Die Zeitmaschine - Herbert George (H. G.) Wells - E-Book

Die Zeitmaschine E-Book

Herbert George (H. G.) Wells

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Beschreibung

Ein genialer Erfinder im London des ausgehenden 19. Jahrhunderts entwickelt eine Maschine, mit der er in der Zeit reisen kann. Bei einer abendlichen Gesellschaft erzählt er Freunden und Wissenschaftskollegen von der sensationellen Erfindung. Während die sich noch wundern und ihn für geistig umnachtet erklären, setzt er sich in sein Zeitreise-Gefährt und entschwindet. Er strandet im Jahr 802.701 n. Chr., wo er nicht etwa auf eine hochtechnisierte Gesellschaft trifft, -- sondern er findet sich in einer traumhaften Landschaft wieder, in der ein zartes und scheues Völkchen das Leben in der Natur genießt -- spielend, schwimmend, schlafend und scherzend. Der Zeitreisende scheint im Paradies angelangt zu sein. Doch diese so schön wirkende Welt birgt ein monströses Geheimnis. Und täglich, sobald die Nacht anbricht, erhebt sich das Grauen ...

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Inhalt

Innentitel

Klappentext

Über den Autor

Prolog

Kapitel 1 – Die Maschine

Kapitel 2 – Der Zeitreisende kehrt zurück

Kapitel 3 – Das Reisen in der Zeit

Kapitel 4 – In der Goldenen Ära

Kapitel 5 – Die Dämmerung der Menschheit

Kapitel 6 – Ein schrecklicher Verlust

Kapitel 7 – Unzureichende Erklärungen

Kapitel 8 – Die Morlocks

Kapitel 9 – Das Grauen kommt in der Nacht

Kapitel 10 – Der grüne Porzellanpalast

Kapitel 11 – Das Flammenbad

Kapitel 12 – Die Falle der weißen Sphinx

Kapitel 13 – Weiter in der Zeit

Kapitel 14 – Die Rückkehr des Zeitreisenden

Kapitel 15 – Nach der Erzählung

Epilog

Impressum

Klappentext

Ein genialer Erfinder im London des ausgehenden 19. Jahrhunderts entwickelt eine Maschine, mit der er in der Zeit reisen kann. Bei einer abendlichen Gesellschaft erzählt er Freunden und Wissenschaftskollegen von den sensationellen Perspektiven, die Menschheit neu zu erforschen. Während die sich noch wundern und ihn für geistig umnachtet erklären, setzt er sich in das in seinem Labor stehende Zeitreise-Gefährt und entschwindet. Nach einigen Zwischenstationen landet er im Jahr 802.701 n. Chr., wo er nicht etwa auf eine hochtechnisierte und perfektionierte Gesellschaft trifft, – sondern er findet sich in einer traumhaften Landschaft wieder, in der ein zartes und scheues Völkchen das Leben in der Natur genießt, spielend, schwimmend, schlafend und scherzend. Arbeit scheint es hier nicht mehr zu geben, und der Zeitreisende scheint im Paradies angelangt zu sein. Doch diese so schön wirkende Welt birgt ein finsteres, monströses Geheimnis. Und täglich, sobald die Nacht anbricht, erhebt sich das Grauen ...

Über den Autor

Herbert George Wells war ein begnadeter Schriftsteller, der auf der Klaviatur des technologischen Wissens und der gesellschaftlichen Debatten seiner Zeit spielte, wie kein anderer. Seine visionären Gedankenspiele reichen weit über seine Lebensspanne hinaus und liefern noch heute Stoff für Filme, Romane und Gedankenexperimente. 1866 in einfachen Verhältnissen in Bromley, das heute ein Stadtbezirk von London ist, geboren, gelingt ihm nach einigen Umwegen – etwa eine abgebrochene Lehre als Tuchhändler – eine erstaunliche universitäre Aufholjagd am Royal College of Science in London, wo er Physik, Chemie, Geologie, Astronomie und Biologie studiert. Im Oktober 1890 besteht er seine akademische Prüfung in Zoologie mit Auszeichnung.

