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"Ein Tag an der Donau vor 500 Jahren" führt den Leser auf eine Zeitreise entlang eines der bedeutendsten Flüsse Europas. Die Donau, die sich von der Quelle in Deutschland bis zur Mündung im Schwarzen Meer erstreckt, war schon immer mehr als nur ein geographisches Element. Sie war die Lebensader von Kulturen, die Verbindung zwischen verschiedenen Völkern und der Schauplatz zahlreicher geschichtlicher Ereignisse. Im Jahr 1524 war die Donau ein pulsierendes Handelszentrum, das Städte, Dörfer und Reiche miteinander verband. Sie war Zeugin von Aufbrüchen und Umbrüchen, vom florierenden Handel und den Herausforderungen einer sich ständig verändernden politischen Landschaft. Dieser Zeitraum war geprägt von der Expansion des Osmanischen Reiches und den Kämpfen um die Vorherrschaft in Mittel- und Südosteuropa, der Herausbildung neuer Allianzen und der Erschaffung eines reichhaltigen kulturellen Erbes entlang der Donau. In : "Ein Tag an der Donau vor 500 Jahren" wird dieser geschichtsträchtige Fluss nicht nur als geographisches Element behandelt, sondern als lebendige Zeitreise, die dem Leser einen Einblick in den Alltag von Menschen gewährt, die auf unterschiedliche Weise vom Fluss und den Geschehnissen jener Zeit beeinflusst wurden. Vom einfachen Müller bis zum osmanischen Stadthalter, vom ungarischen Kaufmann bis zum Fischer alle diese Leben und Geschichten, die durch den Fluss verbunden sind, werden in einem Tag lebendig. Der Titel spiegelt den Blick auf die Donau als Lebensquelle und als Metapher für den fortwährenden Fluss der Geschichte wider. Durch die Geschichten, die im Fluss dieser Ereignisse eingebettet sind, wird nicht nur die Vergangenheit erlebbar gemacht, sondern auch ein Bewusstsein für die Verbindung zwischen Mensch und Natur, Geschichte und Gegenwart geweckt.
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Seitenzahl: 150
Veröffentlichungsjahr: 2025
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Mara von Eichen lebt mit ihrer Familie in Südungarn und verbindet in ihren Werken Natur,Psychologie,Bewusstsein und kreative Ausdrucksformen. Als Autorin und Künstlerin betrachtet sie die Welt mit besonderer Sensibilität und Tiefgang. Ihre Sachbücher laden dazu ein, neue Perspektiven zu entdecken und die Verbindung zwischen Mensch und Technologie bewusster wahrzunehmen. In der Ruhe der unberührten Landschaft findet sie Inspiration für ihre Arbeiten, die Verstand und Seele gleichermaßen ansprechen.
„Die Donau trägt Geschichten in ihrem Wasser, die seit Jahrhunderten erzählen, was Worte nicht fassen können.“
Donaueschingen (Deutschland)Jakob Seiler-Müller
Ulm (Deutschland)Hans Kistler-Schiffbauer
Ingolstadt (Deutschland)Johann Altdorfer-Gelehrter
Regensburg (Deutschland)Konrad Moser-Gerber
Passau (Deutschland)Matthias Lutz-Salzhändler
Linz (Österreich)Elisabeth von Perg-Adelige
Krems (Österreich)Katharina Reutter-Klosterfrau
Wien (Österreich)Erzherzog Ferdinand-Stadthalter
Bratislava (Slowakei)Mikuláš Torma-Apotheker
Győr (Ungarn)Tamás Fekete-Fischer
Esztergom (Ungarn)András Kovács-Steinmetz
Budapest (Ungarn)Miklós Farkas-Goldschmied
Dunaújváros (Ungarn)István Varga-Winzer
Baja (Ungarn)Márk-Junge
Mohács (Ungarn)István Horváth-Fassbauer
Novi Sad (Serbien)Tamás Bálint-Kaufmann
Belgrad (Serbien)Iskender Effendi-osmanischer Beamter
Smederevo (Serbien)Mehmet Çelebi-Proviantmeister
Drobeta-Turnu Severin (Rumänien)Radu Basarab-Bojar
Vidin (Bulgarien)Ali Pasha-Stadthalter
Lom (Bulgarien)Mustafa Çelebi-Hafenmeister
Ruse (Bulgarien)Elena Markova-Malerin
Giurgiu (Rumänien)Mihail Sârbu-Lautenbauer
Brăila (Rumänien)Alexandru "Sandu" Ionescu-Tischler
Galați (Rumänien)Ion Popescu-Schmied
Tulcea (Rumänien)Constantin Dumitru-Töpfer
Donaustädte im Buch
Die Donau – ein Fluss, der seit Jahrhunderten die Herzen und Geschichten von Millionen von Menschen verbindet. Sie ist nicht nur ein geographisches Element, sondern ein lebendiges Band, das Kulturen, Nationen und Jahrhunderte miteinander verknüpft. „Ein Tag an der Donau – vor 500 Jahren“ lädt dich ein, in eine Zeit einzutauchen, in der der Fluss nicht nur eine Grenze, sondern auch eine Lebensader war.
