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Das Buch ist eine Hilfe und Anleitung zur Selbstmeditation. Um Stille zu erfahren und sich darin selbst zu erkennen, genügt es, das pausenlose Reden der Gedanken im Kopf zu beenden. Das ist einerseits eine hohe Kunst, andererseits das normalste auf der Welt. Das zählen der DREI BLATT ist eine meditative Möglichkeit, aus der verwirrenden, selbstentfremdeten Gedankenmaschine auszusteigen und ins Schweigen zu kommen. Ohne das Schweigen des Verstandes gibt es keine Stille, keinen Frieden im Herzen. Die DREI BLATT sind eine Brücke, über die man die Selbstliebe erreicht und die Selbstheilungskräfte aktiviert.
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Seitenzahl: 219
Veröffentlichungsjahr: 2021
Gunther Scheuring
DREI BLATThat jeder Baum
Ruhe und Gelassenheit erschaffen Liebe
Gunther Scheuring
Drei Blatt hat jeder Baum
© Gunther Scheuring
1. Auflage 2021
Autor: Gunther Scheuring
Titelfoto: © Gunther Scheuring
Grafische Umsetzung: Jeanette Frieberg, Buchgestaltung | Mediendesign, Leipzig
Lektorat: Ina Kleinod
Verlag: tredition GmbH, Halenreie 40–44, 22359 Hamburg
Paperback: ISBN 978-3-347-15670-8
Hardcover: ISBN 978-3-347-15671-5
e-book: ISBN 978-3-347-15672-2
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INHALT
Vorwort
Ein Blatt
Zwei Blatt
Drei Blatt
Nachwort
Das besondere Ich
Ich schenke meinem Leben
die Schönheit einer Windrose,
ich lasse es den Morgentau trinken
und im Abendrot leuchten.
Ich verbinde mich mit der wärmenden Sonne,
spüre das helle Licht des Mondes,
liebe den Duft der Eisblumen im Winter
und fühle die Kälte von Kristallen,
die auf der Erde ewig liegen.
Ich gehe bedenkenlos durch die Nächte
und glaube den Tagen jedes Wort.
Ich verzeihe der Liebe ihre Lügen
wenn sie nur sagen kann: Ich liebe dich!
Ich gehe durch den Schnee –
gerade gefallen, weich und warm –
als wäre er Sand vom Strand.
Das Leben will mich!
Alles andere ist ihm egal.
Es schenkt mir die Luft zum Atmen
und zwei Hände, die mich umarmen.
Ich freue mich und ich liebe mich,
so nehme ich Anteil an meinem Leben.
VORWORT
Bewusste Erschaffung von Monotonie zwischen den Gedanken hat schon immer zum inneren Frieden geführt. Die Meditation ist das beste Beispiel dafür. Durch sie gelangt der Mensch zu sich, in seine Mitte hinein und zu seiner eigenen Lebensaufgabe. Eine Leere zu erschaffen, die den Menschen erfüllt, ist ein Schritt, um das eigene Wesen zu erfahren. Kein Mensch kann Herr über andere sein, es ist nur seine Einbildungskraft, die ihn dazu veranlasst, das von sich zu glauben. Von Illusionen gesteuert, verfehlt er dann den Lebenssinn. Der Mensch bleibt dadurch in einer Finsternis zurück, die ihn krank und verbittert werden lässt.
Im gedankenlosen Sein erfährt man die Schönheit des Lebens. Zu Lächeln bedeutet, die Sonne den ganzen Tag zu erfahren. Es ist nicht ganz einfach und gelegentlich mit etwas Anstrengung verbunden. »Von Nichts kommt nichts«, heißt es schon bei dem römischen Philosophen Lukrez. Doch wenn die innere Sonne scheint und das gesamte Herz erfüllt, bringt sie die Augen und die Aura zum Strahlen.
Der Mensch hat sein Glück selbst in der Hand. Und doch macht er sein Glücksempfinden von anderen abhängig, beispielsweise wenn er meint, Liebe zu schenken, und feststellen muss, dass er damit nicht auf Resonanz stößt. Waren die Beschenkten nicht empfänglich oder war das Geschenk keine Liebe?
