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Die beliebte Schauspielerin Elena Uhlig über Nestbau, Möbelkäufe mit Mann und Mäusen und die spannende Frage, ob alles reinpasst. Lustige Unterhaltung für alle, die beim Ausmessen immer recht haben. Frau Uhlig setzt auf regelmäßige Erneuerungen in den heimischen vier Wänden, Herr Karl lässt am liebsten alles, wie es ist. Also braucht es weibliche Raffinesse und Tatendrang, damit am Ende die Einrichtung steht. Da muss der Partner geschickt zum Möbelschweden bugsiert werden, und zwar bevor er's merkt. Doch so bietet sich am Ende die Gelegenheit, das Elternschlafzimmer endlich in das lang erträumte Familienmatratzenparadies zu verwandeln. Und wenn schließlich die Lkws anrollen, kann eigentlich nichts mehr schiefgehen. Denn was Frau Uhlig plant, klappt am Ende garantiert. Und was nicht durch die Tür geht, kommt mit dem Traktor durchs Fenster. Hauptsache, es passt. Aber das tut es – Frau Uhlig hat es ja ausgemessen.
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Seitenzahl: 223
Veröffentlichungsjahr: 2019
Elena Uhlig
Eine Frau weiß, wenn sie recht hat
Verlagsgruppe Droemer Knaur GmbH & Co. KG.
Frau Uhlig setzt auf regelmäßige Erneuerungen in den heimischen vier Wänden, Herr Karl lässt am liebsten alles, wie es ist. Also braucht es weibliche Raffinesse und Tatendrang, damit am Ende die Einrichtung steht. Da muss der Partner geschickt zum Möbelschweden bugsiert werden, und zwar bevor er’s merkt. Doch so bietet sich am Ende die Gelegenheit, das Elternschlafzimmer endlich in das lang erträumte Familienmatratzenparadies zu verwandeln. Und wenn schließlich die Lkws anrollen, kann eigentlich nichts mehr schiefgehen. Denn was Frau Uhlig plant, klappt am Ende garantiert. Und was nicht durch die Tür geht, kommt mit dem Traktor durchs Fenster. Hauptsache, es passt. Aber das tut es – Frau Uhlig hat es ja ausgemessen.
Widmung
Frau Uhlig braucht jetzt Internet!
Frau Uhlig findet es unerhört
Frau Uhlig ist fassungslos
Frau Uhlig und ihre Bettgeschichten
Frau Uhlig hat eine Erleuchtung
Frau Uhlig und die erste wirklich große Liebe
Frau Uhlig bleibt die Spucke weg
Frau Uhlig schlägt zu
Frau Uhlig hat Verständigungsprobleme
Frau Uhlig und das Familienbett
Frau Uhlig verursacht Lagerkoller
Frau Uhlig will es richtig nett
Frau Uhlig im Funkloch
Frau Uhlig und der alte Schwede
Frau Uhlig schreitet zur Tat
Frau Uhlig braucht Hilfe
Frau Uhlig macht den Sack zu
Frau Uhlig in Zeitnot
Frau Uhlig hat nun alles doppelt
Frau Uhlig hat ihre liebe Not
Frau Uhlig kann’s nicht glauben
Frau Uhlig sucht eine Lösung
Frau Uhlig weiß sich zu helfen
Frau Uhligs Nerven liegen blank
Frau Uhlig hat die Lösung
Frau Uhlig will ihr Nest zurück
Frau Uhlig ist entzückt
Frau Uhlig versteht die Welt nicht mehr
Frau Uhlig ist entsetzt
Frau Uhlig hat entschieden
Frau Uhlig war im Flugmodus
Frau Uhlig bringt schon mal Möbel hin
Frau Uhlig klärt auf
Frau Uhlig hat die Faxen dick
Frau Uhlig sieht Land
Frau Uhlig und der Küchenwahn
Frau Uhlig bekommt ein Lob
Frau Uhlig hat Anschluss
Frau Uhlig zieht ein
Frau Uhlig muss schreiben
Frau Uhlig traut ihren Augen nicht
Frau Uhlig und das Finale
Danksagung
Frau Uhlig überlegt sich eine Widmung:
»Hör mal Karl, wie findest du das?
Version 1: Ich widme dieses Buch Herrn Karl, denn wenn es passt, dann passt’s.
