Die UFO-Akten 27 - Carter Jackson - E-Book

Die UFO-Akten 27 E-Book

Carter Jackson

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Beschreibung

Es ist fast wie in diesen alten Horrorfilmen aus den Fünfzigern: Eines Nachts wird der Rancher Hank Henderson durch ein sonderbares Geräusch aus dem Schlaf gerissen. Als er draußen nach seinen Rindern sieht, stellt er mit Schrecken fest, dass einige der Tiere bis zur Unkenntlichkeit zerfetzt wurden ...
Man findet Henderson - oder das, was von ihm übrig ist - am nächsten Morgen. Unter seinen Fingernägeln sind Spuren fremder DNS, die zu keinem bekannten Raubtier passt. Die Behörden stehen vor einem Rätsel.
Dabei gibt es eine Gruppe junger Tierschützer, die eine Lösung anbieten könnte. Seit Tagen beobachten sie ganz in der Nähe das Gelände von Bradbury Biochemics. Hier, so vermuten sie, werden grausame Tierversuche betrieben.
Wie grausam - und gefährlich - jene Experimente tatsächlich sind, können sie nicht einmal ahnen ...


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Inhalt

Cover

Außer Kontrolle

UFO-Archiv

Vorschau

Impressum

Carter Jackson

Außer Kontrolle

Bradbury Biochemics

Battle Creek, Colorado,17. September 2022, 23:21 Uhr

Obgleich Andy Wilson bereits seit mehr als sechs Jahren als Sicherheitsbeamter – andere sagten »Wachmann« zu seinem Job – fürBradbury Biochemics in Battle Creek arbeitete, hatte er sich noch immer nicht darangewöhnt, sich regelmäßig die Nächte um dieOhren zu schlagen, während der Rest der westlichen Welt sich schlafen legte.

Wenn er abends um 20:00 Uhr seinen Dienst antrat, war es gut auszuhalten, weil noch ein Teil der Belegschaft anwesend war, mit dem er sich unterhalten konnte. Ab 21:30 Uhr wurde es im Gebäudekomplex dann aber immerstiller, ganz so, als befände er sich ineinem Leichenhaus.

In dieser Nacht war dies jedoch bloß die Ruhe vorm Sturm ...

Im Augenblick hatte er an der Stille jedoch nichts auszusetzen, weil es in der Regel bedeutete, dass es keinerlei Schwierigkeiten und damit keine Arbeit für ihn gab. Andererseits zerrte die Einsamkeit aber mächtig an Andys Nerven.

Dabei war er nicht einmal wirklich allein. Wenn alle Angestellten der Firma nach Hause gegangen waren, musste er die nächsten zehn Stunden mit seinem Kollegen Mike Watts teilen – und das war manchmal schlimmer, als sich in der Glotze irgendwelche megadämlichen Gameshows ansehen zu müssen.

In der letzten Stunde hatte sich Mike allerdings nicht im Wachbüro, das sich nahe des Eingangsbereichs der Firma befand, blicken lassen, und Andy war froh darüber. Je weniger er von ihm zu sehen bekam, desto weniger würde er von ihm hören. Denn Watts' ununterbrochenes Gelaber über die Brüste von A und den knackigen Hintern von B ging ihm ganz gewaltig auf die Nüsse. Als ob es keine anderen Dinge auf Gottes weiter Erde gab, über die man sich unterhalten konnte!

Andy legte seine Füße vor sich auf die Tischplatte, trank einen Schluck lauwarmen Kaffee aus seinem Becher und blätterte ungestört, beinahe gedankenverloren, in der aktuellen Ausgabe von US-Sports, die er von zu Hause mitgebracht hatte, um sich während der Schicht die Zeit zu vertreiben.

So schlichen die Minuten träge dahin, ohne das sich etwas tat. Das kleine Radio dudelte leise vor sich hin und drängte wenigstens die Totenstille zurück, die in den verlassenen Korridoren und Laboren rund um das Wachbüro lauerte.

