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Valerie und Oskar Lindström stecken in einer zermürbenden Ehekrise, als ihre Tochter Alva plötzlich schwer erkrankt. Was mit harmlosen Bauchschmerzen beginnt, entwickelt sich zu einer dramatischen Lage. Dr. Stefan Frank überweist die Dreijährige in die Waldner-Klinik. Dort steht nach einigen Tests fest: Alva leidet an einer akuten Lebererkrankung - ihr Leben steht auf dem Spiel. Ihre Leber ist fast vollständig zerstört, nur eine Transplantation kann sie noch retten. Doch als sich weder Valerie noch Oskar als geeignete Spender herausstellen, bringt eine unerwartete Erkenntnis alles ins Wanken. Alte Geheimnisse treten ans Licht, längst vergessen Geglaubtes fordert Konsequenzen - und plötzlich hängt Alvas Leben an der Entscheidung eines Menschen, der viel mehr mit ihr zu tun hat, als zunächst gedacht ...
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Seitenzahl: 124
Veröffentlichungsjahr: 2025
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Inhalt
Alvas letzter Sommer?
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Impressum
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Inhaltsverzeichnis
Inhaltsbeginn
Impressum
Die Leber der Dreijährigen ist fast vollständig zerstört
Valerie und Oskar Lindström stecken in einer zermürbenden Ehekrise, als ihre Tochter Alva plötzlich schwer erkrankt. Was mit harmlosen Bauchschmerzen beginnt, entwickelt sich zu einer dramatischen Lage. Dr. Stefan Frank überweist die Dreijährige in die Waldner-Klinik. Dort steht nach einigen Tests fest: Alva leidet an einer akuten Lebererkrankung – ihr Leben steht auf dem Spiel. Ihre Leber ist fast vollständig zerstört, nur eine Transplantation kann sie noch retten.
Doch als sich weder Valerie noch Oskar als geeignete Spender herausstellen, bringt eine unerwartete Erkenntnis alles ins Wanken. Alte Geheimnisse treten ans Licht, längst vergessen Geglaubtes fordert Konsequenzen – und plötzlich hängt Alvas Leben an der Entscheidung eines Menschen, der viel mehr mit ihr zu tun hat, als zunächst gedacht ...
Es war ein Weinen, das Oskar Lindström weckte. Ein Jammern, das er noch nie zuvor gehört hatte und so beunruhigend, dass er – kaum aufgewacht – aufsprang und ins Kinderzimmer eilte.
Seine dreijährige Tochter Alva lag in ihrem Bettchen.
»Alles gut, Prinzessin, Papa ist ja da.« Oskar schob die Decke beiseite und hob die Kleine hoch. Er schloss sie in die Arme und wanderte ein paar Schritte auf und ab.
Bleiches Morgenlicht fiel ins Zimmer. Draußen erwachte ein neuer Morgen. Vogelgezwitscher wehte durchs gekippte Fenster und vermischte sich mit Alvas Schluchzern.
»Hast du schlecht geträumt, Prinzessin?«
Alva schüttelte den Kopf, dass die blonden Löckchen hin und her flogen. »Mein Bauch tut weh.«
»Du armer Schatz. Soll ich dir einen Tee kochen?«
»Nein.«
»Wie wäre es mit einer Wärmflasche?«
»Weiß nicht.« Alva schlang die Arme um den Hals ihres geliebten Papas.
Lächelnd und ein bisschen beruhigt drückte Oskar sie noch näher an sich.
»Weißt du was? Wir kuscheln einfach noch ein bisschen zusammen in meinem Bett, bis es Zeit zum Aufstehen wird. Wenn es dann nicht besser ist, rufe ich bei Frau Doktor Pauli an.« Er strich eine weiche Strähne aus der Kinderstirn. »Ist das eine gute Idee?«
Diesmal nickte Alva. Behutsam bettete Oskar sie neben seine schlafende Frau und legte sich daneben. Eine Weile streichelte er die kleine Kinderhand. Alvas Atemzüge wurden tiefer, ihr Körper entspannte sich.
Oskar dagegen konnte nicht mehr schlafen. Dabei war es erst fünf Uhr neun, fast eine Stunde, bevor Valeries Wecker klingelte. Er lauschte auf das Leben, das draußen langsam begann.