Version 2: Ich widme dieses Buch Herrn Karl, für den es nicht immer leicht ist mit mir, aber er hat entschieden, das passt.
Version 3: Ich widme dieses Buch Herrn Karl. Auch wenn es mal nicht passt, passt es doch immer. Danke, dass es dich gibt.
Version 4: Ich widme dieses Buch Herrn Karl, der mich immer wieder erträgt, auch wenn es mal nicht passt.
Version 5: Ich widme dieses Buch Herrn Karl. Mehr gibt es dazu nicht zu sagen, denn das passt.
Version 6: An Herrn Karl, der passt. Auch wenn es mal nicht passt, passt es doch immer. Danke, dass es dich gibt.
Version 7: Ich widme dieses Buch Herrn Karl, das passt.«
»Schluss jetzt, Uhlig!«
»Was passt, Karl?«
»Ich weiß es nicht, Uhlig. Es ist dein Buch.« »Gut, dann nehm’ ich alle, das passt.«
Herzensmenschen im Buch: Frau Lightning, Herr Lightning, Sarita, Elenita, die Buben, Prinzessin, Madame Maus, meine Oma, Kita, das Spatzerl, Luxe, Sabine und Matteo, Bauer Wenger. Und nicht zu vergessen der liebe Klaus. Und sämtliche Hotline-Mitarbeiter dieser Welt.
Nein, hören Sie! Es ist ganz einfach. Ich … Hallo? Bitte! Nein! Bitte, bitte nicht!«
Jetzt war es schon wieder passiert. Schon wieder hatte man mich in die Warteschleife verlegt, weil man mich mit einem anderen Mitarbeiter verbinden wollte. Ich hasse diese Stimme, die nun in meinem Ohr war. Warum die Telekom nicht mal eine neue Stimme zum Besprechen der Daueransagen nimmt, ist mir unbegreiflich. Die müssen doch wissen, dass diese Stimme für ihre Kunden zu einem absoluten Hassobjekt geworden ist. Und wieder hörte ich die altvertraute Ansage: »Derzeit sind alle Leitungen belegt, bitte legen Sie nicht auf. Wir verbinden Sie weiter, sobald eine Leitung frei geworden ist. Please hold the line, we connect you as soon as possible … Tää tää tää tä tä. Derzeit sind alle Leitungen belegt, bitte legen Sie nicht auf. Wir verbinden Sie weiter, sobald eine Leitung frei geworden ist. Please hold the line, we connect you as soon as possible … Tää tää tää tä tä. Derzeit …«
Jetzt war der Moment gekommen, wo ich mich entscheiden musste, entweder das Telefon gegen die Wand zu werfen und einen Tobsuchtsanfall zu bekommen oder tief durchzuatmen, das Telefon laut zu machen, beiseitezulegen und mir einen Beruhigungstee zu kochen. Machen kannst du eh nichts, sie bremsen dich einfach aus. Es bringt gar nichts, wenn du nach gefühlten dreißig Minuten einen Mitarbeiter am Telefon hast, ihn anzumotzen und dich zu beschweren, denn dann wird er dich umgehend verbinden mit dem angeblichen richtigen Ansprechpartner, und bevor du noch »Nein« rufen kannst, haben sie dich schon wieder in die Warteschleife gelegt.
»Derzeit sind alle Leitungen belegt, bitte legen Sie nicht auf …«
Es war zum Verrücktwerden. Ich war so wütend und fühlte mich ungerecht von der Telekom behandelt, und das, obwohl ich doch seit Jahren treue Kundin bin. 69 Euro Umzugsgebühr verlangten sie von mir. Es sei denn, ich würde Internet-Fernsehen dazunehmen, dann müsste ich gar nichts bezahlen. Das kann doch nicht sein, das ist ungerecht. Nehme ich Internet-Fernsehen, kostet mich der Umzug gar nichts. Nehme ich keines, zahle ich 69 Euro. Das ist doch Erpressung. Ich werde von der Telekom erpresst beziehungsweise genötigt, Internet-Fernsehen dazuzubuchen, wenn ich keine Umzugsgebühr zahlen will. Ich will aber auch kein Internet-Fernsehen. Und deshalb muss ich jetzt 69 Euro zahlen.