Plötzlich schreckte Wilson von seiner Lektüre auf. Irgendetwas hatte seine Aufmerksamkeit erregt, doch er konnte beim besten Willen nicht sagen, was es gewesen war. Leicht verwirrt warf einen Blick auf die Uhr an der Wand.

Es war bereits kurz nach Mitternacht.

Und von Mike war noch immer nichts zu sehen.

Wilson runzelte die Stirn. Langsam begann die Sache ihm seltsam vorzukommen. Denn eigentlich war es überhaupt nicht Mikes Art, sich stundenlang irgendwo im Komplex herumzutreiben, ohne sich wenigstens zwischendurch zur Kontrolle bei ihm zu melden. Watts war zwar ein ungeheurer Mistkerl, aber auch ein zuverlässiger Wachmann.

Also, wo zur Hölle, steckte sein Kollege?

Da es sowieso Zeit für seine Runde war, beschloss Andy, sich nach ihm umzusehen. Er warf das Sportmagazin vor sich auf den Tisch, stand auf, nahm den Schlüsselbund aus der Schublade und die Taschenlampe vom Regal. Dann verließ er die Wachstube und ging den von Nachtleuchten schwach erhellten Korridor hinab in Richtung Verwaltungstrakt, während seine Schritte klappernd von den leberwurstgrau gestrichenen Wänden widerhallten.

Nachdem Andy sich bei den Büros umgeschaut und überprüft hatte, ob alle Türen fest verschlossen waren, ging er an den Konferenzräumen vorbei zum Forschungsbereich A, wo die Labore von Bradbury Biochemics lagen, in denen hauptsächlich an neuen Medikamenten und Impfstoffen für die Pharmaindustrie geforscht wurde. Wie im Verwaltungstrakt war auch dort alles ruhig. Die Türen waren verschlossen. Nichts regte sich.

Dennoch wurde Andy von Minute zu Minute unruhiger.

Wo, zum Teufel, war Mike?

Besonders viele Möglichkeiten blieben nicht mehr. Im Grunde genommen konnte er sich nur noch im Forschungsbereich B aufhalten, doch irgendwie kam dem jungen Sicherheitsbeamten das unwahrscheinlich vor, denn die B-Zone war kein Ort, den man aufsuchte, wenn es nicht unbedingt sein musste.

Der Forschungsbereich B befand sich im Kellergeschoss des Gebäudes und stellte so etwas wie das innerste Heiligtum des Unternehmens dar. Nur ausgewählte Mitarbeiter hatten zu den dortigen Laboren Zutritt. Es hieß, dass sie dort unten mit irgendwelchen gefährlichen Viren wie Hanta und Ebola herumhantierten, die man bloß schief anzusehen brauchte, um sich zu infizieren. Doch so genau vermochte das niemand zu sagen, und Andy wusste ziemlich gut, dass die Firmenleitung – vor allem Dr. Koontz – auf übermäßig neugierige Mitarbeiter nicht gut zu sprechen war. Deshalb hatte er sich nie weiter um die Sache gekümmert.

Andy kam auf seinen Rundgängen jede Nacht zweimal in den Keller, und stets befiel ihn dabei ein eigentümliches Gefühl der Furcht. Obgleich er beileibe kein ängstlicher Mensch war, jagte ihm die Atmosphäre da unten Angst ein, und er wusste aus den Gesprächen mit seinem Kollegen, wenn sie sich mal nicht um nackte Mädchen mit großen Oberweiten drehten, dass es Mike genauso ging.

Trotzdem konnte sich Watts eigentlich nur noch in der B-Zone aufhalten; alle anderen Bereiche des Gebäudes hatte Andy bereits kontrolliert.

Mit einem leisen Seufzen wandte er sich dem Aufzug zu, der sich links von ihm in einer Nische befand, und drückte auf den Rufknopf.

