Die UFO-Akten 23 - Carter Jackson - E-Book

Die UFO-Akten 23 E-Book

Carter Jackson

0,0
1,99 €

oder
-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Jeder Mensch ist individuell, von der Natur mit unverwechselbaren Genen, Anlagen und Eigenheiten ausgestattet. Selbst eineiige Zwillinge, mögen sie sich äußerlich auch noch so ähnlich sein, sind in ihrem Wesen so verschieden wie ihre Fingerabdrücke.
Doch wenn der Mensch die Natur bezwingt, wird das Unmögliche wahr: die perfekte Kopie. Diese genetische Technik nennt man "Klonen". Im Tier- und Pflanzenreich bereits durchgeführt, schreckt die Wissenschaft vor der Anwendung beim Menschen jedoch aus ethischen Gründen zurück.
Offiziell zumindest. Niemand kann sagen, welche verbotenen Experimente in geheimen Labors auf der Versuchsliste stehen. Ob nicht bereits menschliches Erbmaterial geklont wurde.
Es ist nur noch eine Frage der Zeit, bis die Wahrheit ans Licht kommt ...


Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Inhalt

Cover

Fabrik der Klone

UFO-Archiv

Vorschau

Impressum

Carter Jackson

Fabrik der Klone

US 66 Exeter Street

Los Angeles, Kalifornien, 16. Juli 2022, 21:21 Uhr

Clara Hickox war trotz ihrer sechsundsechzig Jahre neugieriger als ein Kleinkind. Hinzu kam, dass sie eine der größten Klatschbasen unter Gottes heller Sonne war, auch wenn sie es energisch von sich wies, wenn jemand die Frechheit besaß, sie mit diesem Vorwurf zu konfrontieren.

Alles, was um sie herum vorging, erweckte Claras gesteigertes Interesse, vor allem, wenn es sie nicht selbst betraf. Sie kannte so gut wie jeden Skandal, jede Affäre, jeden dunklen Fleck in der Geschichte der Familien, die in der Exeter Street in Garden Grove wohnten, einem Vorort im Südosten von Los Angeles.

Bei dem Verbrechen aber, das sie heute Abend im Haus ihres Nachbarn Eric Anderson bemerkte, war das anders. Es ließ ihre Sensationsgier in fassungsloses Entsetzen umschlagen ...

Dies hatte sie zu dem Schluss geführt, dass das wirkliche Leben (oder das, was man gemeinhin darunter verstand) weit aufregender war als irgendeine Seifenoper im Nachmittagsprogramm von ABC oder eine Netflix-Serie es je sein würden. Besseres Entertainment, als die Realität es bot, gab es nicht. Davon war Clara Hickox überzeugt.

Das Leben, so hatte Clara irgendwann einmal in einem der Liebesromane gelesen, die sie sich jede Woche auf ihren E-Book-Reader lud, ist voller aufregender Überraschungen; man muss sie bloß suchen. Das tat Clara mit nahezu hingebungsvollem Eifer, und dank zahlreicher »Quellen« wusste sie in der Regel mehr über die Mitglieder einer beliebigen Familie aus der Nachbarschaft als die Leute über sich selbst.

Als beispielsweise William Baxter drei Häuser die Straße runter vor einem halben Jahr von seiner Firma gekündigt wurde, konnte Clara die Neuigkeit bereits an ihre Freundinnen weitergeben, als Mr. Baxter noch mit langem Gesicht im Büro seines Chefs saß und sich überlegte, wie er die Sache seiner Frau beibringen sollte. Und als Jacob S. Goldsmith aus Nr. 45 letztes Jahr im Herbst von der Arbeit nach Hause kam, nur um sich mit seiner Krawatte am Deckenventilator im Wohnzimmer aufzuhängen, war es Clara, die dank eines leistungsstarken Feldstechers zuerst am Telefon hing und den tragischen Vorfall in der Nachbarschaft verbreitete. Auch in WhatsApp-Gruppen brachte sie ihre Freunde immer auf den neuesten Stand. Tatsächlich war sie es sogar, die – natürlich anonym – bei der Polizei anrief und erklärte, dass es im Haus der Goldsmith' Arbeit für den Leichenbeschauer gab. Der Geheimdienst hätte auf eine Mitarbeiterin wie Clara Hickox stolz sein können. Ihr entging nichts.

