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Die ersten drei Teile der "Doppelpunkt: Liebe"-Reihe in einem Buch. 1. BAUPROJEKT: LIEBE Leandras größter Wunsch ist eine eigene Familie. Sie hat immer gedacht, dass ihr Ex-Freund seine Meinung noch ändern wird, als er ihr sagte, dass er kein Vater werden will. Doch die Trennung zeigt das Gegenteil und all ihr Schmerz sagt ihr, dass sie um so entschlossener an die Verwirklichung ihres Traums glauben sollte. Philip hat bereits Schicksalsschläge in Kauf nehmen müssen, um da anzukommen, wo er heute steht. Trotzdem – oder gerade aus diesem Grund – hat er seine Prinzipien. Ganz besonders zum Thema Frauen. Ein gemeinsames Projekt führt die beiden geschäftlich zusammen und sie kommen sich näher. Leas Herz rast in seiner Nähe und sie scheint den Erwartungen von Philip auf den ersten Blick zu entsprechen. Doch findet Lea bei Philip wirklich ihr Glück? Kann sich gemeinsam mit ihm der Traum einer eigenen Familie erfüllen? 2. ZERREIßPROBE: LIEBE Sophia kennt den Namen des Vaters ihrer Tochter nicht. Aber das stört sie nicht weiter. Natürlich ist es hart, alleinerziehende Mutter zu sein, doch ein Mann fehlt ihr nicht wirklich. Lars ist verheiratet und hat gemeinsam mit seiner Frau eine Tochter. Er hat alles, was ein Mann sich wünschen kann. Eine Familie, ein Haus und einen gutbezahlten Job. Phia und Lars begegnen sich das erste Mal in der Kita ihrer Töchter. Die Anziehung und die Neugierde auf den jeweils anderen fasziniert und irritiert sie zugleich. Kann Phia mit einem verheirateten Mann zusammen sein? Kann Lars wirklich seine Familie aufs Spiel setzen? Oder ist eine Trennung der beiden unausweichlich? 3. UNVERWECHSELBAR: LIEBE Fiona möchte endlich wieder ihr Leben in den Griff bekommen. Von ihrem Mann geschieden, von der Freundin hintergangen und nun auch noch alleinerziehende Mutter. Daniel genießt sein Leben und die Frauen. Er hat mit einem Freund und Geschäftspartner seinen Traum einer eigenen Bar verwirklicht und möchte daran auch so schnell nichts ändern. Die Einladung eines Stufentreffens lässt Fionas Herz höher schlagen. Längst verdrängte Erinnerungen an ihre erste große Liebe tauchen wieder auf. Kommt Daniel auch zum Stufentreffen? Wird sie ihn endlich wiedersehen? Wird es immer noch so prickelnd sein? Oder liegt ihre glückliche Zukunft ganz woanders? Weitere Teile: 4. Boxenstopp: Liebe 5. Neuanfang: Liebe
Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:
Veröffentlichungsjahr: 2021
I. Bauprojekt: Liebe
Titelseite
Der Augenblick
Verlangen, wo keins sein sollte
Wiedersehen
Momente der Unachtsamkeit
Wie peinlich ...
Missverständnis
Klärungen
Romantisch ist anders …
Geht auch anders …
Nicht gelebte Träume
Entzug ist nicht leicht
Jeder flüchtet anders
Fehlentscheidungen
Gemeinsame Zeit
Immer weiter
Oh mein Gott
Es muss weitergehen
II. Zerreißprobe: Liebe
Titelseite
I. Vor zwei Jahren
Jeder Anfang ist schwer ...
Wem möchte ich hier etwas vormachen?
DER Freitag
Der Tag danach ...
Freunde
Begegnungen
Treffen
Kennenlernen – oder nicht?
Die Zeit danach ...
II. Gegenwart
Neuigkeiten
Wiedersehen
Und jetzt?
Was für glückliche Zufälle!
Woher kam der Wandel?
Das kann jetzt nicht sein ...
Gemeinsam
Heimliche Treffen
Es kommt, wie es kommen muss ...
Zu viel des Guten
Schneller vorbei, als es beginnen konnte?
III. UnverwechselBar: Liebe
Titelseite
Vergangenheit
Der Moment
Der Tag danach
Hilfe, wenn man keine will ...
Stück für Stück
Andere Gedanken
Dämonenbekämpfung
Abstand
Mädelsabend
Es kommt, wie es kommen muss
Der Alltag
Verschwunden
Schmerzen
Copyright: © 2016 Paula Herzbluth
Coverfoto:
Gestaltung: © NaWillArt-CoverDesign
Motiv: © Milos Tasic #52320726 / stock.adobe.com
© ufotopixl10 #49397983 / stock.adobe.com
© andersphoto #80843930 / stock.adobe.com
Lektorat / Korrektorat: http://dkf-korrekturen.net – Diana Falke
Zweitkorrektorat: Schreib- und Korrekturservice Heinen
Weitere Mitwirkende: June Herald, C. Koch
3. Auflage
Paula Herzbluth
c/o Sebastian Münch
Rechtsanwalt / Steuerberater
Gartenstraße 44
40479 Düsseldorf
Alle Rechte vorbehalten. Ein Nachdruck oder eine andere Verwertung ist nachdrücklich nur mit schriftlicher Genehmigung der Autorin gestattet. Sämtliche Personen in diesem Text sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind zufällig.
Für alle,
die an meinen
Traum geglaubt haben
und
mir geholfen haben,
diesen zu verwirklichen!
♀
Klingt es zu narzisstisch, wenn ich sage, dass ich komplett vernarrt in ein Ebenbild meiner Selbst bin? Ich betrachte verträumt Maries blonde Haare, die im Wind wehen, und ihr Lachen ist Musik in meinen Ohren.
Als ich den ersten Blick in ihre strahlenden blauen Augen werfen durfte und ihren kleinen Körper an meinen drückte, war es um mich geschehen ... Überwältigt von meinen eigenen Gefühlen konnte ich die Tränen nicht aufhalten, die sich aus meinen Augen lösten. Wie soll das erst werden, wenn ich meine eigenen Kinder in den Armen halte?
Marie ist die Tochter meiner Schwester Sophia.
Am ersten Wochenende eines jeden Monats schläft Marie bei mir. Ich besteche sie mit tollen Sachen, die man nur bei Tanten darf, und versuche, sie so noch mehr von meinen Tantenqualitäten zu überzeugen. Neben den Bestechungsversuchen an meiner Nichte versuche ich, meiner Schwester unter die Arme zu greifen. Als alleinerziehende Mutter hat man es bestimmt nicht gerade einfach.
So haben Marie und ich heute, an einem Sonntag, bereits um elf Uhr einige Zeit auf dem Spielplatz um die Ecke verbracht und genießen die frühen Sonnenstrahlen. Wir bauen Sandburgen und Marie erklimmt die höchsten Klettergerüste. Gerade sitzt sie auf der Schaukel und lacht über meine Grimassen, die ich extra für das tollste Kinderlachen schneide.
Manche Leute drehen sich sogar schon neugierig zu uns um ... Peinlich? Uns nicht.
Doch als wir von der Straße Autoreifen quietschen hören und eine laute Hupe ertönt, verstummt unser Lachen abrupt.
Sobald ich realisiere, dass Marie ihre Aufmerksamkeit den Geschehnissen auf der Straße schenkt, versuche ich, ihre Konzentration wieder auf mich zu lenken. Lauthals geschimpfte Worte möchte ich ihr nun wirklich nicht zumuten.
»Komm, Süße, wir wollten doch noch etwas Leckeres essen gehen, bevor ich dich auch schon wieder nach Hause bringe.«
»Au ja! Darf ich etwas aussuchen?«
Die blauen Kulleraugen, die sie definitiv aus meiner Familie hat, blitzen zu mir hoch. Maries besonders unschuldiger Blick trifft mich und ich ahne schon Schlimmes.
»An was denkst du denn?«, frage ich dennoch.
Der Augenaufschlag, der jetzt folgt, bestätigt meine Befürchtung lediglich.
»Gehen wir zu Onkel Thomas?« Klimper, klimper …
Mein Lächeln erstarrt einen Moment, als meine schlimmsten Befürchtungen ausgesprochen werden.
Thomas ist mein Ex, der mich vor über drei Monaten verlassen hat. Ich war am Boden zerstört, wobei es im Nachhinein wahrscheinlich besser war ... Aber das weiß man meistens erst hinterher, oder?
Ich verziehe gequält das Gesicht. »Na klar, meine Süße. Als ob ich dir etwas ausschlagen könnte.«
Die pure Freude, die in Maries Gesicht abzulesen ist, dämpfen meine Ängste, Thomas nach langer Zeit das erste Mal wiederzusehen. Allerdings befürchte ich, dass Marie ihre Kulleraugen und ihr Grinsen bereits mit ihren vier Jahren sehr gekonnt einzusetzen weiß. Vielleicht sollte ich mich beim nächsten Mal etwas vorsehen, wenn ich wieder einmal mit meinen Bestechungsversuchen trumpfen möchte. Nicht, dass ich mir ab jetzt immer ins eigene Fleisch schneide ...
»Na, dann komm, Süße.« Ich reiche Marie meine Hand, die sie auch vergnügt ergreift, damit wir den Weg zu meinem Auto sicher überwinden können. Ich helfe ihr in den Kindersitz, bevor wir uns auch schon auf den Weg machen.
Die Unruhe, die mich erfasst, versuche ich resolut zu ignorieren.
♂︎
Mein Sonntag hat schon wieder einmal fürchterlich begonnen.
