Die UFO-AKTEN 37 - Carter Jackson - E-Book

Die UFO-AKTEN 37 E-Book

Carter Jackson

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Beschreibung

Ein Gaunerpärchen überfällt in Willowdale, Oregon, das örtliche Geldinstitut. Ein simpler Job - denken sie. Doch dann entwickelt sich alles ganz anders als geplant.
Die Bewohner des kleinen Ortes benehmen sich überraschend aggressiv, sodass den Gangstern keine andere Wahl bleibt, als mit einer Geisel zu fliehen. Je weiter sie sich aber von Willowdale entfernen, desto schlechter geht es dem Mann. Geschwüre bilden sich auf seiner Haut, bis er schließlich kollabiert. Sie werfen ihn aus dem Wagen.
Eine Polizeistreife findet den Schwerverletzten - und wird von ihm angegriffen! Die Beamten haben keine andere Wahl, als ihn zu erschießen.
Doch damit endet die Geschichte nicht. Im Gegenteil - die Katastrophe beginnt erst ...


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Inhalt

Cover

Viren-Alarm!

UFO-Archiv

Vorschau

Impressum

Carter Jackson

Viren-Alarm!

Coffee Paradise

Willowdale, Oregon, 27. Januar 2023, 17:41 Uhr

»Ein hübscher kleiner Ort, selbst bei diesem Sauwetter«, sagte Megan Fisher und sah durch die regenverwaschene Frontscheibe des Cafés auf die Hauptstraße hinaus, die einem Bilderbuch aus den frühen 1920er-Jahren hätte ent‍stam‍men können. »Wenn wir mal Kinder haben, will ich, dass sie in so einer Umgebung aufwachsen. Hier heulen nachts bestimmt nicht ununterbrochen die Polizeisirenen.«

Harry Lansdale sah die junge Frau mit dem karmesinroten Haar und den himmelblauen Augen über seine Kaffeetasse hinweg an.

»Sicher nicht«, stimmte er zu. »Und Angst da‍vor, dass einem ein Irrer mit 'ner Wumme die Birne wegpustet, wenn man kurz ein‍kau‍fen geht, braucht man garantiert auch nicht zu haben.«

»Ruhe und Frieden«, sagte Megan verträumt. »Genau wie im Paradies. Die Menschen, die hier leben, sind zu beneiden.«

Harry nickte, nahm seinen Donut mit Schokoladenfüllung auf und biss ein großes Stück davon ab. Kauend sagte er: »Wenn wir tatsächlich mal Kinder haben, du und ich, dann können wir uns ja 'n Haus kaufen, irgendwo auf dem Land. In Arkansas oder so. Ich hab' gehört, da soll's ganz schön sein.«

Megan strahlte. »Oh, Harry!« Sie griff über den Tisch mit der zerkratzten braunen Kunststoffplatte nach der freien Hand ihres Verlobten und drückte sie. »Meinst du das ernst?«

»Klar«, stieß Harry zwischen Kauen und Schlucken hervor. »Klar mein' ich das ernst, Süße. Wenn's so weit ist, dass wir 'n Baby kriegen, dann düsen wir rüber nach Arkansas und lassen uns da nieder. Dann sitzen wir abends zusammen auf der Veranda auf der Hollywood-Schaukel und sehen zu, wie Harry Junior Frösche zum Platzen bringt. Ich könnte Schafe züchten oder so was. Hab' mal gehört, dass sich damit 'ne Menge Kies machen lässt.«

»Ach, Harry!«, seufzte Megan. »Du ahnst ja überhaupt nicht, wie unendlich glücklich du mich machst!«

Harry grunzte zustimmend, wischte sich mit dem Handrücken ein paar Krümel von den Lippen und sah auf seine Armbanduhr.

»Schon viertel vor sechs«, sagte er. »Allmählich sollten wir in die Puschen kommen, Süße.«

Seine Verlobte lächelte. »Alles, was du willst, Schatz ...«

Harry sah sich nach der Kellnerin um und winkte. Die Frau – um die zwanzig Jahre alt, jünger als Megan, mit schulterlangem Blondhaar, einer irgendwie aristokratischen Nase und einem Kussmund – kam zu ihrem Tisch herüber. Wenn ihr Gesicht nicht so verkniffen gewesen wäre, wäre sie fast hübsch gewesen.