Ich kann anderen nicht geben, was ich selbst nicht habe. Daraus folgt das Unverständnis darüber, dass man nicht angenommen wird. Wieso und warum auch. Es ist nichts da, was anzunehmen ist. Außer einer Menge schiefer Gedanken, die etwas vorgaukeln und auf die man hereinfällt, in ihrer überzeugten Unwahrheit. Oft entstehen daraus Kontrollsucht, Kaufzwang, Eifersucht, Depression, Allergien, Krebs und so vieles andere. Da kann die liebe Seele nur zuschauen, wofür sich der Mensch entscheidet. Entweder er glaubt eine Menge suizidgefährdende Gedanken, oder er fast einen Entschluss und entscheidet sich für ein besseres und gesünderes Leben, indem er sich mehrmals täglich umarmt und eingesteht, wie lieb er sich hat. Dann spürt er auch, wie seine Seele anfängt zu lächeln, und er fühlt sich wohl im eigenen Körper. Dann hat er verstanden, dass er die Liebe ist, die er braucht im Leben, um andere glücklich zu machen.
Betrachtet man das Cover dieses Buches, entdeckt man eine Widersprüchlichkeit darin: Das Bild zeigt Bäume mit unzähligen Blättern, aber der Titel darunter erzählt von nur drei Blättern. Es deutet die Widersprüchlichkeit des Lebens an, die der Mensch jeden Tag neu erfindet. Die er sich mit Lust und Liebe aufbürdet, weil er glaubt, es müsse so sein. Ein Leben kann nicht in normalen Bahnen laufen, das wäre zu langweilig. Ein paar kleine Widersprüche müssen schon dabei sein, um es einigermaßen erträglich zu machen. Man hat das Menschsein gewählt, und somit sind auch Herausforderungen daran geknüpft.
Die Gedankenmonotonie ist fast gleichzusetzen mit der Meditation. Man bündelt seine Gedanken und entsorgt sie über die Stille. Über einen längeren Zeitraum hinweg wird es ruhiger und entspannter im Kopf. Es fühlt sich zwar an, als ob noch Licht brennt, doch immer weniger Gedanken sind dort zu Hause. Man kappt dadurch die Vielfalt seiner eigenen Gedankenströme und verdünnt sie regelrecht. Aus laut wird leise und leiser, bis sich eine Stille breitmacht, die verlangt, lange gehalten zu werden. Viel Reden, auch im Kopf, macht den Menschen krank und verwirrt. Die Stille will erlernt sein, sie ist die Kraft eines gesunden Geistes. Daraus resultieren die Freiheit und das Vertrauen, aus dem Bauchgefühl heraus zu entscheiden, also der Intuition zu folgen.
EIN BLATT ZWEI BLATT DREI BLATT EIN BLATT ZWEI BLATT DREI BLATT
EIN BLATT ZWEI BLATT DREI BLATT EIN BLATT ZWEI BLATT DREI BLATT
EIN BLATT ZWEI BLATT DREI BLATT
EIN BLATT
Die DREI BLATT hängen dort am Baum vor meinem Küchenfester jedes Jahr, und das schon viele Jahrzehnte lang. Diese einzigen DREI BLATT haben mein ganzes Leben verändert. Weder ihre Farbe, ihre Größe noch ihre Schönheit habe ich bewundert. Es war ihre Anzahl, drei Stück, bewirkten meine Veränderung. Derselbe Ast, derselbe Baum, dieselbe Höhe. Sommer wie Winter, Tag und Nacht, waren es nur diese DREI BLATT. Immer dieselben. »EIN BLATT, ZWEI BLATT, DREI BLATT« zählte ich täglich mehrmals. Ich musste immer nachschauen, dass auch keines fehlte oder eines zu viel da war. EIN BLATT, ZWEI BLATT, DREI BLATT. Alle waren sie jeden Morgen und jeden Abend vollzählig vorhanden. EIN BLATT, ZWEI BLATT, DREI BLATT zählte ich immer und immer wieder. Es waren diese DREI BLATT, die für mich die Welt bedeuteten, die einzigartig waren in meinem Leben.
Gegen nichts hätte ich sie eintauschen oder hergeben wollen. Alles andere war so bedeutungslos geworden gegen sie, meine DREI BLATT. Dreimal am Tag, und das minutenlang, zählte ich sie in tiefster Bewunderung. Noch nie hingen für mich so viele Blätter am Baum, dass ich nicht meine DREI BLATT hätte erkennen und erzählen hören können. EIN BLATT, ZWEI BLATT, DREI BLATT. Es erfreute mich jedes Mal, wenn ich still und ruhig vor meinem Küchenfenster auf einem Stuhl saß und hinausschaute. Ich war ergriffen und begeistert, dass alle noch da waren und ihre Anzahl stimmte.