In diesem Buch reise ich mit dir von der Quelle der Donau bis zu ihrer Mündung, vorbei an Städten, die in ihrer Geschichte von Höhen und Tiefen geprägt wurden. Wir erleben die Welt vor 500 Jahren – von den kleinen, handwerklich geprägten Dörfern und lebendigen Handelsmärkten bis hin zu den prächtigen Residenzen der Adligen und den düsteren Schatten der Kriege, die das Land durchzogen. An einem einzigen Tag erlebst du das Leben und die Sorgen der Menschen – von den Mühen eines Müllers bis zu den Herausforderungen eines osmanischen Stadthalters.
Diese Geschichten wurden von der Strömung der Donau getragen, und sie erzählen von den kleinen und großen Momenten, die das Leben entlang dieses majestätischen Flusses ausmachten. Während wir gemeinsam diese Reise antreten, möchte ich dich einladen, die Donau nicht nur als Fluss, sondern als ein echtes Gefäß für Geschichten, Erinnerungen und das Leben selbst zu erleben.
Möge diese Reise durch die Zeit dir genauso viel Freude bereiten wie mir bei ihrer Entstehung.
Mara von Eichen
Die Donau, der zweitlängste Fluss Europas, ist nicht nur ein geographisches Merkmal, sondern ein unerschöpfliches Archiv der Geschichte. Sie zieht sich wie ein rotes Band durch das Herz Europas, verbindet Länder, Völker und Kulturen und erzählt ihre eigene, unzählige Geschichten. Im Jahr 1524, zu einer Zeit, als die Welt noch von den Grenzen großer Reiche und Kriege bestimmt wurde, floss sie bereits als Zeugin unzähliger Ereignisse durch das Land – von friedlichen Handelsreisen bis zu erbitterten Kämpfen, von ehrgeizigen Herrschern bis zu den einfachen, aber entscheidenden Leben der Menschen, die sich an ihren Ufern niederließen.
In „Ein Tag an der Donau – vor 500 Jahren“ nehme ich dich mit auf eine Reise entlang dieses majestätischen Flusses, die nicht nur geographisch, sondern auch zeitlich weit über das hinausgeht, was wir heute kennen. An diesem einen Tag, an dem wir uns befinden, blühen die Märkte, bereiten sich Krieger auf den nächsten Krieg vor, und Händler handeln ihre Waren, die die Welt verändern könnten. Doch das Leben dieser Menschen ist nicht nur von großen historischen Ereignissen bestimmt, sondern auch von ihren persönlichen Kämpfen und Siegen.
Vom Müller in einem kleinen Dorf bis zum osmanischen Stadthalter einer großen Festung, von den Straßen der Städte bis zu den geheimen Versammlungen der Handelsgilden – jedes Leben entlang der Donau erzählt seine eigene Geschichte. Dieses Buch lädt dich ein, diese Geschichten zu entdecken, die tief in der Geschichte verwurzelt sind und dennoch universelle Themen wie Hoffnung, Verlust und den ständigen Wandel des Lebens behandeln.
