DIE ZERSTÖRUNG DER WELT - Michael Duesberg - E-Book

DIE ZERSTÖRUNG DER WELT E-Book

Michael Duesberg

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Beschreibung

Dieses Buch ist ein Beitrag zum Erkennen unserer patriarchal gefärbten Lebenswirklichkeit und der hausgemachten Nöte der Menschheit! Der Autor entwickelt ungewohnte Gedankengänge zu fundamentalen Fragen der Menschheit: Fragen nach den Göttern, der Schöpfungsgeschichte und der Herkunft des Menschen. Die Ausführungen werden abgeleitet von Mythologien, Märchen und Sagen und sind untermauert durch Erkenntnisse aus verschiedenen Wissenschaftszweigen wie Anthropologie, Ethnologie, Biologie, Brauchtumsforschung und anderen. Im ersten Teil des Buches wird der Versuch unternommen die matrifokale Zeit und Gesellschaft - als die Frauen im Mittelpunkt aller Menschengemeinschaften standen - zu skizzieren. Der zweite Teil widmet sich der Zeit ab etwa 1.200 v. Chr., der für Europa entscheidenden Phase der Völkerwanderung und dem Beginn des Patriarchats. Dabei spannt der Autor den geschichtlichen Bogen von diesem Zeitalter bis zur Jetztzeit in allen Stadien, mit einer Fülle an Fakten und mit aktuellen Details. Die vorliegenden Ausführungen stützen sich auf die Ergebnisse moderner Patriarchatsforschung. Das Buch ermöglicht es dem Leser zu verstehen, was genau die heute oft fragwürdigen Lebensverhältnisse, die Katastrophen und Probleme unserer Zeit verursacht hat und wie und warum sich solches immer weiterschleppt. Zeitbombe Patriarchat klingt gewaltig - ist es auch!

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Die Zerstörung der Welt

Zeitbombe Patriarchat von Michael Duesberg

Impressum:

© 2016 Michael Duesberg

Korrektorat/Satz/Umschlaggestaltung:

Angelika Fleckenstein; spotsrock.de

Umschlagbild: William Blake, engl. Maler des 18. Jh. (*1757 †1827)

Verlag: tredition GmbH, Hamburg

ISBN:

978-3-7345-0811-0 (Paperback)

978-3-7345-0812-7 Hardcover)

978-3-7345-0813-4 (e-Book)

Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlages und des Autors unzulässig. Dies gilt insbesondere für die elektronische oder sonstige Vervielfältigung, Übersetzung, Verbreitung und öffentliche Zugänglichmachung.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek: Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

DIE ZERSTÖRUNG DER WELT

ZEITBOMBE PATRIARCHAT

Michael Duesberg

Widmung und Danksagung

Ohne die großartige Vorarbeit von Frau Dr. Kirsten Armbruster und Mrs. Rosalind Miles wäre dieses Buch hier nicht entstanden.

Wärmstens empfehlen möchte ich Frau Dr. Armbrusters Bücher

„Matrifokalität – Mütter im Zentrum“

und

„Gott die Mutter“.

Als ebensolch ‚heißer‘ Tipp sei dem Leser Mrs. Miles’ Buch

„Weltgeschichte der Frau“

mit seinen unendlich vielen Fallbeispielen ans Herz gelegt.

Herzlichen Dank den beiden Autorinnen!

Inhaltsverzeichnis

1. MATRIFOKALITÄT UND PATRIARCHAT

Einführung und zeitliche Übersicht

2. DIE GROSSE MUTTER

Die Welt, entstanden aus dem „Urknall“?

Die Große Mutter

2.1. Die Braut oder Jägerin

2.2. Die Mutter oder Herrin

2.3. Die Alte oder Ahnin

3. FORMEN DES ZUSAMMENLEBENS

4. GÖTTER UND MENSCHEN

5. DER WEG DER URMUTTER INS PATRIARCHAT

6. SPUREN DER URMUTTER IN SPÄTEREN KULTUREN

6.1. DIE WEISSE GÖTTIN, BRAUT ODER JÄGERIN

6.1.1. Freya (Germanische Mythologie)

6.1.2. Santa Lucia

6.1.3. Lucia (Sage aus Norrland)

6.1.4. Artemis (Griechische Mythologie)

6.2. DIE ROTE GÖTTIN, MUTTER ODER HERRIN

6.2.1. Frigga (Germanische Mythologie)

6.2.2. Huldr (Germanische Mythologie)

6.2.3. Spätere Sagen oder Märchen

a) Die Kindelwiese (Dorothea Kramer)

b) Frau Holle und der Bauer (Deutsche Volkssage)

6.3 DIE SCHWARZE GÖTTIN, ALTE ODER AHNIN

6.3.1. Hel (Germanische Mythologie)

6.3.2. Spätere Sagen oder Märchen

a) Märchen: FRAU HOLLE

b) Sage: WALDMINCHEN UND DIE ALTWEIBERMÜHLE

6.4. ZUSAMMENFASSUNG

7. LEBENSWEISE DER MENSCHEN

8. ANBRUCH EINER NEUEN ZEIT

Zeitliche Übersicht

9. DAS PATRIARCHAT RÜCKT VOR

9.1. Mann und Frau

9.2. GLIEDERUNG DES MENSCHEN Physischer Leib, Ätherleib, Astralleib, Ich

Zeitliche Übersicht späterer Geschichte (nach Dr. Kirsten Armbruster)

