Dr. Stefan Frank 2545 - Stefan Frank - E-Book

Dr. Stefan Frank 2545 E-Book

Stefan Frank

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Beschreibung

Die kleine Anni ist todtraurig. Vor Kurzem haben sich ihre Eltern getrennt, und sie soll nun mit ihrer Mama in einer anderen Wohnung leben. Aber die Siebenjährige möchte keine neue Wohnung und kein neues Zimmer! Sie will einfach nur, dass alles wieder so wird wie früher, als sich Mama und Papa lieb hatten und sie alle zusammen glücklich in ihrem alten Zuhause wohnten.
Annis Eltern sehen, wie sehr ihr geliebtes Kind unter der Trennung leidet. Sie selbst sind ja auch unfassbar traurig, aber ihre Ehe ist nun mal am Ende. Um dem Mädchen die Situation etwas leichter zu machen, stimmt Annis Vater zu, einen Hund bei sich aufzunehmen. Wann immer sie ihren Papa dann besuchen kommt, kann sie sich um den Welpen kümmern, mit ihm kuscheln und spielen.
Doch in dem jungen Retriever steckt noch viel mehr. Er wird nicht nur zum Tröster des unglücklichen Kindes - er wird zum Retter in Annis größter Not!

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Inhalt

Cover

Impressum

Ein Freund fürs Überleben

Vorschau

BASTEI ENTERTAINMENT

Vollständige eBook-Ausgabeder beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe

Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG

© 2020 by Bastei Lübbe AG, Köln

Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller

Verantwortlich für den Inhalt

Titelbild: Helen Sushitskaya / shutterstock

eBook-Produktion:3w+p GmbH, Rimpar (www.3wplusp.de)

ISBN 9-783-7325-9208-1

www.bastei-entertainment.de

www.lesejury.de

www.bastei.de

Ein Freund fürs Überleben

Wie Annis Hund ihr ganz persönlicher Retter wurde

Die kleine Anni ist todtraurig. Vor Kurzem haben sich ihre Eltern getrennt, und sie soll nun mit ihrer Mama in einer anderen Wohnung leben. Aber die Siebenjährige möchte keine neue Wohnung und kein neues Zimmer! Sie will einfach nur, dass alles wieder so wird wie früher, als sich Mama und Papa lieb hatten und sie alle zusammen glücklich in ihrem alten Zuhause wohnten.

Annis Eltern sehen, wie sehr ihr geliebtes Kind unter der Trennung leidet. Sie selbst sind ja auch unfassbar traurig, aber ihre Ehe ist nun mal am Ende. Um dem Mädchen die Situation etwas leichter zu machen, stimmt Annis Vater zu, einen Hund bei sich aufzunehmen. Wann immer sie ihren Papa dann besuchen kommt, kann sie sich um den Welpen kümmern, mit ihm kuscheln und spielen.

Doch in dem jungen Retriever steckt noch viel mehr. Er wird nicht nur zum Tröster des unglücklichen Kindes – er wird zum Retter in Annis größter Not!

„Da bist du ja endlich!“, rief Mathilda Schneeweiß, sobald sie ihre kleine Tochter erblickte, die mit baumelndem Schulranzen aus der Tür des Horts getrödelt kam. „Wo hast du denn schon wieder so lange gesteckt? Du weißt doch, wir haben es eilig.“

Annika – Anni gerufen – war gerade sieben Jahre alt geworden und besuchte die erste Klasse. Nach der Schule ging sie in den Hort, wo ihre Mutter sie nach der Arbeit im Einwohnermeldeamt abholte.

Danach musste Mathilda auf dem schnellsten Weg nach Hause, um die fällige Hausarbeit zu erledigen: das Abendessen kochen, dafür sorgen, dass genug saubere Wäsche für den nächsten Tag da war, den Tisch decken und vor allem in der Wohnung putzen und aufräumen, was ihr Mann Sebastian wieder einmal übersehen hatte.