Nicht, dass meine Eltern mal bedenken könnten, dass ich ein Single und Anfang dreißig bin, der sich mit seinen Freunden einfach mal die Nacht zuvor um die Ohren geschlagen hat.
Aber da dieser Gedanke so abwegig ist, hat mich meine Mutter heute in aller Herrgottsfrühe aus dem Land der Träume gerissen. Das laute Schrillen des Telefons und dann noch die dazu gut gelaunte Stimme meiner Mutter brachten mich innerhalb von Sekunden an den Rand des Wahnsinns. Natürlich wollte sie mich lediglich an unser monatliches Familienessen erinnern. Und ich? Ich konnte mir ein Augenrollen hinter meinen geschlossenen Augenlidern nicht verkneifen. Eigentlich müsste sie doch langsam wissen, dass diese monatlichen Treffen nichts mehr für mich sind. Mütter. Sie meinen es wahrscheinlich nur gut, bringen einen aber tatsächlich mit ihrer Fürsorge einfach um den Verstand.
Vielleicht sollte ich euch noch erläutern, dass bei diesen monatlichen Treffen die komplette Familie in der kleinen Wohnung meiner Eltern zusammensitzt. Die nervigen Vorträge meiner beiden Schwestern, was ich in der Beziehung zu Sandra alles falsch gemacht habe, erwähne ich jetzt einfach nicht weiter. Das Ganze ist auch so schon schlimm genug. Mal abgesehen davon, dass sie die komplette Wahrheit überhaupt nicht kennen.
Versteht mich jetzt bitte nicht falsch, im Grunde genommen liebe ich meine Familie. Allerdings hagelt es nur noch Vorwürfe, seit Sandra mich vor drei Jahren verlassen hat. Und darauf habe ich keine Lust mehr! Scheinbar sind sie auf diesem Ohr taub, sodass ich immer und immer wieder mit diesem Thema konfrontiert werde.
Meiner gigantischen Lust auf neue Vorwürfe haben sie es zu verdanken, dass ich mich jeden Monat erneut bemühe, neue Ausreden für dieses fürchterliche Treffen zu finden. Wer würde das nicht versuchen.
Nachdem der Morgen sowieso schon angebrochen war, habe ich mich aus meinem Bett gequält, eine Kopfschmerztablette eingeworfen und seitdem fahre ich auf meinem Bike durch die Straßen.
Irgendwie muss ich meine Gedanken doch zum Schweigen bringen können. Der Alkohol von gestern hat zumindest nicht wirklich seine Aufgabe erfüllt.
Als ich schon ein gutes Stück Strecke zurückgelegt habe, höre ich ein Lachen. Dieses Lachen geht mir durch Mark und Bein. Ein innerer Drang zwingt mich dazu, meinen Kopf in die Richtung des Ursprungs zu lenken. Mein Blick huscht also über die vorbeirauschende Umgebung und für einen kurzen Moment kann ich durch das Gestrüpp zwei blonde Geschöpfe erblicken. Eine Frau schubst lachend ein Kind auf der Schaukel an.
Ich bin so fasziniert, dass ich den Anblick in mich aufnehme.
Eine Hupe reißt mich aus meiner Starre. Mein Kopf ruckt wieder nach vorne, ich erfasse direkt das Dilemma. Ich muss abrupt bremsen, schaffe es nicht rechtzeitig und fahre genau in den Kotflügel eines blauen 3er-BMW.
Der Autofahrer steigt fluchend aus seinem Auto und beschimpft mich lautstark.
Ich hebe beschwichtigend die Hände. »Ist ja schon gut«, gebe ich genervt zurück.
Ruppig löse ich meinen Helm, fahre mir gedankenlos durch meine zerzausten Haare und versuche mich zu sammeln.
Der Fahrer zückt bereits sein Handy, um die Polizei zu verständigen.
Soll mir nur recht sein ...
Ich drehe mich noch einmal Richtung Park.
»Fuck!«, entschlüpft es meinem Mund.
Aber ich kann es nicht glauben, die Ursache meiner Unaufmerksamkeit ist nicht mehr zu sehen.
♀
Fünfzehn Minuten und eine Märchen-CD später finde ich eine Parklücke. Wir steigen aus und gehen zum Bistro meines Ex. Ich bin immer noch nervös ... Bin aber gewillt, mir nichts anmerken zu lassen.
Gerade als wir durch die Tür gehen – im Fall von Marie eher stürmen –, hebt Thomas den Kopf und lächelt uns an. Marie wirft ihre Arme in die Luft und fliegt auf Thomas zu. Dieser bückt sich lächelnd, um sie gebührend zu empfangen.
»Onkel Thooomas!«
Er strahlt über das ganze Gesicht, blickt mir dabei tief in die Augen und drückt Marie fest an sich.
Das ist wieder einer der Momente, die mich daran erinnern, warum ich mich vor drei Jahren so Hals über Kopf in diesen Mann verliebt habe ... Sein gutes Aussehen und der noch heißere Anblick, wenn er für mich kochte. Diese beiden Komponenten haben mich schon immer schwach werden lassen ... Also, heißer Mann, der für mich kocht ... Aus irgendeinem kuriosen Grund muss ich gestehen, dass ich es unheimlich erregend finde, wenn ich Männer bei der Essenszubereitung beobachten kann. Ich weiß auch nicht, was dann über mich kommt. Aber, wenn sie so dastehen und sich vor allem MEINER Verpflegung widmen, könnte ich einfach über sie herfallen. Wahrscheinlich so ein Urzeit-Ding. Mein Instinkt jubelt aufgeregt, dass sich ein Mann um mich kümmern kann. Aber waren es nicht die Frauen, die für die Verpflegung sorgten, und die Männer, die kämpften? Ach, ist ja auch egal ...
Thomas’ graue Augen, in denen man noch den Bengel von früher erahnen kann, und seine blonden Haare, die nach richtig geilem Sex aussehen, verfeinern den heißen Körper. Verwegener Look, geiles Lächeln und dann auch noch die Haare so verstrubbelt, dass sie kreuz und quer vom Kopf abstehen ... Aber so ungestylt gestylt ... Hört sich komisch an? Okay, ihr habt recht. Aber wie will man das erklären? Na ja, ist ja auch egal ... Denn eigentlich stehe ich auf das komplette Gegenteil von Thomas. Okay ... Der Sex war gut – richtig gut sogar ... Also, ich kann sagen, dass ich auf den wirklich stehe ... Den Sex mit Thomas, nicht auf das Gegenteil. Na ja, und bei dem restlichen Thomas hat mich irgendwie das Gesamtpaket komplett umgehauen. Mit ihm war alles anders. So einfach und unkompliziert ... Meistens zumindest!
Ich wische meine wirren Gedanken beiseite und hebe nur gelassen die Hand zum Gruße und versuche mich an einem Lächeln. Das Äußere täuscht hoffentlich über das absolute Chaos in meinem Inneren hinweg. Für gerade dieses Chaos könnte ich mich zurzeit in den Hintern treten. Denn ich kann nicht verstehen, warum ich immer so intensiv auf ihn reagiere.
Selbst nach so langer Zeit werde ich noch wehmütig. Gerade wenn ich ihn mit Marie sehe ... Vielleicht sollte ich erklären, dass mein großer Familienwunsch uns irgendwie auseinandergebracht hat. Thomas möchte keine Kinder. Und da wurde es dann eben auch schon kompliziert. Ich habe in meinen (w)irren, weiblichen Gedankensträngen ausklamüsert, dass ich seine Ansicht hinsichtlich des Kinderwunsches etwas ... hm ... ändern könnte. Na ja, dann hat er unsere Beziehung geändert. Er hat mich verlassen, weil wir beide unterschiedliche Ansichten von unserem Leben haben. Und ja! Heute weiß ich, dass es so besser ist. Wer möchte schon ein Kind mit einem Mann, der eigentlich keinen großen Fortpflanzungsdrang hat?! Ich meine jetzt nicht die Trockenübungen ... Aber das versteht sich von selbst.
»Was kann ich denn für meine zwei hübschen Frauen machen?«, reißt mich seine Stimme aus den Gedanken.
Marie hält die Hand vor den Mund und kichert.
Ich versuche, das Augenrollen zu unterdrücken, das mich bei seinen Worten am liebsten überkommen würde.
»Marie wollte eines deiner legendären Sandwiches zum Mittag haben.« Er soll gar nicht erst auf die Idee kommen, dass ich wegen ihm hier bin ... Oder?
»Ah ja«, sagt er gedehnt und nickt langsam mit dem Kopf, sodass ich befürchte, dass er unser Erscheinen doch etwas falsch interpretieren könnte. Dennoch oder gerade deswegen breitet sich ein wissendes Lächeln auf seinem Gesicht aus. »Na, dann kommt mal an den Tisch hier und ich bringe euch eure Lieblingssandwiches. Lea, du immer noch eins mit getrockneten Tomaten und Kapern?« Die Fältchen um seine Augen vertiefen sich etwas und ich nicke lächelnd. Was soll ich sagen? Er kennt mich einfach.
Kurze Zeit später reicht Thomas uns zwei Apfelsaftschorlen und einen separaten Teller mit Zitronenscheiben.
Mein Herz schmilzt wieder einmal dahin. Thomas war schon immer sehr aufmerksam ... Gerade im Hinblick auf Marie. Sie liebt es nämlich, an Zitronenscheiben zu lecken. Vielleicht liebt sie es aber auch nur, wenn wir es zusammen machen. Ich kann nichts dafür, aber meine Gesichtsmuskulatur verzieht sich dann wie von selbst. Daher greift sie umgehend nach einer Scheibe und beißt herzhaft in diese. Ihr süßes Gesicht verzieht sich. Erwartungsvoll schaut sie mich an. Ich greife, gespielt genötigt, zu und beiße herzhaft in die saure Frucht. Die Säure auf meiner Zunge lässt mich eine Grimasse schneiden, was Marie natürlich wieder einmal zum Kichern bringt.