»Was?«, fragte die Kellnerin unwirsch. Aus irgendeinem Grund schien sie völlig genervt zu sein, schon die ganze Zeit über, seit das Pärchen das Café vor einer halben Stunde betreten hatte.

»Ich möchte zahlen«, erklärte Harry liebenswürdig. »Natürlich nur, wenn es Ihnen nichts ausmacht, Miss.«

Sie ging nicht darauf ein.

»8,95«, sagte sie kalt und zog ihren Geldbeutel aus der Schürzentasche, ohne das Paar am Tisch eines Blickes zu würdigen.

Harry zog zwei zerknitterte Fünfer aus der Hemdtasche und gab sie der jungen Frau.

»Stimmt so«, sagte er.

Die Kellnerin nahm die Scheine stumm entgegen, stopfte sie in ihre Börse, wandte sich um und ging ohne ein weiteres Wort zum Tresen zurück, um leise ein paar Worte mit ihrer Kollegin zu wechseln, die einen nicht weniger unangenehmen Eindruck auf das Paar machte.

»Nettes Mädchen«, murmelte Harry sarkastisch und stand auf. »Hätte sich wenigstens für das Trinkgeld bedanken können.«

»Wir sind hier auf dem Land«, erwiderte Megan, als Harry ihr in ihre Regenjacke half. »Da sind die Menschen so.«

»Na, hoffentlich nicht in Arkansas«, sagte er und streifte seinen Parka über.

Sie gingen nun durchs verwaiste Café zur Eingangstür. Harry öffnete und hielt Megan die Tür auf. Dann wandte er sich noch einmal zu der Kellnerin um und sagte lächelnd: »Ach, übrigens, Miss! In diesem Staat ist Höflichkeit nicht strafbar, falls es Sie interessiert ...«

Einen Augenblick später fiel die Tür hinter ihnen zu, und der Ostwind trieb ihnen eine Mischung aus nassen Schneeflocken und eisigen Regentropfen ins Gesicht. Seit Tagen schon regnete und schneite es ohne Unterbrechung in den pazifischen Nordweststaaten, als habe ein zorniger Gott beschlossen, es mit einer zweiten Sintflut zu versuchen. Die Temperaturen hielten sich kontinuierlich knapp über dem Gefrierpunkt, sodass der matschige Schnee immer wieder wegtaute.

Harry stülpte sich die Kapuze seines Armee-Parkas über den Kopf und schirmte Megan mit seinem Körper gegen den peitschenden Schneeregen ab, während sie zu ihrem Auto gingen, einem dunkelblauen Thunderbird, den sie ein Stück die Straße hinunter geparkt hatten.

»Hoffentlich kommt bald wieder die Sonne raus«, sagte Megan fröstelnd und drückte sich eng an ihren Verlobten. Das rote Haar, das unter ihrer Kapuze vorlugte, hing ihr in triefenden Strähnen in die Stirn.

»Keine Sorge«, munterte Harry sie auf. »In einer Woche sind wir unten in Florida. Da liegen wir dann in Shorts am Pool und lassen uns die Sonne auf die Bäuche scheinen.«

Megan war skeptisch. »Wirklich?«

Er nickte. »Aber klar!«

Sie hatten den Thunderbird erreicht. Harry ging um den Sportwagen herum zum Kofferraum, schloss auf und klappte die Haube hoch.

»Welche willst du?«, fragte er die junge Frau. »Die Smith & Wesson, oder lieber die Beretta?«

»Die Smith & Wesson«, erwiderte Megan. »Die Beretta wirkt nicht sonderlich bedrohlich.«

Harry nickte und reichte ihr einen Revolver vom Kaliber .357 Magnum, den sie in ihre Jackentasche steckte. Er selbst entschied sich für die Winchester 1300 Defender Pump Action, die er unter den Schößen seines Parkas ohne Probleme verbergen konnte.

Nachdem er die Kofferraumklappe geschlossen hatte, warf er einen Blick zur Willowdale County Bank hinüber, welche sie von dem Café aus beobachtet hatten, und zog geräuschvoll die Nase hoch.