„Warum lässt du nicht manchmal fünfe gerade sein?“, gehörte zu Sebastians Lieblingsaussprüchen. „Lass das Putzen sein, kuschle dich mit Anni und einem schönen Bilderbuch aufs Sofa und genießt zusammen euren Feierabend. Und das mit dem Kochen ist doch auch nicht so wichtig. Ich kann uns allen ein Papa-Special-Sandwich machen, wenn ich nach Hause komme – oder wir bestellen uns bei Mario eine Riesen-Pizza und schauen uns dabei einen schönen Film an.“

Mathilda unterdrückte ein Seufzen. Wäre Sebastian nicht so ein Weltmeister darin gewesen, fünfe gerade sein zu lassen, hätte sie am Abend nicht so viel zu tun und ein Problem weniger gehabt. Er begriff einfach nicht, dass sie eine saubere Wohnung, einen geregelten Tagesablauf und warme, gemeinsame Mahlzeiten für Anni wichtig fand.

Dass die Beschäftigung mit einer Siebenjährigen nicht nur aus träumerischen Stunden mit Bilderbüchern, Malfarben, Spielfiguren und Filmen bestand, sah er noch weniger ein. Wenn Mathilda Annis Hausaufgaben nicht kontrollierte, tat es niemand. Und sooft Sebastian auch versprach, die Kleine zum Flöte-Üben anzuhalten, er vergaß es jedes Mal.

Leider hatte Anni, die ansonsten natürlich das entzückendste kleine Mädchen auf der Welt war, diese nervtötende Eigenschaft von ihm geerbt. Sie ließ sich von jeglicher Kleinigkeit ablenken, alles war ihr wichtiger als die Pflichten, die sie zu erledigen, oder die Verabredungen, an die sie sich zu halten hatte.

Unzählige Male hatte Mathilda mit ihr darüber gesprochen, dass sie am Ende des Hort-Tages so schnell wie möglich ihre Sachen zusammenpacken und nach draußen kommen sollte, damit ihre Mutter nicht zu lange warten musste. Anni versprach es ihr wieder und wieder – aber sobald irgendetwas Interessantes ihre Aufmerksamkeit fesselte, vergaß sie es auf der Stelle.

Jetzt fuhr die Kleine erschrocken zusammen, als sie die ärgerliche Stimme ihrer Mutter vernahm. Das fröhliche Lächeln verschwand aus ihrem Gesicht.

„Aber Mami, ich habe mich doch beeilt!“, rief sie. „Frau Marquardt hat auch geschimpft, weil ich beim Einpacken so langsam bin, aber ich habe wirklich so schnell gemacht, wie ich konnte.“

Auf der Stelle tat es Mathilda leid, dass sie so schroff gewesen war. Sie durfte einfach keine Wut, die sie auf Sebastian hatte, an Anni auslassen. Mathilda wusste, warum Anni nie rechtzeitig mit etwas fertig wurde: Genau wie bei ihrem Vater lud jeder hübsch gefärbte Buntstift sie dazu ein, ihn auszuprobieren, statt ihn im Federmäppchen zu verstauen, und jeder Schnipsel, der zu Boden segelte, wurde zur tanzenden Fee, den man beobachten musste.

Aber Anni war noch ein Kind, sie brauchte Zeit, um zu lernen, dass man auf diese Weise im Leben nicht weiterkam. Mathilda durfte nicht ungeduldig mit ihr sein, sondern musste es ihr immer wieder in Ruhe erklären. Es war Sebastian, der Erwachsene, dem sie sein Verhalten in Wahrheit übel nahm. Ganz besonders, weil er Anni ein so schlechtes Vorbild bot.

Sowieso ließ er Mathilda in Erziehungsfragen völlig allein. Wäre es nach ihm gegangen, hätte Anni alles haben dürfen, was sie nur wollte. Sogar den Hund, den sie sich innig schon seit Jahren wünschte. Dabei wusste Sebastian so gut wie Mathilda selbst, dass in ihrer Wohnung für einen Hund kein Platz war und dass keiner von ihnen Zeit hatte, sich angemessen um das Tier zu kümmern.

Von dem Dreck, den so ein Hund verursachte und den Sebastian nicht wegmachen würde, ganz zu schweigen.