10. PATRIARCHAT UND KRIEGE

11. DER NIEDERGANG DER FRAU

12. DAS SCHMÄHEN DER FRAU

13. UNREIN UND VERACHTET

14. DER FEMINISMUS

14.1. Geschichtlicher Abriss

14.2. Menschheitsgeschichtlicher Zusammenhang

15. DIE FRAU WIRD VERBESSERT

15.1. Die Models

15.2. Die Turnerinnen

15.3. „Die Pille“ für Frauen

15.4. Die „Schönheitsoperationen“

16. DIE WELT WIRD UMGESTALTET

16.1. Die Entwicklung zur Neuzeit

16.2. Scheinwelten

16.3. Die Welt der Konzerne: Google

16.4. Die Welt der Konzerne: Amazon

17. DIE WELT WIRD DEFORMIERT

17.1. „Roboter“ werden programmiert

17.2. Hebammen oder Klinik?

17.3. Überhaupt Klinik?

17.4. Künstliche Nahrung

17.5. Die Flüchtlingsfrage

17.6. Medienabhängigkeit

17.7. Auch Menschen kann man verbessern

18. DIE ZEIT WIRD VERÄNDERT

19. DIE ZERSTÖRUNG DER SCHÖPFUNG

19.1. ABC- Waffen

19.2. Klima-Manipulationen

19.3. Der Kampf gegen die Natur

19.4. Abtreibung

19.5. Die Menschheit dezimieren

19.6. Sein oder Schein?

19.7. Skeptisch?

20. RÜCKBLICK UND AUSBLICK

21. AN IHREN FRÜCHTEN WERDET IHR SIE ERKENNEN

21.1. Zusammenfassung

21.2. Hürden

21.3. Was alles so passiert

21.4. Das Absprechen der eigenen Denkfähigkeit

21.5. Krieg

21.6. Alternativen?

LITERATURVERZEICHNIS

BILDERVERZEICHNIS

2.  DIE GROSSE MUTTER

Die Welt, entstanden aus dem „Urknall“?

Wie bitte? Silvester-Feuerwerk der Stunde Null? Im Ernst, wer glaubt denn an so etwas? Zuerst Big Bang und dann herumschwirrende Keime, aus denen später pflanzliches und tierisches Leben hervorgehen. Aha! Waren Sie schon einmal Zeuge einer Explosion? Das Ergebnis ist das todsichere Fehlen von Keimen. Explosionen sind sowas von lebensfeindlich!

Doch es kommt noch wunderbarer: Aus diesen Keimen entstehen zur Geburtsstunde Eins der Flora Urpflänzchen, die sich entfalten und „weiterentwickeln“ bis sie, schwups! – Urtiere werden. Und plötzlich krabbelt dann zur Geburtsstunde Eins der Fauna so ein tierischer Urwinzling aus dem Laub der Urpflänzchen, landet vergnügt im Urschlamm und vermehrt sich da ganz ungeniert in keuscher Jungfernzeugung.

Aber der absolute „Silvester-Knaller“ ist ja dann das Folgende: Aus diesem „Urwürmchen“ wird infolge magischer Stoff-Kompositionen, die der Ur-Chemiker Zufall dem Winzling zufächelt, ein sich entwickelndes Urvieh, das in Jahrmillionen zu einem immer höheren Urvieh wird, bis es sich schließlich zum Uraffen hochgemogelt hat. Und selbst der gibt keine Ruhe! Er fängt an, mehr und mehr Fleisch zu fressen und entwickelt aus diesem Grunde ein immer „besseres“ Gehirn. Und schwups! wird er dadurch zum Menschen; na ja, sagen wir mal, zum Urmenschen. Arme Vegetarier – kaum Aufstiegsmöglichkeiten!

Und jetzt noch einmal zurück zu der Frage: Wer glaubt denn an solche Schauergeschichten? Schon der Urknall ist ja geradezu ein Wunder: Den bekommt man nämlich nur hin, wenn die entsprechenden Stoffe vorhanden sind. War da wieder Ur-Chemiker Zufall am Werk? Donnerwetter, muss das ein gläubiger Materialist gewesen sein, der sich so etwas ausgedacht hat! Nach der Maxime „Im Urbeginne war der Stoff“, denn ohne Stoff gibt’s keinen Urknall; aber ohne Knall halt auch keinen Stoff. Ja, was denn nun?

Und die sogenannte „menschliche Entwicklung“: Falls Sie jemals vorhaben sollten, auf die Höherentwicklung auch nur einer einzigen Tierart zu warten: vergessen Sie’s! Selbst wenn Sie Jahrmilliarden darauf verschwendeten, Sie würden nie fündig werden. Das Gegenteil, Rückentwicklung und Degeneration, lassen sich da schon eher mal entdecken.

So, jetzt werden Sie sagen: „Aber die Wissenschaft hat’s doch gesagt!“ Hat sie? Was man von Wissenschaftlern an Derartigem liest, sind Thesen; sind „Be-Hauptungen“, die also im Wortsinne einem Haupt entsprungen sind. Und wie’s in diesem Haupte sonst noch so aussieht: Das möchten Sie vielleicht gar nicht wissen!

Wer schreibt uns denn eigentlich vor, dass einzig und allein eine materialistische Sichtweise auf die Dinge und Wesen „wissenschaftlich“ sei? Wenn ein Wissenschaftler behauptet, es gäbe keine Götter, dann ist er vielleicht ein gläubiger Materialist oder Atheist, ein guter Wissenschaftler ist er darum noch nicht: Die Kardinaltugend des Wissenschaftlers ist ja die Unvoreingenommenheit, das Sich-Freimachen von Vorurteilen. So lange der Herr Wissenschaftler das Fehlen von Göttern nicht beweisen kann, darf er ihre Nicht-Existenz nicht als „Wissenschaft“ postulieren. Sollte eigentlich klar sein, oder? Und wenn er die Weltentstehung tiefgläubig in die Hände eines göttlichen „Ur-Chemikers Zufall“ legt, so hat er nur X durchY ersetzt: Was ist dadurch gewonnen?