Die schicke Altbauwohnung lag in einer ruhigen Seitenstraße. Nur ab und zu rumpelte ein Wagen über das Kopfsteinpflaster. Der Wind wehte das Geräusch einer einfahrenden Straßenbahn herüber. Vor dem Haus brummte der Motor eines Lieferwagens, der die druckfrischen Zeitungen und Zeitschriften an den Kiosk im Erdgeschoss lieferte.
Oskars Gedanken gingen auf Wanderschaft. Was fehlte Alva nur? Seit einiger Zeit hatte er schon das Gefühl, dass irgendetwas nicht mit seiner Tochter stimmte. Bildete er sich das nur ein oder war Alva in letzter Zeit wirklich nicht mehr so quirlig wie früher? Auch ihr Appetit ließ zu wünschen übrig. Immer öfter aß sie ihren Teller nicht leer, auch dann nicht, wenn ihr Leibgericht – Nudeln mit Tomatensauce – auf dem Speiseplan stand. Das wusste Oskar von der Erzieherin und sofort hatte er sich Sorgen gemacht.
Nebenan raschelte die Bettdecke.
»Bist du schon wach?« Valerie gähnte und streckte sich. »Nanu, wen haben wir denn da?« Überrascht blickte sie hinab auf ihre schlafende Tochter. »Warum ist Alva hier?«
Dass selbst eine flüsternde Stimme spitz klingen konnte, hatte Oskar bisher nicht gewusst.
»Sie ist mit Bauchschmerzen aufgewacht. Da habe ich sie mitgenommen.«
»Ich sehe schon, unsere Tochter hat dich gut im Griff«, zischte Valerie und schlug die Bettdecke zurück. »Wenn du mit mir nur auch so nachsichtig wärst ...«
Oskar seufzte. Wie hatte er nur denken können, dass der Krach vom Vorabend Geschichte war? Nach zehn Ehejahren wusste er doch genau, wie nachtragend seine Frau war. Und noch immer klingelten ihm ihre Vorwürfe ihm Ohr.
»Müssen wir wirklich dort weitermachen, wo wir gestern aufgehört haben?«, warb er um Nachtsicht.
»Du verwöhnst unser Kind zu sehr. Solange sich das nicht ändert ...«
»Ich koche uns Kaffee«, schnitt Oskar ihr das Wort ab und floh aus dem Schlafzimmer.
Während er das Frühstück zubereitete, rauschte im Bad das Wasser. Eine Viertelstunde später gesellte sich Valerie zu ihm in die Küche, eine bildschöne Frau, perfekt geschminkt und frisiert, in einem Hosenanzug, den er noch nie an ihr gesehen hatte.
Bei ihrem Anblick wurde Oskar schwer ums Herz. Seine Gedanken eilten zurück in eine andere Zeit, in der die junge Innenarchitektur zu der Musik tanzte, die er in den angesagtesten Clubs der Stadt aufgelegt hatte. Seither schien ein ganzes Leben vergangen zu sein. Nach Ende seines Studiums zum bildenden Künstler hatte er um die Hand seiner Traumfrau angehalten.
Inzwischen war Valerie international erfolgreich und ständig unterwegs. Auch Oskars Karriere war beachtlich. Zum Glück musste er nur selten reisen, so dass er sich um seine Tochter kümmern konnte, wenn ihre Mutter Gebäudekomplexe in Rom und Paris plante.
»Kannst du auf dem Rückweg vom Kindergarten heute in der Reinigung vorbeifahren und meinen Hosenabzug abholen?«, fragte Valerie bei einer Tasse Kaffee im Stehen. »Außerdem musst du den Hausmeister anrufen. Das Fenster im Bad klemmt schon wieder.«
»Das steht schon auf meiner Liste«, erwiderte Oskar, schenkte Tee ein und legte einen Zwieback auf einen Teller.
Der Radiomoderator kündigte die Sieben-Uhr-Nachrichten an.