Thomas verschwindet lächelnd in die Küche und ich beginne, mit Marie etwas über das Wochenende zu plaudern.
Meinen Blick auf seine Kehrseite muss ich dabei nicht erwähnen, oder?
Wo war ich? Ach ja ... Marie und ich waren gestern im Zoo und rekapitulieren noch einmal gemeinsam, welche Tiere wir gesehen haben. Marie wirft voller Begeisterung ein, dass wir auf jeden Fall das Geschenk für meine Schwester einpacken müssen.
Als Thomas mit unseren belegten Broten kommt, setzt er sich wie selbstverständlich auf den freien Stuhl an unserem Tisch.
»Na dann, meine Hübschen: Lasst es euch schmecken!«
Marie greift sofort nach ihrem Fleischwurst-Sandwich, das Thomas extra für sie in Herzform ausgestochen hat, und man hört nur »mmmhhh«.
Mein Ex strahlt in ihre Richtung, bis er sich mir widmet und mit etwas zusammengezogenen Augenbrauen bemerkt: »Lea, ich habe dich lange nicht mehr gesehen. Geht es dir gut?«
»Ja klar, alles bestens. Ich stürze mich in die Arbeit. Nächste Woche wird wieder richtig stressig. Wir haben im Büro dieses große Projekt, das wir noch für unseren Kunden vorbereiten müssen.« Ich zucke rasch mit meiner Schulter, damit er sieht, dass auch wirklich alles super ist. Plappere ich? Wirke ich nervös? Nee, oder?
»Okay, aber wie geht es dir wirklich?«
»Thomas, ich bin ehrlich okay. Ich hatte ein tolles Wochenende mit Marie und jetzt versuchen wir gerade, unser Mittagessen zu genießen«, kann ich mir nicht verkneifen.
Er runzelt die Stirn und beobachtet mich weiter.
Ich hätte wissen müssen, dass ihn etwas Gezicke nicht einfach so abschrecken würde, oder? Wie gesagt: Er kennt mich eben. Aber das hält mich noch lange nicht davon ab, seinen Blick gekonnt zu ignorieren. Und durch meine ausweichenden Blicke bemerke ich, dass Marie bereits die Hälfte von ihrem Essen verschlungen hat. Die Luft hat sie wohl hungrig gemacht. Ich schmunzle bei ihrem Anblick in mich hinein.
Marie bemerkt die Stille und hebt ihren Blick von ihrem Teller. Sie erzählt Thomas sofort von unserem Wochenende. Er nimmt endlich seinen Blick von mir und widmet seine volle Aufmerksamkeit wieder Marie – und das mit Begeisterung.
Genau wegen dieser Begeisterung habe ich nie verstanden, warum Thomas keine Kinder möchte. Wie kann er sich mit Marie so herzlich verstehen und selbst keine Kinder zeugen wollen? Ist das nicht ein Widerspruch in sich?
Ein sehnsüchtiges Seufzen entweicht meinen unaufmerksamen Lippen, als ich den wehmütigen Gedanken nachhänge. Diese Unachtsamkeit bringt mir allerdings einen fragenden Blick von Thomas ein.
Ich zucke wieder einmal mit der Schulter und widme mein Interesse lieber dem Rest meines Sandwiches.
Nachdem der letzte Krümel der Köstlichkeiten vernichtet wurde, rutsche ich etwas unwohl auf meinem Stuhl herum. Irgendwie weiß ich immer noch nicht, wie ich mit dieser Situation hier umgehen soll.
Versteht mich bitte nicht falsch. Aber mit Thomas und Marie den Sonntag zu verbringen, weckt alte Erinnerungen und auch Wünsche in mir ... Egal! Ich habe wieder eine eigene Wohnung und ein eigenes Leben. Aber jetzt hier ... In seiner Nähe ...
Ich hebe meinen Blick und treffe seinen. Ein Kribbeln im Bauch macht mich noch unruhiger, als ich es sowieso schon bin.
Aber ist das Kribbeln wegen Thomas? Oder hatte ich einfach zu lange keinen Sex mehr?
Bevor mir noch Bilder von Thomas und mir vor meinem inneren Auge aufblitzen, senke ich meinen Blick. Zu viel Wissen kann ich in seinen Augen lesen. Das hat man davon, wenn das Gegenüber einen so gut kennt.
Innerlich versuche ich, mich gerade noch einmal davon zu überzeugen, dass ich Marie nicht jeden Wunsch erfüllen muss. Und wenn sie Sandwiches essen möchte, werde ich ihr halt das nächste Mal selbst welche machen. Oder einfach mit ihr in ein anderes Bistro gehen.
Thomas schmunzelt immer noch wissend und raunt mit gedämpfter Stimme in meine Richtung: »Lea, komm doch heute Abend zu mir … Dann können wir in Ruhe sprechen.«
Ich schaue ihn mit großen Augen an. Was soll denn das jetzt? Ich meine: Hallo?
»Thomas, was soll das bringen? Ich meine, die Sachen, die früher zwischen uns standen, werden sich nicht in Luft auflösen.«
Er lächelt und raunt: »Süße, wir brauchen auch nicht reden …«
Wenn es geht, werden meine Augen noch größer. Mein Mund öffnet sich und ich starre ihn an. Meint er das ernst? Meine Gedanken überschlagen sich. Nötig hätte ich es ja, aber kann ich das? Mit Thomas? Alleine, dass ich darüber nachdenke, sollte mich schon davon abhalten.
Marie piepst mit ihrem Stimmchen in meine Gedanken hinein: »Leaaaa, ich muss Pipi.«
»Ja klar, ich komme mit.« Ich greife nach jedem Strohhalm, der sich mir anbietet, nur, um der Situation zu entfliehen.
»Lea«, sie schaut mich entsetzt an, »ich bin schon groß. Ich kann das schon alleine.«
»Äh, ja klar, Süße. Ich warte dann hier.« Der Griff nach dem Strohhalm war wohl vergebens ... Mist.
Thomas schmunzelt und sagt, nachdem Marie außer Hörweite ist: »Lea, du musst nicht flüchten. Du hast bestimmt noch meine Telefonnummer. Ruf mich an, wenn du mal vorbeikommen möchtest.«
Irre ich mich, oder hat er »kommen« besonders betont? Was soll denn das? Bin ich gerade in einem Theaterstück oder bei »versteckte Kamera«?
Ich bin verwirrt und möchte nur hier raus ... Eben doch flüchten. Sagte ich nicht schon, dass er mich zu gut kennt?
Ich zücke mein Portemonnaie und möchte zahlen. Thomas schüttelt nur lächelnd den Kopf.
Sobald Marie in Sichtweite ist, erhebe ich mich und möchte sie am liebsten aus dem Bistro zerren. Hauptsache raus. Aber nein, die gute Erziehung …
»Marie, wir müssen jetzt los. Verabschiede dich doch bitte von Onkel Thomas«, versuche ich es also höflich.
Marie drückt sich fest in seine Arme und ich kann sehen, wie er genießerisch die Augen schließt.
Als ich mit Marie schon fast aus der Tür bin, ruft er uns hinterher: »Schön, dass ihr vorbeigeschaut habt. Marie, nächsten Monat wieder?« Der Mistkerl zwinkert ihr auch noch zu. Ich kneife meine Augen zu Schlitzen zusammen. Mistkerl! »Und Lea, mein Angebot steht. Melde dich bei mir.«
Ich greife nach Maries Hand und hoffe, dass sie nichts von meiner Hektik merkt, als ich sie etwas zu ruppig aus dem Bistro zerre. Aber die Hoffnung …
»Leaaaa?« Marie bleibt genau vor der Eingangstür stehen und schaut mich wieder mit großen Augen an.
»Ja, Süße?«, frage ich gespielt gelassen und gebe ihre kleine Hand frei.
»Ich wollte eigentlich ein Eis«, schmollt sie.
»Ist doch kein Problem. Ich wollte dir die neue Eissorte zeigen, von der ich dir erzählt habe. Ich hab sie letztens entdeckt. Weißt du noch, als ich mit dir am Telefon darüber gesprochen habe?« Marie weiß wahrscheinlich noch nicht, dass sie in diesem Moment alles von mir bekommen hätte.
Marie strahlt mich an, schüttelt aber ihren süßen Lockenkopf. Erneut greife ich nach ihrer kleinen Hand, um ihr ins Auto zu helfen, damit wir endlich von diesem verwirrenden Ort wegkommen.
Zwei Stunden später fahre ich Marie gerade wieder nach Hause.
Während der Fahrt kommt von hinten: »Duhu, Lea?«
»Ja?«
»Warum magst du Onkel Thomas jetzt nicht mehr? Der ist doch immer noch so lieb.«
Mist, Maries Scharfsinn und die kindliche Ehrlichkeit bringen mich heute komplett aus dem Konzept.
»Wir lieben uns nicht mehr, aber das heißt nicht, dass ich ihn nicht mehr mag. Wir leben einfach nicht mehr zusammen.«
Wie soll ich einer Vierjährigen erklären, was ich selbst kaum verstehen kann? Und erst recht nach seinen heutigen Worten!?
Wir warten schweigend darauf, dass meine Schwester uns die Tür öffnet. Marie fällt ihrer Mutter direkt in die Arme, sobald sie uns begrüßt. Mit kindlicher Begeisterung – also ohne Punkt und Komma und ohne Luft zu holen – erzählt sie, wie das Wochenende bei mir war.
