Die Welt der Hedwig Courths-Mahler 581 - Ruth von Warden - E-Book

Die Welt der Hedwig Courths-Mahler 581 E-Book

Ruth von Warden

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Beschreibung

Elfi von Eichen lächelt und legt ihre Hand auf die Schulter des bildschönen Mädchens. "Judith, mein Kind, glauben Sie mir, Sie sind die Richtige für eine solche Aufgabe. Sie sind jung und sehr hübsch. Sie werden meinem Sohn gefallen."
"Aber wenn er die andere doch liebt", wirft Judith Mahler erschrocken ein, denn die alte Dame hat ihr eben einen geradezu ungeheuerlichen Vorschlag gemacht.
"Ach was", wehrt Elfi von Eichen ab. "Sie werden nach Rimini reisen und Roger von dieser Person trennen. Er wird zurückkehren, sich auf seine gesellschaftlichen Pflichten besinnen und Xenia von Reuth heiraten."
Zögernd sagt Judith Ja, und dieses Ja stößt sie schon bald in ein furchtbares Gefühlschaos und gibt ihrem Leben eine schicksalhafte Wende ...


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Inhalt

Cover

Mit einem Kind unter dem Herzen

Vorschau

Impressum

Mit einem Kind unter dem Herzen

... weint sie um ihre verlorene Liebe

Elfi von Eichen lächelt und legt ihre Hand auf die Schulter des bildschönen Mädchens. »Judith, mein Kind, glauben Sie mir, Sie sind die Richtige für eine solche Aufgabe. Sie sind jung und sehr hübsch. Sie werden meinem Sohn ganz gewiss gefallen.«

»Aber wenn er die andere doch liebt«, wirft Judith Mahler erschrocken ein, denn die alte Dame hat ihr eben einen geradezu ungeheuerlichen Vorschlag gemacht.

»Ach was«, wehrt Elfi von Eichen ab. »Sie werden nach Rimini reisen und Roger von dieser Person trennen. Er wird zurückkehren, sich auf seine gesellschaftlichen Pflichten besinnen und Xenia von Reuth heiraten.«

Zögernd sagt Judith Ja, und dieses Ja stößt sie schon bald in ein furchtbares Gefühlschaos und gibt ihrem Leben eine schicksalhafte Wende ...

»Ist das nicht ein wunderbares Haus? Schau nur! Eine weiße Villa, wie man sie nur in südlichen Ländern findet.«

»Eigentlich ist das Haus viel zu schön für unsere einfache Gegend.«

Judith Mahler ging mit ihrer Freundin Helga Grunau den schmalen Weg vom Bach hinauf zum Wald, das neu erbaute Haus faszinierte sie.

»Reiche Leute haben es doch besser«, flüsterte Helga Grunau.

Judiths Eltern waren selbst vermögend, denn der Vater besaß das einzige Kaufhaus im Ort.

»Das ist es nicht, Helga«, murmelte sie. »Es ist wohl die Farbe des Hauses und der vom Gärtner gepflegte Garten. Schau unser Haus an, es sieht auch gut aus, aber es hat schon meinem Großvater gehört, und der Garten ist anders angelegt. Wir haben Gemüse und Obst, und das hier ist halt ein Ziergarten, das ist schon ein Unterschied.«

»Hast du die Elfi von Eichen schon mal gesehen?«, fragte Helga Grunau.

Judith schüttelte den Kopf.

»Ich habe sie auch nur von Weitem gesehen, aber meine Mutter hat sie gesprochen. Sie soll sehr nett sein. Sie hat erzählt, dass sie einen Sohn hat, der ein Antiquitätengeschäft besitzt und der sie oft besuchen kommt.«

»Nun, sehr oft kann das nicht sein«, stellte Helga Grunau lachend fest. »Wir gehen jetzt fast jeden Tag hier den Weg entlang zum Wald hinauf, aber ich habe noch keinen Wagen vor der Tür des Hauses stehen sehen, und der reiche Herr von Eichen wird ja wohl kaum mit der Bahn kommen.«

Die beiden Mädchen waren nun dem Haus ganz nah und gingen langsam weiter.

»Gefällt Ihnen das Haus, meine Damen?«, fragte plötzlich eine sanfte Stimme.

Beide erschraken, und dann wurden sie rot. Elfi von Eichen stand vor ihnen. Offensichtlich hatte diese sie kommen sehen und vielleicht sogar einige Worte verstehen können.