»Oh, schon so spät.« Valerie warf Portemonnaie und Handy in die Handtasche und die Anzugjacke über den Arm. An der Tür drehte sie sich noch einmal um. »Bis heute Abend. Gib Alva einen Kuss von mir.« Ihr Blick streifte das Tablett. »Und komm ja nicht auf die Idee, unserer Prinzessin das Frühstück ans Bett zu bringen.«
Die Tür fiel hinter ihr ins Schloss, und nicht zum ersten Mal fragte sich Oskar, wo sie falsch abgebogen waren.
***
»Im Eck-Café kommen gerade die ersten Semmeln und Brezen aus dem Ofen.« Alexandra Schubert lag dicht hinter ihrem Freund Stefan, ihr warmer Atem kitzelte ihn am Ohr. »Hmmm, dieser Duft! Riechst du ihn auch?«
Stefan Frank täuschte ein Schnarchen vor und rutschte noch ein Stück tiefer unter die Decke. Doch Alexa dachte nicht daran, sich von ihrem Plan abbringen zu lassen.
»In der Auslage tummeln sich schon die Croissants mit Marmeladen- und Schokofüllung. Denk doch nur an die knusprige Kruste und den flaumigen Teig darunter. Wenn die weiche Füllung auf der Zunge schmilzt ...«
»Genug!« Mit einem Ruck schlug Stefan die Bettdecke zurück, reckte und streckte sich. »Das ist Folter, was du da machst. Dafür hättest du eine Strafe verdient.« Er streckte die Hände nach ihr aus, doch Alexa war schneller. Sie sprang aus dem Bett und zog die Vorhänge zurück. Helles Sonnenlicht flutete das Zimmer.
»Liebend gerne. Aber erst nach dem Frühstück«, lächelte sie verführerisch. »Während du Croissants holst, koche ich schon mal Kaffee. Na, wie klingt das?«, fragte sie und ließ das Schlafshirt zu Boden fallen.
»Wenn ich ehrlich bin, denke ich bei deinem Anblick an alles, nur nicht an Frühstück«, sinnierte Stefan und konnte die Augen nicht von seiner Freundin wenden.
Was war er doch für ein Glückspilz, dass er nach Jahren des Singledaseins diese Traumfrau gefunden hatte!
Inzwischen war Alexa in ein leichtes Sommerkleid geschlüpft. Mit wiegenden Hüften ging sie auf ihren Freund zu und beugte sich über ihn. Ihr braunes Haar bedeckte sein Gesicht.
»Schade, dass heute erst Donnerstag ist und wir beide in die Praxis müssen«, raunte sie ihm zu. »Aber aufgeschoben ist nicht aufgehoben.«
»Weib, dein Name ist Vernunft.« Mit einem sehnsüchtigen Blick in den Ausschnitt seiner Liebsten gab sich Stefan geschlagen und stand auf, um ihren Wunsch zu erfüllen und zum Eck-Café zu gehen.
Die duftende Sommerluft zauberte ihm ein Lächeln ins Gesicht. Um diese Uhrzeit war noch nicht viel los auf den Straßen von Grünwald, zumal die Kinder Sommerferien hatten. Eine Nachbarin radelte grüßend auf ihrem quietschenden Fahrrad vorbei, ein paar Spatzen machten Jagd auf Insekten, die sich auf dem warmen Asphalt sonnten.
Im Eck-Café waren nur zwei Kunden vor ihm. Einen davon kannte er.
»Guten Morgen, Herr Lindström«, begrüßte er den Künstler, der seit vielen Jahren sein Patient war.
Wann hatte er den Künstler zum letzten Mal gesehen? Es musste auf seiner Vernissage vor über einem Jahr gewesen sein, die Stefan und Alexa mit ihren Freunden Ruth und Uli Waldner besucht hatten. Seither schien sich einiges verändert zu haben. Und ganz bestimmt nicht zum Besseren, wie Oskars Gesicht verriet.
Aus seinen Gedanken gerissen, zuckte Oskar zusammen.
»Herr Doktor Frank, ich hatte Sie gar nicht bemerkt.«
»Tut mir leid. Ich wollte Sie nicht erschrecken.«
»Das ist nicht Ihre Schuld«, versicherte Oskar schnell. »Ich dachte nur gerade über meine Tochter Alva nach.«
Kaum merklich runzelte Stefan Frank die Stirn.
»Wie alt ist Ihre Tochter inzwischen?«, hakte er nach.