Übrigens: Ich hätte den Vodafone-Telefon- und Internetanschluss der Vormieter der neuen Wohnung unentgeltlich übernehmen können. Es wäre sogar besser gewesen, nicht weil ich die Telekom schlecht finde (ich bin schließlich mit der Telekom aufgewachsen), sondern weil sie es nicht schafft, durch die im Haus verlegten Glasfaserkabel ihre Bits (oder was auch immer) durchzujagen. Die Leitung im Haus ist nämlich auf den neuesten Standard gebracht worden, damit mehrere Nutzer gleichzeitig mit einer Fünfzigtausender-Geschwindigkeit durchs Internet rasen können. Nur die Telekom schafft das nicht. Sie hat mir zwar eine Fünfzigtausender-Internetleistung verkauft, aber die endet im Verteilerkasten im Keller. Ab da geht es dann mit alten Kupferkabeln weiter, die niemals die Fünfzigtausend leisten können. Das heißt, ich habe zwar die höchste Geschwindigkeit, aber nur im Keller. Warum die Telekom ab da nur Kupferkabel nutzt? Ich weiß es nicht. Bis dato kannte ich mich weder mit Glasfaser- noch mit Kupferkabeln aus. Ich dachte immer, ich bestelle einfach die schnelle Verbindung im Geschäft, so wie der Strom aus der Steckdose kommt … Aber jetzt weiß ich alles, weil der Umzugsservice der Telekom sich querstellte und das parallele Anmelden meines Kabelanschlusses in der neuen Wohnung mir eine neue Welt eröffnete und ich somit mit Vodafone, die auf Glasfaser senden, in Berührung kam. Sei es, wie es sei, ich kann den Telekom-Internetvertrag nicht ändern, denn der ist mit meinem Festnetzvertrag und der wiederrum mit meinem Handyvertrag gekoppelt. Und dieser Handyvertrag ist wichtig für mich. Sehr wichtig, denn er hat eine Besonderheit: die Auslandsoption. Diese Option macht es unweit günstiger beziehungsweise es kostet gar nichts, mit dem Handy in die EU zu telefonieren. Österreich hätte mir gereicht, gab es aber nicht, ich musste die ganze EU nehmen. Du bekommst aber nur die Option der EU-Flat, wenn du auch das Festnetz bei der Telekom hast, das Ganze nannte sich »Magenta1-Vorteil mit Auslandsoption«. Das hat die Telekom eh schon längst abgeschafft, da sie sich damit ins eigene Bein geschnitten hat finanziell, aber ich habe die Option, die können sie mir nicht nehmen. Da ich verliebt bin in einen Österreicher, bin ich nun auch abhängig von der Telekom. Letzteres bereitet mir kein gutes Gefühl, und es macht mich in der Warteschleife noch machtloser und aggressiver, als ich eh schon bin.
»… Please hold the line, we connect you as soon as possible … Tää tää tää tä tä …«
Mittlerweile hatte sich Herr Karl schon dreimal vom Dreh gemeldet, und ich musste ihn jedes Mal wegdrücken, denn würde ich rangehen, wäre die Gefahr groß, dass ich genau in dem Moment an der Reihe wäre und das Telefonat beendet würde, weil man mich nicht hören konnte. Ich konnte auch nicht auflegen, denn ich hatte jetzt schon so lange gewartet und so viel Zeit verschwendet, dass … Ich brauchte einen Tee oder besser Beruhigungsschokolade.
Gerade schob ich mir ein Stück Schokolade, das ich aus einem Versteck im Kleiderschrank zog, in den Mund, da hörte ich aus weiter Ferne nichts mehr. Panik. Der Jingle, die Dauerschleife war weg. Das konnte nur eines bedeuten. Oh nein, ich hörte schon: »Hallo, hallo! Schönen guten Tag. Hallo, ist da wer? Deutsche Telekom hier. Was kann ich für Sie tun?«
Ich stürzte zu meinem Telefon, sprang über zwei auf dem Boden liegende Puppen, rutschte auf einem herumliegenden Malblock aus, schlitterte auf die Anrichte zu, wo mein Handy lag, griff danach, bekam es nicht richtig zu fassen, und es fiel zu Boden. Oh nein. »Oh nein. Bitte lieber Gott, lass das Glas nicht gebrochen sein!«, flehte ich gen Himmel. So weit war es nun schon gekommen, dass ich Gott anflehte, damit das Glas vom Handy nicht gebrochen ist.
