Die Toten Hosen. 100 Seiten - Birgit Fuß - E-Book
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Die Toten Hosen. 100 Seiten E-Book

Birgit Fuß

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Beschreibung

»Es gibt 1000 gute Gründe, sich für Die Toten Hosen zu interessieren: ihre Ohrwürmer, ihre Energie, ihr Engagement. Am beeindruckendsten aber ist, wie sie sich ihre eigene Welt geschaffen haben.«Eine erstaunliche Karriere: Aus den Düsseldorfer Punks, die kaum ihre Instrumente halten konnten, wurde eine der größten Rockbands Deutschlands, die ganze Stadien in Euphorie versetzt. Dass es bei den Toten Hosen immer um mehr als Musik ging, macht sie aus – und oft auch zur Zielscheibe. Doch wie gelang es der Band, ein Imperium aufzubauen und dennoch eine klare Haltung zu bewahren? Birgit Fuß hat Campino und seine Kollegen über die Jahrzehnte zu zahlreichen Gesprächen getroffen. Sie porträtiert die Band und erzählt von Triumphen und Tragödien aus über 40 Jahren.

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Seitenzahl: 126

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Birgit Fuß

Die Toten Hosen. 100 Seiten

Reclam

Für mehr Informationen zur 100-Seiten-Reihe:

www.reclam.de/100Seiten

 

2022 Philipp Reclam jun. Verlag GmbH, Siemensstraße 32, 71254 Ditzingen

Covergestaltung nach einem Konzept von zero-media.net

Icon/Knochenadler-Logo: © JKP Jochens Kleine Plattenfirma GmbH & Co. KG

Infografik: annodare GmbH, Agentur für Marketing

Gesamtherstellung: Philipp Reclam jun. Verlag GmbH, Siemensstraße 32, 71254 Ditzingen

Made in Germany 2022

RECLAM ist eine eingetragene Marke der Philipp Reclam jun. GmbH & Co. KG, Stuttgart

ISBN978-3-15-961982-8

ISBN der Buchausgabe 978-3-15-20586-0

www.reclam.de

Inhalt

»1000 gute Gründe«: Prolog

»All die ganzen Jahre«: Eine erstaunliche Karriere

»Wir sind bereit«: Die Plattenfirma

»Das Wort zum Sonntag«: Die soziale Komponente

»Auswärtsspiel«: Der Sport

»Kauf mich!«: Die Diskographie

»Tage wie diese«: Das Live-Spektakel – mit einem kleinen Ausflug nach Südamerika

»Nichts bleibt für die Ewigkeit«: Gegenwart und Zukunft

40 Jahre Die Toten Hosen

Lektüretipps

Bildnachweis

Zum Autor

Über dieses Buch

Leseprobe aus Die Ärzte. 100 Seiten

»Wie es geht« – Ich weiß, ob es Liebe ist

»1000 gute Gründe«: Prolog

Meine erste Begegnung mit den Toten Hosen war nicht besonders vielversprechend. Im Mai 1993 wollte ich gerade das Hamburger Büro der Plattenfirma Virgin Music betreten, als mir eine Kollegin von einer anderen Tageszeitung entgegenkam. Sie hatte Tränen in den Augen und raunte mir zu, die Band sei total fies. In dem Moment entschied ich, Campino und Andi lieber nicht zu erzählen, dass ich bei der Hamburger Morgenpost nur Praktikantin war und bisher wenig Berührungspunkte mit den Toten Hosen hatte. Ich betrat das Interview-Zimmer und sagte zur Begrüßung: »Ich hoffe, ihr habt noch Lust zu reden.« Darauf Andi: »Wenn du keine blöden Fragen stellst, schon.« Ich befürchte, meine Fragen waren damals nicht sehr schlau, aber es hat wohl gereicht, und ich hatte mich immerhin gut vorbereitet. Oft schlagen Interesse und Neugier dann eben doch die sogenannte Erfahrung. (Da ich damals mit 21 ungefähr wie 12 aussah und bei Aufregung immer sehr rotbackig wurde, ahnten sie womöglich bald, es nicht mit einer routinierten Redakteurin zu tun zu haben.)

