Dr. Stefan Frank 2828 - Stefan Frank - E-Book

Dr. Stefan Frank 2828 E-Book

Stefan Frank

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Beschreibung

Der Himmel über dem Gardasee ist leuchtend blau, das Glas Rosé kalt, die Stimmung ausgelassen. Zwischen Zypressen und Weinreben genießen Ruth und Ulrich Waldner gemeinsam mit Alexandra Schubert und Stefan Frank eine Woche voller Sonne, Gespräche und lang vermisster Nähe. Doch am Ende des Urlaubs fühlt sich Ruth krank: pochende Kopfschmerzen, Schüttelfrost, Fieber - und sie sagt nichts. Aus Liebe. Aus Rücksicht. Aus Angst, zur Last zu fallen. Trotz Schwäche setzt sie sich ans Steuer für die Rückfahrt. Bis plötzlich alles schwarz wird. Ein Sekundenschlaf, ein LKW, ein Beinahe-Crash - nur Ulrichs schneller Griff ins Lenkrad verhindert die Katastrophe. Zurück in München verschlechtert sich ihr Zustand erheblich. Sie erbricht Blut, das Fieber steigt ins Unmessbare, der Kreislauf bricht zusammen. Auf der Intensivstation ringen die Ärzte um ihr Leben. Niemand weiß, was ihr fehlt - nicht einmal ihr Mann, einer der besten Ärzte. Der Mann, der sonst jede Diagnose stellt, ist plötzlich nur ein hilfloser Ehemann. Erst Dr. Stefan Frank hat einen Verdacht - eine abwegige Idee, zunächst belächelt, dann untersucht ... und schließlich bestätigt. Kann man Ruth Waldner noch retten oder ist es bereits zu spät?

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Seitenzahl: 126

Veröffentlichungsjahr: 2025

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Inhalt

Cover

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Das Gardasee-Virus

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Inhaltsverzeichnis

Inhaltsbeginn

Impressum

Das Gardasee-Virus

Nach einem Urlaub erkrankt Dr. Ruth Waldner schwer

Der Himmel über dem Gardasee ist leuchtend blau, das Glas Rosé kalt, die Stimmung ausgelassen. Zwischen Zypressen und Weinreben genießen Ruth und Ulrich Waldner gemeinsam mit Alexandra Schubert und Stefan Frank eine Woche voller Sonne, Gespräche und lang vermisster Nähe. Doch am Ende des Urlaubs fühlt sich Ruth krank: pochende Kopfschmerzen, Schüttelfrost, Fieber – und sie sagt nichts. Aus Liebe. Aus Rücksicht. Aus Angst, zur Last zu fallen. Trotz Schwäche setzt sie sich ans Steuer für die Rückfahrt. Bis plötzlich alles schwarz wird. Ein Sekundenschlaf, ein LKW, ein Beinahe-Crash – nur Ulrichs schneller Griff ins Lenkrad verhindert die Katastrophe.

Zurück in München verschlechtert sich ihr Zustand erheblich. Sie erbricht Blut, das Fieber steigt ins Unmessbare, der Kreislauf bricht zusammen. Auf der Intensivstation ringen die Ärzte um ihr Leben. Niemand weiß, was ihr fehlt – nicht einmal ihr Mann, einer der besten Ärzte. Der Mann, der sonst jede Diagnose stellt, ist plötzlich nur ein hilfloser Ehemann. Erst Dr. Stefan Frank hat einen Verdacht – eine abwegige Idee, zunächst belächelt, dann untersucht ... und schließlich bestätigt. Kann man Ruth Waldner noch retten oder ist es bereits zu spät?

Mit heruntergelassenen Fenstern und voll aufgedrehtem Radio fuhr Dr. Stefan Frank, der Grünwalder Allgemeinmediziner, mit seiner Freundin die schwindelerregenden Serpentinen entlang, die sich zwischen sattgrünen Weinbergen und streng aufragenden Zypressen den nächsten Berg hinaufschlängelten.

»Schau mal!«, rief Alexandra Schubert ihrem Partner aufgeregt gegen den Fahrtwind zu und zeigte auf den Horizont, wo in der Ferne dunkelblau der erste Zipfel des Gardasees zu sehen war.