»Schönen guten Tag, Deutsche Telekom. Was kann ich für Sie tun?«, wiederholte die Stimme lauter. »Hallo, hallo, ist da wer? Bitte melden Sie sich, sonst lege ich auf!«
So, Uhlig, reiß dich zusammen, schoss es mir durch den Kopf. Mit immer noch vollem Mund rief ich: »Hallo Sie, warten Sie bitte, mir ist das Telefon runtergefallen.«
»Guten Tag. Hier ist die Deutsche Telekom. Leider verstehe ich Sie nicht. Bitte rufen Sie noch einmal an.«
Tuut, tuut, tuut.
Nein, ich sage Ihnen jetzt noch was! Ich warte seit fünf Stunden. Ich habe extra eine Freundin mitgenommen, die auch wartet und die meine Zeugin ist. Niemand ist gekommen, niemand! Wissen Sie, wie schwierig das ist, aus Österreich anzurufen und den Termin bei Ihnen zu organisieren? Nein, das können Sie ja nicht wissen, weil Sie sind ja nicht in Österreich. Ich sage Ihnen, es hat mich Tage gekostet. Tage, in denen ich mindestens eineinhalb Stunden in der Warteschleife gehangen habe. Ich lasse mich jetzt auch nicht abspeisen. Wir warten hier, und spätestens jetzt hätte der Techniker da sein sollen. Es ist aber niemand hier. Ich habe sogar ein Schild unten an die Klingel geklebt, damit er weiß, wo er klingeln muss. Niemand, niemand hat geklingelt, und niemand ist gekommen. Ich kann Ihnen gar nicht sagen, wie fassungslos ich bin. Seit zwei Monaten schlage ich mich mit dem Umzug meines Telefonanschlusses rum. Wissen Sie, bei Vodafone wäre das alles ganz easy gegangen. Und dann auch noch ohne Gebühren. Und auch auf dem besseren Kabel. Also, dem Kabel, das die Fünfzigtausender-Leitung bis in die Wohnung bringt. Ich bin wirklich sehr ungehalten jetzt, muss ich Ihnen sagen. Ich fühle mich total ungerecht behandelt.« Ich holte tief Luft. »Wissen Sie, Sie können ja letztlich gar nichts dafür«, fuhr ich weiter fort, »aber Sie müssen auch meinen Ärger verstehen. Müssen tun Sie natürlich gar nichts, aber versuchen Sie, sich bitte mal in meine Lage zu versetzen. Sie kriegen jetzt Ärger ab, mit dem Sie gar nichts zu tun haben. Ich muss mich da wirklich in aller Form entschuldigen. Schmidt müsste ich jetzt den Ärger machen und nicht Schmidtchen. Ich will damit natürlich nicht sagen, dass Sie unwichtig sind, weil ich Sie jetzt Schmidtchen genannt habe. Das ist ja nur eine Redewendung. Ich meine damit, ich will nach oben treten und nicht nach unten. Nicht, dass Sie jetzt unten sind. Herrschaftszeiten, Sie wissen schon, was ich meine. Ich rede mich hier noch um Kopf und Kragen«, versuchte ich, eine noch dümmere Redewendung anzuwenden. »Wie dem auch sei, Sie können ja gar nichts dafür. Sie waren ja von Anfang an, also seit Beginn unseres Telefonats die erste kompetente und nette Hilfe bei der Telekom seit Langem. Und ich muss Abbitte leisten, es arbeiten nicht nur Dummköpfe bei der Telekom, jetzt wo ich mit Ihnen spreche. Aber wir müssen wirklich eine Lösung finden. In zwei Stunden muss ich weg, dann kann hier niemand mehr aufmachen
Ein Wahnsinn, dieser Umzugsservice, wirklich ein Wahnsinn. Und dann noch diese Kostensache, ich sage Ihnen, da habe ich mich ja so geärgert. Ich erzähle Ihnen das jetzt mal kurz. 69 Euro muss ich für den Umzugsservice zahlen. Dabei habe ich damals schon für die Bereitstellung des Anschlusses gezahlt, und Sie müssen ihn jetzt nur freischalten. Dass dafür ein Techniker kommen muss, weil die Freischaltung nicht funktioniert, ist nicht mein Problem.«
»Entschuldigung, Frau Uhlig, darf ich Sie ganz kurz unterbrechen? Dürften wir Ihnen für diese Unannehmlichkeit 20 Euro gutschreiben auf der nächsten Rechnung? Möglicherweise sehen Sie das erst auf der übernächsten, da der Abrechnungszeitraum sich überschneiden könnte.«
Stille.