In den Jahren danach, im Alter zwischen 25 und 30 Jahren, schreibt Wells seine heute bekanntesten wissenschaftsbasierten Zukunftsromane, die er selbst ›Scientific Romances‹ nannte, etwa ›Die Zeitmaschine‹, ›Die Insel des Dr. Moreau‹, ›Der Unsichtbare‹, ›Der Krieg der Welten‹, und etliche weitere. Daneben aber auch Sachbücher, die Bestsellerauflagen erreichen. Ebenfalls zu dieser Zeit heiratet Wells Amy Catherine Robbins, mit der er zwei Söhne hat. Rebecca West, eine später berühmte Journalistin und Reiseschriftstellerin, wird – kaum Zwanzigjährig – für eine Weile seine Geliebte.

In höherem Alter widmete sich Wells mehr der Politik und sozialistischen, auf den Ausgleich der Chancen und des Wohlstands orientierten Zukunftsideen, blieb aber auch weiterhin ein unermüdlicher Schreiber von Romanen, Sachbüchern, Kurzgeschichten und Zeitschriften-Artikeln. Herbert George Wells starb am 13. August 1946 in London. Sein Körper wurde eingeäschert, seine Asche im Meer verstreut.

© Redaktion CloudShip, 2017

Prolog

Der Zeitreisende (denn so nenne ich ihn am besten) erklärte uns eine geheimnisvolle Sache. Seine grauen Augen funkelten und zwinkerten, und sein üblicherweise blasses Gesicht war aufgehellt und belebt. Das Feuer flackerte hell, und die weichen Strahlen der Glühlichts in den Silberlilien-Lüstern brachen sich in den in unseren Gläsern aufblitzenden Bläschen. Unsere Stühle – von ihm selbst erfundene Patente – umarmten und liebkosten sich eher, als dass sie auf sich sitzen ließen, und es herrschte jene gesättigte Nach-Tisch-Atmosphäre, bei der die Gedanken locker und frei von den Fesseln der Ernsthaftigkeit hinfließen. Und er erklärte es also – indem er einzelne Punkte mit seinem hageren Zeigefinger unterstrich – während wir dasaßen und träge seine Engagiertheit bei diesem neuen Paradox (wofür wir es hielten) und seine unermüdliche Art bewunderten.

»Folgen Sie mir aufmerksam. Ich werde die eine oder andere Vorstellung ausräumen müssen, die sich fast allgemeingültig festgesetzt hat. Die Geometrie zum Beispiel, die man Sie in der Schule gelehrt hat, gründet sich auf einen Irrtum.«

»Ist es nicht ein wenig viel verlangt, gleich mit so etwas anzufangen« fragte Filby, ein streitlustiger Mann mit rotem Haar.

»Ich will von Ihnen nicht erwarten, dass Sie irgendetwas ohne vernünftigen Grund glauben, aber Sie werden bald so viel einsehen, wie nötig ist. Sie wissen natürlich, dass eine mathematische Linie, eine Linie von einer Dicke null, in Wirklichkeit nicht existiert. Das hat man Sie gelehrt? Ebenso wenig eine mathematische Fläche. Das sind bloße Abstraktionen.«

»Das stimmt«, sagte der Psychologe.

»Auch einen Würfel kann es, da er nur Länge, Breite und Tiefe besitzt, in Wirklichkeit nicht geben.«

»Da erhebe ich aber Einspruch«, sagte Filby. »Natürlich kann ein fester Körper existieren. Alle wirklichen Dinge ... «

»Das glauben die meisten Menschen. Aber warten Sie einen Augenblick. Kann ein momentaner Würfel existieren?«

»Verstehe nicht, was Sie meinen«, sagte Filby.

