Drei Tote und kein Mörder - Joana Angelides - E-Book

Drei Tote und kein Mörder E-Book

Joana Angelides

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  • Herausgeber: BookRix
  • Kategorie: Krimi
  • Sprache: Deutsch
  • Veröffentlichungsjahr: 2020
Beschreibung

Es gibt drei Tote, Spuren die ins Nichts führen und einen ratlosen Kommissar Mahrer. Es gbt einen Mann der sich auf der Siche nach seinem Glück in Gefahr begibt und unverhofft ein anderes Glück findet und schließlich alles hinter sich läßt.  Ein Buch voller Action, voller Gefühle und Einsicht in eine Welt voller Intrigen, Gefahren und Mord und Totschlag!

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Joana Angelides

Drei Tote und kein Mörder

kriminelle Irrwege

BookRix GmbH & Co. KG80331 München

Drei Tote und kein Mörder.

 

Es war ein klarer Morgen, wie man ihn im Frühling öfter erleben kann. Der Duft der blühenden Kräuter lag in der Luft und das leise Summen der Bienen war zu hören. Er parkte seinen Wagen auf der Anhöhe, stieg aus und blickte mit wehmütigem Blick in das Tal hinab.

 

Hier hatte er die schönsten Monate seines Lebens verbracht. Der Gedanke daran verursachte immer noch ein Ziehen am Herzen, so dass er sich unwillkürlich mit der Hand zur Brust fasste.

 

Es war das erste Mal seit drei Monaten nach dem unerwarteten Verschwinden seiner Frau, dass er wieder hierher in sein Elternhaus kam. Es war ihm nicht leichtgefallen, doch es wurde ihm nun nach diesen letzten drei Monate bewusst, dass er nur so darüber hinwegkommen würde.

 

Kurz entschlossen öffnete er die Wagentüre und setzte sich wieder hinter das Steuer. Er ließ den Motor an und steuerte zielsicher auf das kleine von Hecken umsäumten Haus zu. Kaum hatte er den Wagen verlassen und den Kofferraum geöffnet um seine Reisetasche herauszunehmen, flog auch schon die Türe auf und die große hagere Gestalt von Theresa trat heraus und lief ihm mit ausgestreckten Armen entgegen.

 

„Peter, es ist wunderschön, dass Du wieder da bist, wie in alten Zeiten.“, rief sie aus und nahm ihm fest in ihre Arme. Es war eine besitzergreifende Geste, energisch und kraftvoll, wie alles was sie tat.

 

Soweit er denken konnte, war Theresa in der Familie. Sie kümmerte sich um alles, wusch, bügelte und kochte und kümmerte sich ums Haus. Sie war der gute Geist der Familie und es war gut, dass es sie gab. Sie wohnte nicht direkt im Haus, sie hatte selbst ein kleines verträumtes Haus am Waldrand neben einem kräftigen Bach, eine ehemalige Mühle. Das Rad der Mühle konnte man anheben, indem man es mit einem Mechanismus aus dem Wasser hob und es sich dadurch nicht drehen konnte.

 

Der Vater war immer sehr viel auswärts tätig und die Mutter lebte in einer Welt der Literatur, Musik und Theater, war selbst Pianistin, gab vereinzelt Konzerte und war daher auch oft wochenlang abwesend. So wuchs er heran, umsorgt von Theresa.

 

Als die Eltern dann bei einem Flugzeugabsturz ums Leben kamen, war nur mehr Theresa da und der einzige ruhende Pol für ihn. Dieser Flugzeugabsturz veränderte sein Leben nicht wirklich. Er studierte zu dieser Zeit bereits in Wien Chemie und Physik und stand knapp vor dem Abschluss.

 

Die Hinterlassenschaft wickelte der Anwalt der Familie gewissenhaft ab und es stellte sich heraus, dass für seine Zukunft hinreichend gesorgt war. Seine Eltern hatten auch für Theresa vorgesorgt, so dass sie neben ihrer Pension auch noch ein kleines Zubrot bekam. Ihm blieb noch ein größeres Barvermögen, das, Ziel orientiert angelegt, ihm sein monatliches Einkommen garantierte.