»Das, muss ich jetzt sagen, wäre nicht nötig gewesen, nehme ich aber gerne an für diese ganzen Unannehmlichkeiten.«
»Wir von der Deutschen Telekom sind stets bemüht, dass sich unsere Kunden wohlfühlen. Im Anschluss an unser Gespräch werden Sie angerufen und gefragt, wie Ihnen der Service gefallen hat. Es würde mich sehr freuen, wenn Sie …«
»Sie brauchen gar nichts weiter sagen. Natürlich, das mache ich gerne, ganz gerne.«
»Dann bedanke ich mich im Namen der Telekom und wünsche Ihnen noch einen schönen Tag.«
»Den wünsche ich Ihnen auch«, sagte ich.
»Hast du gehört, ich bekomme 20 Euro für die Unannehmlichkeiten«, rief ich meiner Freundin in der Küche zu.
»Aha«, meine Freundin tauchte im Türrahmen auf, »und wann kommt jetzt der Techniker?«
Nein, Sie gehen auf gar keinen Fall!«
Wütend stand ich in der geöffneten Tür und ließ nicht zu, dass sie von außen zugezogen wurde. Das konnte doch nicht wahr sein! Böse funkelte ich diesen Milchbubi, Dreikäsehoch, übersät von …, er hatte eine wirklich schlimme Haut, und sein Händedruck am Anfang unserer Begegnung erinnerte an einen lauwarmen, nasskalten Waschlappen. Doch der junge Mann drehte sich einfach um und setzte seinen Fuß auf die oberste Stufe der Treppe.
Ganz schön stur, der Waschlappen, schoss es mir durch den Kopf. »Hallo Sie! Sie gehen jetzt nicht! Hören Sie mich überhaupt? Hallo?« Meine Stimme schnappte über.
»Ich gehe jetzt!«, hörte ich diese halb gare Stimme, die den Unterschied zwischen Junge und Mann ausmachte.
»Sie gehen jetzt gar nicht! Sie gehen jetzt wieder rein und machen diesen Anschluss!«
»Ich gehe jetzt«, wiederholte der Junge. Scharf sog ich die Luft ein.
»Noch mal, Sie gehen jetzt gar nicht! Sie kommen sofort rein und reparieren diesen Anschluss!«
Wie waren wir überhaupt in diese unmögliche Situation gekommen? Nach einer weiteren gefühlten Stunde mit der Hotline hatte man mir gesagt, dass der Techniker zur selben Zeit, also während unseres Telefonats, schon vor Ort gewesen, aber unverrichteter Dinge wieder gegangen war, da angeblich kein Name an der Klingel stand beziehungsweise nicht der richtige. Es brachte auch gar nichts, dass der Hotline-Mann mehrfach nachfragte und nach wiederholtem »Ich lege Sie kurz in die Warteschleife, aber bitte bleiben Sie dran, ich bin gleich wieder da« herausfand, dass der Name an der Klingel tatsächlich stimmte. Das brachte mich nur leider kein Stück weiter, denn der Techniker, so viel konnte man sehen, hatte als Begründung geschrieben: Kundenname nicht am Klingelschild. Der Telekomtechniker hat nämlich ein ähnliches Gerät wie der Postbote – da, wo man digital unterschreiben muss, dass man das Paket erhalten hat, da kann vermutlich der Telekomtechniker schreiben ›Kunde nicht angetroffen‹.