Der Aufzug kam, und die Metalltüren glitten lautlos beiseite. Licht fiel aus der Kabine in den Flur und warf Andys Schatten grotesk vergrößert an die Wand des Korridors.

Er schaltete seine Taschenlampe aus, trat in den Lift und suchte an seinem Bund nach dem Aufzugschlüssel, ohne den sich der Fahrstuhl nicht in Bewegung setzen ließ, damit Unbefugte gar nicht erst auf die Idee kamen, sich dort unten umzusehen. Er schob den Schlüssel in den Schlitz neben der Tür und drehte ihn behutsam nach rechts.

Augenblicklich glitten die Aufzugtüren zu. Ein verhaltenes Zittern ging daraufhin durch die Kabine. Dann rauschte der Lift fast geräuschlos hinunter in den Keller.

Als sich die Schiebetüren zwanzig Sekunden später und zehn Meter tiefer wieder öffneten, zog Andy den Schlüssel ab und verließ die Kabine. Obwohl er in den letzten Jahren so häufig wie kaum ein anderer Angestellter von Bradbury Biochemics hier unten gewesen war, lief ihm beim Anblick des kurzen, komplett weiß gefliesten Ganges, von dem voraus zu beiden Seiten jeweils ein weiterer Korridor abging, ein eiskalter Schauder über den Rücken.

Er hasste es, hier unten sein zu müssen.

Er hasste die Dunkelheit, die nur vom milchigen Strahl seiner Lampe durchbrochen wurde. Er hasste die Stille, die so undurchdringlich war, dass man unweigerlich das Gefühl hatte, der letzte Mensch auf der Welt zu sein. Und er hasste diesen Geruch ...

Der Geruch war vermutlich das Schlimmste.

Im gesamten Kellergeschoss roch es durchdringend nach einer Mischung aus Formalin, Chlor, Wachs und Tierausdünstungen, die von den Versuchstieren stammten, die sie hier unten hielten.

Widerlich ...

Andy rümpfte angeekelt die Nase und versuchte, möglichst durch den Mund zu atmen. Als sich die Aufzugtüren hinter ihm einen Moment später wieder schlossen, stammte das einzige Licht, das den Gang erhellte, von seiner Taschenlampe.

Der Sicherheitsbeamte ging den Korridor entlang auf die Abzweigung zu. Links und rechts von ihm befanden sich blanke Stahltüren. Doch die Mühe, sie zu überprüfen, konnte er sich getrost sparen. Sie waren immer verschlossen. Dafür sorgte Dr. Koontz höchstpersönlich.

Dies war sein Reich.

Aus diesem Grund besaß abgesehen von Koontz, seiner rechten Hand Dr. Jim Frakes und Frank Bradbury, dem Chef von Bradbury Biochemics, auch niemand sonst einen Schlüssel zu diesen Laboren.

Nicht einmal die Wachleute.

Allerdings war das Andy eigentlich ganz recht so, denn wenn er ehrlich war, wollte er gar nicht wissen, woran Ray Koontz und dessen Leute hier unten im Verborgenen arbeiteten. Viren hin oder her – um was auch immer es sich handelte, es war nichts, womit er etwas zu tun haben wollte.

Den Schlüsselbund in der einen, die Lampe in der anderen Hand erreichte Andy die T-förmige Gabelung und wandte sich nach rechts, um mit einem Mal so abrupt stehenzubleiben, als sei er gegen eine unsichtbare Mauer gelaufen.

Ein heiseres Keuchen entrang sich seiner Kehle.

»O Gott«, stöhnte er, unfähig zu glauben, was er da sah. Sein Magen rebellierte. Sein Abendessen – Thunfischsalat und ein Schinkenbrötchen mit Mayonnaise und viel Zwiebeln – drängte sauer seine Speiseröhre hinauf. »O mein Gott ...«

Einige Meter vor ihm lag, aus der Dunkelheit gerissen vom Schein der Lampe, sein Kollege Mike Watts – oder zumindest Teile von ihm. Überall um ihn herum war Blut, schwarz und glänzend, wie das von Käfern.