Als die kleine Alva zur Welt gekommen war, hatten die Eltern beschlossen, die Betreuung der Kleinen in die Hände der Kinderärztin Dr. Astrid Pauli zu legen. Eine Entscheidung, die Stefan Frank gut nachvollziehen konnte, auch wenn er selbst viele Kinder zu seinen Patienten zählte. Manchen Eltern war es einfach lieber, ihre Sprösslinge von speziell ausgebildeten Fachärzten behandeln zu lassen.
»Alva wurde vor zwei Monaten drei Jahre alt«, gab Oskar die gewünschte Auskunft. Er erinnerte sich an die Geburtstagsfeier und lächelte. Aber nur kurz. »Damals war sie noch unser quirliger Wirbelwind. Ein Gummiball auf zwei Beinen mit jeder Menge Schabernack im Sinn«, seufzte er.
»Jetzt nicht mehr?«
»Ich weiß auch nicht.« Oskar zuckte mit den Schultern. »Meine Frau behauptet immer, ich sei hysterisch. Aber das stimmt nicht. In letzter Zeit ist Alva ständig müde und hat keinen Appetit. Heute Morgen weinte sie, weil sie Bauchweh hatte. Aber das ist zum Glück wieder verschwunden und sie wollte in den Kindergarten. Nachdem sie kein Fieber hatte, habe ich sie hingebracht.«
»Haben Sie sie schon einmal untersuchen lassen?«
»Die Kinderärztin konnte nichts finden.«
»Vielleicht steht ein Entwicklungsschub an«, dachte Stefan Frank laut nach, als Oskar an der Reihe war.
Er kaufte ein Brot und ein paar Semmeln und verabschiedete sich von Dr. Frank.
»Ich würde mich sehr gerne noch länger mit Ihnen unterhalten. Aber leider habe ich gleich einen Termin und muss mich sputen.«
Er nickte dem Arzt zu und winkte, ehe er das Geschäft verließ und mit eiligen Schritten davonging.
***
Die Sonne verschwand hinter den Hausdächern der Stadt. Schlagartig wurde es dunkel im Büro.
Valerie Lindström saß am Schreibtisch. Der Bildschirm ihres Computers erhellte ihr Gesicht.
Den ganzen Tag hatte sie in Meetings mit Planern, Architekten, Handwerkern und Kunden verbracht. Langsam aber sicher ging ihr bislang größtes Bauprojekt – ein hochmodernes Museum in Paris – in die entscheidende Phase. Wieder und wieder wurde die Auswahl von Farben, Materialien und Möbeln besprochen, Beleuchtungskonzepte entwickelt und verworfen, an der Raumakustik gearbeitet.
Kein Wunder, dass sie nach fast zehn Stunden Arbeit rechtschaffen müde war. Doch selbst, als sie ihren Computer herunterfuhr und ein Gähnen unterdrückte, wusste sie, dass ihr Tag noch lange nicht zu Ende war.
Bis zu diesem Punkt ihrer Karriere war ihr Weg hart und steinig gewesen. In jahrelanger, mühevoller Kleinarbeit hatte sie sich hochgearbeitet und war endlich an ihrem Ziel angekommen. Ihr herausragender Ruf in der Branche sorgte dafür, dass die Aufträge endlich von allein ins Haus flatterten. Aber die Konkurrenz schlief nicht. Um den Erfolg zu bewahren, musste sie rund um die Uhr am Ball bleiben.
Doch zuerst musste sich Valerie auf den Heimweg konzentrieren. Wie immer herrschte am Abend Hochbetrieb auf Münchens Straßen.
»Ein Glück, dass ich morgen nach Paris fliege. Dann muss ich mir das hier erst mal nicht mehr antun.«
Auf der einen Seite freute sich Valerie auf die regelmäßigen Geschäftsreisen. Sie liebte das Gefühl, wichtig und umschwärmt zu sein. Der Kontakt zu anderen Menschen, die Diskussionen mit ihren Geschäftspartnern, die Verhandlungen mit Kunden waren ihr Lebenselixier. Es gab nur einen Wermutstropfen, der ihr die Freude an ihren Reisen verdarb: Alva.