Ich musste nichts weiter hinzulernen, nichts Ungewöhnliches verstehen – ich brauchte mich nur auf diese DREI BLATT zu konzentrieren. Ich musste es allerdings erst lernen, immer und immer wieder nur bis DREI zu zählen, denn ich war vom Alter her schon weit über die Schulzeit hinaus. Meine Augen sahen und mein Kopf dachte viel mehr Blätter an diesen wunderschönen grünen Baum, als ich in Wirklichkeit brauchte. Die Gedanken wollten weiterzählen, doch es interessierte mich nicht, was mein Denken mir vorsäuselte. Stockte ich, fing ich nochmals an mit meinem ungewöhnlichen Zählrhythmus. Es machte mir Spaß, in dieser immerwährenden Monotonie zu verbleiben und das sich dazwischen schieben wollende Denken zu ignorieren, um drei saftig grüne Blätter zu gewinnen.
Anfangs war es Schwerstarbeit: Ich wusste gar nicht, dass es so viele Gedanken in meinem Kopf gab, die alle etwas zu sagen hatten. Ein Gedanke schrie lauter als der andere. Ich erhielt Androhungen des Verzichtes bis hin zum Mord. Nicht erhörte Gedanken sind ein rebellisches Volk, was man in seinem Kopf mit sich herumträgt – es hat sich unbewusst eingeschlichen, eingeschleimt und man scheint es nie wieder loszuwerden. Es ist eine vorprogrammierte Katastrophe, deren Ausmaß man nicht einschätzen kann. War ich froh darüber, dass ich meine drei Blätter gefunden hatte!
Es war eines Abends, ich saß am Küchentisch und mein Kopf wurde immer schwerer. Ich konnte meine Augen nicht mehr offen halten und er fiel plötzlich unkontrolliert und kraftlos auf die Holzplatte meines Tisches. Was war ich erschrocken! Ein Schmerz stieg in mir auf, eine Beule bildete sich über meinem rechten Auge, und in meinem Kopf brummte es. Der Magen tat auch weh, denn ich hatte nichts gegessen zu Mittag und wenig getrunken den Tag über. Kein Wunder, dass ich diese Körperreaktionen spürte. Ich hob meinen Kopf wieder hoch und sah ziemlich hoffnungslos und deprimiert aus meinem Küchenfenster – und da hingen sie: diese einzig scheinenden drei Blätter am Baum gegenüber, mitten im Sommer. Mein Denken war wie gelähmt, ich erkannte nur diese drei wunderschönen grünen Blätter an diesem übergroßen Blätterball. Damit ich sie nicht wieder vergessen würde, fing ich an, sie zu zählen. Es gab nur diese drei für mich, und ich zählte sie immer wieder: »EIN BLATT, ZWEI BLATT, DREI BLATT«. Es nahm kein Ende, ich zählte ununterbrochen die halbe Nacht hindurch. Auch dann noch, als es dunkel war. Keinen schien es zu stören, denn alles schlief. Ich fühlte mich von Stunde zu Stunde immer besser, bis ich irgendwann auch eingeschlafen war.
Am nächsten Morgen erwachte ich verändert. Ich saß zwar immer noch am Tisch, doch ich war mit meinem Gedanken noch zu hause. Nicht wie sonst, schon auf der Arbeit, gedanklich im Büro sitzend und Pläne für den Tag machend. Während ich, noch im Schlafanzug, frühstückte, blieb ich gedanklich anwesend. Was war los mit mir? Waren es etwa diese drei Blätter, die meinen Zustand so verändert hatten? Wo war bloß mein allmorgendliches Beim-Frühstück-mich-weg-Denken abgeblieben? Ich aß plötzlich Honig, Ei und Käse zum Frühstück, was für mich gar nicht normal war. Hatten diese drei Blätter nicht nur meine abdriftenden Gedanken, sondern meine alten Gewohnheiten gleich mit entsorgt? Unvorstellbar, dachte ich, das können sie nicht! Diese drei winzig kleinen Blätter standen nun meinem unaufhörlichen Nachdenken gegenüber und erwiesen sich als stärker.
Irgendetwas hat sich da unbewusst verändert in mir, dachte ich. Ich wusste zwar noch nicht was, würde es aber bestimmt erfahren. Davon war ich überzeugt. Da diese Sache für mich gut anfing, beschloss ich weiterzumachen. Es konnte ja nur noch besser werden! Also nahm ich mir zunächst morgens und abends fünf Minuten Zeit und zählte unter dem vielen Grün am Baum in meinem Garten jene DREI BLATT ab. Dieses immer und immer wieder zu tun, an jedem Tag, hatte sich bald als ein Ritual in mein Leben eingeordnet. Und es fühlte sich gut an: In mir schien es langsam ruhiger zu werden, und das sonst so viele unbewusste Denken ordnete sich der Monotonie unter. Das konkrete bewusste Überlegen fiel mir dagegen nicht mehr so schwer, und manche Dinge in meinem Leben schienen einfacher zu sein, als ich immer gedacht hatte.