Sie seufzte noch einmal. Sebastian war ihre große Liebe gewesen. Er war Kunstmaler, und Mathilda hatte ihn buchstäblich auf der Straße vor dem Amt, in dem sie damals noch ihre Ausbildung absolviert hatte, kennengelernt. Er hatte auf einem Schemel in der Abendsonne gesessen, seine herrlichen, farbenprächtigen Gemälde um sich verteilt, und sie hatte sich nicht sattsehen können.

„Guten Abend, schöne Frau“, hatte er zu ihr gesagt und ihr ein Lächeln gesandt, bei dem jeglicher Widerstand in ihr zusammenschmolz. „Gefällt Ihnen eines?“

„Mir gefallen sie alle!“, hatte Mathilda ausgerufen, zu ihm aufgeblickt und sich von dem Blick seiner sanften braunen Augen nicht lösen können.

„Das macht mir heute den Abend schön“, hatte er gesagt. „Möchten Sie sich eines mitnehmen?“

„Oh nein, das kann ich mir nicht leisten!“, hatte sie erschrocken abgewehrt, obwohl ihr die Preise an den einzelnen Bildern lächerlich gering erschienen. „Ich bin noch in der Ausbildung und verdiene nicht viel.“ Von ihrer mageren Vergütung musste sie zu Hause Kostgeld abgeben, weil ihre Eltern wollten, dass sie den richtigen Umgang mit Geld lernte.

„Ich möchte Ihnen eines schenken“, hatte er gesagt. „Sie haben mir eine so große Freude gemacht, also will ich Ihnen wenigstens eine kleine machen.“

Das war eines von Sebastians Problemen: Er würde den richtigen Umgang mit Geld nie lernen, weil er viel zu großzügig war. Er würde vermutlich auch nie den Durchbruch als Künstler erzielen, den seine wunderbaren Bilder verdienten, weil er nicht in der Lage war, sich selbst zu verkaufen.

Auf der Straße zu sitzen und sich zu freuen, wenn seine Bilder den Leuten gefielen, genügte ihm. Wenn er nichts einnahm, kam er mit den geringsten Mitteln aus, wenn er dagegen Geld in der Tasche hatte, gab er es mit vollen Händen aus. So auch an diesem Abend.

Mathilda hatte alles versucht, um das angebotene Bild abzulehnen, aber er hatte darauf bestanden, dass sie den Seiltänzer, der auf einem Regenbogen über den Dächern der Stadt tanzte, annahm. In Mathildas Elternhaus war für Kunst nicht viel Platz gewesen, und Mathilda verstand nichts davon, aber ‚Tanz nach dem Regen‘ war zweifellos das schönste Bild, das Mathilda je gesehen hatte.

Und dann hatte er die Einkünfte des Tages genommen, die er in einer verbeulten Konservendose gesammelt hatte, und hatte Mathilda bei Mario, einem befreundeten Italiener, der ein zauberhaftes Restaurant führte, zum Essen eingeladen.

Seit jenem Abend waren sie ein Paar, und Mathilda hatte an Sebastians Seite die glücklichsten Stunden ihres Lebens verbracht. Als sich ein Jahr später Annika angemeldet hatte, hatten sie geheiratet und die Dachwohnung über Marios Restaurant mieten können.

Mathildas Eltern waren mit diesem überstürzten Vorgehen und der ungeplanten Ankunft des Enkelkindes ganz und gar nicht einverstanden. Mathilda, Sebastian und ihre kleine Tochter hingegen waren eine Zeit lang gewiss die glücklichste Familie von ganz München gewesen.

Und im Grunde könnten wir es noch immer sein, dachte Mathilda mit einem Anflug von Bitterkeit. Sie hatten eine wunderbare Tochter, und Sebastian war ein Mensch, der das Talent besaß, das ganze Leben zu verzaubern. Wenn er nur ein wenig mehr Verantwortungsbewusstsein besessen und begriffen hätte, dass Familien mehr brauchten als Puppentheater und Höhlen aus Sesselpolstern und dass er als Vater endlich hätte erwachsen werden müssen.