»Also gut«, knurrte er dann. »Gehen wir's an, Süße.«

Megan und Harry überquerten die Hauptstraße von Willowdale, die das 2000-Seelen-Städtchen inmitten der weitläufigen Mahogany Mountains im Nordosten Oregons teilte, und blieben vor den gläsernen Türen der Bank stehen, in der sich nur ein halbes Dutzend Kunden und Angestellte aufhielten.

Es würde das reinste Kinderspiel sein.

Rein und raus und weg. Ganz einfach.

Harry umklammerte mit einer Hand die Schrotflinte unter dem Mantel und ließ seinen Blick noch einmal über die verlassene Hauptstraße von Willowdale schweifen. Anschließend schaute er Megan an und fragte: »Bereit, Süße?«

Sie nickte lächelnd. »Wenn du es bist.«

»Okay«, sagte er und atmete tief durch. »Dann los!«

Er stieß die Eingangstür der Bank mit der Schulter auf und riss im Hineingehen die Winchester-Schrotflinte unter dem Parka hervor. Sie waren vor einer Stunde schon einmal hier gewesen, um die Lage auszukundschaften, deshalb brauchte er nicht lange nach der Überwachungskamera zu suchen.

Er pumpte mit einer wütenden Bewegung eine Patrone in den Lauf, zielte und zog den Abzug durch.

Die Kamera über der Auszahlungskabine, die durch eine Panzerglasscheibe vom Besucherbereich abgetrennt war, zerbarst und ließ einen Regen aus Metall- und Plastiksplittern auf den Teppich niedergehen.

»Keine Bewegung, ihr Säcke!«, brüllte Harry entschlossen und ließ den Lauf der Schrotflinte zwischen den drei Kunden diesseits und den beiden Bankangestellten jenseits des Schalters hin- und herwandern. »Dies ist ein Überfall! Hände über den Kopf und Maul halten!«

Die Leute sahen ihn teilnahmslos an.

»Na los!«, rief Megan, den Smith & Wesson im Anschlag. »Habt ihr nicht gehört? Nehmt die Hände hoch! Aber ein bisschen fix, sonst kann man euch hier in 'nem Schuhkarton raustragen!«

Keine Reaktion.

»Sagt mal, seid ihr vielleicht allesamt schwerhörig?« Langsam wurde Harry wütend. »Die Flossen hoch, oder es setzt was!«

Nur fragende, leicht verwirrte Blicke.

Harry platzte der Kragen. Er stürmte vor, packte einen der Kunden – einen dicken Kerl um die fünfzig mit einem buschigen Schnauzbart und einer Hornbrille – am Kragen, drückte ihn mit dem Rücken gegen den Schalter und presste ihm die runde Mündung der Winchester brutal unters Kinn.

»Na, wie ist es jetzt?«, grollte er düster. »Nehmt ihr nun die Patschhände hoch, oder muss ich diesem blöden Affen hier erst das Hirn wegpusten? Häh?«

Diesmal taten die Anwesenden, was er verlangte – allerdings so widerwillig und langsam, dass man den Eindruck bekommen konnte, als wüssten sie nicht recht, in was für einer Situation sie sich befanden.

»Da schau an!«, rief Harry und stieß den Dicken heftig zu Boden. »Es geht doch!« Er grinste überdreht. »Okay, dann wollen wir mal weitermachen. Wir haben nämlich vor, das ganze Programm durchzuziehen, und dafür nicht den ganzen Tag Zeit. Honey?«

»Ja, Schatz?«

»Kümmere dich um die Kohle!«

»Ja, Schatz!«

Megan drückte sich an dem zweiten Kunden – einem alten Mann mit schlohweißem Haar und ebensolchem Vollbart, der geradewegs einem TV-Spot für perfekte Großväter entsprungen zu sein schien – vorbei zum Auszahlungsschalter und richtete durch das Glas die Waffe auf den Kassierer.

»In Ordnung, Jungchen«, sagte sie und schob ihm durch den Spalt einen Stoffbeutel zu. »Vollmachen!«

Der Kassierer sah sie einen Moment lang an, als ob er nicht ganz begreifen würde, was sie von ihm wollte. Dann nahm er den Beutel und begann, Geldscheine hineinzustopfen.