»Kann ein Würfel, der überhaupt keine Zeit dauert, existieren?«

Filby grübelte. »Offenbar«, fuhr der Zeitreisende fort, »muss jeder wirkliche Körper in vier Dimensionen Ausdehnung haben: er muss Länge, Breite, Tiefe und – Dauer haben. Aber infolge einer natürlichen Schwäche unseres Vorstellungsvermögens, die ich Ihnen gleich erklären will, neigen wir dazu, diese Tatsache außer acht zu lassen. Es gibt in Wirklichkeit vier Dimensionen: Wir nennen sie die drei Ebenen des Raumes, und eine vierte, die Zeit. Es herrscht jedoch die Neigung, zwischen den ersten drei Dimensionen und der vierten Dimension einen nicht gerechtfertigten Unterschied zu machen, weil sich zufälligerweise unser Bewusstsein vom Anfang bis zum Ende unseres Lebens flottierend daran entlang bewegt.«

»Das«, sagte ein sehr junger Mann, der umständliche Anstrengungen machte, seine Zigarre über der Lampe anzuzünden, »das ... stimmt wahrhaftig.«

»Nun ist es sehr merkwürdig, dass dies in so bedeutendem Maße übersehen wird«, fuhr der Zeitreisende mit einem leichten Anflug von Heiterkeit fort. »In Wirklichkeit meint man dies mit der vierten Dimension, obgleich manche, die von der vierten Dimension reden, nicht wissen, dass sie es meinen. Es ist nur eine andere Art, die Zeit zu betrachten. Es gibt keinen Unterschied zwischen der Zeit und den drei Dimensionen des Raumes, außer dass sich unser Bewusstsein auf ihrer Linie bewegt. Aber einige Narren haben diese Idee auf der falschen Seite angepackt. Sie haben alle gehört, was die über diese vierte Dimension zu sagen haben?«

»Ich nicht«, sagte der Provinzbürgermeister.

»Es liegt einfach so. Vom Raum im Sinne unserer Mathematiker spricht man als von etwas, das drei Dimensionen hat, die man Länge, Breite und Tiefe nennt, und was stets mit Hilfe dreier Ebenen, deren jede im rechten Winkel zu den beiden anderen steht, dargestellt wird. Aber einige philosophierende Leute haben gefragt, warum gerade drei Dimensionen? – Warum nicht noch eine Ebene, die im rechten Winkel zu den drei anderen steht? – Und sie haben sogar versucht, eine vierdimensionale Geometrie zu konstruieren. Professor Simon Newcomb hat das gerade vor einem Monat oder so der New-Yorker Mathematischen Gesellschaft dargelegt.

Sie wissen, dass man auf einer Fläche, die nur zwei Dimensionen hat, die Figur eines dreidimensionalen Körpers aufbauen kann, und ebenso, meinen diese Leute, könne man auf Modelle von drei Dimensionen einen Körper von vier Dimensionen aufbauen – wenn man nur die Perspektive in den Griff bekäme. Verstehen Sie?«

»Ich glaube schon«, murmelte der Bürgermeister aus der Provinz; und indem er die Brauen zusammenzog, sank er in seinen Sessel zurück, und seine Lippen bewegten sich wie bei einem, der mystische Worte wiederholt. »Ja, ich glaube, jetzt sehe ich’s«, sagte er nach einer Weile und sein Gesicht hellte vorübergehend auf.

»Nun, ich will Ihnen nicht vorenthalten, dass ich seit einiger Zeit an dieser Geometrie der vier Dimensionen gearbeitet habe. Einige meiner Resultate sind bemerkenswert. Hier, zum Beispiel, sehen Sie das Porträt eines Mannes im Alter von acht, ein zweites im Alter von fünfzehn, ein drittes im Alter von siebzehn, ein viertes im Alter von dreiundzwanzig Jahren, und so weiter. All das sind offenbar gleichsam Etappen, dreidimensionale Darstellungen seines vierdimensionalen Seins, das ein festes und unveränderliches Ding ist.«

»Wissenschaftler«, fuhr der Zeitreisende nach einer Pause, wie sie zur rechten Verdauung seiner Worte nötig war, fort, »wissen recht gut, dass die Zeit nur eine Art von Raum ist. Hier sehen Sie eine beliebte wissenschaftliche Risszeichnung, einen Wetterbericht. Diese Linie, der ich mit meinem Finger folge, zeigt die Bewegungen des Barometers. Gestern stand es so hoch, gestern Abend ist es gefallen, heute Morgen wieder gestiegen und dann langsam bis hier herauf. Das Quecksilber hat doch diese Linie in keiner der allgemein anerkannten Raumdimensionen gezogen? Aber dennoch gibt es eine solche Linie, und diese Linie, müssen wir daraus folgern, lief entlang die Zeitdimension.«