Wenn wir schon an etwas glauben sollen, um uns die Urzeit vorstellen zu können, dann doch lieber an etwas Schönes, das Gemüt Bewegendes: tausendmal lieber an erhabene Göttinnen oder Götter, als an Ur-Explosionen, vor-stoffliche Stoffe, chemische Zufälle, menschenverdächtige Keime und fleischgedopte Gehirne! Abgesehen davon: Warum überhaupt an etwas glauben? Betrachten wir doch einfach vorurteilsfrei, was da alles aus der Urzeit von vor ca. 600.000 Jahren stammt.

Die Jungsteinzeit:

ab 10500 v. u. Z. in Anatolien und Vorderem Orient,

ab 6500 v. u. Z. in Südosteuropa,

ab 5500 v. u. Z. in Mittel- und Westeuropa,

Von 600.000 v. u. Z. bis in die Jungsteinzeit liegen uns weltweit Tausende Funde von Urmutterfigurinen, ca. 10-20 cm große Figürchen aus Stein, gebranntem Ton oder Lehm, Knochen und Elfenbein, vor, die auf eine Vorzeitgöttin deuten, welche heute von vielen Forschern die Große Mutter genannt wird. Ihr Wesen zu ergründen und Bruchstücke aus verschiedenen Bereichen zu ihrer Mythologie zu rekonstruieren, wird uns durch drei Quellen möglich:

a)

besagte Funde selbst; Höhlenmalereien; damalige und spätere Begräbnisformen; Grab-, Tempel-, Stein- und Erdanlagen und deren Anordnung in der Landschaft;

b)

Teile späterer Mythologien, Märchen, Sagen, Gedichte oder Lieder von (patriarchal orientierten) indogermanischen Völkern wie Indern, Kelten, Germanen, Griechen und anderen;

c)

spätere Kultformen, Bräuche und Kulturgüter, die erkennbar von früheren abgeleitet oder übernommen worden sind, dazu Landschafts-, Flur- und Gewässernamen.

Dass solche Zeugnisse überleben konnten, verdanken wir einer Tatsache, die später noch behandelt wird.

Die Große Mutter

Da dieses Buch hauptsächlich vom Patriarchat handelt, kommt das Thema „Die Große Mutter“ etwas zu kurz. Deshalb sei auf das Buch „Die Dreieinige Göttin – Streifzüge durch eine etwas andere Kultur“ hingewiesen.2

Das Bild der Großen Mutter-Göttin durchzog das Leben der Menschen umfassend und bezog Natur, Erde und Kosmos ohne Brüche oder Trennungen mit ein. Erde, Sonne, Mond und Sterne gehörten genauso zur Göttin, wie der Mensch selbst und die Naturreiche. „Götterwelt“ und „Erdenwelt“ waren also noch nicht voneinander getrennt. Im israelischen und christlichen Kulturkreis wird dieser Zustand in späterer Zeit das „Paradies“, in der griechischen Kultur das „Goldene Zeitalter“, bei den Germanen „die Zeit, da Baldr noch unter den Sterblichen weilte“ genannt.

Die Große Mutter war dreieinig wie ihr Ebenbild, die Menschenfrau. Erde und Kosmos bildeten ihren Leib. Als Jungfrau oder Braut hieß sie die Weiße Göttin, als Mutter oder Herrin die Rote Göttin und als Alte oder Ahnin die Schwarze Göttin. Ihre Dreieinigkeit war aber nicht ausgedacht oder gedanklich konstruiert, wie das beim Christentum später der Fall ist, sondern sie konnte am Leben direkt abgelesen werden: am Menschen (Kopf, Leib, Glieder; oder: Körper, Seele, Geist; oder: Mädchen, Frau, Greisin), an den Naturreichen (Tier, Pflanze, Stein); am Raum (Höhe, Breite, Tiefe), an der Zeit (Vergangenheit, Gegenwart, Zukunft), an den tragenden Säulen des Menschenlebens (Geburt, Leben/Lieben, Tod), an den drei elementaren „Gezeiten“ des Menschenlebens (Tag und Nacht, Sommer- und Winterhalbjahr, Leben und Tod). Die Göttin bewirkte die Menstruation bei den Frauen und die Gezeiten des Meeres; sie gebot über die Fruchtbarkeit der Erde, des Menschen und der Naturreiche; sie war Liebes-, Fruchtbarkeits- und Todesgöttin zugleich. Und sie spann und verwob die drei „Götter-Fäden“: den Lebensfaden, den Gedankenfaden und den Schicksalsfaden. Jahrtausende später, unter neuen Namen wie Frau Holle oder Frau Perchta, wurde sie noch immer mit Spinnrad oder Spindel dargestellt. Ihre drei Aspekte traten je nach Tages- oder Jahreszeit und Schicksalssituation stärker oder weniger stark hervor.

Der Name „Magna Mater“ (Große Mutter) stammt ursprünglich aus der archäologischen Fachliteratur und wurde da fast ausschließlich für die phrygische Göttin Kybele verwendet. Zur Erinnerung: Die Phryger waren ein indoeuropäisches Volk, das im 8. Jh. v. Chr. ein großes Reich in Anatolien errichtet hatte. (Homer erwähnt sie in der Ilias 700 v. Chr. als Verbündete der Trojaner).