Wie oft hatte Mathilda schon Mietschulden in letzter Sekunde beglichen, weil er „vergessen“ hatte, dass das Geld am Ersten fällig war, wie oft hatte sie ihr Konto überziehen müssen, weil er Geld für dringend benötigte Dinge für Firlefanz ausgegeben hatte, wie oft hatte er eine Chance versäumt, mit seiner Malerei gutes Geld zu verdienen, weil der Auftraggeber ihm nicht gefiel!

Sebastian war ein Traumtänzer, ein Idealist, ein Lebenskünstler, der vor Ideen nur so sprudelte. Er war liebevoll und zärtlich wie kein zweiter – aber war er auch ein Mann, mit dem man auf Dauer leben konnte?

„Dieser Mann wird dich ruinieren“, hatte ihr Vater am Abend vor ihrer Hochzeit gesagt. „Aber wenn du dann samt Kind in der Gosse gelandet bist, lass dir nicht einfallen, wieder bei uns auf der Schwelle zu stehen.“

Immer häufiger fragte sich Mathilda, ob er nicht recht hatte. Sie hatte Sebastian mehr als einmal ein Ultimatum gestellt, und dieser hatte hoch und heilig Besserung gelobt, doch am nächsten Morgen, wenn er auf dem Schulweg für Anni und ihre Freunde Seifenblasen blies, statt zügig voranzugehen, hatte er schon wieder alles vergessen.

Und nun stand die Tochter dieses Mannes, die sein kleines weibliches Ebenbild war, vor ihr und blickte mit großen, verstörten Augen zu ihr auf.

„Es tut mir doch leid, Mami. Ich verspreche dir, ich schau nicht noch mal den Fischen im Aquarium zu, wenn ich meine Tasche packe. Frau Marquardt hat mich schon ganz böse angeschrien. Also darfst du doch nicht auch noch böse sein.“

Frau Marquardt war die Leiterin des Horts, eine strenge, konsequente Frau, die Mathilda bei der Anmeldung gut gefallen hatte. Inzwischen fand sie aber immer häufiger, dass sie für die empfindsame Anni zu hart reagierte. Niemand durfte ihr kleines Mädchen böse anschreien! Schon gar nicht dafür, dass sie von den Fischen im Aquarium fasziniert war.

Anni wünschte sich doch so sehr ein eigenes Tier und konnte keines haben. Da stellten die Fische, die der Hort hielt, eine Art von Ersatz dar.

Mathilda breitete die Arme aus, schloss Anni darin ein und zog sie fest an sich. Es tat so gut, den kleinen, warmen Körper zu spüren, der sich an sie schmiegte. Es ließ sie für kurze Zeit die drückende Last ihrer Sorgen vergessen.

„Ich bin doch gar nicht böse, mein Hoppelhäschen“, sagte sie. „Ich habe nur einfach nicht viel Zeit, um abends noch alles zu erledigen. Und wenn du dann herumtrödelst, wird alles noch knapper und ich muss noch mehr hetzen.“

Während sie die Worte aussprach, bemerkte sie, wie erschöpft sie war. Inständig hoffte sie, dass dies einer der Abende war, an denen Sebastian früh nach Hause kam.

Da ihre Wohnung zu klein und zu dunkel war, um seine von Licht und Farbe überfluteten Bilder zu malen, teilte er sich mit zwei befreundeten Kollegen ein Atelier in der Innenstadt. Wann er sich auf den Heimweg machte, hing davon ab, wie er am jeweiligen Tag mit seiner Arbeit vorankam, denn ein Bild konnte man nicht einfach unterbrechen, wann man wollte.

Sebastian liebte seine Familie, daran bestand kein Zweifel, und wenn er zu Hause war, tat er alles für sie, was ihm einfiel. Nur fiel ihm eben nie das Richtige ein: Er schmückte den Abendbrot-Tisch mit bunten Papierblumen und vergaß, den Müll rauszubringen. Er bastelte aus einer Gurke ein Krokodil und einen Igel aus Käsespießen und vergaß, dass Anni ihre warme Mahlzeit brauchte.