Seitdem trafen wir uns immer wieder, anfangs zu praktisch jedem Konzert in Hamburg, manchmal auch in Bremerhaven oder Hannover, zu jedem Album sowieso. Es wurde zu einer schönen Tradition, dass Campino zur neuesten Veröffentlichung meist einen handgeschriebenen Brief beilegte. Das hörte erst auf, als er 2004 Vater wurde und wahrscheinlich noch Besseres zu tun hatte.

Als sie 2018 in der Berliner Waldbühne spielten, schenkten sie mir kurz vorm Konzert als Dank für die jahrelange Berichterstattung eine Platin-Schallplatte von Laune der Natur, und wir sprachen ein bisschen über früher. In den Neunzigern, meinte ich, wart ihr ja unglaublich fleißig – da haben wir uns zu jedem Gig und jeder Platte getroffen, und ich war ja nur bei einer kleinen Boulevardzeitung. Wenn ich das hochrechne auf all die anderen Journalist:innen, müsst ihr irre viele Interviews gegeben haben … Campino guckte mich an, als zweifelte er an meinem Verstand, aber dann musste er lachen. »Wir haben ja nicht wahllos mit allen so viel gequatscht, sondern eben gern mit dir.« Oh, okay. Das nur, um ein bisschen anzugeben. Nein, ich meine, um zu sagen: Meine Geschichte mit den Toten Hosen geht lange zurück und ist eine interessante Mischung aus der professionellen Distanz, die es zwischen Presse und Musiker:innen immer gibt (und geben sollte, weil beiden Parteien bewusst sein muss, dass es um einen gegenseitigen Nutzen geht), und einer Wertschätzung, die nahe an Freundschaft grenzt. Wenn wir uns sehen, ist es wie mit Schulkamerad:innen: Man weiß gegenseitig vielleicht nicht viel über den Alltag oder andere wichtige Aspekte des Lebens, aber man fühlt sich in der Gesellschaft wohl, weil sie so vertraut ist. Die Stimmen der einzelnen Bandmitglieder kann ich aus jedem Aftershowparty-Gedrängel raushören. Außer der von Kuddel vielleicht, der hält sich immer so zurück. (Keine unangenehme Eigenschaft – und gerade bei Gitarristen nicht sehr verbreitet.)

Platin-Platten-Übergabe v. l. n. r.: Campino, JKP-Geschäftsführer Patrick Orth, Kuddel, Breiti, Birgit Fuß, Andi, Vom

Während ich anfangs also wenig über die Toten Hosen wusste, wurde mir im Laufe der Jahre immer klarer, warum diese Band so unglaublich erfolgreich geworden ist, weit über Deutschland hinaus. Dazu gehört nicht nur Talent und viel Glück, sondern enormer Ehrgeiz und Fleiß. In der Hinsicht waren sie weder Punks noch Hippies, obwohl in dieser besonderen Karriere beide Bereiche eine Rolle spielen. Sie denken bei den Hosen nicht an Flowerpower? Warten Sie ab. Die Liebe-Freiheit-Sinnsuche der Hippies und die No-Future-Attitüde der Punks sind ja nur scheinbare Widersprüche, fragen Sie Patti Smith. Vor allem aber war Andi, Breiti, Campino und Kuddel, erst mit Trini Trimpop, dann mit Wölli, schließlich mit Vom, immer an einem gelegen: Dass es nicht irgendwann nur noch ums Business geht, so wichtig das war und ist. Sie sind niemals zu reinen Geschäftspartnern verkommen, mehr als 18 Millionen verkauften Tonträgern zum Trotz. Dass sie nie den Spaß am Feiern verloren haben, zeichnet sie ebenso aus wie die Loyalität ihrem Umfeld gegenüber. Bei den Toten Hosen ging und geht es immer um mehr als Musik: Sie stehen auch für eine Haltung. Mir imponiert, wie sie sich um ihre Freunde herum ein kleines Imperium aufgebaut haben, in dem sie alle Fäden in der Hand halten. Dass sie gleichzeitig Kontrollfreaks sind, die nicht lockerlassen können, gehört da zum Gesamtpaket. Auch nach 28 Jahren muss ich ihnen ihre Zitate zum »Absegnen« schicken – und tröste mich mit dem Gedanken, dass es kein Zeichen mangelnden Vertrauens ist, sondern sie das zur Beruhigung einfach brauchen. Immerhin haben sie in all der Zeit niemals Passagen gestrichen und stets nur Kleinigkeiten geändert – das unterscheidet sie von einigen anderen großen deutschen Musiker:innen. Wenn sie etwas sagen, dann stehen sie dazu.

