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Alexander Gerstenberger hat das Familienunternehmen, das mittlerweile in vierter Generation besteht, von seinem Vater übernommen. Der traditionelle Spielehersteller muss sich seit Jahren gegen größere Unternehmen und die Computer- und Konsolenspieleentwickler behaupten. Denn Gerstenberger Senior weigert sich strickt, mit der Zeit zu gehen. Alexander versucht, das Unternehmen zu retten und tut was er kann, doch es reicht nicht. Das einst so erfolgreiche Unterhemen schreibt rote Zahlen, der Druck ist enorm. Der junge Unternehmer leidet unter starken Kopfschmerzen, schläft kaum noch, und auch die Beziehung zu seiner Freundin Fiona leidet. Diese erkennt ihn kaum wieder und beobachtet seinen besorgniserregenden gesundheitlichen Zustand schon seit Monaten. Doch Alexander will nichts von Ärzten oder Pause hören und arbeitet rund um die Uhr weiter. Als er einen lange geplanten Urlaub einen Tag vorher absagt, stellt Fiona ihm ein Ultimatum ...
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Seitenzahl: 118
Veröffentlichungsjahr: 2025
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Inhalt
Im Schatten des Erfolgs
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Impressum
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Inhaltsverzeichnis
Inhaltsbeginn
Impressum
Wie lange hält der junge Unternehmer den permanenten Druck noch aus?
Alexander Gerstenberger hat das Familienunternehmen, das mittlerweile in vierter Generation besteht, von seinem Vater übernommen. Der traditionelle Spielehersteller muss sich seit Jahren gegen größere Unternehmen und die Computer- und Konsolenspieleentwickler behaupten. Denn Gerstenberger Senior weigert sich strickt, mit der Zeit zu gehen. Alexander versucht, das Unternehmen zu retten und tut was er kann, doch es reicht nicht. Das einst so erfolgreiche Unternehmen schreibt rote Zahlen, der Druck ist enorm. Der junge Unternehmer leidet unter starken Kopfschmerzen, schläft kaum noch, und auch die Beziehung zu seiner Freundin Fiona leidet. Diese erkennt ihn kaum wieder und beobachtet seinen besorgniserregenden gesundheitlichen Zustand schon seit Monaten. Doch Alexander will nichts von Ärzten oder Pause hören und arbeitet rund um die Uhr weiter. Als er einen lange geplanten Urlaub einen Tag vorher absagt, stellt Fiona ihm ein Ultimatum ...
»So, mein Schatz. Hier hast du den geänderten Rock.« Fiona Zeidlers Mutter legte das weit fallende, meerblaue Kleidungsstück, das sie ihr in der Taille enger gemacht hatte, auf den Tisch. »Du wirst einfach zauberhaft darin aussehen. Und jetzt wünsche ich dir ein paar ganz wunderbare Tage mit deinem Alexander.«
»Danke, Mama.« Fiona fiel ihrer Mutter um den Hals und drückte sie an sich. »Das hast du wieder einmal fantastisch hinbekommen.«
Fiona hatte sich in einem Geschäft mit nostalgischer Second-Hand-Kleidung in den Rock verliebt und ihn für ihre lang ersehnte Kurzreise erstanden, auch wenn er ihr ein wenig weit war. Ihre Mutter hatte dem so geschickt abgeholfen, dass man nichts davon sah.
»Na ja, es ist ja schließlich auch mein Beruf«, sagte Claudia Zeidler lächelnd. »Und auch wenn er mir keine Reichtümer eingebracht hat, haben wir beide doch gar nicht so schlecht davon gelebt.«
»Wir haben ganz wundervoll davon gelebt«, versicherte Fiona voller Dankbarkeit und drückte ihre Mutter noch einmal an sich.
Claudia Zeidler war Schneiderin und hatte ihre Tochter allein aufziehen müssen, nachdem Fionas Vater sie bereits in der Schwangerschaft verlassen hatte. Fiona wusste, wie schwer es oft für sie gewesen waren: Häufig hatte sie halbe Nächte an der Nähmaschine gesessen, um tagsüber Zeit für ihr Kind zu haben.
Große Sprünge, kostspielige Urlaube oder Partys hatten sie sich nicht leisten können, aber das hatte Fiona nie etwas ausgemacht. Sie hatte sich reich gefühlt, hatte keine ihrer Freundinnen jemals beneidet, sondern die glücklichste Kindheit von allen durchlebt, weil sie sich von ihrer Mutter immer geliebt und anerkannt gefühlt hatte.