Die Donau ist der verbindende Faden, der all diese Erlebnisse miteinander verknüpft. Ihre Strömung trägt das Leben an ihren Ufern und nimmt es mit sich, unaufhaltsam, aber niemals vergessend.
Der erste Lichtschein kämpfte sich durch das kleine, schmale Fenster und tauchte die groben Holzbalken der Decke in fahles Grau. Donaueschingen, am Ursprung der Donau gelegen, war ein beschaulicher Ort, dessen Bewohner ihr Leben eng mit dem Fluss verbanden. Die Donauquelle, in der Nähe der Fürstenresidenz, wurde seit Jahrhunderten als Beginn dieses mächtigen Stroms verehrt. Hier, in dieser kleinen Gemeinde, lebten Bauern, Handwerker und Müller, die mit dem Wasser arbeiteten, das bald weite Länder durchfließen würde.
Schon in der Antike war die Gegend um Donaueschingen besiedelt, denn die Quelle, aus der das Wasser unaufhörlich strömte, galt als heilig. Kelten verehrten diesen Ort als ein Zentrum ihrer Wasserkulte, und römische Legionäre errichteten hier eine kleine Station, um die strategisch wichtige Verbindung zwischen den römischen Provinzen zu kontrollieren.
Im Mittelalter entwickelte sich Donaueschingen zu einem bedeutenden Ort für die Versorgung der umliegenden Ländereien. Die Nähe zu den großen Handelsrouten machte es zu einem Knotenpunkt für Waren, insbesondere Getreide, Vieh und Holz. Handwerker siedelten sich an, vor allem Müller, Schmiede und Wagner, die vom ständigen Bedarf an Werkzeugen, Wagen und Mühlensteinen lebten. Die Donau diente dabei nicht nur als Wasserquelle, sondern auch als Transportweg.
Die Fürsten zu Fürstenberg, deren Stammsitz hier lag, gewannen im 15. Jahrhundert an Bedeutung. Ihr Einfluss reichte weit über die Region hinaus, und Donaueschingen wuchs mit ihrer Macht. Die Residenz der Fürsten, eine der prächtigsten ihrer Zeit, wurde später zum kulturellen Zentrum der Region, doch schon 1524 stand sie als Zeichen des erstarkenden Adels über der Stadt.
Die Landwirtschaft war das wirtschaftliche Rückgrat des Ortes. Bauern bewirtschafteten Felder mit Gerste, Roggen und Hafer, hielten Vieh und nutzten das reichlich vorhandene Wasser der Donau für ihre Mühlen. Müller wie Jakob Seiler, ein erfahrener Handwerker, lebten von der Kraft des Wassers, das ihre Mühlräder antrieb. Die Qualität des Mehls, das in Donaueschingen gemahlen wurde, war in den umliegenden Märkten bekannt, und regelmäßig kamen Händler, um sich mit frischen Waren einzudecken.
Auch die Klöster der Umgebung spielten eine Rolle im Leben der Menschen. Sie stellten nicht nur einen geistlichen Anker dar, sondern waren auch bedeutende wirtschaftliche und kulturelle Zentren. Mönche bewahrten Wissen, kopierten Manuskripte und betrieben Heilkräutergärten, deren Produkte auf den Märkten geschätzt wurden.
Das Leben in Donaueschingen war hart, aber stetig. Die Menschen lebten im Rhythmus der Jahreszeiten und der Strömung der Donau. Sie wussten, dass sie sich auf das Wasser verlassen konnten – es gab ihnen Nahrung, ermöglichte ihnen Handel und trug ihre Geschichten weit in die Welt hinaus.
Hier lebte und arbeitete Jakob Seiler, ein einfacher Müller, der mit dem Wasser des Flusses arbeitete, das bald Städte, Königreiche und ganze Reiche durchfließen würde.
Jakob setzte sich langsam auf und spürte die Kälte des Morgens in seinen Knochen. Sein Haus war klein, nur ein einziger Raum mit einer Feuerstelle, einem Tisch, ein paar Bänken und drei Strohlagern auf dem Boden, die als Betten dienten. Seine Frau Elisabeth war bereits wach und hatte das Feuer im Herd entzündet. Die Luft roch nach Rauch und feuchtem Holz, und die ersten warmen Lichtreflexe zitterten an der Wand.