»Braver Bursche«, lobte Megan. »Dafür darfst du dich auch weiterhin deines Lebens freuen ...«

Der Mann sagte nichts, machte einfach weiter. Nach einer Minute war der Stoffbeutel voll.

»Wunderbar«, sagte Megan. »Jetzt her mit dem Ding!«

Wortlos schob der Kassierer den Beutel durch den Spalt.

»Okay!«, rief Megan Harry zu und schwenkte triumphierend den Beutel. »Ich hab's!«

Harry grinste. »Großartig!« Er nickte dem jungen Mann hinter dem Auszahlungsschalter zufrieden zu. »Besten Dank, Muchacho! Für die prompte Bedienung!«

»Sie sollten zusehen, dass Sie so schnell wie möglich von hier verschwinden«, sagte einer der beiden anderen Bankleute, ein schmaler Hering Mitte dreißig, der in seinem grauen Anzug wie die Parodie eines Herrenmodemodels wirkte. »Bevor Sie es bereuen, dass Sie nach Willowdale gekommen sind.«

»Danke für den heißen Tipp!«, erwiderte Harry spöttisch. »Darauf wären wir selbst nie gekommen!«

In diesem Moment sah er aus dem Augenwinkel heraus, wie der zweite Bankangestellte plötzlich hinter dem Schalter verschwand und einen Lidschlag später mit einer großkalibrigen Mossberg-Flinte mit Pistolengriff wieder zum Vorschein kam. Der Lauf des Schießprügels schwang in seine Richtung.

»Oh, Scheiße!«, brüllte Harry entsetzt und warf sich in dem Sekundenbruchteil zur Seite, als der Bankmitarbeiter ohne Vorwarnung den Abzug der Mossberg durchzog.

Die Schrotladung verfehlte ihn nur um Haaresbreite und riss den Teppichboden einen halben Meter neben ihm in Fetzen.

Keuchend rollte Harry sich auf den Rücken, pumpte hektisch eine Patrone in den Lauf und feuerte.

Der Brustbereich des Bankangestellten verwandelte sich in eine Pizza mit extra viel Tomate. Der Mann wurde von der Wucht des Treffers nach hinten geschleudert und krachte gegen die Wand. Er rutschte daran hinab, ohne dass ein Laut des Schmerzes über seine Lippen drang.

»So!«, rief Harry ärgerlich und rappelte sich auf. »Das hast du jetzt davon, du blöder Hund!« Er hebelte demonstrativ eine neue Patrone in die Kammer und wandte sich zu Megan um.

Doch ihre vor Überraschung weit aufgerissenen Augen sagten ihm, dass irgendetwas nicht stimmte. Dass etwas ganz und gar nicht stimmte ...

Die Winchester Defender in der Hand, wirbelte er auf dem Absatz herum – und stieß einen verblüfften Laut aus, als er sah, wie der Kerl mit der Mossberg, der auf dem Boden in einer rasch größer werdenden Lache seines eigenen Blutes hockte, die Flinte auf ihn anlegte, obwohl er eigentlich schon längst bei den Engeln hätte sein müssen.

Harry reagierte, ohne zu überlegen – und schoss erneut.

Mit einem hohlen Poltern fiel die Flinte aus den erschlafften Fingern des Toten.

Harry atmete tief durch und ließ den Lauf der Defender von einem zum anderen wandern.

»Megan!«, fauchte er. »Komm her!«

Megan, in deren Augen eine Mischung aus Schock, Angst und Ungläubigkeit stand, regte sich nicht.

»Verdammt, Megan!«, fluchte Harry. »Setz deinen Hintern in Bewegung und komm her!«

Mit sichtlicher Anstrengung schüttelte sie die Benommenheit ab und kam zu ihm herüber, den Stoffbeutel mit dem Geld in der Hand. Harry schubste sie in Richtung Ausgang.

»Los«, knurrte er. »Zum Auto!«

Plötzlich meldete sich der Dicke mit dem Schnauzbart, der noch immer vor dem Bankschalter auf dem Boden kauerte, zu Wort.

»Sie werden nicht davonkommen«, raunte er finster.