»Aber«, sagte der Arzt, indem er eine glühende Kohle im Feuer fixierte, »wenn die Zeit wirklich nur eine vierte Raumdimension ist, wie kommt es, dass man sie stets als etwas Anderes betrachtet und immer betrachtet hat? Und warum können wir uns nicht in der Zeit bewegen wie wir uns in den anderen Dimensionen des Raumes bewegen können?«

Der Zeitreisende lächelte. »Sind Sie so sicher, dass wir uns im Raum frei bewegen können? Rechts und links und vorwärts und rückwärts können wir uns recht frei bewegen, und das haben die Menschen auch immer getan. Ich gebe zu, wir bewegen uns in zwei Dimensionen frei. Aber auf und ab? Da beschränkt uns schon die Schwerkraft.«

»Nicht ganz«, sagte der Arzt. »Es gibt Ballons.«

»Aber vor den Ballons hatte der Mensch – von lächerlichen Sprüngen und den Unebenheiten der Erde einmal abgesehen – keine Freiheit vertikaler Bewegung.«

»Auf und ab bewegen konnten sie sich stets ein wenig.«

»Leichter, weit leichter, ab als auf.«

»Und in der Zeit kann man sich gar nicht bewegen; vom gegenwärtigen Moment können Sie nicht fort.«

»Mein lieber Herr, gerade da sind Sie im Irrtum. Gerade da ist die ganze Welt im Irrtum. Wir kommen unablässig vom gegenwärtigen Moment fort. Unsere geistige Existenz, die immateriell ist und keine Dimensionen hat, läuft von der Wiege bis zur Bahre mit geisterhafter Geschwindigkeit die Zeitdimension entlang. Genau, wie wir abwärts wandern würden, wenn wir unser Dasein fünfzig Meilen über der Erdoberfläche begännen.«

»Aber das grundsätzliche Problem ist doch«, unterbrach der Psychologe, »Sie können sich im Raum in allen Richtungen bewegen, aber Sie können sich nicht in der Zeit hin und her bewegen.«

»Das ist der Kern meiner großen Entdeckung. Aber Sie haben unrecht, wenn Sie sagen, wir können uns in der Zeit nicht hin und her bewegen. Wenn ich mich zum Beispiel eines Ereignisses sehr lebhaft erinnere, gehe ich zum Moment seines Geschehens zurück: ich werde geistesabwesend, wie man sagt. Ich springe auf einen Moment zurück. Natürlich haben wir kein Mittel, irgendwie längere Zeit da hinten zu bleiben, so wenig wie ein Wilder oder ein Tier Mittel hat, sechs Fuß über dem Boden zu verharren. Aber ein wissenschaftlicher Mensch ist in dieser Hinsicht besser dran als der Wilde. Er kann im Ballon gegen die Schwerkraft steigen, und warum sollte er nicht hoffen, dass er einmal im Stande sein werde, seinen Gang die Zeitdimension entlang zu unterbrechen oder zu beschleunigen oder sogar umzukehren und in entgegengesetzter Richtung zu wandern?«

»Oh, das«, begann Filby, »ist alles –– «

»Warum nicht?« fragte der Zeitreisende.

»Es ist gegen die Vernunft«, sagte Filby.

»Gegen welche Vernunft?« fragte der Zeitreisende.

»Sie mögen beweisen, dass Weiß gleich Schwarz ist«, sagte Filby, »aber überzeugen werden Sie mich nie davon.«

»Vielleicht nicht«, sagte der Zeitreisende. »Aber Sie beginnen jetzt, das Ziel meiner Untersuchungen in der Geometrie der vier Dimensionen zu erkennen. Schon vor langer Zeit schwebte mir eine Maschine vor –– «

»Um durch die Zeit zu reisen?« rief der sehr junge Mann.

»Die in jeder Richtung des Raumes und der Zeit fährt, gerade so, wie es ihr Steuermann will.«

Filby lachte nur.

»Nun, ich habe einen experimentellen Beweis!«, sagte der Zeitreisende.