Kybele (Κυβέλη) ist der gräzisierte Name der Göttin, welche „Die große Göttermutter vom Berge Ida“ oder, latinisiert, „Mater Deum Magna Ideae“ hieß. Daraus wurde dann vereinfachend „Magna Mater“.

Im Anatolischen wird ihr Name mit Kybele oder Kubaba überliefert, ursprünglich mit „Matar Kubile (Mutter Kybele). Älteste Zeugnisse der Göttin stammen aus dem 19. Jh. v. Chr. vom oberen Euphrat (Mesopotamien).

Kybele galt ursprünglich in Kleinasien und nach der Hellenisierung auch bei den Griechen als die Erzeugerin des Lebens, als Berg- und Erdmutter, als Beschützerin der Städte, sowie als Fruchtbarkeitsgöttin und Göttin des weiblichen Geschlechtes.

Aus dem 19. Jh. v. Chr. haben wir zwar keinerlei schriftliche Zeugnisse, doch wurden stattdessen in dem Bereich zwischen Balkan, Donau und heutiger Ukraine, einem Gebiet, das die Archäologin Marija Gimbutas als Alteuropa bezeichnet hatte, Tausende von Statuetten aus dieser Zeit gefunden, die durch Brüste, Schamdreieck und teilweise überbreite Hüften gekennzeichnet sind. Insgesamt wird von über 20.000 weiblichen Statuetten aus der Jungsteinzeit berichtet. Solche Figuren wurden auch in Anatolien, unter anderem in der jungsteinzeitlichen Großsiedlung Çatalhöyük gefunden, wo sie bis ins 8. vorchristliche Jahrtausend zurück datiert werden konnten.

Kopfzerbrechen bereiteten dagegen jene gestaltlich direkt vergleichbaren Figurinen, die geschichtlich sehr viel weiter zurück datiert werden können, teilweise bis um etwa 600.000 v. Chr. Diese scheinen ja zu belegen,

dass die Kultur der Großen Mutter sehr viel älter ist als ursprünglich gedacht (anfangs wurde sie zwischen 10.000 und 2000 v. Chr. angesiedelt);

dass die Dauer einheitlicher Kulturimpulse größer sein könnte, als wissenschaftlich erwartet.

1994 veröffentlichte der Autor Manfred Kurt Ehmer das Buch „Göttin Erde“. In seinen populärwissenschaftlichen Schriften verwendete er erstmals den Ausdruck „Große Mutter“ für eine kulturübergreifende Interpretation im Sinne einer „ökospirituellen“ neureligiösen Auslegung, die die Erde als Verkörperung der Magna Mater oder als Mutter Erde auffasst. Der Autor bezeichnete als Schwerpunkt seiner Aktivität Ökoreligion/Ökospiritualität.

Nach der Interpretation von Manfred Kurt Ehmer förderte der von der Landwirtschaft vorgegebene Lebensrhythmus im Neolithikum die Vorstellung von der Erde als autarkem Wesen, dessen Kräfte sich im Werden von Flora, Fauna und Mensch zeigen, und das als Große Mutter oder Urmutter allen Seins verehrt wurde. Hieraus soll sich laut Ehmer infolge einer Übertragung dieser fruchtbringenden Eigenschaften auf das Weibliche der Kult einer Magna Mater entwickelt haben.

Diese Interpretation verbindet er in Europa auch mit der Megalithkultur auf Malta zwischen 4500 und 1500 v. Chr., deren steinerne Bauwerke als Tempel der Großen Göttin gedeutet werden. In den megalithischen Tempelanlagen von Tarxien,Ħaġar Qim und im Hypogäum von Ħal-Saflieni wurden androgyne und weibliche Statuetten, darunter die Venus von Malta, die Sleeping Lady und die fat lady gefunden. Ehmer interpretiert sie als kleine Darstellungen der Muttergottheit. Auf die Magna Mater (Méter megále) sollen auch sämtliche Erdgöttinnen der Alten Ägäis wie zum Beispiel Rhea,Gaia,Demeter und Persephone zurückgehen.

Erste Spuren solch neuheidnischer/naturreligiöser Bewegungen (Neopaganismus) fanden sich bereits im 18. und frühen 19. Jh. In den 1970er Jahren wurde die Vorstellung von einer Ur- oder Allmutter, die man der Erscheinung der Großen Göttin zurechnet, aufgenommen, um sogenannte ganzheitliche Ansätze zur Erfassung der Erde als einem eigenen Wesen zu beschreiben: im Wicca, in ökospirituellen und ökofeministischen Bewegungen, im spirituellen Feminismus und in Matriarchatstheorien.

So weit die wissenschaftliche Ausgangslage zur Geschichte der „Großen Mutter“, wie sie auch bei Wikipedia zu finden ist. Sie geht schwerpunktmäßig von der Archäologie aus. Die eigentliche Fülle an neuerem Material, Hinweisen, Überblicken und erhellenden Querverbindungen zu anderen Bereichen der Kultur hat bei Wikipedia noch nicht Eingang gefunden.

Doch nun wird es komplizierter: Für jede wissenschaftliche These über den Ursprung der Großen Muttergottheit und ihre Verbindung zu späteren Göttern oder Fabelwesen der Märchen und Sagen (z. B. Frau Holle) finden sich Anhänger wie Gegner. Das bedeutet, dass jeder Versuch einer ganzheitlichen Zusammenschau aus einem der wissenschaftlichen oder weltanschaulichen Lager mit „Störfeuer“ und lauten Schmährufen, wie: „Unwissenschaftlich, unbewiesen, Fantasie!“ zu rechnen hat.