 

Nach Beendigung seines Studiums nahm er die Stelle in einem Labor der kriminaltechnischen Abteilung der Polizei an. Er vermehrte sein Vermögen durch kluge Investitionen. Er war sehr selten im Elternhaus anzutreffen, da ihm seine Arbeit in der Stadt festhielt und die wenigen freien Stunden verbrachte er in seiner gemütlichen Stadtwohnung oder mit Freunden.

 

Sein Leben wurde aber trotzdem erst vollkommen, bis er Irene, seinen Lebensmenschen traf. Aber, es gab und gibt augenscheinlich kein ewiges Glück!

 

Mit sanfter Gewalt entwand er sich der Umarmung von Theresa und nahm nun endlich die Reisetasche aus dem Kofferraum. Nur zögernd wandte er sich der Eingangstüre zu, so als hätte er Angst hineinzugehen.

 

„Ich habe etwas zum Essen im Kühlschrank vorbereitet, Brot ist in der Brot lade, das Bett ist neu überzogen und die Heizung ist aufgedreht. Es ist noch kühl am Abend."

 

Sie blieb draußen vor der Eingangstüre stehen und blickte ihm liebevoll nach. Dann ging sie mit schnellen Schritten zur Weggabelung. Er betrat das Haus. Der Raum war mit Licht durchflutet, es roch nach frischen Blumen und etwas Bohnerwachs. Theresa hatte wahrscheinlich das ganze Haus auf den Kopf gestellt, saubergemacht und gelüftet.

 

Er stellte seine Reisetasche auf den Fußboden und wand sich der Treppe zu, die in den Oberstock führte. Einen Augenblick hielt er inne, so als erwartete er die Gestalt von Irene herab steigen zu sehen. Er schüttelte den Kopf und lief, immer zwei Stufen auf einmal nehmend hinauf. Er stieß die Türe zum Schlafzimmer auf und blieb überrascht stehen.

 

Theresa hatte ganze Arbeit geleistet. Der Raum war total verändert, die Möbel umgestellt, selbst die Vorhänge waren ausgetauscht worden und anders arrangiert. Es sind auch andere Lampen im Raum und ein Bild, das Irene so sehr geliebt hatte, war verschwunden. Es war, als ob er in ein fremdes Zimmer kam und er war schon versucht an der Zimmertüre zu schauen, ob die Nummer auch stimmte. Trotzdem er etwas verstimmt war, musste er lächeln. Das war typisch Theresa; wahrscheinlich wollte sie verhindern, dass ihn die Erinnerungen zu sehr übermannte.

 

Den restlichen Abend verbrachte er in der Stube mit seinen Erinnerungen und einem guten Buch. Er ging früh ins Bett, hatte aber unruhige Träume an die er sich nach dem Aufwachen aber nicht mehr genau erinnern konnte.

 

Er räumte den ganzen Vormittag im Haus herum, warf einige alte Dinge weg, die noch von den Eltern herumlagen und musste immer wieder innehalten, wenn er Dinge in den Händen hielt, die ihn an Irene erinnerten.

 

„Du solltest alle diese Dinge wegwerfen, sie wecken immer nur Erinnerungen in Dir.“ Theresa stand in der Türe hatte einen Korb über den Arm, in dem frisches Gemüse lag.

 

Sie ging geradeaus in die Küche, wo er sie hantieren und leise vor sich hin summen hörte.

 

Theresa war hörbar glücklich, „ihren“ Buben wieder da zu haben.

 

„Ich will mich erinnern, ich will Irene nicht vergessen!“, rief er in die Küche.

Es gab einen sehr lauten Krach aus der Küche, Theresa hatte scheinbar etwas fallen lassen.

 

Er hörte sie leise vor sich hin schimpfen und musste lächeln.

 

„Ich gehe noch auf die Anhöhe rauf vor dem Essen.“

 

Er nahm seine Jacke vom Hacken neben der Türe und verließ das Haus. Mit raschen Schritten überquerte er die Wiese vor dem Haus und stieg die kleine Anhöhe hinauf. Von dort konnte man in das Tal, das im Dunst lag, herabsehen. Die Häuser waren klein von oben und versteckten sich zwischen den einzelnen Bäumen. Als er sich der Bank unter der Birke näherte, blieb er wie angewurzelt stehen. Auf der Bank bemerkte er eine Frauengestalt die ebenfalls ins Tal blickte, in der Hand einen langen Zweig hielt und mit diesem spielte. Im Gegenlicht der Sonne konnte er sie nicht deutlich sehen und einen Augenblick dachte er, es wäre Irene.