»Von mir aus könnte die Fahrt noch eine Weile dauern«, antwortete Stefan und drehte die Musik etwas leiser. »Ich liebe unser neues Auto!«

Das kirschrote Cabrio, das Stefan extra für den Urlaub gemietet hatte, passte perfekt nach Italien. Alexa lachte vergnügt und warf ihren Kopf in den Nacken. Ihre vollen, dunklen Locken flatterten wild in der Luft. Jedes Mal, wenn die Augenärztin versuchte, sich eine Strähne aus dem Gesicht zu streichen, wehte der Wind sie ihr im nächsten Moment wieder frech zurück.

»Unser neues Auto hat meine Frisur kaputtgemacht«, stellte Alexa ohne Reue fest.

»Aber es hat sich gelohnt, oder?«, fragte Stefan mit einem Schmunzeln auf den Lippen.

Alexa grinste nur und wandte sich wieder dem Lied zu, dessen Text sie schon die ganze Zeit mitsang. Den ein oder anderen Ton versemmelte sie zwar kräftig, aber das störte sie nicht – sie hatte trotzdem den größten Spaß beim Mitsingen.

Verliebt schaute Stefan zu ihr herüber und bewunderte die mutige, wunderschöne Frau, die er seine Freundin nennen durfte. Uneitel verzerrte Alexa das Gesicht, als der Refrain des Gassenhauers begann, und schmetterte die Worte voller Leidenschaft aus dem Auto in die Weite der italienischen Landschaft hinaus. Stefan war jedes Mal aufs Neue von seiner Alexa hingerissen und war in diesem Moment überglücklich, dass sie es geschafft hatten, sich von ihren fordernden Berufen freizunehmen.

Der Hausarzt aus München hatte eine Schwäche für Italien und hatte zusammen mit seinem besten Freund Ulrich Waldner zwei Zimmer in einem kleinen, hübschen Weingut reserviert. Alexa würde es lieben! Und Ruth natürlich auch.

Stefan musste an Ruths Ehemann Ulrich denken, der seit ihrem gemeinsamen Medizinstudium einer seiner engsten Freunde war. Als Inhaber und Leiter der Waldner-Klinik hatte er es noch schwerer, sich freizunehmen. Dr. Ulrich Waldner war nicht nur ein gefragter Mediziner, sondern durch den Klinikalltag derart eingespannt, dass er selbst an den Wochenenden manchmal kaum Zeit für Ruth fand.

»Ich glaube, Ruth freut sich mehr auf den Urlaub als wir drei zusammen«, vermutete Stefan, nachdem er einen kurzen Stopp eingelegt hatte, um etwas zu trinken und den Ausblick auf den Gardasee zu genießen.

»Sie hat mir schon dreimal geschrieben«, antwortete Alexa und zeigte Stefan ihr Handy, dessen Bildschirm voller roter Herzen war. »Sie sind wohl schon da.«

Das mitgeschickte Foto zeigte das befreundete Ehepaar eng umarmt vor ihrem weißen Oldtimer zwischen zwei prächtigen Olivenbäumen.

»Ist das auf dem Weingut?«, wollte Alexa wissen.

»Ja, das ist auf der Terrasse vor dem Eingang«, erklärte Stefan, der das Weingut bereits kannte. »Von dort hat man einen fantastischen Blick auf das Wasser.«

»Komm, lass uns schnell weiterfahren«, bat Alexa ungeduldig. Sie konnte es kaum erwarten, zu ihren Freunden zu stoßen. »Das Erste, was ich mache, ist mir ein gekühltes Glas Rosé zu bestellen«, sinnierte sie.

»Na, dann will ich Sie mal so schnell wie möglich zu Ihrem Feriendomizil bringen, Signora«, versprach Stefan huldvoll, zwinkerte ihr zu und trat aufs Gaspedal.

***

Vierzig Minuten später trafen auch Stefan und Alexa an dem verabredeten Treffpunkt am Weingut ein.

»War ja klar, dass du auch bei der Autofahrt ein Streber bist«, rief Stefan Ulrich freudig entgegen und half Alexa aus dem Beifahrersitz.

Ulrich lachte tief und umarmte seinen Freund herzlich.

»Dafür hast du das schickere Auto«, lobte er. »Wo hast du denn das her?«

»Keine Sorge«, lachte Alexa, die Ulrich ebenfalls mit einer innigen Umarmung begrüßte, »ist nur gemietet. Ich würde Stefan gar nicht erlauben, so viel Geld für ein Auto auszugeben.«

»Warum denn nicht?«, wollte Stefan hellhörig wissen. »Stell dir mal vor, wir fahren damit durch München. Das wäre doch toll!«

Alexa verdrehte lächelnd die Augen und schüttelte den Kopf.