»Es ist sehr schön«, antwortete Judith Mahler. »Eine so weiße Villa hat es hier in der Gegend bisher noch nicht gegeben.«

»Dann wurde es ja höchste Zeit, nicht wahr?« Elfi von Eichen blickte die beiden jungen Mädchen wohlwollend an. »Gehen Sie wieder zum Wald hinauf?«, fragte sie. »Ich sah Sie schon gestern, was tun Sie da?«

Judith nahm aus der Tasche eine kleine Kanne hervor.

»Als wir Kinder waren, hat die Mutter uns immer in den Wald geschickt, um die vielen Brombeeren zu pflücken, und heute tun wir es freiwillig, denn Mutter kocht noch wie früher Marmeladen selbst.«

»Eine löbliche Tugend, das muss ich sagen. Wollen Sie nicht zu mir zum Kaffee hereinschauen, wenn Sie Ihre Kannen gefüllt haben und sich auf dem Rückweg befinden?«

Und ob die beiden jungen Mädchen das wollten. Lachend bedankten sie sich für die Einladung, und dann stiegen sie den Weg zum Wald an. Das Sammeln der Beeren ging an diesem Tag besonders schnell.

Ein wenig schüchtern betraten sie dann den großen Garten, der das Haus umrahmte. Das war wirklich ein ganz besonderer Garten. Der Rasen war kurz geschnitten, Büsche standen in Gruppen, kleine Ruhebänke waren so gestellt, dass man zu jeder Tageszeit Schatten finden konnte. Eine große Terrasse führte um das ganze Haus herum.

Judith Mahler und Helga Grunau wurden von einer alten Hausdame eingelassen.

»Die gnädige Frau erwartet Sie schon«, sagte sie freundlich.

Judith und Helga schauten sich verstohlen um.

Dicke Teppiche, Samtportieren, dann ein Salon, der ganz in Blau gehalten war. Elfi von Eichen erhob sich aus einem schweren Sessel.

»Da sind Sie ja, meine junge Damen. Sie sind Fräulein Mahler, nicht wahr?«

»Ja«, bestätigte diese verblüfft.

»Und Sie sind Fräulein Grunau? Oder irre ich mich?«

»Nein, Sie irren sich nicht«, stimmte auch Helga zu.

»Dann können wir uns setzen. Wer ich bin, das wissen Sie ja. Ich habe gewiss genug Stoff zum Reden gegeben, nicht wahr? Wer baut sich schon eine weiße Villa? Aber ich will Ihnen verraten, dass das schon ein Traum von mir war, als ich noch ein junges Mädchen war, und warum soll man sich Träume nicht erfüllen dürfen.« Elfi von Eichen war eine lebhafte und sehr aufgeschlossene ältere Dame. »Erzählen Sie mir von Birkenau, ja? Was tun junge Mädchen hier, wenn sie sich amüsieren wollen, und – was noch viel wichtiger ist – was tun sie, wenn sie sich einen Mann suchen wollen?« Sie lachte.

»In Birkenau selbst kann man sich nur wenig amüsieren, hier gibt es nicht einmal ein richtiges Kino«, erwiderte Judith. »Aber zum Glück ist es ja nicht weit in die Stadt, die drei Kilometer kann man gut mit dem Rad oder dem Auto fahren.«

»Haben Sie ein eigenes Auto?«

»Ja. Mein Vater hat es mir zum neunzehnten Geburtstag geschenkt«, sagte Judith stolz.

»Und Sie sind Freundinnen?«, fragte die alte Dame mit dem weißen Haar.

Die Mädchen nickten und nahmen von den Keksen, welche die vornehme Elfi von Eichen anbot.

Die nette alte Dame stellte an diesem Tag noch viele Fragen, und Judith und Helga beantworteten sie gern. Sie hatten das Gefühl, dass es eine besondere Auszeichnung war, in dieses Haus eingeladen worden zu sein. Schließlich verabschiedeten sie sich höflich.

Elfi von Eichen winkte noch einmal an der Tür.

»Es war nett, ich danke für die Plauderei«, rief sie ihnen nach. Dann schloss sich die große Tür.

♥♥♥

»Ich glaube, ich habe das nur geträumt«, murmelte Helga Grunau, »diese Frau wirkt wirklich wie aus einer anderen Welt. Warum hat sie das Haus nicht an einem anderen Ort bauen lassen? Warum gerade in Birkenau? So schön ist es doch hier wirklich nicht.«

»So vornehme Menschen denken eben anders als normale Leute«, meinte Judith lachend, »aber ich finde sie sehr nett, das muss ich sagen. Gehen wir morgen wieder an dem Haus vorbei?«

»Warum nicht? Vielleicht lädt sie uns wieder einmal ein.«

»Kommst du noch mit zu mir?«, erkundigte sich Judith, als sie an ihrem Elternhaus ankamen. Eine riesengroße Eiche, die wohl der Großvater gepflanzt hatte, stand genau vor dem Haus.