Als Valerie die Tür der Grünwalder Altbauwohnung aufschloss, wehte das Lachen ihrer Tochter durch den Flur. Unwillkürlich ging Valerie das Herz auf. Gab es ein schöneres Geräusch als dieses?
Sie schlich durch den Flur und trat an die angelehnte Wohnzimmertür. Vater und Tochter knieten nebeneinander auf dem Boden, der über und über mit Papier bedeckt war. Geöffnete Dosen mit Fingerfarben standen überall herum.
Das Schnauben ihrer Mutter ließ Alva aufblicken.
»Mama!« Mit einem Satz sprang die Kleine auf die Füße und wollte in ihre Arme stürzen. In letzter Sekunde fing Valerie sie ab und hielt sie an den bunten Händen fest.
»Hallo, meine Süße, wie geht es dir?« Sie drückte ihre Nase in das Kinderhaar, das nach dem Einhorn-Shampoo duftete, das Alva sich so sehr gewünscht hatte. Valeries bitterböser Blick traf Oskar, während sie ihre Tochter fragte: »Wie war dein Tag?«
Die Kinderaugen strahlten auf.
»Papa hat mir Fingerfarben gekauft! Ich habe eine Wiese gemalt mit ganz vielen, bunten Blumen.«
»Das ist ja ein richtiges Kunstwerk«, lächelte Valerie und brachte ihre Tochter ins Bad, um ihr die Hände zu waschen.
Diese Gelegenheit nutzte Oskar, um Papier und Farben aufzuräumen.
»Hallo«, begrüßte er seine Frau mit einem flüchtigen Kuss auf die Wange, als sie aus dem Bad zurückkam. »Wie geht es dir?«
»Bis auf die Tatsache, dass ihr den Orientteppich ruiniert, sehr gut«, zischte Valerie in sein Ohr.
»Ich habe eine Decke darüber gelegt. Es ist nichts passiert.« Oskar wandte sich ab. Wenn sie überhaupt noch miteinander sprachen, verteilte Valerie Aufgaben oder stritt mit ihm über die Erziehung ihrer Tochter. »Ein bisschen Vertrauen wäre zur Abwechslung mal ganz nett«, schimpfte er mit gesenkter Stimme. Schlimm genug, dass die Erwachsenen ständig Ärger hatten. Das musste die Kleine nicht auch noch mitbekommen.
Der Abendbrottisch war schon gedeckt. Es gab Spinatlasagne. Alva kletterte auf ihren Stuhl. Beim Anblick der dampfenden Auflaufform verzog sie das Gesicht.
»Muss ich was essen? Ich habe keinen Hunger.«
»Hast du schon wieder Bauchweh, mein Schatz?«, fragte Oskar sofort besorgt.
»Ein bisschen«, erwiderte Alva kläglich und sah von einem zum anderen. »Darf ich ins Bett gehen?«
Valerie sprang vom Stuhl auf. »Natürlich, mein Schatz. Komm, ich trage dich.« Mutter und Tochter verließen die Küche.
Oskar kam mit einer Wärmflasche nach. An der Kinderzimmertür blieb er stehen.
»... Papa dir zu viele Süßigkeiten gegeben?«
»Nein, ich habe gar nichts Süßes gegessen«, erwiderte Alva kläglich.
Es fehlte nicht viel, und Oskar wäre vor Zorn geplatzt. Nur Alva zuliebe riss er sich zusammen. Ein künstliches Lächeln auf den Lippen legte er die Wärmflasche auf den kleinen Bauch. Alva bemerkte es kaum. Sie sah ihre Mama an.
»Darf ich Videos auf deinem Handy anschauen?«
»Natürlich, mein Schatz.« Valerie zog das Gerät aus der Kostümjacke und öffnete das Internet. »Aber nur eine Viertelstunde. Danach wird geschlafen.«
Alva hörte ihr gar nicht mehr zu, war sofort abgetaucht in die Zeichentrickwelt.
Oskar konnte sich so lange beherrschen, bis er gemeinsam am Abendbrottisch saß.
»Wir haben schon tausend Mal darüber gesprochen, dass so kleine Kinder wie Alva nichts am Handy verloren haben. Warum liest du ihr kein Buch vor?«