Noch im Hausflur überreicht Marie ihr strahlend unser Foto aus dem Zoo. Sophia, die wir alle nur Phia nennen, lacht fröhlich auf und schiebt Marie erst einmal durch den Flur in die kleine Wohnküche.
»Lea, war das Wochenende für dich so anstrengend? Irgendwie siehst du mitgenommen aus. Möchtest du vielleicht einen Kaffee?« Ein besorgter Blick mustert mich.
Na toll, der Scharfsinn muss wohl in der Familie liegen und ich verfluche diesen gerade ziemlich heftig.
Ich hebe meinen Blick von der Tischplatte und versuche mich an einem Lächeln. »Marie wollte heute unbedingt zu Thomas …«
Meine Schwester, die mit ihren blonden Haaren, ihren großen blauen Augen und der gleichen Statur ein Ebenbild von mir ist, hebt gekonnt eine ihrer Augenbrauen. »Und du konntest ihr diesen Wunsch nicht abschlagen? Mensch, Lea, denk doch mal an dich! War er denn da? Habt ihr etwas geredet?«
»Natürlich war er da und natürlich hat er nur Mist erzählt. Warum meinst du, sehe ich sonst so ›mitgenommen‹ aus?«
»Oh, jetzt wird es ja richtig spannend, wenn du schon so zickig wirst«, sagt sie lächelnd. »Na los, erzähl schon«, fordert sie mich auch umgehend auf.
»Phia, lass gut sein. Ich muss erst einmal meine Gedanken sortieren. Und morgen wird es wirklich anstrengend im Büro. Wir müssen noch die Präsentation für einen Kunden fertig machen und ich habe jetzt keine Lust zu quatschen. Ich melde mich die Woche, wenn ich etwas Luft habe, dann können wir das in Ruhe nachholen, ja?«
Ich erhebe mich von dem Stuhl, auf dem ich Platz genommen hatte, und Phia begleitet mich mit zusammengezogenen Augenbrauen zur Tür.
»Lea, wenn du reden möchtest ... Du weißt, dass ich immer für dich da bin, oder?«
»Ja klar, weiß ich doch!«
Ich drücke ihr einen Kuss auf die Wange und verabschiede mich rufend von Marie, bevor ich heute ein weiteres Mal flüchte.
In der Stille meines Wagens atme ich erst einmal tief durch und lege meine Stirn auf das Lenkrad. Warum habe ich heute nachgegeben und bin mit Marie in das Bistro von Thomas gefahren? Manchmal könnte ich mir echt selbst in den Hintern treten.
Eine leise Stimme in meinem Hirn zwitschert mir zu, dass ich Sehnsucht nach ihm hatte. Stimmen im Hirn, die auch noch fehlerhafte Diagnosen erstellen, kann ich echt nicht gebrauchen. Als ob ich mich nach Thomas verzehren würde ... So ein Blödsinn. Vielleicht nach seinem Körper und seinen Berührungen. Aber nach ihm? Hm ... Okay, vielleicht auch etwas nach ihm, nach unseren Gesprächen, nach unserem gemeinsamen Schweigen und nach unserem Sex.
Eine weitere Flucht ist mir heute leider nicht mehr gegönnt, sodass ich wohl auf morgen warten muss, um meinen erschreckenden Gedanken entkommen zu können. Und eins steht fest: Die Art der Verdrängung besteht morgen darin, dass ich mein Hirn mit so viel Arbeit beschäftige, dass ich keine Möglichkeit finde, auch nur ansatzweise den Mist zu hinterfragen, der sich gerade in meinem Kopf abspielt. Ihr kennt das, oder?
♂
Ich sitze nun an der Mittagstafel meiner Eltern und lausche den hitzigen Diskussionen. Ehrlich gesagt lausche ich nicht, ich lasse meine Familie nur denken, dass mich ihre Gespräche interessieren. Denn meine Gedanken werden gerade von einem ganz anderen Thema beherrscht. Zwei lange, schlanke Beine, wilde blonde Locken, ein Lachen, das mich erschüttert hat. Im positiven Sinne. Und zu meinem Glück hat sie auch noch eine Tochter. Na ja, vielleicht wartet der Vater der Kleinen zu Hause.
Ich wische den Gedanken rasch zur Seite. Wenn ich jetzt schon anfange zu zweifeln, kann ich die Suche direkt beenden, bevor ich sie überhaupt begonnen habe. Möchte ich sie denn wirklich suchen? Wie soll mir das gelingen? Wie findet man eine Person, von der man nichts weiß, aber auch rein gar nichts. Vielleicht wohnt sie in Wahrheit in London und besucht mit ihrer Tochter lediglich Deutschland. London? Wie komme ich gerade darauf? Keine Ahnung, aber ich hoffe, sie wohnt nicht weit vom Spielplatz entfernt, dann habe ich vielleicht eine Chance, sie zu finden. Aber wie? Ich muss mir nur eine Strategie überlegen, wie ich sie wiederfinde. Einfach durch die Straßen zu laufen und jeden Passanten nach einer mir völlig fremden Frau zu fragen, macht nicht gerade einen seriösen Eindruck.
Die plötzliche Stille am Tisch lässt mich wieder in die Realität zurückfinden. Ich fixiere einen Punkt mir genau gegenüber und sehe in die wissenden Augen meiner älteren Schwester Andrea.
»Was ist los mit dir, Philip? Heute bist du irgendwie komisch drauf.«
»Was soll denn sein?«
Sie rollt mit ihren Augen. »Du beteiligst dich heute noch weniger als sonst an unseren Gesprächen.«
»Ja, aber dafür liegt ein leichtes Lächeln auf seinen Lippen«, fällt mir jetzt meine jüngere Schwester Anna auch noch in den Rücken.
»Stimmt. Irgendwie unheimlich. So als ob er irgendetwas plant ...«, bestätigt Andrea.
»So, jetzt ist es aber gut«, fährt unser Vater dazwischen.
Als ob ich mich nicht selbst verteidigen kann. Aber er meint es nur gut und deshalb sage ich auch nichts. Er weiß schließlich, wie es mit ihnen ist. Wir haben oft gemeinsam die Augen über die weiblichen Gespräche gerollt.
So kann ich mir ein siegreiches Lächeln in die Richtungen meiner Schwestern nicht verkneifen. Wie früher eben.
»Aber die beiden haben schon recht, irgendetwas beschäftigt dich doch, Junge«, mischt sich nun auch noch meine Mutter in das Gespräch ein.
Ein Hilfe suchender Blick zu meinem Vater, der nur mit den Schultern zuckt, zeigt, dass ich jetzt auf mich allein gestellt bin. Fuck!
Dann werfe ich ihnen mal etwas hin, was sie eventuell schlucken werden. »Ach, nichts weiter. Ich hatte vorhin nur einen kleinen Unfall!«
Erst herrscht Stille. Einen Moment später fangen alle gleichzeitig an, verbal über mich herzufallen.
»Einen Unfall?«, echot meine Mutter und schaut mich aus großen Augen an.
»Und das erzählst du erst jetzt?«
»Geht es dir gut?«
»Erzähl schon, was ist passiert?«
Ich zucke mit den Schultern. »Nichts Schlimmes. Ich war mit dem Fahrrad unterwegs, als ...«
»Ich habe dir schon immer prophezeit, dass du noch einmal einen Unfall baust, wenn du mit dem Ding so schnell durch die Straßen fährst. Hattest du wenigstens einen Helm auf?«, unterbricht mich meine Mutter.
Ich seufze kurz. »Ja, aber es ist auch nicht wirklich etwas passiert. Ich habe nur einen Kotflügel etwas zerkratzt. Der Fahrer hat aber direkt einen Affentanz begonnen und die Polizei gerufen.« Wie aus Reflex zucke ich erneut mit meinen Schultern und versuche, damit auch meine Gleichgültigkeit auszudrücken. »Da wird sich meine Versicherung sicherlich drum kümmern.«
»Das sollte dir nicht egal sein, Junge. Dir hätte doch sonst etwas passieren können«, widerspricht meine Mutter noch einmal empört.
»Ist es aber nicht. Also lass gut sein«, mit diesen Worten greife ich zu meiner Kaffeetasse und bringe sie in die Küche.
♀
Montagmorgen bin ich die Erste im Büro.
Ich habe eh kaum geschlafen, da mir Thomas’ Worte nicht aus dem Kopf wollen. Aus diesem Grund bin ich heute schon im Morgengrauen meine Strecke gejoggt – oder eher gesprintet – und sitze somit eine Stunde früher als sonst im Büro.
Der Kaffee schmeckt mir heute auch nicht richtig, obwohl ich den sehr gut gebrauchen kann, damit mir die Augen nicht zufallen. Von den Grübeleien mal ganz abgesehen. Denn die kann ich in so einer Woche, in der ich mit Roxana gemeinsam an diesem wichtigen und vor allem herausfordernden Projekt arbeiten muss, nicht gebrauchen. Aber in welcher Woche passt es schon wirklich, oder? Am liebsten würde ich mich krankmelden.
Aber da ist sie wieder, die furchtbar gute Erziehung, die einem den letzten Nerv rauben kann ...
Roxana ist zwei Jahre länger in diesem Büro angestellt und leitet somit das Projekt. Ich arbeite gerne mit ihr zusammen, sie ist richtig nett, nicht auf den Kopf gefallen und sieht auch noch toll aus. Lange kastanienbraune Haare, die ihr in Wellen bis auf die Mitte des Rückens fallen, ihr Gesicht ist südländisch geprägt und sie hat eine, wie ich finde, perfekte Figur. Die Kurven sind genau an den richtigen Stellen und die Beine sind unverschämt lang. Einfach zum Beneiden ...