»Ich muss meiner Mutter noch ein bisschen helfen.«

»Aber wir sehen uns morgen?«

»Klar.« Sie winkten sich noch einmal kurz zu, und dann verschwand Judith Mahler im Haus.

Irmgard Mahler hantierte in der Küche, als die Tochter eintrat, und Judith berichtete sofort, was geschehen war.

»Die Frau von Eichen passt nicht zu uns«, stellte die Mutter sachlich fest, »sie ist zu vornehm für unsere Gegend.«

»Aber sie machte nicht den Eindruck, als sei sie unglücklich hier«, meinte Judith.

»Ich verstehe jedenfalls nicht, warum sie so abgeschieden wohnt, mein Kind. Es ist gerade so, als wollte sie mit den Menschen von Birkenau gar nichts zu tun haben.«

»Sie war sehr nett, Mami.«

»Aber was will sie hier? Ich werde den Gedanken nicht los, dass die ganze Sache einen Grund hat. Nun, es wird sich herausstellen. Hast du noch ein paar Beeren gefunden?«

»Es sind in diesem Jahr nicht viele Brombeeren da«, erklärte Judith, die eine nur halb gefüllte Kanne aus der Tasche nahm.

»Die Beeren werden ausreichen, um uns die Marmelade zu verfeinern. Ich dank dir schön, Judith, schließlich ist es ja dein Urlaub, den du dafür opferst.«

»Es ist kein Opfer«, gab das Mädchen zurück. Judith Mahler half sonst manchmal an Samstagen und in der Vorweihnachtszeit im Kaufhaus des Vaters an der Kasse aus. Doch jetzt hatte sie frei. Es gab nicht viel zu tun in diesen heißen Sommertagen, und ihre Mutter nannte diese Zeit dann Urlaub.

Judith ging in das kleine Zimmer, das sie bewohnte.

»Einmal richtig Urlaub machen«, murmelte sie, die Arme hinter dem Kopf verschränkend, »am weißen Strand liegen und das Plätschern des Meeres hören.« Aber dann kam sie in die Wirklichkeit zurück. Ihr Vater war dagegen, dass junge Mädchen allein in der Welt herumfuhren. Judith Mahler seufzte.

Als das Telefon läutete, erhob sie sich.

»Spreche ich mit Fräulein Judith Mahler?«, fragte eine sanfte Stimme, die Judith nicht sofort erkannte.

»Ja?«

»Hier ist Elfi von Eichen, und ich habe eine große Bitte. Würden Sie mich noch einmal besuchen kommen, liebste Judith? Aber bitte allein, ja?«

»Allein?«, fragte Judith verwundert.

»Ja. Ich möchte mich nämlich ein wenig mit Ihnen persönlich unterhalten. Geht das vielleicht?«

»Gut. Wann soll ich denn kommen?«

»Heute oder morgen«, erwiderte Elfi von Eichen.

»Wenn es recht ist, komme ich gleich vorbei«, entschied Judith und war neugierig, was die alte Dame wohl von ihr wollte.

»Schön. Ich freue mich.« Schon klickte es in der Leitung. Irmgard Mahler steckte den Kopf zur Tür herein.

»Wer war es denn?«

»Frau von Eichen.«

»Und was wollte sie?« Misstrauisch blickte Irmgard Mahler ihre Tochter an.

»Sie will mich noch einmal sprechen, sie tat ein wenig geheimnisvoll. Ich werde zu ihr gehen.«

♥♥♥

»Kommen Sie herein, gnädiges Fräulein.« Mit diesen Worten wurde Judith von der Hausdame empfangen. »Sie kennen sich ja schon aus, gehen Sie nur in den Salon.«

Judith sah sich um. Es hingen wunderbare Bilder an der Wand, Zinngefäße standen auf einer Truhe, die wohl schon sehr alt war.

Dann kam Elfi von Eichen ihr auch schon mit ausgestreckten Armen entgegen.

»Setzen Sie sich, liebste Judith. Schauen Sie, hier habe ich ein Foto von meinen Sohn. Sie haben sicherlich schon von ihm gehört, nicht wahr?«

»Ja«, gab Judith zu, als sie das Bild betrachtete und in einem Sessel Platz nahm. »Er sieht sehr gut aus«, sagte sie bewundernd. Der schlanke junge Mann war sicherlich nicht viel älter als sie selbst, und er hatte ernste dunkle Augen.