»Na ja, mit dem, was dir dein Alexander zu bieten hat, kann ich natürlich nicht mithalten«, sagte ihre Mutter und nahm den Prospekt des Hotels, in dem Fiona mit ihrem Liebsten die nächsten fünf Tage verbringen würde, vom Tisch. »Luxus-Hotel mit Wellness-Bereich, Champagner-Dinner und allen Schikanen. Ach, meine Süße, ich freue mich so für dich. Du hast es verdient, und du und dein Alex, ihr sollt einfach nur glücklich sein.«
Wieder zog Fiona ihre Mutter an sich.
»Danke, Mama. Der ganze Luxus ist mir gar nicht so wichtig, weißt du? Mir geht es vor allem darum, dass Alexander sich einmal ein paar Tage lang erholt. Er arbeitet praktisch rund um die Uhr und betreibt dabei Raubbau an seinem Körper. Ich musste ihn regelrecht zu dieser Auszeit zwingen, in dem ich ihn bestürmt habe, dass ich mir einen Herbsturlaub an der Nordsee so sehr wünsche.«
Alexander führte das Unternehmen seines Vaters weiter. Spiele Gerstenberger war einst eine florierende Firma gewesen, die hochwertige Brettspiele fertigte und Spielwarengeschäfte weit über Deutschland hinaus belieferte. Alexanders Vater war stolz auf das traditionsreiche Familienunternehmen und das gute Leben, das er seiner Familie damit ermöglichen konnte.
Doch in den 1990er-Jahren geriet die Firma mit dem Siegeszug der Computerspiele in eine tiefe Krise: Die Umsätze brachen ein, viele Geschäfte bestellten kaum noch Brettspiele. Für Alexanders Vater war es, als ob sein Lebenswerk und die große Tradition seiner Familie zerfielen. Er konnte nicht glauben, was geschah – Verzweiflung und Depression machten ihn unfähig, die Firma durch diese Zeit zu steuern. Er ahnte nicht, dass Brettspiele Jahre später ein fulminantes Comeback erleben würden und wieder zu einem Trend wurden, getragen von neuen Spielideen, internationalen Communities und einem wachsenden Markt jenseits des Digitalen.
Von seinem einzigen Sohn erwartete er, dass er das Unternehmen rettete. Frisch von der Universität musste Alexander sofort als Unternehmensleiter die Zügel übernehmen, und seitdem arbeitete er unermüdlich daran, die Hoffnungen zu erfüllen, die sein Vater in ihn setzte.
Richard Gerstenberger lehnte Computerspiele rigoros ab. Als Alexander vorschlug, zumindest Kooperationen oder digitale Varianten der eigenen Spiele ins Angebot aufzunehmen, wies sein Vater die Idee empört zurück.
»Wir machen Spiele, die Menschen an einen Tisch bringen, die lachen, streiten und miteinander reden«, wetterte er. »Keine seelenlose Zockerei vor Bildschirmen.«
Diese Abwehrhaltung gegenüber allem Digitalen machte es Alexander schwer. Statt neue Wege gehen zu können, war er gezwungen, allein mit klassischen Brettspielen die Firma aus der Flaute zu führen – ein gewaltiges Risiko. Doch Fionas Liebster stellte sich der Herausforderung mit Mut, Kreativität und unermüdlichem Einsatz.
»Das ist meine Fiona«, murmelte ihre Mutter und streichelte ihr die Wange. »Denkt immer an andere zuerst und ist um sie besorgt.«
»Alexander sorgt sich ja auch um mich«, sagte Fiona. »Er war sofort bereit, diesen Kurzurlaub für uns zu buchen, als ich ihm sagte, ich möchte endlich mal wieder Zeit mit ihm verbringen. Ich mache mir aber wirklich Sorgen um ihn. Er schläft ja kaum, und wenn er dann endlich zu Bett geht, kreisen seine Gedanken um die Firma und er findet keinen Schlaf. Ständig hat er Kopfschmerzen und ist gereizt, das ist doch nicht normal für einen Mann von erst achtundzwanzig ...«
»Er sollte die Firma verkleinern«, sagte Fionas Mutter, die sich sonst in die Angelegenheiten des jungen Paares niemals einmischte. »Seine Eltern haben doch ausgesorgt, du hast dein Gehalt als Grundschullehrerin, und er wird auch mit einem kleineren Unternehmen immer noch reichlich verdienen, sodass ihr euch um Geld nicht zu ängstigen braucht. Zum Ausgleich hättet ihr mehr Zeit füreinander. Ist das nicht das Wertvollste, was es gibt?«
»Vergiss es, Mama«, erwiderte Fiona resigniert. »Ich kann überhaupt nicht mehr zählen, wie oft ich Alex das schon vorgeschlagen habe. Aber er will nichts davon hören. Da sind die Angestellten, die ihre Stellungen verlieren würden, und da ist vor allem sein Vater, der rigoros dagegen ist, auch nur eine einzige Sparte von Spiele Gerstenberger aufzugeben.«