»Hören Sie«, erklärte ich dem Hotline-Mann, »völlig egal, was der Techniker geschrieben hat, Fakt ist: Ich bin da und der Techniker nicht. Und wie wir nun festgestellt haben, trifft mich keine Schuld. Ich bitte Sie nun inständig, den Techniker zurückzupfeifen. Er kann ja noch nicht weit sein, Sie sagten ja gerade, die digitale Meldung kam um 15.46 Uhr, und nun haben wir 16.02 Uhr. Bitte pfeifen Sie ihn zurück. Ich habe mir heute extra freigenommen. Eine Freundin musste sich ebenfalls freinehmen, um mitzukommen, da es mit Baby nicht so angenehm auf der Autobahn zu fahren ist. Wenn ich heute Abend zu Hause bin, habe ich 500 Kilometer hinter mir. Nur wegen des Anschlusses. Ich habe mittlerweile acht Stunden gewartet, obwohl das von Ihnen angegebene Zeitfenster nur sechs Stunden betrug. Gefühlte drei Stunden habe ich mit der Hotline verbracht.« Ich wechselte die Taktik: »Ohne Sie bin ich verloren. Bitte finden Sie diesen Techniker, bitte rufen Sie ihn zurück. Bitte! Wir brauchen das Internet.«
Das hatte gewirkt. Zwanzig Minuten später klingelte es an der Wohnungstür. Und dann verschlug es mir die Sprache. Uhlig, schalt ich mich, Uhlig, sei nicht so voreingenommen von Alter und Aussehen. Vermutlich hat dieser junge Mann, auch wenn man es nicht auf den ersten Blick erkennen kann, schon Fernmeldetechniker im Kindergarten gespielt, hat einen überdurchschnittlichen IQ, zwei Klassen übersprungen und mit vierzehn die Schule abgeschlossen. Anders war es nicht zu erklären, dass dieser junge Mann, der vor mir stand, tatsächlich der Telekom-Techniker sein sollte. Am liebsten hätte ich ihn nach dem Ausweis gefragt. Wie dem auch sei, er fragte, wo sich der Router befände, dann fragte er nach der Telekombox, dann ging er in den Keller, kam wieder und sagte, er würde jetzt gehen, da er nichts ausrichten könne, denn er habe nur den Auftrag, die Leitung freizuschalten. Das könne er aber nicht, da sein Zeitfenster nicht ausreichen würde, um festzustellen, warum das Signal, das im Keller durchaus vorhanden ist, nicht in der Wohnung ankommt. Außerdem hätte ich keinen Telekomanschluss in der Wohnung, also die Buchse, in die man die Stecker steckt. Das wäre auch alles nicht seine Aufgabe und im Auftrag nicht aufgelistet. Er sei nur zu Freischaltung hier, und das hätte er im Keller gemacht. Ja, ich glaube, da habe ich mich dann im Ton vergriffen, das ist möglich. Aber nicht schlimm, ich war wirklich human. Und ich war fassungslos. Ich hatte einen ganzen Tag verplempert, ohne richtig gegessen zu haben. Schlimmer noch, ich würde an diesem Tag 500 Kilometer umsonst gefahren sein und diese 500 Kilometer erneut fahren müssen, um einen neuen Technikertermin durchführen zu können. Und dann drehte sich der Junge doch tatsächlich um und verließ einfach die Wohnung. Und so waren wir in diese Situation gekommen: wutschnaubend stand ich in der offenen Tür und rief: »Nein, Sie gehen jetzt nicht!« Der Dreikäsehoch schon auf der Halbtreppe. Kurz schaute er mich noch an, dann drehte er sich weg und lief zwei Stufen auf einmal nehmend die Treppe hinunter. Fassungslos und vom Donner gerührt blieb ich in der Wohnungstür stehen. Ich habe ja schon viel erlebt mit Technikern, viel, aber das war mir noch nie untergekommen. Ich hörte mein Baby schreien und drehte mich zu meiner Freundin um, die weit hinten im Flur stand und mich fragend anschaute, und ich glaube, da habe ich mich wirklich im Ton vergriffen, als ich meiner Wut über den Techniker, die Telekom und der ganzen Situation freien Lauf ließ.
Manchmal ist es wichtig, Abstand zu nehmen von Dingen und sich ihnen erst dann wieder zu widmen, wenn man genug Kraft und Ausdauer dafür übrig hat, und deshalb verlasse ich an dieser Stelle vorübergehend die Telekom und widme mich angenehmeren Dingen im Leben.