Ich bin schon ziemlich in meine Notizen vertieft, als sie zwei Stunden nach mir das Büro betritt.
»Hey. Du bist ja schon fleißig. Wie war dein Wochenende?«
Ich hebe meinen Kopf, lächle sie an und erzähle ihr von meinem Wochenende mit Marie. Die Begegnung mit Thomas lasse ich großzügig unter meine Notizen fallen. Sie hat ja gesehen, wie gut ich mit der Trennung umgehen konnte. Nämlich gar nicht!
Dann stürzen wir uns auf das Projekt.
Freitagabend machen wir um zwanzig Uhr Feierabend und verabschieden uns geschafft – aber glücklich – voneinander. Die Präsentation des Objektes ist grandios geworden. Jetzt müssen wir Montag nur den Kunden davon überzeugen.
Auf dem Weg nach Hause halte ich kurz beim Supermarkt an, um mir meinen Lieblingsrotwein zu besorgen, und dann hole ich beim Italiener um die Ecke eine Pizza.
Zu Hause angekommen, streife ich die Schuhe noch in der Haustür von mir und balanciere den Pizzakarton, die Flasche Rotwein und meine Handtasche zum Küchentresen.
Ich ziehe mir kurzerhand etwas Bequemeres an und gieße mir, zurück in der Küche, erst einmal einen Wein ein. Ich schnappe mir den Pizzakarton und mein Glas und mache es mir auf dem Sofa gemütlich. Gerade als ich den Fernseher einschalten möchte, klingelt es an der Tür. Ich stutze, denn eigentlich wollte ich den Abend in Ruhe genießen. Ohne die Gegensprechanlage zu benutzen, drücke ich auf den Türöffner. Als ich dann meine Wohnungstür einen Spalt öffne, traue ich meinen Augen nicht.
Thomas!
»Oh ... Ähm ... Hi! Mit dir hätte ich jetzt nicht gerechnet. Was machst du hier?«
Er verzieht seinen Mund zu einem Lächeln und mein Bauch fängt wieder an zu kribbeln.
»Du hast dich nicht gemeldet und ich wollte doch lieber einmal schauen, wie es dir geht.«
Ich ziehe meine Augenbrauen zusammen. »Warum? Alles fein. Meine Woche war nur etwas anstrengend, aber das hatte ich ja schon befürchtet. Ich wollte den Abend gerade gemütlich ausklingen lassen.« Ich deute während des Sprechens mit dem Kopf Richtung Wohnzimmer.
Er hebt die Augenbraue. »Lass mich doch erst einmal rein, dann können wir in Ruhe quatschen.«
Widerstrebend öffne ich die Tür ein Stückchen weiter und lasse ihn an mir vorbei. Ich atme den typischen Thomas-Duft ein und schließe die Augen. Eine Mischung aus seinem Aftershave und Thomas. Erinnerungen an zerwühlte Laken und heiße Küsse beherrschen mich innerhalb eines Bruchteils einer Sekunde. Ich könnte vor Entzückung stöhnen, versuche mich aber, zusammenzureißen.
Als Thomas das Wohnzimmer betritt, die Pizza und den Rotwein sieht, dreht er sich lächelnd zu mir um. »Ich nehme dann auch gerne ein Glas.«
Na toll, so viel zu meiner Ruhe ...
Wir machen es uns zusammen auf dem Sofa bequem, wobei er sich die Schuhe abstreift und ich ihm ein Stück MEINER Pizza anbiete. Ich erwähne es ja ungern, aber die Erziehung … Er bedient sich natürlich gerne.
»Lea, erzähl mir doch von deinem Projekt. Habt ihr es beendet?«
»Nein, wir haben diese Woche lediglich die Präsentation für den Kunden erstellt. Montag kommt der Auftraggeber ins Büro, wo Roxana und ich versuchen werden, ihm das Objekt schmackhaft zu machen. Dann heißt es Daumen drücken, dass ihm unsere Vorstellung gefällt und er uns den Zuschlag gibt.«
»Oh, also gerade erst am Anfang?! Na, dann werde ich Montag bestimmt an dich denken«, antwortet er mir kauend.
Ich schaue ihm direkt in die Augen. »Thomas, was soll das? Was machst du hier?«
»Als ich dich Sonntag gesehen habe, habe ich mich gefragt, warum das mit uns nicht wirklich klappt ... Wir waren so lange glücklich. Es war doch eine tolle Zeit und wir haben immer gut harmoniert.«
»Was meinst du damit?«
Mein Magen krampft sich vor Hoffnung und Angst zusammen. Meine Gedanken überschlagen sich.
Er zieht einen Mundwinkel hoch und schaut mir tief in die Augen, bevor die nächsten Worte über seine Lippen kommen.
»Lea, du bist eine schöne Frau. Ich begehre dich noch immer wahnsinnig.«
Mein Blick schnellt erst zu seiner ausgebeulten Hose, dann wieder zurück zu seinen Augen. Diese blitzen vergnügt.
»Thomas, ich weiß nicht ... Ich denke nicht, dass das eine gute Idee wäre«, stammle ich.
Er greift meine Hand, zieht sie langsam zu sich und beginnt, zärtliche Küsse auf meine Fingerknöchel zu verteilen. Ich schmelze dahin, das Kribbeln im Bauch wird stärker. Nur diesmal rutscht es etwas tiefer.
»Thomas, bitte …« Ich versuche, ihm meine Hand zu entziehen. Aber wahrscheinlich ist es ein ziemlich zurückhaltender Versuch.
Um mir meine Worte abzuschneiden, beugt er sich zu mir, greift in meinen Nacken und küsst mich zart auf den Mund.
Mein Kopf ist leer und ich weiß nicht mehr, was ich gerade noch sagen wollte.
Mmh, dieser Duft …
Sein Kuss wird drängender. Er stößt mit seiner Zunge federleicht an meine Lippe und bittet um Einlass. Ich gebe mich hin und unsere Zungen spielen ein leidenschaftliches Spiel. Ein Kribbeln erfasst meinen kompletten Körper und ich kann meine Hände nicht mehr bei mir lassen.
Ich setze mich auf seinen Schoß, ohne meine Lippen von seinen zu nehmen. Thomas lacht rau in unseren Kuss, was mich wahnsinnig macht. Meine Hände finden wie von alleine unter sein Shirt und berühren seine Haut. Er stöhnt und ich rutsche vor Verlangen auf seinem Schoß hin und her.
Oh mein Gott, wie ich dieses Gefühl vermisst habe.
Thomas’ Hände ziehen von meinem Hinterkopf langsam den Rücken hinab. Am Ansatz meines Pos wandern diese plötzlich vorwärts nach oben Richtung Brust. Er umschließt meinen Busen mit seinen Händen und ich lege den Kopf in den Nacken. Ein Stöhnen kann ich nicht mehr zurückhalten. Er reizt meine Brustwarzen und zwirbelt diese durch BH und Pulli. Gibt mir so, was ich brauche. Und dieser Mann kennt meinen Körper und meine Gelüste besser als jeder andere. Er gibt, ohne dass ich etwas zurückgeben muss, und er nimmt an genau den richtigen Stellen. Und das Schönste ist, dass er nicht vorher aufhört, bevor wir beide nicht schwitzend und keuchend gemeinsam unsere Höhepunkte erreichen.
Er legt sich auf mich, stützt sein Gewicht auf seinen Armen ab. Thomas küsst meine Brüste und flüstert ihnen zu: »Wie ich euch vermisst habe!«
Ich bin zwar ermüdet von dem Orgasmus, doch plötzlich bin ich nicht mehr durch die Leidenschaft benebelt. Ich reiße meine Augen auf, versteife mich und kann vor Entsetzen keinen klaren Gedanken fassen.
Thomas, der meine Körperspannung wahrgenommen hat, hebt leicht irritiert den Kopf, um mir in die Augen zu blicken. Doch ich kann mich nicht dazu durchringen, ihn anzusehen.
»Lea, Baby, sieh mich bitte an«, fordert er mich liebevoll auf.
Ich hebe meinen Kopf und betrachte den Mann, dem so lange mein Herz gehörte.
Thomas erhebt sich geschmeidig von mir, löst aber seinen Blick nicht von meinen Augen. »Hör mal, ich habe das zwischen uns hier wirklich vermisst. Ich habe dich vermisst. Aber wenn du jetzt Zeit zum Nachdenken brauchst, dann kann ich auch verschwinden. Du sollst nur wissen, dass ich mich gerne noch einmal mit dir in Ruhe treffen würde ... Am besten an einem öffentlichen Ort, damit wir die Finger voneinander lassen und reden können«, gibt er lächelnd zu.
Allerdings ist mir nicht zum Lächeln zumute. Ich setze mich auch auf und greife nach meinen Klamotten, die ich mir hastig überziehe.
Erst als ich meinen Körper wieder verhüllt habe, kann ich meine Worte an ihn richten: »Thomas, ich weiß nicht, was ich sagen soll ... Ich weiß nicht, wie das passieren konnte ... Ich kann nur sagen, dass der Sex mit dir, wie immer, gut war.« Was soll das denn, Lea?
Er schnaubt und erwidert: »Lea, also ich fand das gerade mehr als gut.«
Ich senke meinen Blick. Er möchte mich doch falsch verstehen. Ihr versteht mich, oder?
»Thomas, bitte verstehe das doch. Das mit uns wird nicht klappen. Ich weiß gerade gar nicht so genau, wie das hier passieren konnte.« Ich atme tief durch. »Ich glaube, du gehst jetzt besser.«
Thomas erhebt sich, schlüpft endlich in seine Kleidung und wirft mir einen fragenden Blick zu.