»Ach, nein?« Harry ging zu ihm, die Winchester drohend auf sein Gegenüber gerichtet. »Und wer, zur Hölle, wird uns daran hindern?«

»Wir alle«, erklärte der alte Mann ernst. »Ganz Willowdale.«

»Sie haben keine Chance«, stimmte ihm der Kassierer zu.

Harry lachte. »Na, das wollen wir doch mal sehen!« Er griff nach dem Jackenkragen des Dicken und zerrte ihn auf die Beine. »Los, Fettsack!«, schnauzte er. »Komm hoch!«

Der Schnauzbart rappelte sich auf.

Harry presste ihm wie zuvor den Lauf der Flinte unters Kinn, doch diesmal so fest, dass die Mündung eine rote Druckstelle auf der Haut des Burschen hinterließ.

»Eine Bewegung«, warnte er die anderen. »Und ich schicke euren Freund hier zu Elvis!«

»Was haben Sie mit mir vor?«, fragte der Schnauzbart.

»Du kommst mit!«, zischte Harry und ging rückwärts, den Dicken fest im Griff, auf den Ausgang zu. »Als Geisel.«

Megan hielt ihm die Tür auf.

»Draußen ist alles klar. Keine Bullen im Anmarsch«, meldete sie.

Harry nickte. »Hol den Thunderbird!«

Megan lief über die Straße zum Wagen. Sie warf den Beutel mit dem Geld nach hinten auf den Rücksitz und startete den Motor des Thunderbird, während Harry mit dem Dicken im Arm an der Tür wartete und die Männer in der Bank in Schach hielt.

Als der Sportwagen einen Moment später vor der Bank hielt, und Megan die Beifahrertür öffnete, stieß Harry den Schnauzer brutal in den Wagen.

»Los!«, befahl er. »Nach hinten!«

»Was haben Sie mit mir vor?«, fragte der Mann erneut.

»Was schon?«, fragte Harry zurück. »Wir nehmen dich mit, bis wir in Sicherheit sind! Wir sind die bösen Bankräuber, und du bist die Geisel!«

Der Mann wollte protestieren, sich zur Wehr setzen, doch da schlug ihm Harry den Schaft der Defender gegen den Hinterkopf und schickte ihn vorübergehend ins Land der Träume.

»Schnell!«, rief Megan. »Es gibt Ärger!«

Sie hatte recht. Als Harry sich umdrehte, sah er, dass die Männer in der Bank sich entschlossen der Tür näherten. Einer hatte sich die Mossberg des jüngst Verblichenen geschnappt, ein anderer – der alte Knacker – hielt ein Messer in der Hand.

Harry fluchte und wuchtete den bewusstlosen Fettsack eilig auf den Rücksitz des Thunderbird. Dann sprang er ebenfalls in den Sportwagen. Er kam nicht einmal dazu, die Beifahrertür zu schließen, als Megan auch schon Gas gab, mit durchdrehenden Hinterreifen anfuhr – und den Motor abwürgte!

Ruckend kam der Thunderbird in dem Moment zum Stehen, als die Tür der Willow County Bank aufging und die vier Männer nach draußen kamen. Keiner von ihnen schien sonderliche Angst davor zu haben, ebenso zu enden wie der Held zuvor.

»Verdammt!«, brüllte Harry. »Bring die Karre zum Laufen!«

»Mach' ich ja!«, keifte Megan schrill. Sie war kurz davor, hysterisch zu werden. Schweißperlen glänzten auf ihrer Stirn. Sie drehte den Zündschlüssel, doch der Motor streikte.

Sie versuchte es noch einmal. Keine Reaktion ...

Harry knurrte wütend und richtete die Winchester auf die Männer, die im strömenden Regen langsam näher kamen.

»Keinen Schritt weiter!«, rief er. »Sonst werde ich wirklich böse! Kapiert?«

Als Antwort auf seine Frage zog der Kassierer, der die Mossberg in den Händen hielt, den Abzug durch.

Die Grobschrotladung schlug in die noch immer offen stehende Beifahrertür und stanzte ein faustgroßes Loch ins Blech. Kleine scharfkantige Metallsplitter und Stoffreste stoben davon.

Harry zog fluchend den Kopf ein.