Er legte Musik auf und öffnete eine Flasche Wein, übersah jedoch, dass das Wohnzimmer dringend gesaugt werden musste.

„Ich helfe dir, Mami“, bot Anni sich an. „Dann musst du nicht so hetzen und kannst dich auch ein bisschen ausruhen.“

Mathilda musste lächeln. Ihre Kleine war wirklich ihr größtes Glück.

„Wir bekommen das schon hin, mein Schatz“, sagte sie, nahm Annis Hand und ging mit ihr zum Auto. „Und in Zukunft versuchst du einfach, die Zeit vor dem Aquarium ein bisschen zu verkürzen, ja?“

Anni nickte heftig, während sie ins Auto einstieg, doch aus dem Augenwinkel sah Mathilda, dass sie gegen Tränen kämpfte.

„Was ist denn los, Süße?“, fragte sie erschrocken.

„Es ist ja nur …“, stammelte Anni, „es ist ja nur, weil Frau Marquardt gesagt hat, dass das Becken zu viel Arbeit macht und sie es nicht mehr haben will. Die armen Fische! Mami, könnten wir sie nicht nehmen? Sie brauchen doch ein neues Zuhause!“

Mathilda schnallte ihre Tochter im Kindersitz an und strich ihr über das Haar. Es tat ihr in der Seele weh, ihr diesen Wunsch abschlagen zu müssen.

„Liebes, du weißt doch, dass so ein Aquarium viel Arbeit macht und wir dafür keine Zeit haben. Es kostet auch viel Geld und braucht Platz, den wir in unserer Wohnung nicht haben. Ich verspreche dir aber, dass ich mich nach einem neuen Zuhause für eure Fische umhöre. Vielleicht kann Tante Gerda sie ja nehmen.“

Tante Gerda war die ältere Schwester von Mathildas Mutter, eine durch und durch liebenswerte Frau, die bei dem Arzt der Familie als Haushälterin arbeitete. Ihr Mann Alfred war Gärtner und hatte ein Herz für alles Lebendige. Er würde sich der Fische sicherlich mit viel Liebe annehmen.

„Au ja, dann kann ich die Fische ja besuchen!“, jubelte Anni schon halb getröstet. „Und bei Tante Gerda und Onkel Alfred haben sie es gut.“

Erleichtert setzte sich Mathilda hinter das Steuer und fuhr an. Sie würde sich alle Mühe geben, damit der Rest des Abends für Anni friedlich und ohne weitere Erschütterungen verlief.

Leider aber fand sie Minuten darauf ihren Plan durchkreuzt.

Bereits als sie in die kleine Straße, in der sie wohnten, einbog, sah sie vor ihrem Haus, vor dem Schaufenster des kleinen Restaurants, zwei Männer stehen, von denen der eine mit heftigen Gesten auf den anderen einredete.

„Da ist ja Mario!“, freute sich Anni, die den lustigen Italiener gernhatte. „Warum ist er denn so böse auf den Mann?“

Im Näherkommen erkannte nun auch Mathilda, dass es sich bei demjenigen, der mit wilden Handbewegungen auf den anderen einredete, um Sebastians Freund, den Restaurantbesitzer Mario, handelte. Er schien wirklich aufgeregt, doch Mathilda kam es nicht so vor, als wäre er wütend, sondern eher, als versuche er, den anderen von etwas zu überzeugen.

Sie konnte sich nicht erklären, warum sie der Anblick der beiden Männer mit solcher Beklommenheit erfüllte.

„Sicher hat nur ein Lieferant etwas Falsches geliefert“, beruhigte sie Anni, während sie mit klopfendem Herzen den Wagen einparkte. „Du kennst doch Marios Temperament. Bei ihm sieht alles ein bisschen wilder aus, als es ist.“

Anni lachte. „Er sagt, das kommt, weil er neben einem Vulkan geboren ist. Er hat dieses heiße Zeug, das der Vulkan ausspuckt, im Blut.“

„Lava“, erklärte Mathilda, doch Anni hörte sie gar nicht mehr. Kaum war der Wagen zum Stillstand gekommen, schnallte sie sich ab und sprang aus der Tür.