Ich hebe meine Hand, um ihm zu signalisieren, dass ich jetzt nichts hören möchte.
Dann verlässt er meine Wohnung, ohne sich noch einmal nach mir umzudrehen.
Mein Gefühl sagt mir, dass ich gerade einen Fehler gemacht habe. Einen großen ...
Dieser Geruch … Sein Geruch ... Unser Geruch ...
Ich stürze zur Balkontür und reiße alle Fenster auf.
Sein Duft muss erst einmal raus. So kann ich nicht nachdenken. Was habe ich mir nur dabei gedacht? Wie hat mich die Leidenschaft so mitreißen können? Hat Thomas etwa noch Gefühle für mich? Er hat mich doch verlassen. Aber seine Worte kreisen immer und immer wieder in meinem Kopf.
Erst Sonntag wollte er mich überzeugen, dass ich doch mal vorbeikommen soll. Heute taucht er dann bei mir auf und fällt praktisch über mich her. Was soll ich davon halten? Ich meine, die Beziehung zwischen uns würde nicht funktionieren. Thomas hat das erkannt und Schluss gemacht. Wie kann er jetzt meinen, dass wir uns geändert haben? Wir haben unsere Meinungen nicht geändert. Wie sollte sich also unsere Beziehung ändern? Und ändern müsste sie sich ... Sonst könnte es nicht klappen. Aber diesen Gedanken muss ich eigentlich nicht einmal zu Ende denken. Um die Trennung von Thomas verarbeiten zu können, habe ich lange Zeit gebraucht. Aber heute ... Ich kann es mir nur so erklären, dass ich ziemlich lange keinen Sex mehr hatte und meine Hormone mir einen Streich gespielt haben.
Ich horche einmal tief in mich rein ... Nein, keine verknallten Gefühle. Lediglich das träge Gefühl der grandiosen Orgasmen und die wirren Empfindungen hallen durch meinen Körper.
Meine Gedanken kreisen noch Stunden später um diese Begegnung. Irgendwann macht sich die Erschöpfung der Woche bemerkbar und ich schlafe bei offener Balkontür und aufgerissenen Fenstern auf der Couch ein.
♂
Es ist Freitagabend und meine Gedanken rauben mir meinen Schlaf. Ich fühle mich wie ein verknallter Teenager. Aber wie kann ich verknallt sein, wenn ich die Frau nicht einmal eine Minute gesehen habe? Er war ja gerade mal einen Wimpernschlag lang, dieser Moment.
Und doch musste ich die ganze Woche immer und immer wieder an diese schöne unbekannte Frau denken. Was ist bloß in mich gefahren? Selbst auf der Arbeit habe ich mich mehrfach dabei erwischt, wie ich gedankenverloren die Wand gegenüber betrachtet habe.
Das Bild von ihr, das sich in meine Gedanken eingenistet zu haben scheint, ist wahrscheinlich nur eine Illusion. So schön und perfekt kann keine Frau sein. Vielleicht ist sie ein Freak und sieht im Grunde genommen furchterregend aus. Nicht, dass ich oberflächlich wäre, aber hübsch sollte sie schon sein. Wenn ich auf ihr liege und mich langsam in ihr versenke, dann sollte mir schon ein hübsches Gesicht entgegenstöhnen. Na ja, es gibt auch andere Stellungen, bei denen man das Gesicht einer Frau nicht sehen muss. Fuck!
Ich stehe seufzend aus meinem Bett auf. Mit diesen bescheuerten Gedanken kann ich eh nicht schlafen. Vielleicht sollte ich mich auf mein Bike schwingen und die Stille der Nacht genießen? Mit viel Glück klären sich meine Gedanken, wenn meine Muskeln arbeiten müssen? Wahrscheinlich klappt das besser, als wenn ich versuche, meine Muskeln mit aller Macht zu entspannen?
Gedankenverloren kratze ich mir über meine nackte Brust und kann ein Gähnen nicht länger unterdrücken. Mein Körper ist von der Woche erschöpft, jedoch wird mein Geist einfach nicht müde.
Sollte ich unter die Dusche steigen? Scheinbar muss ich meine Gedanken zum Stillstand zwingen? Alkohol? Einen runterholen?
Ich seufze noch einmal.
Ich streife mir meine Fahrradkleidung über und mache mich auf den Weg, meine Muskeln zu quälen. So werde ich schon meinen Geist in die Knie zwingen. Vielleicht fällt mir unterwegs eine Lösung ein, wie ich diese Frau wiederfinden kann ...
♀
Ständig dieses furchtbare Gezwitscher …
Ich öffne träge meine Augen und wundere mich, dass ich auf der Couch liege und der Fernseher leise läuft. Die Vögel höre ich auch nicht durch das geschlossene Fenster – meine Balkontür ist immer noch weit geöffnet und scheint mich zu verhöhnen.
Als ich diese sehe, fallen mir die Ereignisse von gestern Abend ein und ich stöhne. Mein Gott, was habe ich mir nur dabei gedacht? Wahrscheinlich nichts …
Als ich mich langsam von der Couch erhebe, merke ich, dass ich einen leichten Muskelkater habe. Kein Wunder nach den Monaten der Abstinenz ...
Ich schleppe mich zur Kaffeemaschine, um mir erst einmal meine morgendliche Dröhnung an Koffein zu gönnen.
Die Uhr macht sich auch einen Spaß auf meine Kosten. Es ist Wochenende und es ist noch nicht einmal sechs Uhr. Ich hatte gehofft, dass ich diesen Samstag länger schlafen kann – vor allem nach dieser Woche.
Heute werde ich wohl Phia anrufen müssen, schließlich habe ich sie die Woche über meine Arbeit total vergessen. Oder verdrängt? Der Mist ist, dass sie ES sofort merken wird. Schließlich ist sie meine Schwester ... Ich kann sie höchstens mit einem kurzen, unverfänglichen Telefonat versuchen abzuspeisen. Vielleicht merkt sie ja dann doch nichts ... Aber erst später ...
Vorher ziehe ich meine Sportsachen über, um meine Runde durch den Park zu drehen.
Nachdem ich wieder zu Hause bin, geduscht, den Vormittag gut vertrödelt und den Gedanken an gestern Abend, so gut es eben geht, erfolgreich verdrängt habe, klingelt mein Handy. Phia …
Ich stöhne resigniert. Meine selbst herbeigeführte Schonfrist scheint vorbei zu sein, also nehme ich das Gespräch an. »Hi.«
»Hi? Das ist alles? Wolltest du dich nicht die Woche über bei mir gemeldet haben?«
Ich stöhne nur leicht genervt in den Hörer und rolle mit den Augen.
»Lea, rollst du jetzt etwa mit den Augen?«, fragt meine Schwester empört lachend.
Ich falle in ihr Lachen mit ein. Das schafft nur meine Schwester.
»Erwischt«, gebe ich zu.
»So, jetzt erzähl mal, was genau mit Thomas passiert ist?!«
Einen Moment erstarre ich innerlich ... Fühle mich ertappt. Doch dann realisiere ich, dass sie unser Aufeinandertreffen in seinem Bistro meint. Ich stöhne einmal mehr in den Hörer und streiche mir genervt meine nicht vorhandenen Ponyfransen aus dem Gesicht.
»Da gibt es nicht viel zu sagen. Eigentlich habe ich dir letzten Sonntag schon alles erzählt«, versuche ich, die Inquisition zu stoppen.
»Quatsch, Lea, da hast du nur Andeutungen gemacht und mich im Regen stehen lassen. Marie konnte mir auch nichts erzählen.«
»Das kann jetzt nicht dein Ernst sein?!«
Ich sehe ihr schmutziges Lächeln genau vor mir und den Schalk in ihrem Nacken sitzen.
»Phia, die Woche war wirklich anstrengend, ich verkrieche mich dieses Wochenende einfach in meiner Wohnung. Wäre es okay, wenn ich Montag nach der Arbeit bei euch vorbeikomme? Ich bringe als kleine Entschädigung auch etwas zu essen mit. Aber bitte, lass mir das Wochenende Ruhe«, bettle ich.
Ich höre ein abfälliges Schnauben und ein »Hm, wenn du meinst. Du weißt ja, was wir mögen.« Danach ist die Leitung tot. Okay, damit muss sie jetzt klarkommen. Und ich irgendwie auch ...
Ich lasse mir Badewasser ein und sinke genüsslich in das herrliche Nass, das nach meinem Lieblingsduft aus Veilchen und Himbeeren riecht. Vor Entspannung schließe ich meine Augen und sehe Thomas vor mir. Das gibt es nicht. Ich war doch über ihn hinweg, oder? Oder? Mir ist nicht mehr zu helfen. Kann ich nicht einfach den Sex genießen und dann ist gut?!
Aber seine Berührungen, sein heißer Atem auf meiner Haut und der Mund, der sich um meine Brustwarzen geschlossen hat. Danach hat besagter Mund noch viele andere verzückende Dinge angestellt … Mist! Mist! Mist! Ich werde wieder richtig kribbelig. Das muss aufhören! Sofort!
Ich versuche krampfhaft, meine Gedanken auf die nächste Woche zu lenken.
Auf der Arbeit treffen wir uns mit Frank Meyer. Er ist Besitzer einer der größten Produktionsagenturen in unserer Region. Am Montag präsentieren wir ihm einen Entwurf seines neuen Firmensitzes. Wenn ihm dieser gut gefällt, kann er uns mit dem entsprechenden Bauprojekt beauftragen. Hoffentlich wird ihm alles genauso zusagen wie uns ... Ich kann nur hoffen, dass wir seinen Geschmack getroffen haben, in diesem Projekt steckt viel Energie von Roxana und mir.
Roxana wird die Präsentation halten und ihn bestimmt damit vom Hocker reißen. Sie ist, was das angeht, echt schon ein erfahrener Hase. Deshalb arbeite ich so gerne mit ihr zusammen. Von ihr kann ich noch so einiges lernen.
Bevor mir Schwimmhäute zwischen den Fingern und Zehen wachsen, steige ich aus der Wanne. Damit ich richtig schön entspannt vor dem Fernseher meine Lieblingsserie weiterschauen kann, verwöhne ich mich mit einem weiteren Beauty-Programm.
Ich liebe es, mich in die Decke zu kuscheln und mich nur berieseln zu lassen. Gerade nach so einer Woche.
Als ich mein Wohnzimmer gut duftend und mit Nagellack bewaffnet betrete, sehe ich, dass ich eine Nachricht auf meinem Handy habe. Ich schnappe es mir, mache mir in der angrenzenden Küche einen Kaffee und gehe zurück aufs Sofa, um beim TV meine Fußnägel zu lackieren.
Bevor es losgeht, schaue ich auf mein Handy und sehe, dass die Nachricht von Thomas ist. Mein Herz klopft heftig. Soll ich sie lesen?
Lea, du gehst mir nicht mehr
aus dem Kopf. Ich habe das
gestern sehr genossen. Ich
habe deinen Körper vermisst,
wir ergänzen uns toll ...
Nicht wirklich, oder? Was soll ich jetzt mit diesen Infos? Mir mehr den Kopf zerbrechen? Das muss aufhören. Meine Finger fliegen über die Tastatur und ich schreibe zurück.
Thomas, das geht nicht.
Ich brauche Zeit für mich.
Wir sollten das nicht mehr wiederholen.
Schnell drücke ich auf Senden und sehe, dass er auch schon online ist. Mir bricht der Schweiß aus. Ich lege mein Handy weg, als ob ich damit verhindern könnte, dass er meine Nachricht liest. Das Klingeln meines Handys sollte mich nicht so überraschen. Dennoch zucke ich erschrocken – oder doch ertappt? – zusammen. War klar, dass er das sofort geklärt haben möchte.
»Hi ...«, gehe ich schon fast kleinlaut dran.
»Hi?«
»Was möchtest du denn hören? Ich kann das nicht«, gebe ich erschöpft von mir.
»Lea, was ist los? Hör endlich auf, dir immer über alles und jeden Gedanken zu machen. Du hast es doch auch genossen. Das hat man gesehen. Und gehört ...«
Ich sehe sein Schmunzeln vor mir. Mistkerl. Er schafft es, dass ich verlegen werde, was ich nicht möchte.
»Thomas, du musst mich verstehen. Die körperliche Anziehung war nie ein Problem zwischen uns. Aber wir passen nicht mehr zusammen. Es hat sich nicht wirklich etwas geändert. Außer vielleicht, dass ich dich nicht mehr liebe.«
»Du liebst mich nicht mehr?« Ich höre ihn schlucken. »Aber wir haben es genossen, zusammen zu sein ... Ich liebe es, deinen Saft auf meiner Zunge zu schmecken. Und als ich dann in dir war und dein zweiter Orgasmus mich gemolken hat, das war einfach richtig. Du kannst doch nicht sagen, dass das nicht perfekt passt. Und reicht das nicht auch?«
Hat er mir nicht zugehört? Vielleicht ist das die Kunst der selektiven Wahrnehmung?
»Ich kann nicht mit dir schlafen, als ob ich dich in irgendeiner Bar aufgerissen hätte. Ich kenne mich. Und ich kenne dich. Die Zukunft passt nicht. Wir haben unterschiedliche Ziele im Leben. Bitte verstehe das. Das zwischen uns war ein Fehler. Es ist besser, wenn wir uns erst einmal nicht mehr sehen.«
»Das muss ich wohl akzeptieren, aber bitte sag nicht mehr, dass es am Freitag nicht gepasst hat. Denn das hat es, verdammt gut sogar. Vielleicht änderst du ja deine Meinung ...«
»Ich habe mir das gründlich überlegt, glaub mir. Es ist besser so.«
Ich höre noch, wie er irgendetwas Unverständliches in den Hörer grummelt, bevor er die Verbindung unterbricht.
Jetzt bin ich wieder total aufgewühlt. Na toll. Wie soll ich jetzt den Kopf frei bekommen?
Nachdem ich mein Handy wieder auf den Wohnzimmertisch gelegt habe, kann ich mich endlich meinen Fußnägeln widmen. Im TV flimmert irgendein Film vor sich hin. Weder meine Fußnägel noch der blöde Streifen schaffen es, meine Gedanken in den Bann zu ziehen. Thomas drängt sich immer und immer wieder in mein Unterbewusstsein.
Ich schalte den Fernseher aus und nehme mir mein Buch. Der Versuch, mich auf die Geschichte zu konzentrieren, scheitert natürlich.
Mit einem resignierten Laut lege ich das Buch wieder weg. Heute bringt es nichts.
Etwas ungeduldig schalte ich den Fernseher ein, bis ich bei einem Musiksender hängen bleibe. Ich schnappe mir mein Telefon, um Melanie, meine engste Freundin, anzurufen. Mit ihr habe ich auch viel zu lange nicht mehr gesprochen. Vielleicht mag sie ja noch auf einen Wein vorbeikommen. Sie kann mich dann bestimmt mit verrückten Anekdoten aus ihrem Büro oder ihren Erlebnissen von der Männerjagd aufheitern.
Es klingelt und als ich schon denke, dass sie nicht mehr abhebt, höre ich erst laute Musik und dann: »Lea, ich bin gerade in der Cocktailbar in der Luisengasse. Komm vorbei. Hier ist super Stimmung!«
»Hi Mel. Ja, das hört man«, lache ich in den Hörer. »Eigentlich wollte ich nur fragen, ob du nicht noch auf einen Wein vorbeikommen magst?! Aber wenn du schon unterwegs bist, dann wohl eher nicht.«
»Schwing deinen süßen Hintern hierher. Es ist Samstagabend.«
»Ich komme gerade aus der Wanne und bin bei Weitem nicht ausgehfertig.«
»Du kannst doch nicht zu Hause bleiben ... Wir haben uns so lange nicht mehr gesehen. Och, komm schon«, quengelt sie.
Ich überlege kurz. Zwar habe ich keine Lust allein zu sein, aber wirklich in eine Bar? Dann muss ich mich fertig machen und auch noch aus meinen bequemen Sachen steigen.
Ich verneine und vertröste sie auf den nächsten Freitag. Wir verabreden uns und verabschieden uns dann ziemlich zügig.
♂
Meine Muskeln schmerzen immer noch von gestern.
Die Pedalen meines Bikes haben mich gestern automatisch wieder zu der Stelle gebracht, an der ich sie das erste Mal gesehen habe. Wahrscheinlich war es der Wunsch, sie könnte immer noch da sein. Eine etwas gruselige Vorstellung, wenn ich es mir recht überlege. Schließlich war es bereits später Abend.
Jedoch ist mein Hirn heute nicht weniger mit dem Projekt »Suche Unbekannte« beschäftigt. Allerdings bin ich dem Ziel, trotz meiner Überlegungen, nicht näher gekommen.
Im Büro, in dem ich am Samstag auch vor meinen Gedanken fliehen wollte, habe ich wenigstens die Rückstände von dieser Woche wieder aufholen können. Allerdings kreisten auch dort meine Gedanken um die schöne Unbekannte.
So bin ich dann direkt vom Büro in das Restaurant meines Freundes geflohen. Er hatte nicht wirklich Zeit für mich. Was mir allerdings auch schon klar war, bevor ich das Lokal betrat, denn Stefan steht ja schließlich in der Küche.
Ich setzte mich an den Tresen und habe mit Camille über sinnloses Zeug gequatscht. Camille ist Stefans Frau. Die beiden sind schon ewig lang zusammen. Und somit kennen wir uns auch schon ewig lang. Deshalb ist es manchmal recht schwierig, einer Camille-Inquisition auszuweichen. Aber heute bin ich entkommen. Sie hat nichts gewittert.
Durch die Gespräche mit Camille sind meine Gedanken um die schöne Unbekannte endlich verstummt. Somit habe ich beschlossen, auf Stefan zu warten und mit ihm ein Feierabend-Bier zu trinken.
Sobald er aus der Küchentür hinter den Tresen tritt, scannen seine Augen die Umgebung nach seiner Frau. Für einen kurzen Moment verweilt sein Blick auf mir, dann sucht er sie weiter. Nachdem er sie gefunden hat und sich vergewissern konnte, dass es ihr gut geht, schlendert er entspannt um den Tresen herum, um mich zu begrüßen.
Nachdem er sich erschöpft neben mich gesetzt hat, bringt uns Camille auch schon zwei Bier.
Sie tritt lächelnd neben ihren Mann. Er beugt sich zu ihr hinab und küsst sie auf ihre Stirn.
Ich muss lächeln, als ich die beiden zusammen sehe. Unterschiedlicher kann ein Pärchen kaum sein. Camille ist eine zierliche, kleine Blondine, die Stefan nicht einmal bis zum Kinn reicht. Allerdings macht sie ihre Größe durch ihr Mundwerk meist wieder wett. Stefan ist eher der angsteinflößende Typ. Er hat einen stämmigen, nicht fetten Körperbau und sein Gesicht wirkt immer verschlossen. Durch die tätowierten Arme und die Glatze meinen viele Menschen, dass er aggressiv wäre. Aber es gibt keinen friedvolleren Mann als ihn. Außer er ist der Meinung, seine Camille verteidigen zu müssen. Da setzt sein Hirn irgendwie aus. Aber das ist ein anderes Thema.