 

Da trat er auf einen dürren Ast und das Knacken erschreckte die Frau. Sie drehte sich um und sah ihn an.

 

„Oh, entschuldigen Sie, habe ich Sie erschreckt?“ Er schritt auf sie zu und streckte seine Hand aus.

„Ich bin Peter Metters, ich wohne da unten in dem kleinen Haus.“ Er deute eine Verbeugung an und zeigte dann mit der Hand hinunter zum Haus.

 

Ein helles lustiges Lachen klang ihm entgegen.

 

„Ich weiß, ich bin Daniela.“ Sie nahm ihre Hand wieder aus der seinen und sah ihn belustigt an. „Du kennst mich nicht mehr?“

 

Er blickte sie einen Augenblick total überrascht an.

 

„Daniela, Daniela?“ Er runzelte die Stirne, „Du bist doch nicht die kleine Daniela vom Breitner-Bauern?“ Rief er dann erstaunt aus. Er machte eine Bewegung mit der Hand, die die Größe eines zehnjährigen Mädchens markierte.

 

Sie lachte.

 

„Ja bin ich. Ich bin in der Zwischenzeit erwachsen geworden. Ich war aber auch lange Zeit nicht mehr da. Ich habe im Ausland studiert und gearbeitet.“

 

„Also, Du bist ja in der Zwischenzeit eine schöne junge Frau geworden.“ Er musterte sie bewundernd. Er erinnert sich noch an ihre Zöpfe und ihre vielen Sommersprossen, und an die viel zu dünnen Beine.

 

„Darf ich?“ Er deutete auf die Bank.

 

„Natürlich. Nimm Platz.“ Sie rückte ein wenig zur Seite.

 

Er nahm neben ihr Platz.

 

Sie saßen nun nebeneinander auf der Bank und blickten ins Tal.

 

„Und was hat die kleine Daniela studiert?“

 

„Ich habe Medizin studiert. Ich werde in unserem kleinen Tal eine Ordination aufmachen und mich als Praktischer Arzt niederlassen.“

 

„Wow, Respekt. Da bin ich total überrascht. Ich habe das gar nicht gewusst.“

 

„Na, Du warst ja sehr lange Zeit auch nicht da. Und wenn Du da warst, hast Du mich immer übersehen.“ Sie lachte und warf den Kopf zurück. Er konnte ihren schlanken Hals sehen und bewunderte die kleinen Haarsträhnen die daran herabglitten.

 

„Die Sache mit Deiner Frau tut mir leid,“ sagte sie dann mit etwas leiserer Stimme.

 

„Oh, danke. Aber das ist nun inzwischen schon über drei Monate her. Es war und ist unbegreiflich“

 

„Zu dem Zeitpunkt als sie verschwunden ist, war ich ja nicht da, ich war in Wien und hatte gerade einige sehr schwere Prüfungen hinter mir. Meine Mutter hat es mir am Telefon erzählt, aber dann die Sache wieder aus den Augen verloren. Hast Du wirklich nie wieder etwas von ihr gehört? Was ergaben Deine Nachforschungen?“

 

„Nachforschungen? Es gab so wenige Anhaltspunkte! Wir wollten eine Woche hier im Haus verbringen, wir hatten uns beide Urlaub genommen. Irene fuhr voraus, sie wollte mit Theresa das Haus in Ordnung bringen, es war ja einige Monate leer gestanden. Sie wollten die Möbel anders stellen, ja sie hatte sogar Jakob beauftragt, Tapeten zu besorgen, sie wollte, dass er es auch neu tapeziert.“

 

„Jakob, wer ist Jakob?“, fragte Daniela.

 

„Jakob hat eine kleine Tischlerwerkstätte im Dorf, er macht so allerlei Ausbesserungsarbeiten bei den Leuten und auch Kücheneinbauten und so was!“

 

„Ahja, den kenne ich! Ja, der hat auch bei Mutter schon gearbeitet! Wir nannten ihn aber immer Jacko!“, nickte sie.