Auf dem Boden.

An den Wänden.

Sogar an der Decke ...

Doch das war noch nicht alles!

Als Andy sich, benommen vor Übelkeit und Entsetzen, langsam in Bewegung setzte und wie in Trance auf die weit offen stehende Stahltür am Ende des Korridors zuging, hinter der er armdicke Gitterstäbe ausmachen konnte, stellte er fest, dass der stabile Eisenkäfig, der fast den ganzen Raum einnahm, leer war.

Die Käfigtür war mit Gewalt aus den Angeln gerissen worden und lag nutzlos auf den Fliesen. Ebenso das mehrfach gesicherte Gitter, mit dem der Luftschacht verschlossen gewesen war, der, zwei Meter über dem Boden in die Wand eingelassen, durch das Schachtsystem hinaus ins Freie führte.

Andy Wilson schluckte trocken.

Was auch immer in diesem Käfig gehalten worden war und Mike Watts mit unvorstellbarer Brutalität in Stücke gerissen hatte, es war nicht länger gefangen ...

Nahe Bradbury Biochemics

Battle Creek, Colorado, 18. September, 00:51 Uhr

Als der Hubschrauber mit aufgeblendetem Suchscheinwerfer über dem umzäunten Gelände auftauchte, einen Augenblick über dem Komplex verharrte und danach in Richtung Wald davonflog, wusste Brian E. Thompson sofort, dass es zu einem Zwischenfall bei Bradbury Biochemics gekommen war. Und als einen Moment später mehrere Truppentransporter der US-Army die Straße heraufkamen und vor dem Hauptgebäude des Unternehmens vorfuhren, wurde ihm klar, dass es etwas Ernstes sein musste.

Etwas sehr Ernstes ...

»Was, zur Hölle, ist da los?«, murmelte er angespannt. Er nahm das Fernglas vom Beifahrersitz seines alten, bloß noch von Rost und Flüchen zusammengehaltenen 1988er Chevy, der gegenüber von Bradbury Biochemics unauffällig in einem Waldweg geparkt war, hielt es sich vor die Augen und stellte den Fokus scharf.

Die vier Army-Lastwagen, in denen Soldaten in voller Montur saßen, ihre M 16-Schnellfeuergewehre locker zwischen die Beine geklemmt, hielten vor dem Haupteingang der Firma. Gleichzeitig glitt die Eingangstür des Gebäudes auf, und ein schwarzhaariger Mann Mitte fünfzig mit Halbglatze und rahmenloser Brille, den Brian als Dr. Ray Koontz identifizierte, kam heraus. Im Schlepp hatte er ein halbes Dutzend weitere Leute, unter denen neben Koontz' rechter Hand Dr. Frakes auch der Inhaber von Bradbury Biochemics war.

Die Männer redeten mit zwei Soldaten, die ihren Abzeichen zufolge die Ränge eines Captains bzw. Lieutenants bekleideten. Selbst aus der Entfernung war deutlich zu erkennen, dass den Männern von Bradbury Biochemics eine gewaltig große Laus über die Leber gelaufen sein musste. Tatsächlich sah es verdächtig danach aus, als würde ihnen der Hintern aus irgendeinem Grund mächtig auf Grundeis gehen.

Brian beobachtete durch sein Fernglas, wie Dr. Koontz hektisch auf die beiden Militärs einredete, wobei er wild in Richtung des Waldrandes gestikulierte, der an das Gelände des Biochemie-Unternehmens grenzte.

Brian wünschte sich, er hätte ein Richtmikrofon gehabt, um die Männer zu belauschen. Er hätte zu gerne gewusst, was dort drüben vor sich ging.

