Ahja. Sag, gab es da nicht so ein Gerücht….?“, fragte Robert und lächelte ein wenig verschmitzt.

 

 

„Ja, ich weiß, worauf Du anspielst. Ja, da war was, aber es war kein Gerücht! Er kam ihr darauf, dass sie sich heimlich in Horn mit dem Apotheker traf, man sah sie aus einem der Hotels dort kommen und da flog die Sache auf. Es kam zu einer Rauferei am Dorfplatz, das halbe Dorf war dabei und er schlug den Apotheker ziemlich zusammen, sodass er ins Krankenhaus musste und dort einige Wochen verbrachte, davon sogar eine Woche im Tiefschlaf. Wie Du siehst, ist der Lehrer ja ein durchtrainierter großer kräftiget Kerl und war dem Apotheker weit überlegen. Der Apotheker verzichtete jedoch überraschender Weise auf eine Anzeige und so kam der Lehrer glimpflich davon, an sich hatte er offenbar ein schlechtes Gewissen! Aber seither sprechen sie nicht mehr miteinander!“, erzählt Kathi mit einem bedeutsamen Lächeln.

 

„Wie lange ist das nun her?“, fragte Robert.

 

„Ach, ich weiß es nicht mehr, aber sicher sehr lange. Ich war damals eine junge Frau, vielleicht so fünfzehn bis zwanzig Jahre!“

 

„Und seitdem ist Funkstille zwischen den Beiden? War der Apotheker eigentlich auch verheiratet?“.

 

„Ja, und ist es noch. Seine Frau hat ihm die Sache dann verziehen, umso mehr, weil ja Gretchen auch das Dorf bei Nacht und Nebel, so über Nacht, verlassen hat. Sie hat sich von niemand verabschiedet, eines Tages war sie einfach weg! Ich glaube ich habe sogar die Ansichtskarten noch, die sie geschickt hat! Mein Gott, was war das damals für ein Skandal“, lachte Kathi und verdrehte die Augen. Es schien als würde sie das noch heute ergötzen.

 

„Dir schien das ja damals gefallen zu haben?“, lächelte Robert.

 

„Natürlich! Geschah ja sonst nichts im Dorf, das ein bisschen Abwechslung versprach! Gretchen war sehr beliebt bei allen und ein wenig Mitleid mit den Beiden kam da auch auf. Wir hatten sozusagen unser dorfeigenes, verhindertes Liebespaar, unsere eigenen Königskinder!“

 

Ein sehr nachdenklicher Robert radelte dann nach Hause, den kleinen Abhang hinauf zu seinem Haus. Irgendetwas hatte da seine Neugier geweckt und er nahm sich vor, noch einmal die Archive im Amtshaus zu durchstöbern.

 

Zufällige Begegnungen.

 

 

Kommissar Mahrer hatte den Anruf seines Cousins Robert nicht ganz vergessen, doch der Alltag schlug über ihm zusammen. Es gab in den folgenden beiden Wochen zwei Mordfälle aus Messerstechereien heraus und einen eventuellen Kindsmord, der sich dann als plötzlicher Kindestot herausstellte.

 

Die Temperaturen in der Stadt kletterten auf über 30 Grad Celsius und in den Räumlichkeiten war es ohne Klimaanlagen kaum auszuhalten.

 

Mahrer saß an seinem Schreibtisch und hatte den Hemdkragen und die Krawatte gelockert und das Fenster zur Straße geschlossen, um die Hitze nicht in den Raum zu lassen.

 

Er las einige Polizei-Berichte durch, nur um auf dem Laufenden zu sein. Einer dieser Berichte errang jedoch sein Interesse.

 

In einer Kleingartensiedlung auf der Schmelz in Wien wurde durch Grabungen für eine neue Wasserleitung der Kopf einer Frau gefunden. Sie war in eine Nylonfolie eingeschweißt und schien dort vor schon vor sehr vielen Jahren vergraben worden sein. Der Kopf kam in die Pathologie zur weiteren Untersuchung.

 

Er legte den Bericht weg und lehnte sich zurück. War da nicht etwas vor ungefähr zwei Wochen, wo ein Kopf bei einer Leiche gefehlt hatte? Er durchblätterte die einzelnen Berichte, doch er fand da nichts Näheres. Aber er war sich sicher, da was gelesen zu haben!

 

„Monika!“, rief er ins Nebenzimmer.

 

„Ja Chef?“ Inspektor Monika Pohl stand auf und kam zur offenen Türe.

 

„Sag, hatten wir da nicht einen Mordfall, wo dem Opfer der Kopf fehlte?“, fragte er sie.

 

„Also nein, hatten keine kopflose Leiche!“, lachte sie.

 

„Danke, naja, dann irre ich mich offenbar. Aber irgendwas war da was….. „, sinnierte er vor sich hin.

 

Er griff zum Telefon und rief die Pathologie Frau Dr. Barbara Rauch an.

 

„Hallo Barbara! Sag hast Du schon den Frauenkopf bekommen, der da auf der Schmelz gefunden wurde?“, fragte er sie, in der Hoffnung, dass sie ihm auf die Sprünge helfen würde.

 

„Ja, schon vor einigen Tagen. Doch leider fehlt uns da noch der Rest!!“, seufzte sie.

 

„Und wieso haben wir da noch keinen Bericht?“

 

„Weil wir einfach überlastet sind! Außerdem gibt es keinerlei Anhaltspunkte, um wen es sich da handeln könnte, dann kommt noch dazu, dass der Kopf schon mindestens zwanzig Jahre vergraben gewesen sein muss! Ich dachte, da kommt es auf ein paar Tag auch nicht mehr an!“, verteidigte sie sich.

 

„Oh, ich wollte Dich da nicht angreifen. Es ist nur so, dass mich dieser Fall interessiert. Kann es aber nicht näher definieren! Wenn Du mit der Untersuchung fertig bist, bitte schicke mir den Bericht sofort herauf!“.

 

„Ja, geht in Ordnung! Sehen wir uns heute Abend? Ich würde gerne zu einem Heurigen gehen, ein wenig den Abend unter Kastanienbäumen verbringen und ein Glas guten Wein trinken“, zirpte sie in das Telefon.

 

„Dein Wunsch ist mit Befehl! Wir könnten da in Ottakring zu einem der Heurigen gehen, vorher könnten wir uns noch auf der Schmelz in der Kleingartensiedlung den Fundort ansehen!“

 

„Ohja, ok! Das machen wir. So um Siebzehn Uhr unten in der Garage beim Auto?“.

 

„Ja, das ist ok! Ich gehe gleich zu Dr. Fuhrmann und hole mir die Order“, dann legte er auf.

 

Er hatte Glück, Dr. Alexander Fuhrmann, der Leiter des Morddezernates war noch im Büro und begrüßte ihn herzlich.

 

„Hallo Georg, ich hoffe, es läuft alles wie am Schnürchen?“, scherzte er.

 

„Hallo Alex, ja, alles läuft. Du ich brauche da deine offizielle Zuteilung für einen seltsamen Fund, der mich irgendwie interessiert. Man hat da vor einigen Tagen einen abgetrennten Frauenkopf im Zuge von Aufgrabungsarbeiten in einer Kleingartensiedlung gefunden. Dieser Fund interessiert mich, ich glaube er erinnert mich an einen alten Fall oder irgendetwas anderem!“

 

Dr. Fuhrmann schaute ihm erstaunt an.