»Riskiert er lieber die Gesundheit seines Sohnes?«, fragte ihre Mutter mit hochgezogenen Brauen. »Ich weiß, es geht mich nichts an, Liebes, aber es tut mir leid – das kann ich nicht verstehen.«
»Ich weiß, Mama«, seufzte Fiona. »Mir fällt es auch schwer, aber Alexanders Vater ist eben ein völlig anderer Menschenschlag als du, obwohl ihr derselben Generation angehört. Er ist so erzogen worden, dass für einen Mann nur die Leistung zählt, sonst nichts. Sprüche wie ›Wir haben es doch auch geschafft‹ und ›Was uns nicht umbringt, macht uns härter‹, sind bei ihm leider an der Tagesordnung, und Alexander liebt seinen alten Herrn viel zu sehr, um sich diesen Forderungen zu entziehen.«
»Das ist sehr ehrenwert von Alexander«, erwiderte ihre Mutter bedächtig. »Er sollte aber auch bedenken, dass er eine junge Verlobte hat, die auch ein Anrecht auf seine Zeit hat. Und die ihn gesund und fit braucht, nicht abgeschlagen und krank.«
»Das bedenkt er doch auch«, verteidigte Fiona den Mann, der die große Liebe ihres Lebens war und immer sein würde. »Alexander denkt an mich ebenso wie an seinen Vater. Deshalb hat er sich ja sofort daran gemacht, den Urlaub an der Nordsee für uns zu buchen. Nur an sich selbst denkt er nie, das ist eben das Problem. Aber dafür hat er ja mich, und ich werde dafür sorgen, dass er in den nächsten fünf Tagen gut isst, gut schläft, viel in der gesunden Luft spazieren geht und kein einziges Mal auch nur an die Arbeit denkt.«
»Das machst du richtig, mein Liebes.« Ihre Mutter zog sie noch einmal an sich, dann wandte sie sich zum Gehen. »Und in deinem hübschen neuen Rock wirst du sowieso so unwiderstehlich aussehen, dass die Alex dir keinen Wunsch abschlagen kann. Ich wünsche euch beiden eine wunderschöne Zeit.«
»Danke. Du bist die Beste.« Fiona brachte ihre Mutter zur Tür, verabschiedete sich liebevoll von ihr und spürte, wie unbändig sie sich auf die Reise freute.
Alexander und sie hatten in den vergangenen Monaten wirklich viel zu wenig Zeit füreinander gehabt. Sie hatten sich an der Uni kennengelernt, wo sie Grundschulpädagogik und er auf Wunsch seines Vaters Betriebswirtschaften studiert hatte. Fiona hatte sich buchstäblich auf den ersten Blick in den großen, athletisch gebauten jungen Mann mit dem dunkelblonden Haar und den grünbraunen Augen verliebt. Dass er diese Gefühle erwiderte, hatte sie zur glücklichsten Frau von ganz München gemacht.
Sie verstanden sich auf Anhieb, hatten so viele Träume, Pläne und Interessen gemeinsam, und mit seiner sanften, einfühlsamen Art eroberte Alexander Fionas Herz im Sturm. Fast acht Jahre waren sie nun schon zusammen, und die Zeit an der Uni war so glücklich gewesen, dass sie in Erinnerung daran lächeln musste. Seit Alexander jedoch von heute auf morgen die Unternehmensleitung hatte übernehmen müssen, waren die Dinge schwieriger geworden.
Natürlich liebten sie sich noch immer innig. Aber die Zeit, um diese Liebe auszuleben, ließ sich kaum noch finden. Sie gingen nicht mehr zusammen wandern oder joggen, wie sie es so oft getan hatten, sie sahen ihre gemeinsamen Freunde kaum noch, besuchten kein Kino und keine Jazzkonzerte mehr, und von dem kleinen Hund, den sie sich beide nach dem Studienabschluss so sehr gewünscht hatten, war schon lange keine Rede mehr.
Geschweige denn von der Hochzeit, die sie ebenfalls geplant hatten, sobald sie mit dem Studium fertig waren. Seit Alexander jedoch tagein tagaus für die Firma eingespannt war und selbst Abende und Wochenenden vor dem Computer verbrachte, war es einfach nicht möglich gewesen, für dieses besondere Ereignis ihres Lebens irgendetwas zu planen oder vorzubereiten.
Vielleicht würden sie ja in den nächsten Tagen dazu kommen. Das romantische Hotel direkt am Strand der Nordsee war genau die richtige Umgebung dazu. Fiona sah sie beide schon regelrecht vor sich, wie sie sich auf einem großen Bett aneinander kuschelten, während draußen vor dem Fenster die stürmische See toste, und sie konnte sich vorstellen, wie das Thema Hochzeit ganz natürlich wieder zwischen ihnen aufkam.