Jeder Forschende, der sich für das Thema „Große Mutter“ interessiert und zu recherchieren beginnt, wird zwangsläufig mit Ansichten, die ihm bis dato unbekannt waren oder vernachlässigbar erschienen, konfrontiert und darauf hingewiesen, dass er diese selbstverständlich erst lesen müsse, bevor er mitreden könne. Da es sich bei solchen „Ansichten“ zumeist um Fachbücher ziemlichen Umfangs handelt, müsste der Forschende Wochen und Monate damit zubringen, diese Fachliteratur zu sichten, um sie entweder dem eigenen Kenntnis- und Erfahrungsschatz beizugesellen oder sachgerecht dagegen argumentieren zu können. Ob er diesen Prozess noch zu Lebzeiten bewältigt, ist dabei ungewiss.

Überdies war ja von vornherein klar, dass verschiedene Wissenschaftszweige wie Geschichtswissenschaft, Archäologie, Ethnologie, Soziologie und Mythologie- Forschung nicht nur verschiedene Ergebnisse liefern, sondern auch verschiedene Weltbilder nach sich ziehen würden. Deren Diversität könnte dann allerdings der Bestätigung oder Korrektur der eigenen Forschungsergebnisse dienen.

Eine lebendige und farbige Beschreibung vergangener Zeiten lässt sich nun allerdings nicht allein aus vorliegenden Fundstücken rekonstruieren, sondern wird erst möglich durch eine Zusammenschau sämtlicher relevanter Details, auch solcher aus späterer Zeit. Deren Auswahl und Interpretation stützt sich aber immer auch auf Rückschlüsse und kommt ohne „vorsichtige Spekulation“ gar nicht aus, umso mehr, wenn es um die Beschreibung von Göttern geht. Da sich die damalige Wirklichkeit aber nur durch Hellsicht exakt erfahren ließe, greift man stattdessen auf die Fantasie zurück und hofft, dass diese schon weit genug entwickelt und in „exakte Fantasie“ (Goethe) umgewandelt sei.

2.1.  Die Braut oder Jägerin

Die Braut, Jägerin oder Weiße Göttin gestaltet das Geschehen des Tageslaufs zwischen frühem Morgen und Mittag, ebenso des Jahreslauf-Drittels zwischen Frühjahr und Frühsommer. Da erscheint sie als Liebes- und Fruchtbarkeitsgöttin.

Das Weiß erinnert an das junge Licht und die Nebelschleier des Morgens, aber auch an die überwiegend hellen Frühlingsblüten. (Im späteren Gälischen bedeutet das Wort „finn“ „weiß“, zugleich auch „hell, blond, schön“). Die Braut ist wunderschön. Wie bei ihren beiden anderen Aspekten, der Mutter und der Alten, vereinigt auch sie die drei Farben in sich:

Das Rot dürfte für das Inkarnat stehen, welches auch in der späteren Malerei noch durch die Mischung von Rot mit Weiß und Zusätzen erreicht wurde. Und sicher auch für das Menstruationsblut und die damit verbundene Fähigkeit, Leben zu schenken.

Das Schwarz dürfte für ihr Wirken im Dunkel des Unter- und Unbewussten stehen, wo sie durch ihre Fähigkeit, Liebe und Begehren zu erregen, neue Schicksalswege durch den Brückenschlag zu den Ungeborenen eröffnet. Und jedes Kind ist ja seinerseits mit unendlich vielen, vergangenen, gegenwärtigen und künftigen Schicksalsfäden verknüpft.

Doch die Braut hat auch noch andere Seiten: Mit dem Heraufziehen des Lichtes am Morgen (und im Frühjahr) wird das Dunkel vertrieben, so auch das Dunkel der Bewusstlosigkeit, des Un- und Unterbewussten, und wird das Bewusstseins-Licht entzündet – Voraussetzung für unser Denken. So steht die Braut ebenfalls für das „Spinnen des Gedankenfadens“, unter welchem Gesichtspunkt sie die „Jägerin“ heißt. Denn die Gedanken sind zielgerichtet wie die Strahlen des Lichtes oder die Pfeile der Jägerin. Und wie diese sind sie auf der Jagd: nach Erkenntnissen.

In der germanischen Mythologie finden wir die Weiße Göttin in „verwandten“ Göttergestalten wie Idun, Ostara und Freya bruchstückhaft wieder.

2.2.  Die Mutter oder Herrin

Die Mutter, Herrin oder Rote Göttin ist jener Aspekt der Urzeitmutter, der mit dem Gebären, dem Kindersegen, dem Nähren, Beschenken und Umsorgen zu tun hat. Die Fruchtbarkeit ist ihre besondere Gabe, ebenso die Früchte der Erde, deretwegen wir im Spätsommer das Erntedankfest für sie feiern. Am deutlichsten zeigen sich ihre Liebe und Fürsorge am wärmenden Lichte der Sonne, ihrem Herzen.

Das Weiß der Mutter ist die Farbe des Schnees, der die Erde deckt und die Saaten vor dem Frost schützt. Nicht zufällig hat sich dieser Aspekt der Mutter unter dem späteren Namen „Frau Holle“ bis in unsere Zeit herüber gerettet. Und noch immer werden Frau Holle und der Schnee miteinander in Verbindung gebracht.