»Fahr!«, brüllte er, kaum zu verstehen, da eine weitere Detonation der Mossberg ihm die Worte von den Lippen riss. »Zur Hölle, fahr doch!«

»Jaja!«, heulte Megan. Tränen der Angst und der Frustration liefen ihr über die Wangen. »Ich versuch's ja!«

Sie drehte den Zündschlüssel wieder.

Und diesmal sprang der Wagen an!

»Los!«, rief Harry. »Gib Stoff!«

Megan trat hart aufs Gaspedal und betete darum, dass sie den Motor nicht wieder abwürgte. Der Thunderbird machte einen zornigen Satz nach vorne, die Räder rotierten, Schlamm spritzte davon ... dann schoss der Sportwagen vorwärts!

In der gleichen Sekunde riss eine weitere Schrotladung der Mossberg den Außenspiegel auf der Fahrerseite ab. Metall und Glas prasselten auf den glänzenden Asphalt.

Harry beugte sich aus der Tür und feuerte die Winchester auf die Männer ab, die mit unbewegten Mienen vor der Bank auf der Straße standen und ihnen stumm nachstarrten, doch obgleich die Garbe unmittelbar vor ihnen das Wasser einer Pfütze hochspritzen ließ, regte sich keiner von ihnen.

Es war, als ob sie keine Angst davor hatten, getroffen zu werden.

Als ob sie den Tod nicht fürchteten ...

Obwohl Harry sie am liebsten ausgelacht hätte, dass sie so dumm gewesen waren zu glauben, ihn und Megan aufhalten zu können, verkniff er es sich. Dies war nicht die richtige Zeit, um sich zu freuen.

Und der richtige Ort ebenfalls nicht.

Erst als sie drei Minuten später das blaue Schild mit der Aufschrift »AUF WIEDERSEHEN IN WILLOWDALE« hinter sich ließen und auf dem Provincial Highway 291 in Richtung Medford brausten, ließ Harry sich erschöpft in den Sitz sinken und atmete tief durch.

»Alles okay?«, erkundigte sich Megan. Ihre Wimperntusche war verschmiert und ihr Blick flackerte, aber sonst schien sie sich wieder halbwegs unter Kontrolle zu haben.

Harry nickte mit geschlossenen Augen. Dann sagte er mit einem Anflug von Sarkasmus in der Stimme: »Wenn alle Kleinstädte auf dem Land so sind, dann solltest du das mit der Ranch unten in Arkansas besser ganz schnell wieder vergessen, Süße ...«

Provincial Highway 291

Altamont County, Oregon, 27. Januar, 20:23 Uhr

Es dauerte eine ganze Weile, bis der bewusstlose Mann auf dem Rücksitz sich allmählich wieder zu regen begann. Er stöhnte, seine Lider flatterten. Dann öffnete er benommen die Augen und wollte sich an den schmerzenden Hinterkopf fassen, doch der Gürtel, mit dem Harry ihm sicherheitshalber die Hände gefesselt hatte, hinderte ihn daran.

»Brummt ganz schön, der Schädel, was?«, fragte Harry vom Fahrersitz des Thunderbird aus. Als sie etwa drei Meilen von Willowdale entfernt gewesen waren, hatten er und Megan rasch die Plätze getauscht, weil Harry – vor allem bei dieser nicht ungefährlichen Witterung – der bessere Fahrer war.

Der Schnauzbart murmelte unverständliches Zeug. Er war ziemlich blass um die Nase. Vermutlich hatte er von dem Hieb, den Harry ihm mit dem Gewehrschaft verpasst hatte, eine Gehirnerschütterung davongetragen.

»Kopfschmerztabletten sind leider aus«, stellte der Ganove mit einem spöttischen Grinsen fest.

»Wo ... wo sind wir?«, wollte der Mann mit stockender Stimme wissen.

»Highway 291«, sagte Megan. »Fünf Meilen hinter Jefferson.« Sie hatte die Flinte im Schoß liegen, falls der Kerl Ärger machen sollte.

»O nein«, krächzte der Schnauzbart erbärmlich. »O Gott, nein ... Zu weit weg. Zu weit weg von daheim ...« Es klang, als würde er jeden Moment in Tränen ausbrechen.