»Sag ihm bitte, dass so ein Auto nichts für die Innenstadt ist«, forderte sie Ulrich auf.

»Mein Freund, so ein Auto ist nichts für die Innenstadt«, wiederholte Ulrich brav und warf Stefan hinter Alexas Rücken einen verschwörerischen Blick zu. »Man kann damit ja auch raus aus München aufs Land fahren«, fügte er leise hinzu und erntete ein zustimmendes Nicken von Stefan.

»Wo ist Ruth?«, wollte Alexa wissen, als sie auf den gedeckten Tisch zuging, der für sie auf der Terrasse bereitstand.

»Sie macht sich nur kurz frisch«, erklärte Ulrich.

Die beiden Ankömmlinge setzten sich zu Ulrich, der bereits ein volles Weinglas in der Hand hielt.

»Wen muss ich bestechen, damit ich auch so eins bekomme?«, fragte Alexa.

»Der Besitzer ist gerade in den Weinkeller gegangen«, erzählte Ulrich. »Er will uns wohl eine gute Auswahl bieten.«

»Ja, das ist ganz normal bei Roberto«, erinnerte sich Stefan an die vielen schönen Tage, die er auf dem Weingut des alten Italieners verbracht hatte. »Das wird eine richtige Weinprobe, passt auf!«

Gerade als Roberto mit mehreren Flaschen Wein unter den Armen erschien, kam auch Ruth durch das breite Eingangstor.

»Oh, wie schön, dass ihr da seid!«, rief sie glücklich und begrüßte ihre Freunde liebevoll. »Alexa, die Zimmer!«

»Nicht schlecht, oder?«, fragte Stefan zufrieden. »Ich habe mir schon gedacht, dass die Unterkunft genau deinen Geschmack trifft.«

»Zu hundert Prozent! Danke, Stefan. Es ist einfach traumhaft«, seufzte Ruth und ließ sich neben ihrem Mann nieder, der bereits den zweiten Wein probierte, den Roberto ihm einschenkte.

Während Roberto in gebrochenem Deutsch und mit Händen und Füßen erklärte, welche Rebsorten in welchem Wein steckten und warum sie wie schmeckten, warfen sich Alexa und Ruth glückliche Blicke zu. Alexa wusste, dass Ruth den Urlaub bitter nötig hatte, und freute sich von Herzen für ihre Freundin. Ruth arbeitete als Anästhesistin in der Klinik ihres Mannes, und durch den fordernden Berufsalltag des Paares blieb den beiden nur wenig gemeinsame Zeit.

»Gibt es für morgen ein Programm?«, wollte Alexa wissen, als Roberto seine letzte Flasche geöffnet und ihnen jeweils einen kleinen Probierschluck eingeschenkt hatte.

»Kein Programm«, sagte Stefan und ließ sich tiefer in seinen Stuhl sinken. »Nur Entspannung.«

»Für uns gibt es schon ein Programm«, teilte Ulrich der Gruppe mit.

Ruth seufzte. »Ulrich will sich nach Häusern umschauen«, erklärte sie.

Stefan schaute seinen Freund tadelnd von der Seite an. Er hatte von Ulrichs Plänen gewusst, ihm aber dazu geraten, es erst mal ruhig angehen zu lassen. Sie waren schließlich im Urlaub. Aber vielleicht konnte ein Mann, der konstant unter Strom stand, auch gar nicht richtig entspannen?

»Wollt ihr umziehen?«, fragte Alexa erschrocken. »Habe ich etwas verpasst?«

»Nein, nein«, beruhigte Ruth sie. »Ulrich möchte uns ein Ferienhaus kaufen.«

»Als Anlage«, erklärte Ulrich. »Mein Steuerberater meinte, das sei eine exzellente Investition.«

»Nicht nur finanziell, auch gesundheitlich ist es eine gute Investition«, dachte Stefan laut nach. »Ein Ferienhaus am Gardasee wird dich früher oder später dazu zwingen, runterzukommen und dich zu entspannen.«

»Das hat Ruth auch gesagt«, lachte Ulrich und gab seiner Frau einen Kuss auf die Wange. »Und ich habe Ruth auch versprochen, dass wir es nicht übertreiben. Nur ein paar Objekte will ich mir ansehen, sonst stehe ich ihr voll zur Verfügung in diesem Urlaub!«

»Ihr seid meine Zeugen!«, sagte Ruth und schaute ihre Freunde gespielt streng an.