Begeben wir uns also auf eine (bei 40 Jahren natürlich komprimierte) Reise in den Kosmos der Toten Hosen – oder wie wir aus pragmatischen Gründen meistens sagen: »der Hosen« oder noch knapper »DTH«. Der Bandname ist, anders als die Musiker, nicht sehr gut gealtert. Dass sie bei ihrem ersten Konzert (im Schlachthof in Bremen) als »Die Toten Hasen« angekündigt wurden, hätte ihnen eine Warnung sein sollen, aber nun, es waren die Achtziger. Die Flowerpornoes oder Die Krupps würden sich heute wahrscheinlich auch anders entscheiden. Und bei den Hosen stand damals noch »Die Pariser« zur Auswahl, lassen Sie uns also zufrieden sein. Bei Um-die-60-Jährigen wirkt es zudem vielleicht etwas schräg, immer noch von »Campino« und »Kuddel« zu sprechen, doch das hat seine Berechtigung: Wenn drei Bandmitglieder Andreas heißen, braucht es Spitznamen. Und nach Jahrzehnten der Gewöhnung ist es einfach nicht mehr möglich, von »Breiti« auf »Michael« umzuschalten – in einer Welt, in der einer der allergrößten Rockstars Bono heißt, kein ernsthaftes Problem.

Dass im Folgenden häufiger von Campino die Rede ist als von den anderen, hat übrigens nicht nur damit zu tun, dass Sänger immer eine exponierte Position in einer Band haben. Bei all den Interviews war häufiger mal Andi dabei, seltener mal Breiti, der ohnehin sehr vorsichtig ist: Als ich einmal für eine Titelgeschichte alle zu Hause besuchte, öffnete er nur sein Arbeitszimmer, der Rest sollte bitte privat bleiben – was verständlich ist. In Campinos Wohnzimmer war es allerdings immer sehr gemütlich, und irgendwann konnte ich sogar Kuddel und Vom zum Reden überreden. Dennoch hat Campino immer den Großteil der Pressearbeit übernommen. Von ihm wissen wir also einfach mehr als von den anderen – und ich habe den Verdacht, dass das denen auch ganz recht ist so.

Erstes DTH-Konzert der Autorin, im Juni 1993 in der Hamburger Morgenpost beschrieben