Ich konnte lange nicht herausfinden, woher ich die innere Gewissheit nahm, dass mein Leben, so zählend, besser funktionieren würde. Ich merkte nur, dass es sich leichter ordnen lies und der Alltag nicht mehr so viele Probleme mit sich brachte. Woher und wieso, ich hatte keine Erklärung dafür. Es war eben so. Ich dachte leichter und unkomplizierter, oder die Dinge ergaben sich einfacher, ohne überhaupt viel darüber nachdenken zu müssen. Es hatte etwas Wundersames, etwas Magisches an sich, dieses Wiederholen, dieses unendlich Monotone. Es veränderte nicht nur meine Sichtweise auf das Außen rings um mich herum, sondern auch ich, in mir selbst, verändert mich auf eigenartige Weise.
Mir fiel auf, dass mein Denken nicht mehr wie bisher alles bestimmen wollte, in meinem Kopf wurde es ruhiger und ich fühlte mich besonnener. Ich machte nicht mehr viele Worte und erlebte häufiger Stille. Es war sehr angenehm für mich, also hatte ich nichts einzuwenden gegen die Veränderung, die diese DREI BLATT in mein Leben brachten. Ich glaubte nur an sie, Tag und Nacht, und das fühlte sich gut an. Ich sah auch an jedem anderen Baum nur drei Blätter hängen, und das ein ganzes Jahr hindurch. Idiotisch, dachte ich, aber nein! Stimmt nicht, ich bin ja dem Land der Illusionen entstiegen! DREI BLATT – in was für einen Gedankenrausch war ich da hineingeraten? Ich erzählte anderen davon, doch es wäre besser mein Geheimnis geblieben, denn Freunde und Bekannte lachten darüber, selbst meine eigene Familie sah mich etwas zweifelnd an, als hätte sie Angst, ich würde in eine Demenz abrutschen und es käme sehr viel Arbeit auf sie zu. Nichtsdestotrotz pflegte ich diese ungewöhnliche Begegnung mit meinen DREI BLATT weiter. Sie und ich, wir hatten vorher nichts voneinander gewusst, doch nun wurden wir einander vertraut. Wir bauten eine enge Beziehung miteinander auf und wurden regelrecht unzertrennlich. Weder sie noch ich konnten ohne den anderen existieren. Diese DREI BLATT waren wie eine wohltuende Tablette, die mich den Tag über in guter Laune hielt. Ich konnte mich auf sie verlassen. Ich wusste, mit ihr war ich auf der sicheren Seite im Leben. Weder Drogen noch eine Glaubensrichtung hätten mir so viel Zuversicht und Kraft schenken können.
Diese Monotonie enthält übrigens eine unermessliche Fülle an Informationen. Sie besteht aus dem Nichts, das alles in sich trägt. Vor allem Frieden. Der innere Frieden ist das, wonach der Mensch sich sehnt, was ihn glücklich macht und unzerbrechlich. Nur DREI BLATT könnten Frieden und Freiheit in die ganze Welt bringen! Unendliche Freiheit erlangt man durch Zufriedenheit, aus beidem entwickelt sich ein Glückszustand, der den Menschen erneuert und sein Bewusstsein verändert.
Man braucht nur DREI BLATT, um erfüllt zu leben: das Selbst, die liebe und den eigenen atem.
Ich musste sogar öfters über mich lachen und dachte: Auf was für einen Blödsinn hast du dich da wieder eingelassen? Mit der Zeit machte es mir sogar Spaß, denn ich hatte eine sinnvolle Beschäftigung gefunden, die keine Ängste in sich trug. Das war die erste Erkenntnis, die ich daraus zog. Trotzdem war die eigene Veränderung ein ganz schöner Stressfaktor: Ich musste mich wieder neu an mich selbst gewöhnen. DREI BLATT und die Kraft der leisen Worte, sie waren nicht immer so deutlich zu verstehen. Aber ein Flüstern war immer zu hören. Also lauschte ich Tag für Tag und Nacht für Nacht in mich hinein und siehe da, die DREI BLATT rauschten. Sie hatten immer etwas zu erzählen untereinander, auch ihr Leben ist von Bedeutung.