Ihr Rot ist das Blut der Frauen, aus dem sie neues Leben schaffen. Die Göttin ist aller Frauen Mutter, Schwester und Tochter zugleich.

Ihr Schwarz ist der dunkle Mutterboden (Humus), der alle Ton- oder Lehm-, Kalk- und Sandböden erst fruchtbar macht. Nicht von ungefähr war die Arbeit an der Erde ursprünglich den Frauen vorbehalten.

Die Mutter hat ihre hohe Zeit zwischen Sommer und Frühherbst, der Zeit des Fruchtens und Reifens und der Ernten. Ihre besondere Tageszeit reicht vom Mittag bis zum späten Abend. Es ist die Zeit der intensiven Wärme, die Zeit des hellsten, wärmsten, aber auch des scheidenden Lichtes, was sich sowohl auf den Tag wie auf das Jahr bezieht.

Unter den Namen „Frau Holle“ oder „Frau Perchta“ wird die Mutter in den Sagen späterer Zeit von den „Heimchen“ begleitet, den Seelen derer, die im Folgejahr geboren werden. Damit zeigt sich eine weitere Seite ihres Wesens: Sie ist die „Spinnerin des Lebensfadens“.

In der germanischen Mythologie hat die Rote Göttin die ihr „verwandten“ Gegen- oder Spiegelbilder in der chtonischen Göttermutter Jörd und der astralen Göttermutter Frigga.

2.3.  Die Alte oder Ahnin

Die Alte, Ahnin oder Schwarze Göttin hat ihre besondere Tageszeit zwischen spätem Abend und frühem Morgen. Es sind die Dämmerungs- und die Dunkelzeiten, in welchen sie tätig ist. Entsprechendes gilt für ihr Wirken im Jahreslauf von Anfang November bis Ende Februar, also von Spätherbst über Winter bis zum Frühling.

Ihr Weiß ist der Raureif, der alles erstarren lässt, ist das weiße Haar der Greisin, aber auch das Weiß der Knochen, die nach dem Tode im dunklen Erdreich überdauern.

Ihr Rot sind die Farbtöne der Herbst-Sonnenuntergänge, des Herbstlaubs und der Wildfrüchte, die in den Spätherbst und Winter hinein an den Zweigen hängen.

Ihr Schwarz sind die Abgründe, Höhlen, Gräben und Gräber der Erde, ebenso das Dunkel der Zeit und des Bewusstseins. Sie hütet das Mysterium von Tod und Wiedergeburt. Sie greift als dunkle Schicksalsacht belohnend oder strafend in unser Leben ein. Ihre auffälligsten Gaben sind Krankheit, Elend, Not und Tod. Und doch teilt sie diese „Geschenke“ liebevoll und umsichtig aus, wenn und wie wir ihrer bedürfen. Sie ist die „Spinnerin des Schicksalsfadens“, die uns seit Jahrtausenden kennt, denn sie hat uns wieder und wieder „zur Erde geleitet“ und von dort abgeholt.

In der germanischen Mythologie entspricht der Schwarzen Göttin am ehesten die Göttin der „Unterwelt“, wobei die erst in patriarchaler Zeit entstandene Hel durch ihre Verwandtschaft mit Loki schon „böse“, dämonische Züge erhielt.

William Blake, „The Sea of Time and Space“, 1821

2 „Die Dreieinige Göttin“ – Streifzüge durch eine etwas andere Kultur von Michael Duesberg, erschienen bei tredition 2015

3.  FORMEN DES ZUSAMMENLEBENS

Versuchen wir, unseren Blick in die urferne Vergangenheit mit dem Namen Altsteinzeit zu richten: Nach Interpretation 1 der Beurteilungsgrundlagen können wir davon ausgehen, dass vor Jahrtausenden, vielleicht schon um 600.000 v. u. Z. oder sogar noch früher, die Menschheit in Wildbeutergemeinschaften organisiert war, welche in verschieden großen matrilinearen Verbänden (Clans) das Land durchstreiften. Sie sammelten dabei wild wachsende Nahrungspflanzen, Pilze, Früchte und Nüsse und nahmen nebenbei vielleicht ihre für Kleintiere aufgestellten Fallen aus. Dabei lag die Nahrungsversorgungsleistung zu 70-90 % beim Frauenkollektiv und bildete damit den entscheidenden ökonomischen Beitrag, der die Gemeinschaft versorgte. Die zusätzliche Nahrung, welche die Jäger erbeuteten, überschritt kaum 25-30 %. Und damit stehen wir bezüglich der Lebensweise jener Menschen in deutlichem Widerspruch zu den Forschungsergebnissen (Interpretation 2), die bei den Untersuchungen der einzelnen Vorzeitmenschen-Funde, einschließlich des späteren Neandertalers, gemacht worden sind. Da auch letztere keinem Zweifel unterliegen, andrerseits die Soziobiologie uns ein völlig anderes Bild der Vergangenheit vermittelt, liegt die Fehlerquelle möglicherweise in der Beurteilung dessen, was wir unter jenen Menschen verstehen, die dazumal schon „Menschen“ waren und Homo sapiens werden sollten, und jenen Hominini, die eine Vorstufe zum Menschsein erreichten, eine begrenzte Zeit lebten und dann ausstarben.

Hier zeigen sich fundamentale Fehler der frühen patriarchalen Geschichtsschreibung, welche aufgrund einzelner Forschungsergebnisse verallgemeinernd postuliert hatte, dass die Männer als Jäger die Haupternährer der Sippen gewesen seien. Oder dass der Mensch sich ursprünglich in erster Linie von Fleisch ernährt habe. Beides ist wissenschaftlich widerlegt. Für die Gemischtkost-Ernährung sprechen die menschlichen Gebisse mit ihrer Ausgewogenheit der drei Zahntypen Schneide-, Eck- und Backenzähne und die Länge des menschlichen Darmtrakts.