Jakob stand auf, zog seine einfachen Leinenhosen an, wickelte seinen breiten Lederstreifen um die Hüfte und schlüpfte in seine dicken Wollsocken. Seine Füße trafen den kalten Boden, während er sich zu einer hölzernen Schüssel mit Wasser begab, die Elisabeth am Abend zuvor bereitgestellt hatte.
Er spritzte sich das eiskalte Wasser ins Gesicht, wusch sich Hände und Nacken, dann fuhr er mit den Fingern durchs Haar.
Sein Frühstück war einfach, aber nahrhaft:
Haferbrei mit etwas Honig
Ein Stück Schwarzbrot vom Vortag
Ein Becher verdünntes Bier
Wasser trank man kaum, da es oft mit Keimen belastet war. Elisabeth teilte das Brot, reichte ihm eine Schale Brei und nahm selbst einen Löffel. Neben ihnen schliefen die beiden Kinder noch in ihrem Strohlager, fest eingewickelt in grobe Wolldecken.
„Der Müller braucht dich heute früh“, sagte Elisabeth leise.
Jakob nickte nur.
Nach dem Frühstück zog er seine schweren Lederschuhe an, band sich seinen dicken Wollmantel um die Schultern und verließ das Haus. Die Mühle lag direkt an der Donauquelle, wo das Wasser mit gleichmäßigem Rauschen aus dem Stein floß. Hier wurde Getreide gemahlen, das die Bauern aus der Umgebung brachten.
Der Müller, Georg Rapp, war schon bei der Arbeit, als Jakob ankam.
„Bist spät dran“, brummte er, während er einen schweren Sack Weizen auf die Schultern wuchtete.
Jakob sagte nichts. Er griff nach dem nächsten Sack und schleppte ihn zur hölzernen Schütte, wo die Körner langsam in den Mahlstein fielen. Der ganze Raum vibrierte von der Bewegung des Mühlrads, das durch das Wasser angetrieben wurde. Staub lag in der Luft, vermischt mit dem Duft von frischem Mehl. Sie arbeiteten schweigend, unterbrochen nur von kurzen Zurufen der Bauern, die neue Säcke brachten.
Als die Sonne hochstand, setzten sie sich auf die Steinstufen vor der Mühle.
Elisabeth hatte ihm ein einfaches Mahl eingewickelt:
Ein Stück Käse
Ein hart gekochtes Ei
Brot
Ein kleiner Krug mit dünnem Apfelmost
Während er aß, sah er den Fluss hinab. Die Donau war hier noch ein junges, klares Band, das sich durch den Wald schlängelte. Doch bald würde sie breiter, kräftiger – und irgendwann würde sie Städte und Länder durchqueren.
Nach der Rast gingen sie zurück an die Arbeit. Jakob half, die frisch gemahlenen Mehlsäcke auf Karren zu laden, bevor er zum Waldstück hinter der Mühle ging, um Holz zu hacken. Er war stark, und das Holzfällen war ihm lieber als das Schleppen der schweren Säcke. Mit kräftigen Schlägen trieb er die Axt ins Holz, während das Echo der Schläge durch die Bäume hallte. Bald hatte er genug für den Abend zusammen. Die Sonne begann bereits, sich hinter die Baumwipfel zu senken.
Zurück im Haus roch es nach gekochtem Gemüse und Rauch.
Elisabeth hatte einen Eintopf angesetzt:
Rüben, Zwiebeln und ein paar getrocknete Kräuter
Ein Stück Brot
Ein Becher verdünntes Bier
Fleisch gab es nur selten, vielleicht einmal in der Woche. Jakob setzte sich an den Tisch, während seine Kinder – Hans, sieben Jahre alt, und Greta, fünf – sich auf seinen Schoß kletterten.
„Hast du uns was mitgebracht, Vater?“ fragte Hans neugierig.