»Ja, er sieht gut aus«, sagte die alte Dame. »Er ist ein guter Sohn und kümmert sich um seine Mutter.« Nachdenklich nahm sie das Foto wieder an sich, und in diesem Augenblick wusste Judith: Diese Frau bezweckte etwas. Sie hatte Helga Grunau und sie nicht zum Kaffee gebeten, um ein wenig Gesellschaft zu haben. Nein, hier steckte mehr dahinter.

Judith wartete gespannt.

»Wie alt sind Sie, Judith?«, fragte Elfi von Eichen sie nun.

»Ich werde bald zwanzig Jahre.«

»Zwanzig Jahre, das ist ein zauberhaftes Alter. Als ich zwanzig war, habe ich meinen Mann kennengelernt. Was dann kam, war der Himmel.« Die Dame betrachtete sie lächelnd. »Sie sind sehr schön, Judith.«

»Danke, Frau von Eichen.« Judith errötete, denn sie wurde ernsthaft von Kopf bis Fuß gemustert.

»Ja, sehr schön«, murmelte Elfi von Eichen.

Die Hausdame klopfte kurz, trat ein und brachte einen Teller Obst herein.

»Nehmen Sie, mein Kind«, sagte Elfi von Eichen.

Es war ein köstlicher Obstteller. Geschälte Orangen, Trauben, einige Feigen, Ananas- und Pfirsichstücke lagen mit Geleekirschen dekoriert auf dem Teller.

»Haben Sie Zeit, sich meine Geschichte anzuhören, mein Kind?«

Judith nickte.

»Meinem Urgroßvater hat einmal hier dieses Land gehört. Er hat es verkauft, weil seine Frau lieber in der Stadt wohnen wollte. Alle Nachkommen aber schauten sich irgendwann Birkenau an. Nun ja, und da ich sentimental bin, habe ich das Land gekauft, das früher einmal meiner Familie gehörte, und hier mein Haus gebaut. Ich habe meinen Mann schon vor Jahren verloren und werde hier allein meinen Lebensabend beschließen.« Die Frau machte eine Pause.

Judith nahm eine Traube und wartete geduldig, bis sie weitersprach.

»Mein Sohn ist fünfundzwanzig Jahre alt. Trotz seiner Jugend versteht er sehr viel von Antiquitäten, wie sein Vater übrigens auch. Mein Sohn wird einmal ein Mädchen aus guter Gesellschaft heiraten. Sie heißt Xenia von Reuth. Sehr gut erzogen, sehr reich, ihr Vater besitzt eine Reitschule, Sie verstehen?«

»Ja«, antwortete Judith, doch für sich dachte sie: Warum erzählt sie mir das alles?

»Leider macht mir mein Sohn jetzt Sorgen«, fuhr die Frau fort und nahm ebenfalls eine Traube, »er war immer ein guter Sohn, wie ich schon sagte, aber jetzt ...«

»Jetzt?«, forschte Judith.

»Jetzt ist er ausgebrochen, wie ich es nenne. Er ist mit einem Mädchen in Rimini. Dieses Mädchen heißt Lolita Seiler, aber ich bezweifle, dass der Vorname echt ist. Er soll wohl nur die Männer anlocken. Jetzt klingt aus den Briefen meines Sohnes an, dass er sich ernstlich für dieses Mädchen interessiert.«

»Warum erzählen Sie mir das?«, wollte Judith nun doch wissen.

»Weil Sie mir helfen sollen.«

»Ich?« Judith starrte die alte Dame verblüfft an.

»Ja, Sie. Sie sind sehr schön, wie ich Ihnen ja schon sagte. Sie sind blond – Lolita Seiler ebenfalls –, Sie könnten, vorausgesetzt, Sie fahren nach Rimini, meinen Sohn bestimmt von der Krankheit heilen, die ihn jetzt befallen hat. Diese Krankheit heißt Lolita Seiler.«

»Aber ich kann doch nicht ...«

»Pst, mein Kind, nur nicht so hastig abwinken.« Elfi von Eichen lachte. »Es geht nämlich sehr viel auf der Welt, wenn man es nur will. Also, ich will es einmal ganz deutlich sagen: Es passt mir nicht, dass sich mein Sohn mit dieser Lolita Seiler in der Öffentlichkeit zeigt, während Xenia von Reuth hier in Deutschland sitzt und auf seinen Antrag wartet.«

»Aber warum fährt denn diese Xenia von Reuth nicht nach Rimini?«

»Mein Kind«, erwiderte Elfi von Eichen empört, »in unseren Kreisen kann sich doch eine junge Dame nicht erlauben, ihrem zukünftigen Mann hinterherzufahren. Das ist unmöglich. Ja, wenn sie schon verlobt wären ...«