Und nicht ein einzelner Mann bestimmte als „Horden-Chef“ oder Häuptling das Leben, sondern die Gemeinschaft, innerhalb derer alle einander zuarbeiteten. Wie Gerhard Bott es in seinem 2009 erschienenen Buch „Die Erfindung der Götter“ (zitiert von K. Armbruster) beschreibt:

Für das in der patriarchalischen Wissenschaft verkündete Wunsch- und Trugbild vom die „Familie“ schützenden und dominierenden Urvater gibt die Soziobiologie… absolut nichts her, sondern sie beweist das Gegenteil: Nicht „der Vater“ schützt „seine“ Kleinfamilie vor Gefahren, sondern alle „males“ schützen und verteidigen ihre Horde gemeinschaftlich, wobei ihnen das Kollektiv der „females“ mit seiner hochausgebildeten Solidarität beste Unterstützung gibt.

Das Zusammenleben der Wildbeutergemeinschaften spielte sich in matrilinearen Clanzusammenhängen ab, bei welchen für die Nachkommen ausschließlich die mütterliche Abstammung zählte. Die Vaterschaft war aufgrund der „female choice“, der freien Sexualität der Frauen, nicht nachvollziehbar und spielte auch keine Rolle, weil der Zusammenhang zwischen Beischlaf und Kindersegen unbekannt war und auch noch Jahrtausende lang blieb. Mit der Erziehung der Kinder waren außer der Mutter auch deren weibliche und männliche Verwandte betraut. Die Wildbeutergemeinschaften der Altsteinzeit waren also keine Jägergesellschaften, sondern Gemeinschaften egalitärer, akephaler (herrschaftsloser) Frauen-Sippen mit ihren exogamen Männern.

Die Frage nach der Lebensweise der damaligen Menschheit setzt die Beschäftigung mit einer Reihe anderer Fragen voraus, die dafür unerlässlich sind:

War der Mensch „Mensch“ oder war er Tier?

War der Mensch ein eigenständiges Wesen trotz seiner entwicklungsgeschichtlichen „Jugend“?

Wie steht es mit den Göttern, die uns selbst noch Jahrtausende später in allen indogermanischen Mythologien begegnen?

Darauf soll dann im folgenden Kapitel versuchsweise eingegangen werden.

William Blake, „Raphael Warns Adam and Eve“, 1808

4.  GÖTTER UND MENSCHEN

Wollen wir uns ein Bild von der frühen Stufe der Altsteinzeit-Menschen machen, so stoßen wir alsbald auf Widersprüchliches: Klar ist, dass sie seelisch-geistig nicht wie wir Heutigen waren. Deutlich ist aber auch, dass sie künstlerisch, handwerklich und – das lässt sich nicht verschweigen – auch allgemein kulturell Großartiges geleistet haben. Und das sind nur wenige Bereiche, die wir von ihnen kennen.

Nachdem das Bild des sich zum Menschen empor entwickelnden Affen dezidiert infrage gestellt wird, was noch ausgiebig behandelt werden soll, brauchen wir ein anderes, ein angemesseneres Bild, das uns zum Verständnis jener Menschheit verhilft. Da bieten sich zwei Möglichkeiten zum Vergleich an: heutige „Naturvölker“ und, ganz allgemein, kleine Kinder.

Beide zusammen können so etwas wie ein Schlüssel zum Verständnis der Vorzeit-Menschheit werden: Im Naturvolk erleben wir erwachsene Menschen auf frühmenschlicher Stufe und im kleinen Kind den Menschen im seelisch-geistigen „Knospenzustand“. Das soll noch weiter ausgeführt werden.

Davor aber stehen wir zunächst vor der Frage, welche Rolle die Götter in der frühen Menschheit gespielt haben. Von ihrer Präsenz oder ihrem Fehlen hängt alles Weitere ab. Es gibt dazu verschiedene Denkansätze, deren Vertreter sich aber zumeist gegenseitig der Unwissenschaftlichkeit und Fantastik bezichtigen:

a)

die Materialisten sagen: Der Mensch schuf die Götter.

b)

die Spiritualisten sagen: Die Götter schufen den Menschen.

Wandeln wir es dahingehend ab, dass die Gegensätzlichkeit der Aussagen wegfällt, so ergibt sich: Die Götter erschufen den Menschen, doch dieser gab ihnen die volkseigene Gestalt und Wesensart.

Das Thema ist so aktuell wie eh und je. Wie können wir uns den Urbeginn der Welt und des Menschen vorstellen? Gab es da so etwas wie einen „Schöpfungsakt“? Und wer schuf? Wir wissen es nicht. Fest steht nur: Bevor der Stoff materiell gerann, war er „Geist“, war er Gedanke, Gefühl, Wille – irgendetwas in dieser Art. Und er kristallisierte sich erst allmählich aus einer anderen Welt heraus, der immateriellen Götterwelt, und bildete angrenzend an jene alles das, was dann zu unserer Stoffeswelt wurde. Ab da gab es sie beide, die „Anderswelt“, wie die keltischen Märchen und Sagen das „Jenseits“ nennen, und die „Alltagswelt“, unsere gewöhnliche physische Erdenwelt. Wobei die in der Alltagswelt Lebenden ursprünglich noch in die Anderswelt „hinüber“ blicken konnten: Das geht aus den Göttersagen der indoeuropäischen Völker übereinstimmend hervor, und diese entstanden ja sogar „ziemlich spät“.