Jakob lachte und zog ein kleines Holzstück aus seiner Tasche.
„Ein Stück Holz von der Fassung des Mühlstein. Vielleicht bringt es euch Glück.“
Hans drehte es begeistert in den Händen.
Nach dem Essen saßen sie noch eine Weile zusammen. Elisabeth spann Wolle, während Jakob das Messer schärfte. Die Kinder dösten neben dem Feuer, und draußen hörte man das leise Plätschern der Quelle.
Als die Kerze langsam niederbrannte, deckten sie die Kinder zu und krochen selbst in ihre Strohlager.
Morgen würde wieder ein harter Tag werden.
Aber heute war geschafft.
Und die Donau floss weiter.
Denn so war das Leben eines Müllers in Donaueschingen – einfach, mühsam, aber stetig wie der Fluss selbst.
Die ersten Sonnenstrahlen glitten über die Dächer von Ulm, während die Donau unter der hölzernen Stadtbrücke in ruhigem Blau floss. Im Schatten des gewaltigen Ulmer Münsters, dessen Turm weit über die Stadt hinausragte, begann das geschäftige Treiben. Händler entluden ihre Karren, Bäcker schoben das erste Brot aus den Öfen, und vom Flussufer hallte bereits das rhythmische Hämmern der Schachtelbauer.
Die Stadt war ein bedeutendes Handelszentrum im Schwäbischen Reichskreis. Als freie Reichsstadt besaß Ulm große wirtschaftliche und politische Autonomie. Die Donau verband die Stadt mit den Märkten in Bayern, Österreich und Ungarn, und Ulmer Kaufleute transportierten ihre Waren flussabwärts in den für die Stadt typischen Ulmer Schachteln – robusten, flachen Schiffen, die für die langen Reisen auf dem Fluss gebaut wurden.
Seit dem Mittelalter war Ulm ein Zentrum des Tuchhandels und der Weberei. Die hier gefertigten Stoffe waren in ganz Europa begehrt, und viele reiche Kaufmannsfamilien verdankten ihren Wohlstand diesem Gewerbe. Neben der Tuchindustrie florierte auch das Gerberhandwerk, die Färberei und das Buchbindergewerbe. Die enge Verbindung zwischen Handel und Handwerk machte Ulm zu einer der wohlhabendsten Städte im süddeutschen Raum.
Die Stadtverwaltung wurde durch den Rat der Stadt geführt, der von den wohlhabenden Bürgern und Kaufleuten dominiert wurde. Die Ulmer Bürger legten großen Wert auf ihre Unabhängigkeit von den Fürsten des Reiches und verteidigten ihre Privilegien mit Nachdruck. Die Stadt hatte ihre eigene Münzprägung und konnte eigene Gesetze erlassen, was Ulm zu einem wirtschaftlich und politisch starken Zentrum machte.
Das Ulmer Münster, das heute die höchste Kirche der Welt beherbergt, war bereits im Bau, doch sein gewaltiger Turm war noch nicht vollendet. Die Baustelle war ein Symbol für die Beständigkeit und den Ehrgeiz der Stadtbewohner, deren Glaube und Wohlstand sich in ihrer Architektur widerspiegelte.
Auch die Wissenschaft und Bildung spielten in Ulm eine bedeutende Rolle. Die Stadt beherbergte Gelehrte, Handwerksmeister und Künstler, die in Zünften organisiert waren und ihr Wissen weitergaben. Die Buchdruckerkunst hatte auch hier Einzug gehalten, und viele humanistische Schriften fanden über Ulm ihren Weg in die Welt.
Die Donau war nicht nur eine Handelsroute, sondern auch eine Quelle der Inspiration für viele Geschichten und Legenden. Reisende, die in Ulm Halt machten, erzählten von fernen Ländern, von den Märkten in Wien, von den engen Gassen Budapests und den wilden Strömungen der unteren Donau.
Einer der Männer, die sich der Kunst des Bootbaus widmeten, war Hans Kistler, ein erfahrener Schachtelbauer. Heute sollte ein neues Schiff fertiggestellt und noch vor Sonnenuntergang zu Wasser gelassen werden.