»Genau, wenn du dein Wort nicht hältst, binden wir dich hier fest«, witzelte Alexa. »Ich habe Stefan sogar verboten, seinen Laptop mitzunehmen, damit er ja nicht in die Versuchung kommt, zu arbeiten.«

»Dabei würde mir so etwas nie einfallen! Im Urlaub arbeiten, wer macht denn so was?«, schwindelte er.

Seine Praxis zu schließen und keine Arbeitsmaterialien mitzunehmen, war ihm tatsächlich schwerer gefallen als gedacht, aber das musste seine Freundin ja nicht wissen.

»Ulrich würde so etwas machen«, sagte Ruth und ließ ihren Kopf auf seine Schulter sinken. »Aber nicht dieses Mal. Dieses Mal verbringen wir ganz viel Zeit zusammen.«

»Ganz viel schöne Zeit«, versicherte Ulrich und schaute mit seiner Frau in die Ferne, wo die Abendsonne den See in Gold tauchte.

***

Drei Tage später war es so weit: Das letzte Haus auf Ulrichs Liste stand zur Besichtigung bereit, und Ruth war erleichtert. Leise schälte sie sich aus dem Bettlaken und ging auf Zehenspitzen in das angrenzende Bad, das genau wie der Rest des Hauses liebevoll im italienischen Landhausstil eingerichtet war. Sie öffnete den verzierten Messinghahn und spritzte sich das angenehm kalte Wasser ins Gesicht. Nur noch ein paar Stunden, und dann gehörte Ulrich ganz ihr!

Die letzten Tage waren anstrengender gewesen, als sie es sich vorgestellt hatte. Ganze sieben Häuser hatten sie gesehen, und Ulrich war mit keinem davon zufrieden gewesen. Zugegeben, auch Ruth hatte keines davon zugesagt, aber sie und Ulrich hatten ohnehin einen sehr unterschiedlichen Geschmack, was Wohnraum anging. Während es für ihren Mann meist praktisch und modern sein musste, fühlte Ruth sich viel mehr von alten, besonderen Dingen angezogen.

Doch ein altes Bauernhaus kam nicht infrage, und so hatten sie sich ausschließlich renovierte oder neuerbaute Häuser angesehen. Wenn sie so nachdachte, war sie gar nicht so traurig darüber, dass Ulrich nichts davon gefallen hatte, denn wenn es nach ihr ging, brauchte es kein eigenes Haus. Das Weingut hier gefiel ihr so gut, dass sie sich gut und gerne vorstellen mochte, ab jetzt einfach jeden Sommerurlaub hier zu verbringen. Vielleicht würde sie Ulrich auch noch von dieser Idee überzeugen können, und sie drückte sich selbst die Daumen, dass die heutige Besichtigung ebenso enttäuschend verlief wie die vielen davor.

***

Zur gleichen Zeit, als Stefan sich gerade umdrehte, um mit Alexa zu kuscheln, trafen Marie-Luise Flanitzer und Martha Giesecke in seiner Praxis ein.

»Meinen Sie, Doktor Frank hat etwas dagegen?«, fragte Marie-Luise ihre ältere Kollegin.

»Nö. Er hat ja gesagt, dass wir zwei Tage Inventur machen und den Rest freimachen sollen. Mit der Inventur waren wir in nur einem Tag fertig, also kann er uns dankbar sein, dass wir trotzdem brav reinkommen, anstatt uns einen zusätzlichen freien Tag zu ergaunern.«

»Stimmt auch wieder«, war Marie-Luise etwas wohler bei der Idee, die Martha gestern zum Feierabend geäußert hatte. »Dann wollen wir mal sehen, was wir hier noch verbessern können!«

»Ick mach uns erst mal einen Kaffee. Mit Koffein kann ick besser denken«, verkündete Martha und verschwand in der Küche.

»Ich nehm einen Tee, bitte!«, rief Marie-Luise ihr hinterher.

Als Martha wenig später mit zwei dampfenden Tassen zurückkam, staunte sie nicht schlecht.

»Was machst du denn da?«, fragte die rüstige Berlinerin und staunte nicht schlecht, als sie sah, dass Marie-Luise die halbe Einrichtung des Wartezimmers verschoben hatte. »Ist das dieses Fäng Schui?«

Marie-Luise drehte sich lachend um und schüttelte den Kopf.