Alexander war ja im Grunde gar nicht mehr er selbst, seit er so viel arbeitete. Besonders die Reizbarkeit, die Fiona in letzter Zeit an ihm bemerkt hatte, passte überhaupt nicht zu dem sanften, verständnisvollen Mann, als den sie ihn kannte.
Sie würde diesen Mann in den nächsten Tagen wiederentdecken, und dieser Mann würde es auch nicht beiseite wischen, wenn sie ihn noch einmal darum bat, sich bei Dr. Frank, ihrem vertrauenswürdigen Hausarzt, einmal gründlich durchchecken zu lassen.
Die ständigen Kopfschmerzen mussten schließlich eine Ursache haben.
Insgeheim hoffte Fiona darauf, dass Dr. Frank, der eine höchst überzeugende Art hatte, Alexander klarmachen würde, dass er neben der Arbeit auch Erholung, Freizeit und regelmäßig genug Schlaf brauchte.
Ja, sie war sicher, dieser Urlaub war eine ihrer besten Ideen gewesen und würde alles wieder ins Lot bringen. Schließlich liebten sie und Alexander sich doch über alle Maßen. Er würde begreifen, dass sie es gut mit ihm meinte, und mit Zeit und Ruhe, in romantischer Umgebung, würden sie eine Lösung für all die Probleme finden.
***
»Ja, natürlich, Herr Felix«, versicherte Alexander. »Wir können den gewünschten Termin einhalten. Flexibilität gehört zu unseren Stärken – gerade wenn es um Sonderwünsche geht.«
Er hoffte nur, dass Peter Felix, Inhaber einer der größten Spielwarenketten des Landes, ihm nicht anmerkte, wie unsicher er sich fühlte. Denn in Wahrheit war die Zusage alles andere als sicher. Es würde ein Kraftakt werden. Aber Alexander wusste, dass er liefern musste.
»Ich wäre Ihnen sehr verbunden, wenn es klappt«, sagte Felix und stand auf.
Die Chance, ihre beiden neuen Spiele landesweit in die Regale zu bringen und den Namen des Unternehmens wieder ins Gespräch zu bringen, war unbezahlbar.
»Wenn das reibungslos läuft, können wir gerne über weitere Aufträge sprechen«, fügte Felix hinzu.
»Darauf freue ich mich«, erwiderte Alexander mit einem professionellen Lächeln, das er sich abringt. »Und danke für Ihr Vertrauen – wir werden Sie nicht enttäuschen.«
Ein Muskel zuckte in seinem Mundwinkel, seine gesamte Schulterpartie war bis zum Äußersten verspannt, und an seinen Schläfen hämmerte ein kaum erträglicher Schmerz. Er war heilfroh, als der Kunde schließlich gegangen war, und er zumindest aufhören konnte, dermaßen verkrampft zu lächeln.
Die Erleichterung aber währte nicht lange.
Er wusste, dass ihm das schwerste, das schmerzhafteste jetzt erst noch bevorstand. Den Auftrag, den er so dringend gebraucht hatte, hatte er in der Tasche, aber der Preis, den er dafür zahlen musste, war immens.
Es war so schlimm, weil nicht nur er ihn zahlte, sondern das liebste Wesen, das er auf der Welt hatte, mit ihm: Seine Fiona.
Er würde zerstören müssen, was sie sich so sehr gewünscht und wovon sie seit Wochen geträumt hatte. Nichts hasste Alexander so sehr, wie Menschen zu enttäuschen. Wenn es sich dabei um Menschen handelte, die er liebte, wurde es umso unerträglicher.
Kurz überlegte er, ob er erst die noch anliegenden Arbeiten hier im Büro erledigen und sich damit ein paar Stunden Aufschub verschaffen sollte. Aber das wäre nicht fair gewesen. Nein, er musste nach Hause fahren und es Fiona gleich sagen, durfte sie nicht hinhalten und erlauben, dass sie womöglich ihren Koffer fertig gepackt hatte, seine Kleidung inklusive.
Seine Arbeit konnte er auch hinterher zu Hause tun. Erst einmal war Fiona das Wichtigste.
Alexanders Herz raste, und der Schmerz an seinen Schläfen pochte unaufhörlich, während er seinen Wagen durch den dichten Verkehr nach Hause lenkte. Der Gedanke, Fiona so wehtun zu müssen, schnürte ihm die Kehle zu. Er parkte das Auto und ging mit schweren Schritten die Treppen zu ihrer Wohnung hinauf.
Kaum hatte er seinen Schlüssel ins Schloss geschoben, da wurde die Tür auch schon aufgerissen und eine strahlende Fiona stand darin.