»Aber vielleicht mag Ihr Sohn diese Xenia von Reuth gar nicht? Vielleicht mag er diese Lolita viel lieber?«

»Mit Sicherheit«, murmelte die ältere Frau, »und das ist die Gefahr. Mein Sohn muss erwachen, wie man so schön sagt. Judith, wenn er Sie sieht, könnte ihn das von dieser Lolita abbringen.«

»Und wenn die beiden sich lieben?«

»Unsinn, Kind! Lolita ist ein Mädchen, das nur auf reiche Männer aus ist. Ich habe Erkundigungen über sie eingeholt. Im vorigen Jahr tingelte sie neben einem Grafen durch die Lande. Als Begleiterin – so nennt man das ja wohl heute. Nein, mein Sohn muss von dieser Person lassen, ehe es zu spät ist. Sie werden mir helfen, nicht wahr, Judith?«

»Aber wie denn?«

»Sie fahren nach Rimini.«

»Das würde mein Vater niemals erlauben.«

»Ich werde mit ihm reden und ihn bitten, dass er Sie fahren lässt. Judith, könnte es Sie denn nicht reizen? Rimini um diese Jahreszeit? Wenn hier bald der Herbst einzieht, ist dort die beste Zeit. Weißer Strand und blaues Meer.«

»Das ist die Sehnsucht meines Herzens«, gestand Judith.

»Na, sehen Sie, und alle Unkosten werden Ihnen ersetzt. Sie werden zauberhafte Tage verleben. Sie haben nur die eine kleine Aufgabe, Roger Müller von seiner Partnerin zu trennen.«

»Roger Müller?«, fragte Judith verblüfft.

»Ach ja, mein Kind, das habe ich Ihnen noch gar nicht erzählt. Mein Sohn steigt immer unter dem Namen Müller in einem Hotel ab. Unser Name ist zu bekannt. So kann er sicher sein, dass derjenige, der die Nähe eines Herrn Müller sucht, den Menschen und nicht die Brieftasche meint.«

»Ist es wirklich so kompliziert, reich zu sein?«, forschte Judith betroffen. »Muss man sich eines anderen Namens bedienen, um vor Belästigungen geschützt zu sein?«

»Ja, mein Kind, leider ist das so. Nun? Wollen Sie fahren und meinen Sohn von dieser Lolita befreien? Wollen Sie mir den Gefallen tun, damit ich endlich wieder ruhig schlafen kann?«

»Mein Vater würde mich nie allein fahren lassen.«

»Ich rede mit Ihrem Vater. Wollen Sie denn, Judith?«, drängte Elfi von Eichen.

»Ja, schon, aber wie soll ich Ihren Sohn kennenlernen?«

»Nun, Sie steigen im selben Hotel ab – ehrlich gestanden habe ich schon ein Zimmer für Sie buchen lassen. Sie wohnen in der gleichen Etage wie mein Sohn.«

»Aber Frau von Eichen ...«

»Ich bezahle Ihnen einen wunderschönen Urlaub, Judith. Und Sie können sich selbst beweisen, dass Sie einen ganz bestimmten jungen Mann für sich gewinnen können, wenn Sie es wollen. Das würde doch Spaß machen, oder etwa nicht?«

»Schon, aber ...«

»Judith, Sie sind bildhübsch, Sie werden meinem Sohn gefallen, und Lolita Seiler wird sich einen anderen Begleiter suchen müssen.«

»Und wenn sich das Paar wirklich liebt?«

»Das halte ich für ausgeschlossen, mein Kind. Sollte aber wirklich richtige Liebe im Spiel sein, dann könnten Sie dem Paar wohl kaum einen Schaden zufügen, nicht wahr? Dann hätte mein Sohn nur Augen für Lolita.«

»Und das glauben Sie nicht?«

»Nein, mein liebes Kind, das glaube ich nicht. Wenn ich Ihnen sage, dass Lolita Seiler ein Mädchen ohne Moral ist, dann können Sie mir das glauben, denn ich würde niemals so etwas über einen Menschen äußern, wenn es nicht der Wahrheit entspräche.«

»Warum haben Sie gerade mich ausgesucht, Frau von Eichen? Warum nicht Helga Grunau zum Beispiel?«

»Ihre Freundin mag ein lieber Mensch sein, aber sie hat wohl nicht die Gabe, sich in der gehobenen Gesellschaft zu benehmen. Sie könnten es, Judith. Sie haben eine gute Erziehung. Waren Sie nicht in einem Internat?«