»All die ganzen Jahre«: Eine erstaunliche Karriere

Es ist eine klassische Aufstiegsgeschichte: Aus dilettantischen Punks, die bei ihrer Gründung 1982 kaum ihre Instrumente halten konnten, wurde schnell eine hocheffiziente Band von Perfektionisten, die sich nun manchmal selbst für zu »krampfig« halten. Allerdings gelang es den Toten Hosen mit ihrer Energie und ihrem Ehrgeiz, eine der größten deutschen Rockbands überhaupt zu werden. Dabei ging es alles andere als vielversprechend los. Eigentlich war Punk schon vorbei, als Die Toten Hosen damit anfingen. Im New Yorker Club CBGB’s, wo die Ramones, Johnny Thunders oder The Dead Boys den Sound geprägt hatten, dominierten 1982 bereits New-Wave-Bands das Programm. In Großbritannien hatten sich die Sex Pistols längst aufgelöst, The Clash gelang mit Combat Rock zwar noch ein Meisterwerk, aber die Band zersetzte sich bereits. Bunte, recht harmlose Popmusik schien das neue Ding zu sein. Was von den paar wilden Jahren geblieben war: sehr viele grandiose Singles – und das Gefühl, dass Do It Yourself tatsächlich funktionieren kann. Dass man kein Instrument beherrschen muss, um es einfach trotzdem zu spielen. Den Mythos, dass diese Rebellion aus der Arbeiterklasse kommen muss, konnten die Hosen allerdings nicht bedienen. Die Bandmitglieder wuchsen recht beschaulich auf – Campino, am 22. Juni 1962 in Düsseldorf geboren, in einer Doppelhaushälfte in Mettmann-Metzkausen. Er heißt eigentlich Andreas Frege, aber Andreas nennt ihn seit mehr als 40 Jahren niemand mehr – »nur noch das Finanzamt, die Polizei und meine Familie«, wie er in seinem Buch Hope Street schreibt (2020, mehr dazu im Kapitel »Der Sport«). Seine Mutter war Britin, sie gab ihm die Liebe zu England mit auf den Weg (und sagte über sein Äußeres früher gern den Satz »It’s such a shame!«). Über seinen Vater erzählt er: »Er war zwanzig, als er aus dem Straßengraben in Polen schrieb. Mit zwanzig habe ich Die Toten Hosen gegründet und lag auch in Straßengräben, allerdings freiwillig und betrunken.« Und damit sagt er in zwei schlichten Sätzen eigentlich alles über das Verhältnis vieler aus der Kriegsgeneration zu ihren Kindern. Gegenseitiges Verständnis gab es – zumindest in den Teenagerjahren der Hosen – wenig.

Breiti, am 6. Februar 1964 als Michael Breitkopf in Düsseldorf geboren, und Campino lernten sich in der siebten Klasse kennen, als Letzterer mal wieder eine Ehrenrunde drehte. Und so nahm das Schicksal seinen Lauf: 1976 sah Campino sein erstes Punkkonzert, die Count Bishops im Londoner Rockgarden-Club, sein älterer Bruder John hatte ihn mitgenommen (und es dann wohl ein bisschen bereut, weil der Kleine so uncool einen auf cool machte – aber das besserte sich mit den Jahren ja schnell). Campino wusste: So etwas möchte er auch machen. Aber wie fängt man das an? Nach der Schule im Ratinger Hof rumhängen war schon mal keine schlechte Idee. Die heute legendäre Kneipe war nur ein paar hundert Meter von der Kunstakademie entfernt und vor allem in den Jahren 1974 bis 1979, als Carmen Knoebel den Laden führte, ein herrlicher Treffpunkt für Künstler:innen, Musiker:innen und Querulanten aller Art. Anfangs mischten sich dort noch Psychedelic-Typen, Rocker, Mods und Punks, bis sich letztere schließlich weitgehend durchsetzten. Bands wie Wire, Dexys Midnight Runners und Pere Ubu traten im Hof auf, auch Fehlfarben und Mittagspause.

Im November 1978 gründete Campino die Band ZK (eigentlich Zentralkomitee Stadtmitte, der Name war aber zu umständlich), mit Ralf Isbert am Bass und Claus »Fabsi« Fabian am Schlagzeug, die Gitarristen wurden anfangs wild gewechselt, wie sie auch ihren Punkrock fröhlich mit Rock-’n’-Roll- und Schlager-Versatzstücken aufmischten. So wurde Campino also offiziell Sänger, er war 16 Jahre alt. Damals nannte er sich – zumindest beim ersten Interview, das er gab – noch Billy Alibi (wohl zu viel Billy Idol gehört). Den bleibenden Spitznamen bekam Campino erst 1979, eine Schlacht mit den gleichnamigen Bonbons war schuld. Geprobt wurde mit ZK zweimal die Woche. Das erste Mikrofon bekam er von John geschenkt, die erste Kritik an seinen Live-Auftritten auch – so unverblümt, wie das nur unter Brüdern geht: »Du musst versuchen, die Leute zu faszinieren, sie nicht zu langweilen. Alle, die professionell sind, überlegen, was sie da veranstalten und wie sie dafür angezogen sind. Nur du Idiot überlässt das dem Zufall. Das Publikum will unterhalten werden!« (aus Bis zum bitteren Ende, der erstaunlich offenherzigen Bandbiographie von 1996 – eine frühe Zwischenbilanz, die sie zusammen mit dem Journalisten Bertram Job herausbrachten und in der alle Hosen ausführlich zu Wort kommen). Aus unerfindlichen Gründen (oder purer Bockigkeit) beschlossen ZK, dass sie sich nach ihrem Debütalbum (Eddie’s Salon) gleich wieder auflösen wollten, und gingen im Herbst 1981 auf Abschiedstournee. Daraus entwickelte sich – ohne dass es den Beteiligten damals klar war – schon der Tote-Hosen-Nukleus. Trini Trimpop, am 10. Juni 1951 als Klaus-Peter Trimpop in Kierspe geboren, sollte das Ganze per Videokamera dokumentieren, war aber auch eine Art Organisationsgenie. Andi Meurer, am 24. Juni 1962 in Essen geboren, war als Roadie dabei.