Wird dieses Leben in der Altsteinzeit als götterlos vorgestellt, so bleibt vom Menschen nur die Fiktion eines von seinen Instinkten geleiteten „Horden-Tieres“ übrig. Damit würde man allerdings blind an den künstlerischen und handwerklichen Relikten aus jener Zeit vorbeigehen. Und berücksichtigt man die Sinnhaftigkeit, Vielfalt und Farbigkeit der Urmutter-Religion, die sich in Bruchstücken bis in unsere heutige Zeit erhalten hat, so käme die götterlose Variante fast einem Wunder gleich: Wie sollte ein Hominide solch differenziertes, lebendiges Götterbild wie die Große Mutter „erschaffen“? Da erweisen sich Existenz und lebendiges Wirken der Göttin als die realistischere Annahme.

Stellen wir uns die steinzeitlichen Menschengruppen konkreter vor: Sie zogen in matrifokalen Clans über das Land und umfassten wohl drei bis vier Generationen, je nach der damaligen Lebenserwartung. Die Anzahl der Kinder einer Frau lässt sich schwer einschätzen, weil sie von zu vielen Faktoren abhängt: Nahrungsangebot, Witterung, Gesundheit, Lebenslust, um nur einige zu nennen. Die Clans mögen sich ähnlich verhalten haben wie heutige Kindergarten-Kinder, denn der Stand ihrer seelisch-geistigen Entwicklung und damit ihrer Reife dürften jenen vergleichbar gewesen sein. Das hängt natürlich auch wieder von dem Jahrtausend ab, auf das wir blicken.

Entwickeln wir diese Analogie etwas weiter, so finden wir bei heutigen Kleinkind-Gruppen stets die notwendig anwesenden Begleitpersonen mit dabei: Mütter, Kindergärtnerinnen, Begleiterinnen usw. Übertragen auf die steinzeitliche Situation: Wer begleitete die damaligen „Kinder“ auf dieser Erde? Wir sagen heute: Sie wurden von ihrem Instinkt geleitet. In die Bildersprache einer vergangenen Zeit übertragen: Sie wurden von der Großen Mutter, Mutter Erde, Mutter Natur geleitet, die möglicherweise als „personell“ wesenhaft und allgegenwärtig erlebt wurde. In der jüdischchristlichen Mythologie wird dieser Zustand das „Paradies“ genannt: Der Mensch steht in direkter Verbindung zur Götterwelt und zu aller Kreatur. Er trug zwar seine Individualität als „Keim“ schon in sich, vom Bewusstsein her war er aber noch vor-individuell veranlagt: Der „Sündenfall“, die Sonderung von Götterwelt und Natur hatte noch nicht stattgefunden. Durch die Allgegenwart der Göttin kamen auch keine zweifelnden, negativen, zersetzenden Gedanken auf, wie sie späteren Entwicklungsphasen vorbehalten waren.

Die beiden Welten, „Anderswelt“ und „Alltagswelt“ waren also noch nicht getrennt. Das finden wir sogar noch Jahrtausende später in den indogermanischen Mythologien. Dort werden direkte Begegnungen und Interaktionen zwischen Menschen und Göttern beschrieben, was man heute im Rückblick als „hellsichtig“ bezeichnen würden. Nehmen wir dazu einige Beispiele aus germanischer, griechischer, gälischer und römischer Götter- und Heldensage:

1. Germanen: In der „Rigsthula“, der Geschichte von Rigr oder Heimdall, dem Hüter der Regenbogen-Brücke, suchte dieser vor Urzeiten die Menschen auf, lebte eine Zeitlang unter ihnen und lehrte sie neue Künste. Er schlief mit den Menschenfrauen und zeugte mit ihnen Kinder, daraus entstanden die Repräsentanten der drei Ur-Stände: Knechte, freie Bauern und Adelige. So weit die Sage über den Gott aus dem Geschlecht der Wanen.

2. Griechen: Im Kampf um Troja finden wir von Anfang an eine enge Durchdringung von Menschen- und Götterwelt. Wenngleich die Olympier sich bei einzelnen Gefechten gegen ihre Feinde unsichtbar machen, werden sie doch von vielen Menschen erahnt, hin und wieder auch gesehen. Bei einigen Helden bestehen sogar „Verwandtschaftsverhältnisse“ zu den Göttern (Achilleus, Sohn der Meernymphe Thetis; Aeneas, Sohn der Aphrodite; Herakles, Perseus und Tantalos, Söhne des Zeus; Orpheus, Sohn des Apollo u. a.). In der Vorgeschichte zu Troja findet sich eine Sage, die auch in Bezug auf das Thema „Große Mutter“ aufhorchen lässt: Paris, der auf Befehl des Priamos ausgesetzte und unter Hirten aufgewachsene Königssohn, blickt eines Tages von den Höhen des Idagebirges herab auf das Meer und die Stadt Troja, als er plötzlich „Götterfußtritt vernimmt, der die Erde um ihn her beben macht“. Alsdann gewahrt er den Götterboten Hermes und drei Göttinnen, die hinter diesem über das Gras auf ihn zu schreiten: Es sind Hera, die Göttermutter, Pallas Athene, die Göttin der Weisheit, und Aphrodite, die Göttin der Liebe. Sie bestimmen Paris zum Schiedsrichter in einem Streit, den sie untereinander haben.

3. Insel-Kelten: