Dorian Hunter 179 - Martin Kay - E-Book

Dorian Hunter 179 E-Book

Martin Kay

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Beschreibung

Vorsichtig spähte Toshiro Ishida in den Abgrund. Er befand sich auf einem kleinen Felsvorsprung dicht unter der Decke einer gewaltigen Höhle. Überall an den Wänden flackerten die goldgelben Flammen von Fackeln und beleuchteten die gespenstische Szenerie. Toshiro erblickte eine Unzahl illustrer Gestalten, die sich um einen langen Tisch versammelt hatten. Auf den ersten Blick machten die Leute einen völlig normalen Eindruck, sodass er seine Idee, einem Teufelskult auf der Spur zu sein, in Zweifel zog - bis er die Opfer sah! Mehrere Menschen hingen nackt an Seilen von der Decke. Sie lebten noch, doch es war unzweifelhaft, dass die anderen etwas ganz Spezielles mit ihnen vorhatten. Toshiro Ishida gefror das Blut in seinen Adern, als sein Blick auf seine Verlobte Minako Koyama fiel, die sich ebenfalls unter den Opfern befand ...

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Seitenzahl: 166

Veröffentlichungsjahr: 2025

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Inhalt

Cover

Was bisher geschah

VERSAMMLUNG DER DÄMONEN

1. Kapitel

2. Kapitel

3. Kapitel

4. Kapitel

5. Kapitel

mystery-press

Vorschau

Impressum

Der ehemalige Reporter Dorian Hunter hat sein Leben dem Kampf gegen die Schwarze Familie der Dämonen gewidmet, seit seine Frau Lilian durch eine Begegnung mit ihnen den Verstand verlor. Seine Gegner leben als ehrbare Bürger über den Erdball verteilt. Nur vereinzelt gelingt es dem »Dämonenkiller«, ihnen die Maske herunterzureißen.

Bald kommt Dorian seiner eigentlichen Bestimmung auf die Spur: In einem früheren Leben schloss er als Baron Nicolas de Conde einen Pakt mit dem Teufel, der ihm die Unsterblichkeit sicherte. Um für seine Sünden zu büßen, verfasste de Conde den »Hexenhammer« – jenes Buch, das im 16. Jahrhundert zur Grundlage für die Hexenverfolgung wurde. Doch der Inquisition fielen meist Unschuldige zum Opfer; die Dämonen blieben ungeschoren. Als de Conde selbst der Ketzerei angeklagt und verbrannt wurde, ging seine Seele in den nächsten Körper über. So ging es fort bis in die Gegenwart. Dorian Hunter begreift, dass es seine Aufgabe ist, de Condes Verfehlungen zu sühnen und die Dämonen zu vernichten.

In seinem Kampf findet Dorian mächtige Verbündete – die Freimaurerloge der Magischen Bruderschaft; den Hermaphroditen Phillip, der stets in fremden Sphären zu leben scheint; den Steinzeitmenschen Unga, der einst dem legendären Weißmagier Hermes Trismegistos diente; den früheren Secret-Service-Agenten Donald Chapman, der von einem Dämon auf Puppengröße geschrumpft wurde; vor allem aber die ehemalige Hexe Coco Zamis, die aus Liebe zu Dorian die Seiten gewechselt hat und ihm einen Sohn, Martin, geboren hat. Aber die Dämonen bleiben nicht untätig: Es gelingt ihnen, mit dem Castillo Basajaun einen wichtigen Stützpunkt der Magischen Bruderschaft in Andorra zu zerstören. Damit bleibt Dorian als Rückzugsort nur noch die Jugendstilvilla in der Londoner Baring Road.

Bei Ausgrabungen in Israel wird ein geheimnisvoller Kokon entdeckt, dem der Angisus Nathaniel – ein »Engel« – entsteigt. Dieser ist schockiert über den Zustand der Erde. Nathaniel plant den Untergang der Dämonen und Menschen, um der Welt einen kompletten Neubeginn zu ermöglichen. Doch ohne seine Waffe, den Diz, ist dies nicht möglich. Der Erzdämon Luguri, der derzeitige Fürst der Finsternis, hat sich den Diz dank Alannah, einer abtrünnigen Artgenossin Nathaniels, aneignen können und zerstört ihn. Nathaniel entführt den Hermaphroditen Phillip aus der Jugendstilvilla, nimmt Abi Flindt den magischen Bumerang ab und verschwindet mit Helena Riedberg.

Luguri wird von der Vampirin Rebecca, die dank Baphomets Erbe überragende magische Fähigkeiten erlangt hatte, besiegt. Aber Rebecca wird das magische Band zum Hexer Leopold Nevermann zum Verhängnis. Die Schwarze Familie eignet sich mit juristischen Tricksereien die Jugendstilvilla an, aber diese ist für sie wertlos, da dort nach dem Kampf der beiden Angisi ein magieloser Zustand herrscht. Bald darauf erfährt Coco von einer bevorstehenden Versammlung der Dämonen in Irland.

VERSAMMLUNG DER DÄMONEN

von Martin Kay

Auch wenn Toshiro Ishida mit einem Fotoapparat bewaffnet war, konnte man ihn doch nicht als das bezeichnen, was ein Europäer unter einem typischen Japaner verstand. Ishida belächelte gern die Vorurteile, die man hier gegen seine Landsleute hegte. Wer immer diesen Unsinn erfunden hatte, kannte Japan einfach nicht. Wie um seine Worte Lügen zu strafen, hob er grinsend die Kamera hoch und schoss ein Foto von der atemberaubenden Landschaft Irlands. Zusammen mit seiner Verlobten Minako Koyama war er aus dem Land der aufgehenden Sonne hierher gereist, um ein paar Wochen auszuspannen. Sein Manager-Job stresste unheimlich, und mochten die Arbeitsexperten noch so viele Tai-Chi-Kurse anbieten, irgendwann war es genug der Arbeit, und man musste richtig Urlaub machen.

Drei Wochen Europa stand ganz oben auf der Wunschliste von Minako – und so kurz vor ihrer Hochzeit vermochte Toshiro ihr einfach nichts abzuschlagen. Durch den Sucher seiner Kamera fand er seine Freundin in einiger Entfernung. Sie tobte ausgelassen auf der grünen Wiese herum, beachtete weder den schmalen Pfad noch die vereinzelt auf dem Grün liegenden Kühe.

1. Kapitel

Das dumpfe Blöken der Tiere veranlasste Toshiro vorsichtiger zu werden, denn er hatte nicht die geringste Ahnung, wie lange die Kühe noch das Spiel seiner Verlobten duldeten. Der Japaner schoss ein paar weitere Fotos, holte seine Freundin mit dem Zoom heran und drückte den Auslöser in dem Moment, als sich hinter ihr die Ruine einer alten Abtei erhob. Die Hore Abbey lag inmitten der weiten Wiesenlandschaft, doch es gab nicht mehr viel, das den Verfall überlebt hatte. Ein einzelner Turm ragte aus dem Mauerwerk heraus, und hier und dort waren noch ein paar Säulenbögen zu erkennen – der Rest bestand aus einer losen Gesteinssammlung, verwahrlost von den Spuren der Zeit.

Die Hore Abbey schien auch keinen größeren Nutzen für die Stadtverwaltung von Cashel zu haben, denn sie war eine der wenigen Touristenattraktionen, für deren Besichtigung man keinen Eintritt zahlen musste. Das mochte daran liegen, dass es in der Ruine nicht mehr allzu viel zu sehen gab und sich nahe Cashel ein wesentlich lohnenderes Objekt zur Besichtigung befand, nämlich der Rock of Cashel, ein pompöses Steinfort aus dem 4. Jahrhundert.

Toshiro blätterte in seinem Reiseführer, während seine Geliebte Minako weiter auf die Hore Abbey zulief. Anschließend nahm er den Pfad und drängte sich an den müde daliegenden Kühen vorbei. Eine Brise zog auf, und als Toshiro Ishida nach oben schaute, bemerkte er die graue Wolkendecke, die zwischenzeitlich aufgezogen war und Regen ankündigte. Der Tag hatte eigentlich sonnig, wenn auch kühl, begonnen, sodass sie keine Veranlassung gesehen hatten, Regenschirme mitzunehmen.

»Minako?«, rief Ishida laut, als er den Fuß auf den Schotterweg setzte, der direkt an der Ruine angrenzte. Von Nahem wirkten die Felsen und Mauern gar nicht mehr so klein, wie Toshiro anfangs angenommen hatte. Man konnte sich regelrecht zwischen den Türmen und Gebäuderesten verlaufen. Erneut rief er den Namen seiner Verlobten, doch sie antwortete nicht.

»Es ist jetzt keine Zeit zum Versteckspielen«, mahnte er. »Bald wird es regnen. Wir müssen nach Cashel zurück!«

Sie hasste Regen, das wusste er. Wenn es ein Mittel gab, sie von irgendwelchen Kindereien abzubringen, dann genügte die Androhung eines Wolkenbruchs. Toshiro grinste, obwohl er nicht die geringste Lust verspürte, in einen solchen zu geraten. Merkwürdigerweise antwortete Minako nicht. Das war gar nicht ihre Art.

Toshiro rief abermals ihren Namen, und als er wieder keine Antwort bekam, verstaute der den Fotoapparat in seiner Schultertasche und schritt über den ebenerdigen Weg, der sich durch die Ruine zog. Nach zehn Minuten hatte er noch immer keine Spur seiner Verlobten gefunden. Ihm kamen ernste Bedenken, dass sie ihn nicht zum Narren hielt, sondern ihr etwas zugestoßen sein könnte. Vermutlich war sie auf die oberen Felsen geklettert, gestürzt und lag irgendwo ohne Bewusstsein.

Der Japaner bekam es mit der Angst zu tun. Er stellte die Fototasche ab und erklomm selbst einen Aufhang. Als er einen Blick zurückwarf, schwindelte ihn, und er wäre beinahe selbst gestürzt, da er große Höhen verabscheute. Doch der Gedanke daran, dass seiner Geliebten etwas zugestoßen sein könnte, ließ ihn die Höhenangst vergessen und trieb ihn an, weiterzuklettern. Er erreichte eine Art Plateau, von dem ein schmaler Weg zum einzigen noch stehenden Turm der Abtei führte. Überall waren Hinweisschilder angebracht, dass das Klettern in den Ruinen auf eigene Gefahr geschah. Aber Toshiro Ishida schlug die Warnungen in den Wind, rief wieder nach Minako und lief über den schmalen Grat. Zweimal rutschte er ab und konnte nur mit Mühe und rudernden Armen sein Gleichgewicht bewahren. Endlich erreichte er den Turm, doch es gab von dieser Seite aus keine Möglichkeit auf seine Plattform zu gelangen. Toshiro tastete sich an der scharfkantigen Wand entlang, nutzte hervorstehende Steinquader und Fugen, um sich seitwärts zu bewegen und so den Turm zu umrunden. Auf der anderen Seite gab es einen Spalt, der ins Innere der Abbey führte. Allerdings war dieser keineswegs von den Architekten im Stein ausgespart worden, sondern durch die natürliche Verwitterung entstanden und sah keineswegs vertrauensvoll aus.

»Minako?«, rief der Japaner in die Öffnung hinein.

»Tosh?«, echote eine vertraute Stimme zurück.

Ishida fiel ein Stein vom Herzen. All seine Bedenken beiseite drängend zwängte er sich durch den Spalt. Es war nicht gänzlich dunkel, weil durch die brüchige Decke Tageslicht ins Innere fiel. Toshiro stand auf einem kleinen Vorsprung, der in eine Wendeltreppe mündete. Nach oben hin war der Aufgang geborsten, sodass keine Möglichkeit bestand, die Plattform des Turmes zu erreichen. Demnach musste Minako sich weiter unten befinden. Toshiro trat auf die Treppe hinaus. Es handelte sich um massive Steinstufen, kein morsches Holz, wie er zuerst in dem diffusen Licht befürchtet hatte. Entschlossen federte er zweimal auf einer der Stufen und stellte zufrieden fest, dass sie sein Gewicht hielt. Es gab kein Geländer, und die Treppe endete auf der Innenseite in einem gähnenden Schlund, der ins Bodenlose führte. Der Japaner wagte nicht, in die Tiefe zu schauen, sondern hielt sich an der Steinwand, die die Treppe trug, fest.

»Minako, wo bist du?«

»Hier unten, auf dem zweiten Absatz!«, erwiderte seine Geliebte.

»Ist dir irgendetwas passiert?«

»Ich glaube, ich habe mir den Knöchel verstaucht.«

Toshiro Ishida fluchte im Stillen. »Warte, ich komme hinunter!«

Obwohl er aufgeregt war und sofort noch Minako sehen wollte, blieb er vorsichtig und tastete sich an der Wand entlang langsam in die Tiefe. Mit jedem Schritt wurde es dunkler, denn das schwache Tageslicht, das von der Wolkendecke noch gedämpft wurde, wurde hier unten regelrecht geschluckt. Schließlich erreichte Toshiro den Treppenabsatz, auf dem Minako hockte. Er beugte sich zu seiner Freundin hinab und nahm sie in den Arm.

»Ich habe mir Sorgen gemacht!«, sagte er. »Was hast du dir dabei gedacht, einfach hier herunter zu spazieren?«

»Es ist so schön dunkel hier ...«, hauchte sie und zog seinen Kopf zu sich heran. Toshiro bemerkte die Veränderung nicht wirklich, merkte gar nicht, wie ihr Griff kraftvoller und fordernder wurde, wie sich die Tonlage ihrer Stimme derartig verändert hatte, dass sie gar nicht mehr Minako zu gehören schien. Er sah im Dunkeln auch nicht, dass es nicht die Gesichtszüge seiner Verlobten waren, erkannte nicht das Blitzen scharfer Zähne, die spitzer waren, als die eines Raubtiergebisses. Das, was ihn warnte, war vielmehr der Geruch. Ein süßer, von Fäulnis kündender Odem, der ...

 ... den Tod begleitete!

Erschrocken wich Toshiro zurück, doch die kraftvollen Arme der Frau zu seinen Füßen ließen ihn nicht los. Obwohl er bewusst nicht erfassen konnte, was wirklich geschah, übernahm sein Instinkt die Handlung und ließ ihn reagieren. Mit einer raschen Bewegung stieß er die Frau von sich und setzte einen Schlag mit der Handkante gegen ihre Schläfe nach. Ein unterdrücktes Stöhnen klang auf. Toshiro machte einen Satz über die Frau hinweg und stürmte die Treppe hinunter – nun gar nicht mehr so vorsichtig wie noch zuvor. Bald war es so finster, dass er die Stufen nur noch erahnen konnte, doch er musste nicht wirklich darüber nachdenken, da sein Unterbewusstsein die Entscheidungen für ihn traf. Er hatte nicht den blassesten Schimmer, was sich einige Meter über ihm auf der Plattform abgespielt hatte, ja er wusste nicht einmal, wovor er davonlief. Allein das Gefühl, gerade etwas absolut Unirdischem entkommen zu sein, hielt ihn davon ab, zurückzukehren, um nachzusehen.

Abrupt endete die Treppe auf weichem, lehmigem Boden. Aus einem Gang drang feines Licht. Sofort schlug Toshiro diese Richtung ein und hetzte weiter. Er glaubte noch immer den süßlichen Duft des Todes zu wittern – überall!

Nicht umdrehen! Nicht anhalten!, gemahnte er sich.

Der schmale Gang mündete in eine Kreuzung. An den Wänden waren Fackeln in entsprechenden Halterungen angebracht worden und erleuchteten die Korridore, die sich einige Meter unter dem Erdreich der Hore Abbey befinden mussten. Das war der Moment, in dem Toshiro Ishida das erste Mal anhielt und sich besann. Atemlos lehnte er gegen eine feuchte, muffig riechende Wand, presste die Hände in die Seiten und keuchte. Verbrauchte, schwüle Luft füllte seine Lungen und machte ihm das Atmen noch schwerer, als es ohnehin schon war. Das Unterbewusstsein, das ihn bisher von der Außenwelt und seinem Denken abgeschottet hatte, gab ihn nun wieder frei, und die gesammelten Eindrücke stürzten wie ein Wasserfall auf seinen ungeschützten Verstand. Was letztendlich wirklich geschehen war, mochte er nicht einzuordnen. Er hörte die Stimme der Fremden, die ihm vorgetäuscht hatte, Minako zu sein. Dies war das wirklich einzige Indiz, es nicht mit seiner Verlobten zu tun gehabt zu haben. Aber wie konnte er sicher sein? Vielleicht hatte seine Angst ihm dies nur vorgegaukelt und Minako lag tatsächlich dort oben – allein, verletzt ... hilflos!

Fast hätte er sich abgewandt und wäre umgekehrt, doch die Furcht war zu stark. Er hatte intuitiv den Atem des Todes gespürt und war sich sicher, nur mit knapper Not dem Schnitter von der Schippe gesprungen zu sein. Noch während er dort stand und versuchte, zu Atem zu kommen, gewahrte er die brennenden Fackeln. Laut Reiseführer war die Hore Abbey niemandem mehr zugänglich und verlassen. Wer zündete dann unten in den Katakomben Licht an?

Ein leises Flüstern veranlasste Toshiro, sich rechts umzuwenden und einen weiteren Gang zu betreten. Angestrengt lauschte er in die Stille hinein. Er meinte Gelächter und Gesang von weit her zu hören. Und irgendwie mischte sich die Stimme seiner geliebten Minako darunter.

Das kann nicht sein!, sagte er sich. Und doch: Irgendwo musste seine Verlobte ja stecken. Vielleicht hatte man sie überrascht, hier herunter verschleppt und die andere Frau zurückgelassen, um ihn anzulocken. Wer aber verkroch sich in den Katakomben? Anhänger eines religiösen Kultes?

Toshiro war gewillt, der Sache auf den Grund zu gehen, denn er war nicht der Mann, der schnell aufgab. Immerhin stand das Leben seiner Verlobten auf dem Spiel.

Halt aus, Minako, ich komme!

Er trat weiter in den Gang hinein, ging zuerst zögerlich, dann bestimmter, mit weit ausgreifenden Schritten. Der unterirdische Gang machte eine lange Biegung. In regelmäßigen Abständen hingen Fackeln in ihren Halterungen an den Wänden. Toshiro war sich nun sicher, dass hier unten ein Satanskult seine Schwarzen Messen zelebrierte. Es gab ähnliche Sekten auch in Japan, doch wie er erfahren hatte, schossen diese Kulte in Europa geradezu wie Pilze aus dem Boden. Er wünschte sich, irgendwelche Waffen bei sich zu tragen, wenigstens eine schwere Taschenlampe, doch die hatte er im Hotel in Cashel liegen lassen. Wer konnte schon ahnen, dass ein harmloser Spaziergang zu solch einer Irrfahrt in die Finsternis ausarten konnte? So besann er sich auf die Kampftechniken des Tai-Chi und Karate, die in den japanischen Managerkursen gelehrt wurden. Er war nie gut im Kampf gewesen und hatte seine Fähigkeiten auch noch nicht auf der Straße anwenden müssen, aber es gab bestimmte Reflexe, die er sich antrainiert hatte und die einen Gegner schnell überwältigen konnten.

Toshiro erreichte eine Abzweigung. Der Gang, der geradeaus weiterführte, war breiter, aber die Stimmen, die nun deutlich lauter geworden waren, kamen von rechts. So schlug der Japaner diese Richtung ein und musste sich schon nach wenigen Metern bücken, weil die Decke niedriger wurde. Auf allen vieren erreichte er einen Mauervorsprung, an dem der Gang auch endete. Er wollte sich schon wieder abwenden, als er die Stimmen hörte – sie kamen von jenseits des Felsens. Langsam zog sich Toshiro über den Vorsprung und wäre fast erschrocken zurückgeprallt. Auf der anderen Seite gab es nur einen Abgrund! Vorsichtig spähte Ishida hinunter. Er befand sich auf einem kleinen Felsvorsprung dicht unter der Decke einer gewaltigen Höhle. Es ging vielleicht zehn Meter in die Tiefe. Überall an den Wänden flackerten die goldgelben Flammen von Fackeln und beleuchteten die gespenstische Szenerie, die sich auf dem Boden der Höhle abspielte.

Toshiro erblickte eine Unzahl illustrer Gestalten, die sich um einen langen Tisch versammelt hatten. Aus der Entfernung konnte der Japaner keine Einzelheiten erkennen. Auf den ersten Blick machten die Leute dort unten einen völlig normalen Eindruck auf ihn, und die meisten waren in gewöhnlicher Straßenkleidung erschienen, sodass er seine Idee, einem Teufelskult auf der Spur zu sein, schon wieder verwerfen wollte – bis er die Opfer sah!

Mehrere Menschen hingen nackt an Seilen von der Decke. Sie lebten noch, doch es war unzweifelhaft, dass die anderen etwas ganz Spezielles mit ihnen vorhatten. Toshiro Ishida gefror das Blut in seinen Adern, als sein Blick auf seine Verlobte Minako Koyama fiel, die sich ebenfalls unter den Opfern befand ...

Eine Stunde zuvor

In den Augen der jungen Männer und Frauen stand eine endlose Leere. Völlig apathisch starrten sie stur geradeaus, ohne sich ihrer Umgebung wirklich bewusst zu werden. So sahen entweder Irre aus oder Menschen, die unter einem dämonischen Bann standen. Letzteres war bei diesen Menschen der Fall. In stummer Prozession marschierten sie durch die kalten, feuchten Gänge der Katakomben, die vor Jahrhunderten unter der Hore Abbey angelegt worden waren – ohne Wissen der Mönchsbruderschaft, die im 13. Jahrhundert in dem Kloster residierte.

Der Glanz des Fackellichts spiegelte sich auf ihren wie tot dreinschauenden Augen wider. Eskortiert wurden sie von Männern in Mönchskutten, die mit Pentagrammen und fremdartigen Schriftzeichen verziert waren. Langsam trottete die Gruppe in den großen Saal herein, der bereits für die Festlichkeiten vorbereitet worden war. An einem langen Eichentisch reihten sich hochlehnige Holzstühle auf. Weiter hinten an der Wand war ein Büfett angerichtet worden, das nur auf den ersten Blick normale Speisen beinhaltete. Die Mönche führten ihre Gefangenen zu einem Pool mit heißem Wasser, aus dem dampfende Schwaden in die verbrauchte Luft des Gewölbes stiegen.

Angelina beobachtete, wie die Brüder des Abbey-Kults ihre Opfer entkleideten und nacheinander in dem Bassin wuschen. Die ersten der Gefangenen, die auf diese Art gereinigt waren, wurden an von der Decke hängenden Seilen festgebunden und in die Luft gezogen. Die Teufelin fuhr sich mit der Zunge über die Lippen. Der Höhepunkt eines jeden Dämonensabbats war nun einmal der Opferschmaus. Sie konnte es kaum erwarten. Allerdings gab es bis dahin noch einiges zu tun. Zwar waren schon die einen und anderen der Schwarzen Familie eingetroffen, doch das Gros der geladenen Sippenoberhäupter würde erst bei Anbruch der Dunkelheit erscheinen. Zakum selbst, der die Versammlung einberufen hatte, ließ sich bisher nicht blicken. Noch immer wusste Angelina nicht, was es so dermaßen Wichtiges geben konnte, um solch einen Aufstand damit zu treiben.

Die dämonische Schönheit stolzierte den langen Eichentisch entlang und fuhr spielerisch über die Holzplatte. Dann ging sie auf eine Gruppe Dämonen zu, die sich am anderen Ende versammelt hatten und sich angeregt unterhielten. Aus den Gesprächsfetzen bekam Angelina mit, dass auch sie darüber spekulierten, warum der Sabbat einberufen worden war. Die Gruppe bestand aus vier Männern, die allesamt in herkömmlicher Straßenkleidung aufgetreten waren und denen rein äußerlich nichts Dämonisches anhaftete. Die meisten zivilisierten Schwarzblütler, die tagtäglich unter den Menschen lebten, behielten auch im Kreise ihrer Artverwandten ihre menschliche Tarngestalt so lange aufrecht, bis sie bereit waren auf dem Höhepunkt eines Sabbats ihre Beute zu reißen. Zu perfekt hatten sie sich mit den Menschen arrangiert und waren ein Teil ihrer Kultur und Zivilisation geworden. Eine Tatsache, die Luguri für verdammenswert gehalten hatte. Er, der seit Jahrtausenden lebte und für den die gegenwärtige Kultur völlig fremdartig war, schrieb es der Verweichlichung der Dämonen zu, dass sie nicht in ihrer wahren Gestalt auftraten. Luguri schätzte die Schwarzblütler, die ihr reales Äußeres ihm gegenüber zeigten. Aber nicht alle Dämonen waren abscheuliche Monstren. Viele Hexer, die in ihrem Innern von dem bösen Keim beseelt waren, unterschieden sich rein äußerlich überhaupt nicht von den Menschen. Das, was sie zu Andersartigen machte, war ihr schwarzes Blut und ihre Fähigkeit, Magie zu beschwören.

Die Männer beendeten ihre Unterhaltung sofort, als sie Angelina sahen, und machten ihr Platz, damit sie sich zu ihnen gesellen konnte. Konstantin Thurgau, ein Vampir aus der Österreicher Provinz nickte ihr kurz zu, während der kanadische Blutsauger Yves Trudeau Angelinas Hand nahm und sie an seine Lippen führte.

»Ich fühle mich geehrt, die Mätresse unseres Fürsten persönlich kennenzulernen«, hauchte er.