Der Captain, ein bärbeißiger Hüne mit Vollbart, hörte dem Doktor aufmerksam zu, schien hin und wieder eine Frage zu stellen und klopfte Dr. Koontz schließlich in einer beruhigenden Geste auf die Schulter. Dann sprach er kurz mit dem Lieutenant und kletterte behände in den ersten Transporter, der umgehend anfuhr und der Straße zustrebte. Der zweite Lastwagen mit dem Lieutenant rollte hinterher.

Als die Armeefahrzeuge das Gelände von Bradbury Biochemics verließen und an ihm vorbeifuhren, zog Brian den Kopf ein und machte sich auf dem Sitz so klein wie möglich, damit sie ihn nicht sahen. Er schaute ihnen nach, bis sie um die Kurve der Straße verschwanden. Dann hob er von Neuem das Fernglas und blickte zu Dr. Koontz und den anderen Mitarbeitern der Firma herüber.

Sie standen da und diskutierten heftig. Vor allem Koontz vermittelte den Eindruck, als stünde er unmittelbar davor, vor Aufregung den Löffel abzugeben. Selbst einem Idioten wäre klar geworden, dass dieser Mann Angst hatte.

Entsetzliche Angst.

Die Frage war bloß: Wovor?

Bradbury Biochemics

Battle Creek, Colorado, 18. September, 05:08 Uhr

Der Morgen dämmerte bereits über den Baumwipfeln des Gunnison National Forests, als Captain Decker sich im Büro von Dr. Koontz in einen der bequemen Besucherstühle fallen ließ, in der Hand einen Pappbecher Automatenkaffee, und sagte: »Tja, Doc, wie es aussieht, können Sie die Sache vergessen.«

Dr. Ray Koontz, der hinter dem mit Unterlagen und Papieren überladenen Schreibtisch saß, keuchte überrascht.

»Zum Teufel, was soll das heißen, Captain?«, schnappte er aggressiv.

»Das soll heißen«, erwiderte Decker seelenruhig und trank einen Schluck Kaffee, »dass meine Männer den Wald im Umkreis von drei Meilen in den letzten paar Stunden systematisch abgesucht haben. Sie haben hinter jeden Busch geguckt, jedes Blatt und jeden verdammten Stein umgedreht. Aber von Ihrem Baby haben sie nicht die geringste Spur gefunden.«

»Verdammt!«, fluchte Dr. Koontz. »Sagten Sie nicht, dass der Job kein Problem für Sie wäre? Dass Sie die Sache noch vorm Morgengrauen erledigt haben würden?«

»Nun ...« Der Captain stellte den Becher auf den Boden neben dem Stuhl, »manchmal entwickeln sich die Dinge eben nicht ganz so, wie man es gerne hätte.«

Dr. Koontz funkelte ihn an. »Hören Sie«, sagte er. Kalter Schweiß bedeckte seine Stirn. »Sie scheinen absolut keinen Schimmer davon zu haben, wie wichtig diese Sache ist!«

»Wenn Ihnen so die Muffe geht, hätten Sie Ihr Baby eben nicht entkommen lassen dürfen«, erwiderte Decker kalt. Ihm schien die Angelegenheit mehr oder weniger gleichgültig zu sein.

»Mein Baby?«, wiederholte Koontz mit vor Verzweiflung und Zorn bebender Stimme. Er war kurz davor, hysterisch zu werden. »Mein Baby? Das ist nicht mein Baby, verdammt! Es ist Ihres! Ganz allein Ihres, Decker! Und deshalb will ich, dass Sie sich darum kümmern!«

Der Captain gab sich unbeeindruckt.

»Sie sollten auf Ihren Blutdruck achten, Doc«, sagte er. »So was kann böse enden. Es nützt nichts, sich vor Angst in die Hosen zu machen. Dadurch ändern Sie nichts. Wenn Sie jetzt die Nerven verlieren, haben Sie bloß noch mehr Ärger am Hals.«

Koontz starrte ihn hasserfüllt an. Dann zwang er sich dazu, wieder ruhig zu werden, und wischte sich mit dem Handrücken den Schweiß von der Stirn.