»Das wäre für den Historiker unfassbar praktisch«, meinte der Psychologe. »Man könnte zurückreisen und zum Beispiel den dokumentierten Bericht der Schlacht bei Hastings prüfen!«

»Meinen Sie nicht, Sie würden dabei Aufsehen erregen?« fragte der Arzt. »Unsere Vorfahren waren wohl nicht sehr duldsam gegen aus der Zeit Gefallene.«

»Man könnte sein Griechisch von Homers und Platos Lippen lernen«, meinte der ganz junge Mann.

»Dann würden Sie im Examen sicher durchfallen. Die deutschen Gelehrten haben das Griechische so sehr ›verbessert‹.«

»Und dann die Zukunft«, sagte der sehr junge Mann.

»Denken Sie nur! Man könnte all sein Geld anlegen, es verzinsen lassen und vorauseilen!«

»Um auf eine Gesellschaft zu treffen«, sagte ich, »die auf streng kommunistischer Basis errichtet ist ...«

»Von allen wilden, ausschweifenden Theorien ...« begann der Psychologe.

»Ja, so kam es mir auch vor; und deshalb habe ich nie davon erzählt, bis –– «

»Experimenteller Beweis!« rief ich. »Sie wollen das beweisen?«

»Das Experiment!« rief Filby, der gehirnträge wurde.

»Lassen Sie uns Ihr Experiment jedenfalls sehen«, sagte der Psychologe, »obgleich das alles Unfug ist, das wissen Sie ja selbst.«

Der Zeitreisende sah lächelnd von einem zum anderen. Dann ging er, immer noch leicht lächelnd, die Hände tief in den Hosentaschen, zum Zimmer hinaus, und wir hörten seine Schritte den langen Gang bis zu seinem Laboratorium hinunter.

Der Psychologe blickte uns an. »Ich möchte wissen, was er herausgefunden hat?«

»Irgendeinen Taschenspielertrick«, sagte der Arzt; und Filby begann, uns von einem Zauberkünstler zu erzählen, den er in Burslem gesehen hatte, aber ehe er noch richtig begonnen hatte, kam der Zeitreisende zurück, und Filbys Anekdote brach zusammen.

Kapitel 1 – Die Maschine

Was der Zeitreisende in der Hand hielt, war ein metallisch glitzerndes Rahmenwerk, kaum größer als eine kleine Uhr, und sehr fein gearbeitet. Es war Elfenbein daran und eine transparente, kristalline Substanz. Und jetzt muss ich ausführlich werden, denn was nun folgt, ist – wenn man seine Erklärung nicht akzeptiert, etwas absolut Unerklärliches. Er nahm einen der kleinen achteckigen Tische, die im Zimmer umherstanden, und platzierte ihn vor dem Feuer, mit zwei Füßen auf den Kaminteppich. Auf diesen Tisch stellte er die kleine Maschine. Dann zog er einen Stuhl heran und setzte sich. Der einzige andere Gegenstand auf dem Tisch war eine kleine Lampe mit Lampenschirm, deren helles Licht voll auf das Modell fiel. Außerdem standen vielleicht ein Dutzend Kerzen ringsum, zwei davon in Messingleuchtern auf dem Kaminsims, und mehrere in Wandhalterungen, sodass das Zimmer strahlend erleuchtet war. Ich saß in einem niedrigen Sessel, dem Feuer am nächsten und zog ihn soweit vor, dass ich fast zwischen dem Zeitreisenden und dem Kamin zu sitzen kam. Filby saß hinter ihm und blickte ihm über die Schulter. Der Arzt und der Bürgermeister aus der Provinz beobachteten ihn im Profil von rechts, der Psychologe von links. Der sehr junge Mann stand hinter dem Psychologen. Wir waren alle auf dem Quivive (Anm.: auf der Hut). Es scheint mir unfasslich, dass uns unter diesen Bedingungen ein auch noch so fein ersonnener und noch so geschickt ausgeführter Streich hätte gespielt werden können.

Der Zeitreisende sah zuerst uns an und dann das Maschinchen.

»Nun?« sagte der Psychologe.