Wir stoßen an und Stefan wendet seinen Blick zu mir.
»Gibt es was Bestimmtes?«
Ich lächle den Tresen vor mir an. »Nö, wollte heute Abend nicht alleine sein. Und bei euch beiden weiß ich immer, wo ich euch finden kann.«
Er grummelt nur vor sich hin.
»Tja, das ist wohl das Los der Selbstständigkeit«, gebe ich neunmalklug von mir.
»Da habe ich die Tatsache irgendwie verdrängt, dass meine Frau den ganzen Abend alleine mit den Besuchern ist.«
Ich lache auf. »Alleine ist doch wohl etwas übertrieben, oder?«
»Du hast gut lachen. Wenn du mal wieder eine Frau hast, dann weißt du, was es heißt, wenn andere Männer sie anschauen. Das findet man nicht toll. Glaub mir, man möchte sie am liebsten verstecken. Wenn Camille es zulassen würde, hätte ich ihr schon längst einen Kartoffelsack über den Kopf gezogen.«
Ich betrachte Stefan erstaunt von der Seite. »Wenn du dir bei einer Sache sicher sein kannst, dann doch damit, dass Camille dich abgöttisch liebt.«
»Wir reden noch einmal, wenn du wieder jemanden am Start hast.«
»Was höre ich da? Philip hat eine neue Freundin?«, mischt sich Camille in unser Gespräch ein. Bevor ich das verneinen kann, quatscht sie auch schon weiter. »Das wurde auch langsam Zeit. Aber wo ist sie, mein Lieber? Warum hast du sie denn heute Abend nicht mitgebracht?«
»Wenn du mich auch mal zu Wort kommen lassen würdest, dann könnte ich dir sagen, dass ich keine neue Freundin habe.«
Sie schaut mich aus zusammengekniffenen Augen an. »Aber da gibt es jemanden ...«
Habe ich gerade noch behauptet, dass ich der Camille-Inquisition entkommen bin? Ich würde mal sagen, dass ich mich da zu früh gefreut habe. Fuck! Was soll ich denn jetzt sagen? Soll ich alles leugnen? Aber ich belüge meine Freunde nie! Vielleicht ist Schweigen eine Option?
»Jetzt erzähl schon. Wer ist sie denn?«, fragt sie weiterhin neugierig.
Stefan hat sich zwischenzeitlich belustigt zu mir gedreht und schaut mich aus funkelnden, neugierigen Augen an.
Ich wende meine Worte an ihn. »Hilf mir doch mal.«
»Wenn ich es mir genau überlege, möchte ich jetzt auch die ganze Geschichte kennen.«
Ich schnaube frustriert auf. »Toll! Haltet ihr nur zusammen.«
»Wo hast du sie denn kennengelernt?«, mischt sich Camille wieder ein.
»Gar nicht. Das ist ja das Problem.«
Jetzt schaut sie mich noch neugieriger an. Sagt aber nichts, wartet ab, dass ich weiterrede.
»Ich habe sie lachen hören und konnte sie nur einen kurzen Moment sehen. Aber seit diesem Moment muss ich immer an sie denken. Was mich wahnsinnig macht.«
Beide lachen auf.
»Aber warum hast du sie denn nicht direkt angesprochen?«, fragt mich Camille immer noch lachend.
Das Schnauben huscht schneller über meine Lippen, als mir lieb ist. »Ich war abgelenkt!«
»Wie jetzt? Ich dachte, ihr Lachen wäre so toll.«
Ich stocke einen Moment. »Ich habe einen Unfall gebaut ...«
Beide Freunde schauen aus überraschten Augen zu mir, bevor diese beiden Verräter in schallendes Gelächter ausbrechen.
Nachdem sich Camille einigermaßen beruhigt hat, tätschelt sie meinen Arm und sagt kryptisch: »Begegnungen, die unser Leben positiv bereichern, werden sich auf die eine oder andere Art wieder finden.«
Ich schaue sie fragend an. »Soll das jetzt ein Rat sein?«
Sie lächelt mich an und ich komme mir gerade wie ein kleines Kind vor. »Warte doch einfach ab. Manchmal fügen sich die Dinge von alleine.«
»Ja klar und den Weihnachtsmann gibt es auch«, gebe ich schnaubend von mir.
»Wir werden sehen. Oder hast du dir schon überlegt, wie du sie finden möchtest?«
Ich starre in mein Bierglas und frage mich, wie Stefan mit Camille zusammen sein kann. Sie legt den Finger immer genau auf die Wunden. Das ist doch nicht auszuhalten.
♀
Mein Klingelton reißt mich aus dem Schlaf. Was? Habe ich verschlafen? Ein schneller Blick auf den Wecker zeigt mir, dass er in zehn Minuten geklingelt hätte. Ich greife zu meinem Handy und sehe, dass Roxana anruft. Ein ungutes Gefühl ergreift mich.
»Guten Morgen. Was ist los?«
»Morgen, Lea.«
Oh mein Gott. Ich kann sie kaum verstehen. Ihre Stimme ist komplett weg.
»Alles okay? Hast du dich erkältet?«
Ein Schnauben. »Erkältet? Ich weiß nicht, was mich erwischt hat, aber es fühlt sich nach einer Dampflok an, nicht nach einer Erkältung. Du musst heute den Termin mit Frank Meyer wahrnehmen und unser Objekt vorstellen.«
Ich unterbreche sie schnell: »Waaaaas? Nein! Du schaffst das bestimmt!«, möchte ich mich aus der Sache herausreden. So ein großes Projekt habe ich noch nie alleine vorgestellt. Davon hängt doch so viel ab.
»Du schaffst das schon, Lea. Ich habe auch schon mit Peter telefoniert. Er findet auch, dass du dazu bereit bist. Er ist nicht mit dem Objekt vertraut. Du hingegen kennst es in- und auswendig. Du kannst Herrn Meyer jeden Winkel zeigen und jede Ecke erklären. Du schaffst das, hörst du?«
Ich merke auch schnell, dass ihre Stimme immer leiser wird. Mensch, es hat sie wirklich schlimm erwischt.
»Okay. Ich melde mich danach bei dir, in Ordnung?«, höre ich meine Stimme sagen. »Und gute Besserung.«
Ich werfe mein Handy aufs Bett, gehe in die Küche und mache mir erst einmal einen Kaffee.
Das kann jetzt nicht wahr sein. Ist mein Karma so schlecht in letzter Zeit?
Ich genieße die ersten Schlucke des Kaffees und straffe meine Schultern. Ich bin kein Feigling. Eigentlich habe ich auf so eine Chance gewartet. Aber es wäre besser für meine Nerven gewesen, wenn ich einen zeitlichen Vorlauf gehabt hätte.
Ach, was soll’s. Zu ändern ist es nicht mehr, oder?
Ich springe unter die Dusche und mache mich fertig. Meine Joggingrunde lasse ich ausfallen und schaue mir dafür lieber noch einmal die Unterlagen im Büro an.
Meine Kleiderwahl fällt auf ein dunkelblaues Kostüm mit cremefarbener Bluse. Der dunkle Zweiteiler betont meine blauen Augen und die blonden Haare, die ich mir zum Knoten nach hinten frisiere.
Hoffentlich unterstreicht das mein seriöses Erscheinungsbild.
Mensch. Entspann dich, Lea. Du schaffst das schon. Sei einfach du selbst.
Ich lockere meine Schultern und mache mich auf den Weg ins Büro.
Im Büro vertiefe ich mich sofort in unsere Unterlagen. Ich schaue mir unsere Zeichnungen mit den entsprechenden Notizen an.
Um kurz vor zehn Uhr tritt Peter, mein Chef, vor meinen Schreibtisch.
»Guten Morgen, Lea. Und? Soll ich meine Verabredung verschieben und dich zu deinem Termin begleiten oder schaffst du das allein?«
Ich hebe meinen Kopf von meinen Aufzeichnungen und lächle Peter an. »Danke! Lieb, dass du fragst. Aber eigentlich müsste ich das alleine hinbekommen.« Ich lächle ihn noch einmal an und hoffe, dass er meine Unsicherheit nicht bemerkt. Dann verlässt er nickend mein Büro.
Einige Notizen später klingelt mein Telefon. Maggie, unsere Empfangsdame, sagt mir, dass mein Termin da sei.
Ich schaue auf meine Aufzeichnungen und gehe, mit den Unterlagen auf dem Arm, eine Etage tiefer zu unserem Besprechungsraum.
Etwas schwungvoll öffne ich die Tür und merke sofort, dass es vielleicht etwas zu enthusiastisch war. Ein Paar braune Augen schauen mich fragend an, bevor die darüberliegenden Augenbrauen plötzlich in die Höhe wandern. Die Mimik meines Gegenübers verwirrt mich. Vielleicht liegt es auch an der bloßen Anwesenheit dieser Person ... Das ist nämlich definitiv nicht Frank Meyer. Frank Meyer ist Ende dreißig, blond und nicht mein Typ.
Aber bei diesem Exemplar ist es anders ... braune Augen, braunes Haar, gerade Nase und ein sinnlicher Mund. Einfach zum Niederknien. Apropos, ich spüre, dass meine Knie unter seinem Blick weich werden.
Ich lächle entschuldigend, drehe mich um und verlasse schleunigst wieder das Besprechungszimmer.
♂