»Okay«, sagte er langsam. »Okay, in Ordnung. Sie haben recht. Lassen Sie uns die Angelegenheit so ruhig, besonnen und professionell wie irgend möglich über die Bühne bringen.«

Decker nickte. »Das habe ich vor.«

Dr. Koontz lehnte sich in seinem gepolsterten Ledersessel zurück, nahm einen Bleistift aus der Ablage und begann nervös damit herumzuspielen. »Was haben Sie jetzt vor?«

Der Captain zuckte mit den Schultern.

»Was schon? Ich werde die Segel streichen und mit meinen Jungs wieder zurück nach Boulder fahren, ehe irgendwer mitbekommt, dass wir überhaupt hier waren. Und Sie«, fuhr er fort und deutete mit dem Finger auf Koontz, »Sie werden die Füße ruhig halten, Ihren Leuten Stillschweigen befehlen, wenn sie ihre Jobs behalten wollen, und die Sache auf sich beruhen lassen. Die Dinge werden sich ganz von selbst regeln. Sie sagten, dass es ein Labortier aus einer gänzlich anderen Klimazone war; es wird da draußen also vermutlich nichts zu fressen finden und in ein paar Tagen verhungert sein. Warten Sie's einfach ab.«

Obgleich Dr. Koontz davon ganz und gar nicht überzeugt war, nickte er matt. »Vermutlich haben Sie recht.«

Ein selbstsicheres Lächeln machte sich auf Deckers kantigen Zügen breit.

»Ich habe recht«, erwiderte er überheblich. »Ich habe immer recht. Sie werden sehen.«

»Hoffentlich«, seufzte Dr. Koontz leise und resigniert. »Sonst sei uns Gott gnädig ...«

Henderson Ranch

Woodland Park, Colorado, 18. September, 05:51 Uhr

Hank Lee Henderson saß, mit Jeans und einem weißen Unterhemd bekleidet, in der Küche seines Hauses eine Meile außerhalb von Woodland Park, frühstückte und blätterte nebenbei in der Vortages-Ausgabe der Pueblo News. Josh, der Junge, der jeden Morgen die Zeitung brachte, kam erst gegen halb sieben. Da Hank aber bereits in einer halben Stunde beginnen musste, sich um seine Rinder zu kümmern und die Ställe auszumisten, gleichzeitig jedoch nicht auf seine Frühstückslektüre verzichten wollte, hatte er es sich angewöhnt, beim Frühstück die Zeitung vom Vortag zu lesen. Die aktuellen Nachrichten interessierten ihn ohnehin nicht besonders, und die Comics waren zeitlos. Nur der Umstand, dass das Horoskop schon wieder Makulatur war, war etwas ärgerlich, weil man so praktisch blind in den Tag hineinleben musste, ohne zu wissen, was vielleicht auf einen zukam. Doch zumindest konnte er auf diese Weise überprüfen, ob die Sterne für den vergangenen Tag die Wahrheit gesagt hatten – was aber meistens nicht der Fall war.

Früher hatte Hank Henderson nie beim Frühstück gelesen. Doch seit seine Frau Hillary vor drei Jahren überraschend an Krebs gestorben war, gab es niemanden mehr, der sich daran stören konnte. Außerdem half die Lektüre der Zeitung ihm, die drückende, unangenehme Stille, die seit Hillarys Tod jeden Morgen in der Küche herrschte, unterbrochen nur vom Ticken der Uhr an der Wand über der Spüle, zu verdrängen.

Zwar war Hank noch nie ein sonderlich geselliger Mensch gewesen, aber so ganz allein zu sein, sein Leben mit niemandem zu teilen, mit dem man sich unterhalten, den man zwischendurch einfach mal an sich drücken konnte, machte ihm trotzdem ziemlich zu schaffen. Er hatte schon ein paar Mal darüber nachgedacht, ob er es wie der alte Sully Meyers machen sollte.