»Ich glaube nicht, dass wir damit was ausrichten könnten«, vermutete sie. »Ein bisschen umstellen bringt da nichts.«

Martha reichte ihr die heiße Tasse und setzte sich auf einen der Stühle, die jetzt mitten im Raum standen.

»Wir müssen ja auch ein bisschen ans Geld denken, wenn wir unsere Praxis aufhübschen wollen«, erklärte Marie-Luise. »Wenn's nach mir ginge, würden wir einmal komplett neue Möbel kaufen, aber das würde Doktor Frank bestimmt nicht gefallen.«

»Was hast du gegen die Stühle? Die sind doch noch top in Schuss.«

»Die ollen Teile?« Marie-Luise warf den Stühlen einen bösen Blick zu. »Tut mir leid, aber die sehen aus wie auf dem Amt.«

»Was ist so schlimm daran? Ämter sind zuverlässige Einrichtungen, die Vertrauen erwecken«, wunderte sich Martha und zuckte mit den Schultern. »Also, ick hab nichts gegen unsere Stühle.«

Marie-Luise seufzte. »Deswegen tun Sie ja auch gut daran, mich ins Boot zu holen, wenn es um die Verschönerung unserer Praxis geht.«

»Und was schlägst du vor, wenn neue Möbel nicht infrage kommen?«, wollte Martha gespannt wissen. »Ick seh dir doch an, dass du schon einen Plan ausgeheckt hast.«

»Ganz richtig«, antwortete Marie-Luise zufrieden. »Ich will mich ja nicht loben, aber ich habe eine gute Idee, die viel Effekt haben wird, aber nicht viel kostet.«

»Und die wäre?«

»Wir streichen!«

»Na, das ist ja mal ein revolutionärer Einfall! Mannomann, wie bist du denn darauf gekommen?«

Amüsiert verzog Martha ihre Lippen zu einem leichten Lächeln.

»Sie sind doof!«, verteidigte sich Marie-Luise und zückte ihr Handy, um nach den passenden Farbtönen zu suchen. »Sie werden schon sehen, was für einen himmelweiten Unterschied das macht!«

»Ick lass mich gern überraschen«, gab Martha sich geschlagen und beugte sich über das Telefon ihrer Kollegin. »An was hast du denn gedacht?«

»Alles ist besser als das, was wir aktuell haben«, grummelte Marie-Luise, während sie sich durch die vorgeschlagenen Wandfarben klickte.

»Was hast du gegen unser Grau?«

»Wir sind eine Arztpraxis, kein Betonbunker mit depressivem Flair«, seufzte Marie-Luise verständnislos.

»Grau ist minimalistisch und nicht so aggressiv wie Weiß«, versuchte Martha ungeschickt, die Farbwahl ihres Chefs zu verteidigen. »Der Chef meinte, es sei beruhigend.«

»Findest du ein Parkhaus beruhigend? Oder eine Leichenhalle? Fehlt nur noch der Duft von Desinfektionsmittel, und wir haben unsere Schicksalsmelancholie.«

»Det ist ja wohl maßlos übertrieben!«, protestierte Martha.

»Ist doch wahr«, ärgerte sich Marie-Luise, der das Wartezimmer schon lange ein Dorn im Auge war. »Hier stirbt auch noch der letzte Funken Lebensfreude, das können wir unseren Patienten nicht weiter zumuten.«

»Wir wären die erste Praxis, bei der die Patienten wegen der Wandfarbe ums Leben kommen«, stellte Martha unbeeindruckt fest.

»Wer freiwillig in einem grauen Raum sitzt, hat entweder einen sehr stabilen Charakter oder keinen Geschmack«, schloss Marie-Luise ihre Hassrede gegen die Farbe Grau ab. »Wir brauchen was anderes. Ein warmes Aprikose oder so was Schönes wie Erdbeer-Sahne.«

Martha verkniff sich ein Lachen.

»Erdbeer-Sahne ist kein Farbton, das ist ein Nachtisch.«

»Ach, Sie«, wehrte Marie-Luise ab, »Sie haben ja gar nicht die Fantasie, sich das vorzustellen.«

»Nicht jeder will sich wie in einer Pralinenschachtel fühlen«, gab Martha zu bedenken.

»Gut, statt Erdbeer-Sahne könnten wir ein helles Altrosa nehmen«, schlug Marie-Luise einlenkend vor.