 

„Er sagte, dass ihm Irene angerufen und einen Termin vereinbart hatte. Doch noch vor diesem Termin ist sie einfach verschwunden. Theresa sagte, dass sie sich nach dem Mittagessen getrennt hätten. Irene wollte noch einkaufen, wollte Stoff für neue Vorhänge besorgen. Als Theresa dann am nächsten Morgen kam, war Irene nicht da. Ihr Bett war unbenützt, das Abendessen stand im Kühlschrank, unberührt, wo es Theresa hineingestellt hatte. Und so blieb es dann auch! Im Dorf hat sie niemand gesehen, Sie hat weder im Laden eingekauft, noch war sie in der Apotheke, wo sie eigentlich auch hinwollte! Theresa rief mich damals an und fragte, ob Irene vielleicht wieder nach Wien zurückgefahren sei, ob sie bei mir ist, doch das war sie nicht. Ich fuhr sofort los. Es war so gar nicht ihre Art, einfach zu verschwinden, wohin denn auch?“, Peter machte eine kurze Pause.

 

Daniela legte ihre Hand auf seinen Arm.

 

„Ach, das musste ja schrecklich für Dich gewesen sein! Und wie ging das dann weiter?“

 

„Theresa und ich fuhren noch am selben Tag ins Dorf und machten auf der Polizeidienststelle eine Abgängigkeitsanzeige. Die wollten das nicht gleich entgegennehmen, es war ja noch zu kurz, um zu sagen, sie sei abgängig, doch ich bestand darauf. Aber erst am folgenden Morgen starteten sie eine Suchaktion. Sie durchkämmten den Wald, die nähere Umgebung! Am Forstweg, den man normalerweise nicht befahren darf, fand man dann ihr Auto, ordnungsgemäß versperrt ohne Anzeichen von Gewalt oder sonstiger Auffälligkeiten. Aber keine Spur von Irene!“, Peter verdeckte mit beiden Händen sein Gesicht.

 

„Hast Du Dich eigentlich mit den Eltern von Irene in Verbindung gesetzt, vielleicht ist sie dort?“

 

Peter starrte sie an. Dann sprach er leise.

 

„Das konnte ich nicht, da ich eigentlich nichts über die Familie von Irene weiß! Sie hat mir erzählt, dass ihre Familie in den Staaten lebt und sie keine Verbindung zu ihr hat, dass es da Differenzen gibt. Ich habe sie nie bedrängt, da ich den Eindruck hatte, sie wollte nicht darüber sprechen!“

 

„Das heißt, als ihr geheiratet habt, war von ihrer Familie niemand dabei?“

 

„Nein, nur meine Freunde und meine Familie!“

 

„Fandst Du das nicht seltsam?“, Daniele hob eine Augenbraue.

 

„Ja, doch. Aber wir waren so glücklich, ich wollte da nichts Negatives denken. Wir waren uns ja selbst genug!“

 

„Ich an Deiner Stelle würde da aber jetzt nachhaken! Versuche doch mehr aus ihrer Vergangenheit herauszukriegen! Nichts tun ist nie eine Option!“, sagte Daniela.

 

„Ja, vielleicht hast Du recht! Ich bin gar nicht auf die Idee gekommen!“, meinte Peter nachdenklich.

 

„Sag Peter, Du bist doch bei der Polizei, oder irre ich mich da?“

 

„Nein, Du irrst Dich nicht. Ich bin in der Technik als Chemiker tätig. So eine Art CIS. Über meinen Tisch laufen Spuren und Analysen. Natürlich habe ich immer wieder bei der Abteilung für Personensuche nachgefragt, doch bisher gab es keine Ergebnisse. Es war ja mehr so ein Lokalereignis aus der Provinz und es gab keine Anzeichen von irgendeinem Verbrechen. Aber ich werde wieder einmal nachfragen!“

 

Sie tauschten ihre Telefonnummern aus und verabschiedeten sich.

 

Beim Abendessen erzählte er Theresa von seinem Zusammentreffen mit Daniela.

 

„Ja, stell Dir vor, sie wird die Praxis vom altern Doktor übernehmen. Die Gemeinde renoviert schon das Häuschen, es gehört ja eigentlich auch der Gemeinde! Es ist schon Zeit, jetzt ist der Doktor Kreiner schon seit zwei Monaten in Pension und wir waren die ganze Zeit ohne Arzt im Ort. Wegen meiner Tabletten musste ich immer wieder in den nächsten Ort fahren! Ich bin sehr froh! Hoffentlich ist sie auch eine gute Ärztin! Obwohl, sie ist ja noch so jung….“, sinnierte Theresa vor sich hin.