Hans erwachte mit dem ersten Hahnenschrei. Sein Haus lag direkt an der Werkstatt, nicht weit vom Fluss entfernt. Er rieb sich den Schlaf aus den Augen, streckte sich und zog seine schwere Wollhose und das grobe Leinenhemd über. Seine Frau Agnes war bereits wach und hatte eine Schüssel Wasser auf den Tisch gestellt, damit er sich waschen konnte.
Er spritzte sich das kühle Wasser ins Gesicht, rieb sich mit einem Stofftuch über Arme und Nacken und fuhr mit den Fingern durch sein dunkles Haar. Hygiene war einfach: Wasser, ein wenig Asche und ein kräftiges Reiben – so hatte er es von seinem Vater gelernt.
Das Frühstück war schlicht, aber kräftigend:
Gerstenbrei mit Honig
Ein Stück Roggenbrot
Ein Becher Dünnbier
„Heute setzt du die neue Schachtel ins Wasser?“ fragte Agnes, während sie einen Laib Brot für den Tag schnitt.
Hans nickte, während er einen Löffel Brei in den Mund schob. „Wenn der Herrgott will, schwimmt sie heute Abend auf der Donau.“
Dann zog er sich seine dicke Lederweste über, schnallte den Breitgürtel mit seinen Werkzeugen fest und verließ das Haus.
Am Donauufer, inmitten von aufgeschichteten Holzstämmen und Spänen, standen die Schiffsbauer bereits bei der Arbeit. Die Luft war erfüllt vom Geruch nach frischem Holz, Pech und Teer, während schwere Äxte auf die Eichenbohlen niederfuhren.
Hans trat in die Werkstatt, in der das halb fertige Schiff bereits auf stabilen Böcken lag. Es war eine typische Ulmer Schachtel – flach, breit, mit spitzen Enden und stabilen Seitenwänden, perfekt für die langen Reisen flussabwärts.
Sein Lehrling Jörg, ein sechzehnjähriger Junge mit rußverschmierten Händen, kam eilig herbei.
„Meister Hans! Ich habe die Planken für den Rumpf fertig gehobelt.“
Hans klopfte ihm auf die Schulter. „Gut gemacht, Junge. Dann setzen wir die letzten Bretter ein.“
Mit geübter Hand griff er nach den Holzdübeln, mit denen die Planken befestigt wurden. Jörg reichte ihm den großen Holzhammer, und mit kräftigen Schlägen trieb Hans die Dübel ins Holz. Die Arbeit war schweißtreibend, aber Hans liebte sie.
Als die Sonne ihren höchsten Punkt erreicht hatte, legten die Männer die Werkzeuge nieder. Es war Zeit für das Mittagsmahl. Sie setzten sich auf eine umgestürzte Holzbohle, die als Tisch diente, und packten ihre Brotbeutel aus.
Hans hatte mitgebracht:
Ein Stück Käse
Ein hart gekochtes Ei
Knuspriges Roggenbrot
Ein Becher Most
Ein älterer Schachtelbauer zog eine Flasche Most aus seiner Tasche und ließ sie herumgehen. „Hoffen wir, dass die Donau heute gnädig ist“, murmelte er und nahm einen kräftigen Schluck.
Hans nickte und ließ seinen Blick über das Wasser schweifen. Die Donau war ruhig heute. Ein gutes Zeichen.
Nach der Pause kehrten sie zur Arbeit zurück. Das Schiff war fast fertig. Hans nahm den dicken Pinsel mit Pech und strich sorgfältig die Fugen aus, um das Holz wasserdicht zu versiegeln. Jörg befestigte die letzten Ruderdollen, während die anderen Männer das Schiff langsam auf hölzerne Rollen hievten, um es ins Wasser zu lassen.
Die Spannung stieg. Würde die Schachtel schwimmen – oder würde sie Wasser ziehen?
Am späten Nachmittag versammelten sich einige Kaufleute, Flussschiffer und Schaulustige am Ufer. Der erste Kunde, ein Händler, der mit Getreide handelte, wollte das Boot noch heute beladen.