Es beginnt meist mit einem Weidenkorb oder einer Wiege. Darauf folgen das Babybettchen und das Kinderbett. Dann das Jugendbett, und wenn man Glück hat, kann man hier bei der Auswahl schon mitentscheiden. Nach dem Jugendbett dann die Matratze auf dem Boden, zumindest war das damals bei allen meinen Freunden und mir so. Diese Bodenmatratze … stammte entweder noch aus dem Jugendbett, das man aber in Birkenfurnier nicht mehr sehen konnte, oder aus dem ersten halbwegs coolen Schwarz- oder Weißrohrmetallbett von Inar-Einar-Örnar-Svenson. Egal welches Bett, es musste weg. Ab in den Sperrmüll, und schon lag die Matratze auf dem Boden. Sie war entweder schon durchgelegen oder begann alsbald zu schimmeln, da sie nun auf dem Boden keine Luft mehr bekam. Auf jeden Fall war es nur eine Frage der Zeit, bis man sich im Matratzenbilligdiscounter wiederfand, um eine neue Liegestätte zu erstehen – entweder mit den Eltern oder gar mit der Oma, von der man sich eine großzügigere Finanzspritze erhoffte. Die neue Matratze sollte selbstredend ein paar Jahre halten und quasi die Übergangsmatratze werden, die man von zu Hause in die erste eigene Wohnung mitnehmen würde. Matratzenbilligdiscounter haben ja oft Spitzenangebote, und man hatte trotz aller Sonderangebote tatsächlich das Gefühl, in einem Fachgeschäft zu sein, da es hier nur Matratzen gab. Heute weiß ich, dass die Matratzenbilligdiscounter das ganze Jahr über dieselbe Matratze im Angebot haben, aber das war mir damals noch nicht klar, denn sooft beschäftigt man sich ja nun doch nicht mit Matratzen.
Die Matratzenbilligdiscounter liegen meistens an Ausfallstraßen, wo man ohne Motorisierung nicht hinkommt, um Preise zu vergleichen. Damals hatte man kein Auto, und so kam es, dass man an dem Tag, an dem man sich irgendwo ein Auto geliehen hatte, glaubte, bei diesem unsagbaren Angebotsschnäppchen einer Matratze sofort zugreifen zu müssen. Völlig egal, ob man bis dato auf Federkern sehr gut geschlafen hatte, meinte man jetzt, ohne Kaltschaum ginge gar nichts mehr. Schlief man vorher auf Kaltschaum, wusste man endlich, woher die Rückenschmerzen kamen, denn dank des freundlichen Fachverkäufers wurde man nun auf die einzig wirklich richtige Matratze hingewiesen (meist war es die, die eigentlich schon längst wegmusste und auf die der Discounter die größte Verdienstspanne hatte). Spätestens nachdem man auf mehreren Probe gelegen hatte, war man sowieso verwirrt und wusste gar nichts mehr. Man klammerte sich an den Fachverkäufer wie an einen Anker. Mittlerweile schmerzte der ganze Rücken, egal welche Matratze man ausprobierte. Die Rückenschmerzen konnten eine Diskussion mit der Oma über die falsche Haltung auslösen, falls man sie mit zum Matratzenkauf genommen hatte – und das nicht nur, weil sie, wie in meinem Fall, in dritter Generation Ärztin war, nein, Omas weisen immer auf die falsche Haltung und deren Konsequenzen hin. Aber wie das mit der renitenten Jugend so ist, jeder muss seine eigenen Erfahrungen machen.
»Oma, bitte, das ist jetzt wirklich nicht der richtige Zeitpunkt.«
»Liebling, du hast einen Flachrücken. Das muss der junge Mann wissen. Du hast da eine Fehlstellung, das ist überhaupt kein Problem, man kann wunderbar damit leben. Aber man muss darauf hinweisen und sollte darauf Rücksicht nehmen. Ende der Diskussion.« Und damit wandte sich meine Oma rigoros dem Fachverkäufer zu. »Welche Matratze ist denn bei Problemen im Halswirbelbereich zu empfehlen, junger Mann?«
Stille.
Und siehe da, der Mann hatte plötzlich einen Geistesblitz, oh Wunder, oh Wunder. Natürlich hatte er gerade nur noch ein Exemplar der Free-Flex-Majestic mit der besonderen punktierten, über das Kreuz geschossenen, im Schulterbereich eingelassenen Weichflexverbandung da. Sie lag zwar vom ursprünglichen Budget der Oma weit entfernt, aber Omas lassen sich leicht um den Finger wickeln. Und mit Sonderrabatten und Extrarabatten und viel Goodwill des Fachverkäufers hatte man das Glück, mit einem augenzwinkernden »Weil Sie es sind und Ihre nette Oma« dieses einmalige Angebot von ihm zu bekommen. 200 DM über Budget, egal. Das leuchtete auch meiner Oma ein, denn an ein solches Angebot, bei dem man so viel sparte, käme man ja nie wieder ran. Dieses unschlagbare Schätzchen lag ja aus heutiger Sicht praktisch nur 100 Euro über Budget, und hätte man damals schon gewusst, was der Euro mit der DM macht, hätte man selbst bei 400 DM mehr auch zugeschlagen. Und da wir außerdem laut dem »jungen Mann« so wahnsinnig sympathisch waren, konnten wir für nur einen weiteren Fünfziger obendrauf auch noch die verlängerte Garantie erwerben. Diese erste, lieb gewonnene Matratze maß in meinem Fall 1,40 × 2 Meter, und sie würde laut dem freundlichen und geschulten Fachverkäufer bestimmt noch in die erste eigene Bude oder ins erste WG-Zimmer mitziehen. Die verlängerte Garantie würde sich also voll bezahlt machen. Na, wenn das kein Glücksfall war!