 

Peter lachte.

 

„Sei doch froh, wenn Ihr hier eine junge Ärztin bekommt! Sie wird Schwung hineinbringen und kennt auch die modernen Heilmethoden besser und wird sie anwenden. Ihr werdet Euch schon an sie gewöhnen. Ich fürchte nur, Ihr werdet es ihr nicht leichtmachen!“

 

Theresa murmelte noch irgendetwas, räumte den Tisch ab und ging dann wieder fort und ließ ihn alleine.

 

Peter blieb noch nachdenklich am Tisch in der Küche sitzen und öffnete seinen Laptop. Er klinkte sich in das Polizeiprotokoll für vermisste Personen ein und suchte die Eintragungen über seine Frau.

 

Er fand nur ein Protokoll über ihr Verschwinden, über die Suchaktion und den Vermerk: „Keine weiteren Informationen“.

 

Er griff nach seinem Mobiltelefon und wählte die Nummer der Polizeidirektion Wien und ließ sich mit Dr. Georg Mahrer, in der Mordkommission, Gruppe 1.

 

„Hallo, Dr. Mahrer, hier ist Peter Metters, ich bin kein Kriminalbeamter und auch kein Polizist, ich bin von der Spurensicherung und Analyse, genauer gesagt in der KTU-Abteilung. Ich habe mein Labor im dritten Stock, über dem Ihren. Wir kennen uns von diversen Tagungen und auch über Michi Lendvay vom Betrugsdezernat! Ich würde gerne mit Ihnen über einen Vermisstenfall sprechen, der mich persönlich betrifft“, sprach er Dr. Mahrer an.

 

„Ahja, ich weiß, wer Sie sind. Wir hatten ja schon gelegentlich miteinander zu tun. Wie geht es Ihnen? Wie sollte ich Ihnen da helfen können? Es handelt sich ja hoffentlich um keinen Mord?“, fragte Mahrer, vorsichtig sich vortastend.

 

„Nein, um Gottes Willen. Aber ich würde trotzdem gerne mit Ihnen persönlich etwas besprechen, ich hätte da ein paar Fragen! Ich würde ihren Rat brauchen. Hätten Sie in den nächsten Tagen vielleicht eine Stunde für mich Zeit? Ich bin diese Woche im Urlaub, kann aber jederzeit nach Wien fahren. Es wäre sehr dringend!“, sein Ton war flehentlich.

 

Mahrer seufzte. Wahrscheinblich wird er dem Kollegen da gar nicht helfen können, aber irgendetwas in seiner Stimme rührte ihn an. Er nahm seinen Terminkalender zur Hand.

 

„Ja, heute ist Montag, sagen wir am Mittwoch, so um 10.00h vormittags? Wäre Ihnen das Recht?“, fragte er.

 

„Ja, das ist mir Recht! Danke Dr. Mahrer!“, seine Stimme klang irgendwie erleichtert.

 

 

Peter Metters war pünktlich zum vereinbarten Termin zur Stelle, sogar um zehn Minuten zu früh, aber Mahrer empfing ihm gleich. Irgendwie war er neugierig, um was es sich da handeln soll.

 

„Guten Morgen Kollege! Also erzählen Sie mir, was Sie bedrückt, nehmen sie da Platz“, forderte er ihn auf.

 

„Danke, dass Sie sich Zeit nehmen, Herr Dr. Mahrer!“, lächelte er, streckte Mahrer die Hand entgegen und setzte sich.

 

„Also, es ist so“, begann er leise, „Ich bin nun seit insgesamt neun Monaten verheiratet, glücklich verheiratet. Wir haben da ein kleines Häuschen am Lande, das mir meine Eltern hinterlassen haben und haben beschlossen es ein wenig zu renovieren und sind deswegen dahingefahren. Am dritten Tag wollte meine Frau in den Ort Einkaufen fahren, Stoff für Vorhänge kaufen etc. Sie kam niemals im Ort an, ihr Auto wurde im Wald auf einem Forstweg gefunden, von ihr fehlte jede Spur und sie hat sich bisher nicht mehr gemeldet!“, er holte tief Luft.