»Dieses kleine Ding«, sagte der Zeitreisende, indem er die Ellenbogen auf den Tisch stützte und über dem Apparat die Hände faltete, »ist nur ein Modell. Es ist mein Entwurf einer Maschine, mit der man durch die Zeit fahren kann. Sie werden bemerken, dass es seltsam unwirklich aussieht und diese Welle dort sonderbar flirrt, gleichsam als wäre sie irgendwie unreal.« Er zeigte mit dem Finger auf das Teil. »Auch ist hier ein kleiner weißer Hebel und dort ein weiterer.«

Der Arzt erhob sich aus seinem Stuhl und betrachtete das Ding. »Es ist wundervoll fein gearbeitet«, sagte er.

»Die Arbeit daran hat zwei Jahre gedauert«, erwiderte der Zeitreisende. Dann, als wir alle dem Beispiel des Arztes gefolgt waren, sagte er: »Jetzt möchte ich, dass Sie mich klar darin verstehen: Wenn ich diesen Hebel verschiebe, so gleitet die Maschine in die Zukunft fort, und der andere Hebel kehrt die Bewegung um. Dieser Sattel ist der Sitz eines Zeitreisenden. Ich werde den Hebel gleich umlegen, und die Maschine wird losfahren. Sie wird verschwinden, in die Zukunft gehen und fort sein. Sehen Sie das Ding genau an. Kontrollieren Sie auch den Tisch und überzeugen sich, dass kein Betrug geschieht. Ich will nicht dieses Modell verlieren und mir nachher nachsagen lassen, ich sei ein Trickbetrüger.«

Es gab eine Pause von vielleicht einer Minute. Der Psychologe schien mich ansprechen zu wollen, aber er ließ es. Dann streckte der Zeitreisende den Finger gegen den Hebel aus. »Nein«, sagte er plötzlich, »geben Sie mir Ihre Hand.« Und er wandte sich dem Psychologen zu, nahm dessen Handgelenk und sagte ihm, er solle den Zeigefinger ausstrecken. So schickte der Psychologe selber das Zeitmaschinen-Modell auf seine ewige Reise. Wir alle sahen den Hebel sich kippen. Ich bin absolut sicher, dass kein Betrug vorlag. Es entstand ein Windhauch, und die Lampe flackerte. Eine der Kerzen auf dem Kaminsims wurde ausgeblasen, und die kleine Maschine rotierte plötzlich, wurde undeutlich, war vielleicht eine Sekunde lang schemenhaft zu sehen, wie ein Wirbel schwach glitzernden Messings und Elfenbeins; und dann war sie fort – verschwunden. Abgesehen von der Lampe war der Tisch nun leer.

Alle schwiegen eine Minute lang. »Verflucht ...« sagte Filby.

Der Psychologe erholte sich aus seiner Erstarrung und schaute rasch unter den Tisch. Da lachte der Zeitreisende heiter. »Nun?« sagte er, auf die Einwände des Psychologen anspielend. Dann stand er auf, ging zum Tabaktopf auf dem Kaminsims und begann sich, uns den Rücken zuwendend, seine Pfeife zu stopfen.

Wir starrten einander an. »Hören Sie«, sagte der Arzt, »ist das Ihr Ernst? Behaupten Sie im Ernst, dass diese Maschine in die Zeit gereist ist?«

»Sicherlich«, sagte der Zeitreisende und bückte sich, um einen Fidibus am Feuer anzuzünden. Dann wandte er sich um, während er an der Pfeife sog, und blickte dem Psychologen ins Gesicht. (Der Psychologe wollte zeigen, dass er nicht aus den Angeln gehoben war, nahm sich eine Zigarre und versuchte, sie unbeschnitten anzuzünden.) »Noch mehr – ich habe da hinten« – er zeigte Richtung Laboratorium – »eine große Maschine fast fertig, und wenn sie fertig gebaut ist, gedenke ich, selber eine Reise anzutreten.«

»Sie wollen sagen, diese Miniatur sei in die Zukunft geglitten?« sagte Filby.

»In die Zukunft oder die Vergangenheit – wohin, weiß ich nicht mit Gewissheit.«

Nach einer Pause hatte der Psychologe eine Idee. »Sie muss in die Vergangenheit gewandert sein, wenn sie denn irgendwohin gewandert ist.« sagte er.

»Warum das?« sagte der Zeitreisende.

»