Zu der Zeit lebten fast alle im Düsseldorfer Stadtteil Flingern, Campino zusammen mit dem damaligen Gitarristen Walter November (eigentlich Walter Hartung) in einem Gartenhaus. Wobei »Gitarrist« hier ein dehnbarer Begriff ist, denn das Instrument beherrschte der Typ nicht, dafür sah er super aus. Also musste ein echter Gitarrist her – und mit ihrem üblichen Dusel fanden sie einen, den die Hosen noch heute scherzhaft »den Musiker« nennen, weil er von allen das größte Talent besitzt. Kuddel, am 11. Juni 1964 als Andreas von Holst in Münster geboren, kam mit gerade mal 15 Jahren zu ZK – unter der Bedingung, dass er sich mit dem neuen Spitznamen abfinden, trinkfest sein und den rauen Ton innerhalb der Band ertragen musste – und dass keiner nur annähernd so gut spielen konnte wie er.

Und der Sänger? Einer der Sätze, die Campino damals bei unserem ersten Interview im Mai 1993 sagte, war: »Ich stehe ja nicht vorm Mikro, weil ich am besten singen kann, sondern weil ich die größte Klappe habe.« Das fiel wahrscheinlich auch schon den vier anderen jungen Männern auf, mit denen er sich im Januar 1982 in einer Mietswohnung in der Kölner Straße traf, um erstmals zu proben. Man will sich lieber nicht zu genau vorstellen, wie sie klangen. Andi besaß damals einen Bass, der nur drei Saiten hatte, aber weil ihm auch das zu kompliziert war, schraubte er eine davon vorsichtshalber ab. Als die Polizei auftauchte, beendeten sie den Spaß frühzeitig, doch der Schaden war angerichtet: Die Toten Hosen waren geboren – oder jedenfalls die erste Version: Andi, Campino, Kuddel, Trini, Walter. Sie fanden dann auch bald einen Proberaum in der Fichtenstraße – natürlich ein feuchter Keller, so will es die Legende.

Die Band stand also – doch wer weiß, was aus den Hosen ohne ihren Manager Jochen Hülder geworden wäre? Möglicherweise nicht viel. Es war Hülder, der Andi und Campino 1981 im Ratinger Hof sah und wahrscheinlich ein bisschen Mitleid hatte mit den planlosen Kids, so dass er ihnen Geld dafür gab, dass sie Plakate für die Tourneen klebten, die er damals organisierte. Ihn einen Konzertveranstalter zu nennen, wäre allerdings zu kurz gegriffen. Hülder, Jahrgang 1957 und also einige Jahre älter als die Bandmitglieder, hatte immer riesengroße Pläne, er investierte in verschiedenste Projekte, ließ sich nie festlegen. Als er 2015 starb, schrieben Die Toten Hosen: »Er war ein Visionär – seine Ideen, sein Durchsetzungsvermögen und seine Großzügigkeit werden uns fehlen ... Er ist für uns alle unersetzlich.« Hülder organisierte die Abschiedstour von ZK, danach war er bei den Hosen für die Gagen zuständig, fürs Organisieren und oft genug einfach dafür, Ärger so gut wie möglich fernzuhalten. Es wird behauptet, dass er vom Talent der Toten Hosen gar nicht so überzeugt war, von ihrem Willen und ihrer Energie dagegen schon.