Dass es diesen Discounter in einem möglichen Garantiefall vermutlich gar nicht mehr gäbe oder man im Falle eines Umzugs nicht mehr in die Nähe des Discounters käme, abgesehen davon, dass man sich selbst dann die Frage stellen würde, ob es überhaupt sinnvoll wäre, die Matratze 650 Kilometer weit zu transportieren (damals tankte ich ja noch Super verbleit, doch selbst das ist aus heutiger Sicht ein Schnäppchen), bleibt offen. Egal, allein der Gedanke, auf einer Garantie zu liegen, beruhigte mich und meine Oma damals ungemein.
Die Matratze erfüllte ihren Zweck, aber irgendwann kommt es, wie es kommen muss. In den ersten Jahren war das Leben dieser Matratze noch ruhig, aber nachdem sie mit mir das Elternhaus verließ, wurde es turbulent. Ihr Schutz war nicht mehr gegeben. Den Matratzenschoner hatte ich beim Umzug im Lkw als Stoßdämpfer missbraucht, nun lag sie verletzlich auf dem Boden. Zeitweise wurde sie gar als Picknickmatte verwendet, da ich in meiner Studentenbude anfangs noch keinen Tisch hatte und mich so an das Essen im Bett gewöhnte. Schrecklich! Besuch stieg achtlos über sie hinweg, und gerade die Spezies Mann zollte ihr nicht wirklich Respekt. Sie ließ mich ihre Kränkung spüren, ich hatte nun dauernd Rückenschmerzen. Vielleicht war sie noch in der Lage, als Gästematratze zu fungieren, aber als Vollzeitlösung kam sie nicht mehr infrage. Etwas Neues musste her, und ich würde diesmal ganz alleine entscheiden, denn ich war erwachsen geworden. Die nächste große Beziehung, die ich eingehen würde, wäre ein neues Bett und kein Mann, so beschloss ich.
Es trug sich zu, dass ungefähr zu dem Zeitpunkt, als die Bettenfrage immer drängender im Raum stand, ich bei einem Bekannten nächtigte. Noch nie hatte ich so gut geschlafen. Dass ich am Abend zuvor ein wenig Alkohol getrunken hatte, um meinen damaligen Liebeskummer zu ertränken, das übersehen wir bitte an dieser Stelle geflissentlich. Ich trinke sonst nie Alkohol, ich mag den Bittergeschmack von Vergorenem nicht. Aber in Notfällen, mit Nasezuhalten und durch, rutscht der Alkohol schon runter. Egal. Das wirklich Wichtige dabei war: Trotz der widrigen Umstände des Vorabends schlief ich hervorragend. Und warum? Wegen der Matratze, genauer des Matratzenbettes. Zum ersten Mal hatte ich das Gefühl, die Sonne zu sehen und im gleißenden Licht des Daseins aufzuerstehen. Klar war nun: Ich brauchte so ein Matratzenbett, es musste einfach her, ich hatte mich verliebt.
Und damit begann meine Liebe zum Boxspringbett – ein Bett, das aussieht, als ob es nur aus Matratzen bestehen würde, Unter- und Obermatratze mit Füßen dran. Da muss man sich keine Gedanken über das Bettgestell machen, sondern nur, welche Farbe der Stoffüberzug der Untermatratze haben sollte. Herrlich! Genial! Das war Anfang 2000, da hatte sich das Hotelbett in unseren Breitengraden als Schlafzimmerbett noch nicht durchgesetzt. Mittlerweile gibt es an den Ausfallstraßen ja schon Boxspringbettdiscountmärkte.
Aber zurück. Ich war 29 und auf der Suche nach mir selbst, in einer schweren »Ich werde 30«-Krise.