Immer auf dem Laufenden zu sein, kostete Clara eine ganze Menge Zeit. Doch sie hatte in ihrem Leben nie etwas anderes getan, als das Haus in Ordnung zu halten und ihrem Mann die Pantoffeln zu bringen, wenn er von der Arbeit heimkam, sodass ihr die vielen Stunden, die sie am Telefon verbrachte, auf WhatsApp schrieb oder hinter dem Fenster stand, nicht wie vergeudet erschienen. Im Gegenteil. Ohne ihr kleines »Hobby« wäre sie angesichts der erschreckenden Ereignislosigkeit ihrer eigenen Existenz vermutlich schon vor Jahren an Langeweile gestorben.

Aber während sie den Feldstecher meistens eher wahllos die Straße hinauf- und hinabwandern ließ, ständig auf der Suche nach interessanten Neuigkeiten, richtete sie ihn an jenem Abend Mitte Juli ganz bewusst auf das schräg gegenüberliegende Haus, einen aus gelbroten Backsteinen errichteten Bungalow mit der Nummer 54. Denn es war Samstag, und samstagabends war Billy Ray Hanscomb immer bis um Mitternacht beim Bowling.

Das Haus der Hanscombs verfügte über eine Wohnfläche von einhundertzwanzig Quadratmetern, die sich auf sechs Räume – Wohnzimmer, Küche, Bad, Diele und zwei Schlafzimmer – verteilten, womit das Gebäude für eine Familie mit einem Kind gerade die richtige Größe hatte. Da der Bungalow auf einem relativ schmalen Grundstück errichtet worden war, gingen von sämtlichen Zimmern Fenster nach vorne raus, sodass es Clara möglich war, bis ins Detail zu sehen, was in jedem der Räume passierte – vorausgesetzt, die Vorhänge waren nicht zugezogen.

Sie baute sich hinter ihrem Wohnzimmerfenster auf, strich sich mit einer beiläufigen Geste eine widerspenstige weißgelbe Haarsträhne aus der Stirn und hob das Fernglas vor die Augen, um ihren Blick langsam über die Fassade des Bungalows schweifen zu lassen.

Die meisten Fenster des Hauses waren dunkel. Lediglich in der Diele und im Wohnzimmer brannte Licht, doch obgleich der Fernseher eingeschaltet war – es lief, wie Clara feststellte, eine Wiederholung von Live PD – Police Patrol –, hielt sich anscheinend niemand in dem Raum auf. Gleichwohl bestätigte die Flimmerkiste, dass jemand zu Hause war, und das Licht nicht nur brannte, um potenzielle Einbrecher abzuschrecken – ein Vorgehen, das von vielen Bewohnern der Exeter Street praktiziert wurde. Darum richtete Clara den Feldstecher in der Gewissheit, dass sich dahinter etwas tun würde, auf das nächste Fenster.

Sie hatte recht.

Als sie die Schlafzimmerfenster des Bungalows vor die Linse bekam, verharrte Clara und regulierte die Schärfe, bis das Bild deutlich war. Dank des Restlichtverstärkers, den das Fernglas besaß, konnte sie gut erkennen, was in dem dämmrigen Raum vor sich ging – und das war eine ganze Menge.

Mit dem Rücken zum Fenster saß eine junge Frau mit langem blonden Haar – Sharon Hanscomb – rittlings und so nackt, wie Gott sie schuf, auf einem ebenfalls entkleideten Kerl Anfang oder Mitte zwanzig. Ihr Becken pumpte energisch auf und ab, während der Mann ihre üppigen Brüste knetete. Sein Gesicht, das südländische Züge aufwies, war zu einer Grimasse der Lust verzerrt.

»Die Hanscomb treibt's wieder mit dem Burschen vom Pizza-Service«, sagte Clara mit einem zufriedenen, leicht spöttischen Grinsen, ohne das Fernglas eine Sekunde abzusetzen.

Ihr Mann Dan, der im Hintergrund in seinem Ohrensessel vor dem Fernseher saß und sich das Finale der diesjährigen Miss Taco-Wahl in Las Vegas anschaute, trank einen Schluck Diätbier aus der Dose und meinte gleichgültig: »Und wenn schon? Bei der ist doch immer Offene Tür, wenn ihr Alter außer Haus ist, egal, ob er sich nun beim Bowling rumtreibt oder mit seinen Staubsaugern und Fleckentfernern in Arkansas oder was-weiß-ich-wo unterwegs ist.«

»Ist in dieser Woche aber bereits das dritte Mal«, erklärte Clara, noch immer durch den Feldstecher blickend, »dass irgendein Kerl bei ihr ist.«

»Hat anscheinend einen gesteigerten Geschlechtstrieb, die gute Sharon«, kommentierte ihr Mann trocken, um im Geiste hinzuzufügen: Was man von dir nicht unbedingt behaupten kann. Doch er verkniff es sich, diesen Gedanken laut auszusprechen, weil er wenig Lust verspürte, die kommende Nacht auf dem Sofa zu verbringen.

Clara schnaubte, was sowohl Zustimmung als auch Ablehnung zum Ausdruck bringen konnte, wartete, bis der Pizza-Mann seine Rakete gezündet hatte, und ließ den Feldstecher anschließend gemächlich über die Fassaden der anderen Häuser in der Exeter Street wandern.

In dieser Gegend lebten vornehmlich Kleinfamilien mit ein oder zwei Kindern. Angestellte, Beamte und Selbständige mit mittelgroßen Betrieben. Anders als im Zentrum von L. A. oder in Hollywood hielt sich die Kriminalitätsrate in Garden Grove in Grenzen, sodass man abends zum Supermarkt an der Ecke gehen konnte, um Chips und Bier zu holen, ohne Angst haben zu müssen, dass irgendein durchgeknallter Junkie plötzlich mit einer abgesägten Schrotflinte in den Laden stürmte und einem wegen kläglicher zehn Dollar ein Loch in den Bauch stanzte.

Doch Clara war bereit, Kompromisse einzugehen – schließlich hatten sie dreißig Jahre Ehe mit Daniel Anton Hickox gelehrt, dass man nicht alles haben konnte. Wozu brauchte sie Schießereien und wilde Autoverfolgungsjagden zwischen Gangstern und der Polizei, wenn Joe Spotnitz seiner Frau Emily direkt vor den Gläsern ihres Feldstechers eine filmreife Szene machte, weil er sie mal wieder dabei ertappt hatte, wie sie einsamen Männern am Telefon für ein bescheidenes Entgelt beim Wäschebügeln Obszönitäten ins Ohr stöhnte?

Allerdings waren nicht alle Anwohner der Exeter Street für Clara von Interesse, da manche Familien ein noch langweiligeres Leben führten als Dan und sie. Die Thennes zum Beispiel, Peter und Mary, die in dem Blockhaus am Ende der Straße wohnten und ihre Tage damit verbrachten, nebeneinander auf der Terrasse vor ihrem Heim zu sitzen und den vorbeifahrenden Autos nachzusehen. Oder dieser komische Typ, der vor einem Dreivierteljahr in das Haus von Jefferson Walsh eingezogen war, der mit seinem Buick bei einer Konfrontation mit einem Sattelschlepper den Kürzeren gezogen hatte und seitdem auf dem Homeland Cemetery die Blumen von unten düngte.

Anderson hieß der Kerl. Eric Anderson. Mitte/Ende 40. Großgewachsen, aber eine Figur wie ein Zaunpfahl. Hageres, fast eingefallenes Gesicht. Eisgraue Augen. Dunkelblond. Trug stets graue, perfekt gebügelte Anzüge. Alles in allem war er derart unauffällig, dass man bereits vergessen hatte, dass er einem über den Weg gelaufen war, wenn man auf der anderen Straßenseite ankam. Wenn Clara ihm begegnete, dachte sie stets, dass, falls es so etwas wie personifizierte Langeweile gab, Eric Anderson mit ziemlicher Sicherheit ein heißer Favorit auf diesen Titel war. Sein Leben schien öder zu sein als die Mojave-Wüste.

Eine Woche, nachdem sie Jefferson Walsh auf dem Friedhof verscharrt hatten – natürlich hatte Clara zusammen mit ihren beiden besten Freundinnen Betty Buckles und Myra Clutter bei der Beerdigungszeremonie in der ersten Reihe gesessen, um nichts Interessantes zu verpassen –, war Anderson unvermittelt aufgetaucht. Eines Morgens war er mit seinem silbergrauen Volvo vor dem Walsh-Haus vorgefahren, hatte das ZU VERKAUFEN-Schild aus dem Rasen gezogen und war in dem Gebäude verschwunden. Das einzige Gepäckstück, das er bei sich trug, war ein schwarzer Aktenkoffer. Sonst schien er nichts zu besitzen.

Selbstredend hatte Clara sich nach der Ankunft des Fremden umgehend ans Telefon gesetzt und ihre Verbindungen spielen lassen, um in Erfahrung zu bringen, wer der neue Nachbar war, woher er kam und was er hier, in Garden Grove, wollte.

Doch dieses Unterfangen erwies sich als weit schwieriger, als Clara gedacht hatte, denn niemand schien etwas über Eric Anderson zu wissen. Lediglich Nancy McCammon, die im Büro von Robert Fowler arbeitete – den Makler, der den Besitz von Jefferson Walsh im Auftrag von dessen Hinterbliebenen vertrieb – hatte ihr ein paar Auskünfte geben können. Danach war Mr. Anderson am selben Morgen, als er ins Walsh-Haus einzog, in ihrem Büro erschienen, hatte sich die Fotos der Anwesen in Los Angeles vorlegen lassen, die momentan zum Verkauf standen, und sich offenbar wahllos für eines der Häuser entschieden.

Dann hatte er seinen Aktenkoffer geöffnet und die 530000 Dollar, die das Walsh-Haus komplett möbliert kosten sollte, bar auf den Tisch des fassungslosen Maklers geblättert. Einfach so, ohne sich das Anwesen auch nur einmal anzusehen.

Natürlich hatte Clara aufgrund dieses verdächtigen Verhaltens zunächst angenommen, dass Eric Anderson irgendein Krimineller sei – ein flüchtiger Bankräuber, ein entflohener Häftling, der sich mit der Beute seiner erfolgreichen Coups in Garden Grove zur Ruhe setzen wollte, etwas in der Art – und ihn die ersten drei, vier Wochen praktisch rund um die Uhr im Auge bzw. Feldstecher behalten. Doch wenn Clara geglaubt hatte, Anderson bei irgendwelchen illegalen Machenschaften beobachten zu können, musste sie nach einem vollkommen ereignislosen Monat schließlich einsehen, dass sie sich geirrt hatte.

Eric Anderson war kein Krimineller. Ganz im Gegenteil. Von sämtlichen Einwohnern der Exeter Street war Anderson vermutlich derjenige, der am wenigsten Dreck am Stecken hatte. Andersons Leben verlief vollkommen normal, in festen Bahnen. Jeden Morgen um halb neun Uhr verließ er sein Haus, setzte sich in seinen Wagen und fuhr zur Arbeit nach Pasadena, wo er als Ingenieur bei Chester Electronics angestellt war. Nachmittags gegen Viertel nach fünf Uhr kam er nach Hause, schloss die Tür hinter sich und öffnete sie für gewöhnlich vor dem nächsten Morgen nicht wieder. Er ging nie aus und bekam niemals Besuch. Auch zu seinen Nachbarn hatte er keinerlei Kontakt. Alles, was er tat, wenn er zu Hause war, bestand augenscheinlich darin, stundenlang vor dem Fernseher zu sitzen. Kurzum: Das Leben von Eric Anderson war so ereignislos und fade, dass der tägliche Abwasch dagegen wie ein Jahrhundertereignis wirkte.

Deshalb war Clara Hickox auch ausgesprochen überrascht, als plötzlich ein Wagen vor Andersons Haus hielt. Ein Lincoln Continental. Schwarz. Mit getönten Scheiben, in denen sich das gelbe Licht der Straßenlaternen spiegelte.

Neugierig richtete Clara ihre Aufmerksamkeit auf die dunkle Limousine. Das Fernglas vor den Augen, beobachtete sie, wie sich die Tür auf der Fahrerseite öffnete. Jemand stieg aus. Ein Mann in einem schwarzen Anzug. Der Bursche schloss den Wagenverschlag, sah sich kurz um und ging dann den Plattenweg zum Haus hinauf.

Clara folgte ihm mit dem Feldstecher. Aus irgendeinem Grund hatte sie das Gefühl, dass mit dem Anzugträger irgendetwas nicht stimmte, obwohl sie nicht zu sagen vermochte, was genau es war. Es war bloß so ein Gefühl.

Der Anzugträger blieb vor der Haustür stehen, hob die Hand und klopfte. Zunächst geschah nichts, doch schließlich wurde die Tür geöffnet, und Eric Anderson stand im Rahmen. Im Licht, das aus der Diele nach draußen fiel, war er deutlich zu erkennen. Er trug einen Hausanzug und erweckte nicht den Eindruck, als würde er den Anzugträger kennen.

Dennoch winkte er ihn, nachdem ein paar Worte gewechselt worden waren, herein. Der Mann in Schwarz betrat das Haus, und Anderson schloss die Tür. Nicht zum ersten Mal wünschte sich Clara, sie hätte außer dem Fernglas auch ein Richtmikrofon besessen.

Sie beobachtete, wie Anderson den Mann in dem schwarzen Anzug durch die Diele ins Wohnzimmer des Hauses führte, das sie dank der Straßenlage des Raumes gut einsehen konnte. Dort angekommen, verzichtete Anderson darauf, seinem Besuch einen Platz anzubieten, sondern quittierte den Monolog des Anzugträgers lediglich hin und wieder mit einem Nicken oder Kopfschütteln. Irgendwie erweckte Eric Anderson zunehmend den Eindruck, als wäre er nicht besonders erfreut darüber, den Mann in sein Haus gelassen zu haben.

Dann, nach etwa zweieinhalb Minuten, geschah es.

Plötzlich sprang der Mann in Schwarz vor, packte Anderson, der keine Chance hatte, zurückzuweichen, mit beiden Händen am Hals und begann ihn mit brutaler Heftigkeit zu würgen!

Clara Hickox stieß ein überraschtes Keuchen aus. Sie sah die Szene durch den Feldstecher so deutlich vor sich, als würde sie direkt am Fenster des Anderson-Hauses stehen. Ihre Augen hinter den Linsen weiteten sich erschrocken, als sie hastig die Schärfe nachstellte.

»Lieber Gott«, murmelte sie fassungslos, während sie beobachtete, wie der Anzugträger Eric Anderson mit gnadenloser Gewalt im Würgegriff hielt. »Der Kerl bringt ihn ja um!«

Anderson versuchte verzweifelt, sich aus dem mörderischen Griff des Mannes zu befreien, doch er hatte keine Chance. Der Anzugträger war zu stark. Mit fassungslosem Entsetzen verfolgte Clara, wie Andersons Augen wie Tischtennisbälle aus den Höhlen quollen, wie seine Zunge sich aus dem weit aufgerissenen Mund schob, sich langsam blau zu verfärben begann, und die Frau wusste, dass es nur noch Sekunden dauern würde, bis Anderson tot sein würde.

Tatsächlich ging es noch schneller, denn plötzlich änderte der Mann in Schwarz seine »Taktik«, ließ die Hände am Hals seines panisch zappelnden Opfers hinaufwandern zu dessen Kinn, umfasste Andersons Kopf – und drehte ihn mit einem heftigen Ruck praktisch um hundertachtzig Grad nach hinten.

Obwohl es unmöglich war, glaubte Clara zu hören, wie das Genick ihres Nachbarn mit dem Geräusch eines trockenen Astes brach. Als Eric Anderson mit dem Gesicht im Nacken zu Boden stürzte, stieß sie einen schrillen Schrei des Entsetzens aus und wich vom Fenster zurück. Der Feldstecher glitt ihr aus der Hand und blieb auf dem Teppich liegen.

Dan, verärgert über die Störung, wandte sich in seinem Sessel halb um und sah seine Ehefrau verärgert an. »Was, zum Teufel, kreischst du hier so rum? Wie soll ein normaler Mensch bei diesem Lärm fernsehen können?«

Clara war wie paralysiert. Sie taumelte benommen in Richtung Couch und ließ sich einfach in die Polster fallen. Ihr Blick war starr vor Grauen. Zwar hatte sie immer insgeheim gehofft, irgendwann einmal Zeuge eines Mordes zu werden – genau wie James Stewart in Hitchcocks »Das Fenster zum Hof« –, aber sie hatte nicht gewusst, dass es so schrecklich sein würde, jemanden sterben zu sehen. Selbst wenn es sich um eine Person handelte, die sie im Grunde überhaupt nicht kannte. Irgendwie war die Sache gar nicht wie im Fernsehen oder Kino gewesen. Kein bisschen unterhaltsam.

Dan, der jetzt erst begriff, dass mit seiner Frau irgendetwas nicht stimmte, quälte sich aus seinem Sessel hoch und ging zu ihr hinüber, um sich neben ihr auf die Couch sinken zu lassen. Er suchte ihren Blick, doch sie sah ihn nicht an, starrte nur auf ihre eigenen Füße.

»Was ist mit dir?«, wollte er wissen.

Im ersten Moment antwortete Clara nicht. Dann gelang es ihr, die Lethargie abzuschütteln, und sie sagte: »Wir müssen die Polizei rufen.«

Dan runzelte die Stirn. »Warum?«

»Weil gerade jemand Eric Anderson umgebracht hat«, erklärte Clara mit bebender, tonloser Stimme. »Ich habe es gesehen. Ein Mann in einem schwarzen Anzug hat ihm den Hals umgedreht, als wäre er ein Huhn ...«

»Ich wette zehn Bucks, dass das 'n Fehlalarm ist«, beharrte Police Officer Theodore »Teddy« Niceman, als er den Streifenwagen zehn Minuten später in die Exeter Street lenkte, und nippte an dem Edelstahl-Thermobecher mit heißem Kaffee, den er in der linken Hand hielt, während er mit der rechten das Auto steuerte. »Wäre schließlich nicht das erste Mal, dass die alte Hickox weiße Mäuse sieht.«

Officer Hank Holvey auf dem Beifahrersitz nickte. »Schon möglich. Deshalb werde ich auch bestimmt nicht so dämlich sein und dir zehn Scheine in den Rachen werfen.«

»Dann eben nicht«, entgegnete Teddy grinsend. Er stellte den Becher in die eigens dafür montierte Halterung oberhalb des Funkgeräts. »Wo sollen wir noch mal hin?«