 

„Aha! Wurde eine Suchaktion gestartet, haben Sie eine Abgängigkeitsanzeige aufgegeben?“

 

„Ja, wir waren sogar am selben Tag noch in der Polizeistation und haben dort Alarm geschlagen. Doch man meinte, es sei noch zu früh für eine Abgängigkeitsanzeige! Aber ich habe mich als Polizeibeamter ausgewiesen und da haben sie sie dann doch angenommen. Die Suche wurde allerdings erst am nächsten Morgen gestartet“.

 

„Wer sind WIR“, fragte Mahrer.

 

„Ich und meine Haushälterin Theresa“.

 

„Und diese Theresa weiß auch nichts Näheres? Frauen wissen da oft mehr!“, schmunzelte Mahrer.

 

Peter starrte ihn an.

 

„Nein, natürlich weiß auch Theresa nicht mehr als ich! So vertraut waren die Beiden nicht!“, Peters Unterton klang empört.

 

„Entschuldigen Sie nun meine Frage, wie war Ihre Ehe? Hatten Sie Probleme? Ist es möglich, dass Sie Ihre Frau einfach nur verlassen hat, dass sie vielleicht einen Liebhaber hat?“

 

Peter schaute ihn verblüfft an.

 

„Nein, natürlich nicht! Wir waren, wir sind sehr glücklich! Und es gibt da auch keinen anderen Mann! Das würde Irene mir nie antun!“, er schrie Mahrer förmlich an und schlug beide Hände vor das Gesicht.

 

„Naja, Sie müssen verstehen, dass sich diese Fragen aufdrängen!“, beschwichtigte er den aufgebrachten jungen Kollegen.

 

Peter hatte sich wieder gefangen und nickte.

 

„Ja, natürlich, entschuldigen Sie meinen Ausbruch!“

 

„Aber ich kann Ihnen da nicht weiterhelfen. Wir haben derzeit keinen ungeklärten Fall, und auch keine unbekannte Tote, Gott sei Dank! Hat ihre Frau eigentlich gearbeitet?“

 

„Ja, sie hat als Innen-Ausstatterin für eine Architekturfirma gearbeitet. Sie hatte da ein sehr gutes Gespür, was passt und was nicht, womit sich die Kunden wohlfühlen!“

 

Mahrer griff zum Telefon und rief in der Pathologie Frau Dr. Barbara Rauch an.

 

„Sag Barbara habt ihr eine unbekannte Tote junge Frau hereinbekommen, die man nicht zuordnen kann?“

 

„Nein, haben wir nicht! Und hoffentlich kommt auch keine! Wir haben derzeit drei männliche Leichen, die wir obduzieren müssen, da sind aber auch die Identitäten geklärt!“ sagte Dr. Barbara Rauch.

 

„Ok, danke. Ich rufe Dich später an, will über die Drei mehr wissen!“, dann legte er auf.

 

Der junge Kollege tat ihm leid. Wie er so da saß, wie ein Häufchen Unglück.

 

„Herr Kollege, schreiben Sie mir hier den Namen Ihrer Frau auf oder haben sie eine Protokollnummer, ich rufe mir den Fall im Computer auf und schaue ihn mir an. Ihre Frau wird doch Familie gehabt haben und auch Freunde, haben sie da überall nachgefragt, ob sie aus irgendeinem Grund vielleicht dort ist?“

 

Mahrer kannte Fälle von plötzlicher geistiger Verwirrtheit, wo man die Vermissten dann bei Freunden oder Verwandten ausfindig gemacht hat.

 

„Ja natürlich habe ich bei unseren Freunden, auch Arbeitskollegen, angerufen. Verwandte hat meine Frau nicht, bzw. kenne ich sie nicht. Sie hat nie über ihre Familie gesprochen. Sie soll angeblich in den Staaten leben. Da war sie sehr eigenartig. Ich denke, sie hat sich mit der Familie entzweit und ich wollte sie da nicht bedrängen!“, sagte Peter leise. Er wusste, dass das sehr seltsam klingen musste, aber es war ebenso.

 

 

Mahrer fand das tatsächlich sehr seltsam und nun war sein Interesse doch geweckt.