Wer mit seiner eigenen Lautstärke nicht zurechtkommt, muss nach innen gehen, damit er in die Ruhe kommt. Sein Denken herunter drehen und die Tonfrequenz der eigenen Gedanken in Wellen der Stille umwandeln. Man sollte seinem Denken sagen, was es zu denken hat, wie laut, wie viel und wie lange. Eine Nacht dauert nicht ewig, der Tag hat auch das Recht, zu leben. Der Schlaf, er geht wie die Ruhe in die Nacht hinein und verschnarcht sich. Aufstehen mit seinen Gedanken, an die frische Luft gehen und ihnen eine Geschichte erzählen, die Reise von den drei Blättern, die vom Baum fallen wollen, weil es Herbst geworden ist und sie schon gelbbräunlich aussehen. Doch der alte Baum will sie nicht hergeben. Er würde dann kahl und nackt da stehen, und das will er nicht. Der Baum, er will sein Kleid behalten, er möchte keines seiner Blätter verlieren, egal wie stark der Wind in sie hineinbläst. Er will das Erschaffene nicht loslassen. Er lässt diese Veränderung, in den Winter zu gehen, nicht zu.
Der alte Baum weiß genau, dass er es muss, die Zeit bringt es mit sich. Noch stellt er sich stur und hält an allem Alten fest. Die abgestorbenen Blätter wärmen und zieren ihn nicht mehr, sie sind bedeutungslos geworden. Das Jahr, die Zeit des Grünseins ist vorbei, sie ist gelebt. Jetzt ist eine Pause angesagt, damit sich Neues entwickeln kann. Etwas, das sich aus der Ruhe und der Stille heraus entfaltet, etwas anderes, Schöneres. Doch der Baum versteht es nicht. Er ist zu alt geworden, um sich noch zu verändern. Er weiß aus vergangenen Zeiten: Wenn der erste Sturm über ihn hinweg zieht, hat er keine Chance, ihm zu trotzen. Auch er muss dem Lebensfluss folgen, was ihm jedes Jahr schwerer fällt.
Das neue Erwachen im Frühling ist das Erquickende am Leben. Altes loslassen und Neues zulassen, damit sich die Dinge verändern können, dies ist der Verlauf eines Menschenlebens. Altes gegen Neues austauschen. Die festgefahrenen, überalterten Denkmuster bewusst durch Affirmationen aus der Denksubstanz im Kopf herauslösen. Die Blockaden lernen dann, den Lebensfluss nicht mehr zu tangieren. Sie lehnen sich nicht mehr auf und das Spiel ist beendet, den Menschen mit vielen Gedanken täglich an die Wand zu nageln. Die Monotonie sprengt fest sitzendes Denken in die Luft. Sie reist es mit den Wurzeln aus.
Von alleine geschieht nichts. Es ereignet sich während der vielen Arbeit an sich selbst. Wie, wann und wo, kann nur die eigene Körperverfassung beantworten. Wie tief muss man in sich graben, um an die Wurzeln, die Ursachen zu gelangen, und wie vielfältig sind sie? Wie viele Ängste trägt man in sich, die anzuschauen, zu bearbeiten und loszulassen sind?
Vor dieser vielen und anstrengenden Arbeit hat der Mensch Angst. Er könnte mit Schmerzen und Verwirrungen konfrontiert werden, welche ihm vielleicht noch mehr Schwierigkeiten machen. Das darunter oder dahinter sein freies und ungezwungenes Leben erscheint, ist ihm nicht so richtig bewusst. Deshalb zweifelt er an jedem Vorhaben, das seine Veränderung betrifft. Der Mensch hat mit der Einfachheit nichts am Hut. Er lebt schon mehrere Jahrzehnte lang in komplizierten Denkmechanismen. Warum diese aufgeben? Es hat doch funktioniert bis jetzt, wenn auch unter größter Anstrengung und anhaltenden gedanklichen Kämpfen. Er hat es überstanden und lebt noch heute, und das mehr recht als schlecht. Er gibt sich zufrieden, mit diesem Scheißleben, wie er es immer bezeichnet, wenn etwas nicht nach seinem Kopf geht. Nicht bewusst, aber unbewusst zeigt es ihm seine ständige Unzufriedenheit an.
Dies könnte sich durch das viele Zählen der DREI BLATT am Baum verändern. Wenn er sich bewusst machte, warum er dies tut, und wenn er sich die Freiheit nähme, an sich zu glauben. Die alten Zeiten wären vorbei, und er würde ein neuer und offener Mensch auf dieser Erde sein. Er hat das Recht, hier zu sein, deshalb ist er ja gekommen. Er kann erblühen und sich selbst leben, so lange wie es geht, gesund, gedankenlos und in Liebe.
Dies schafft der Mensch alles selbst, wenn er sich traut, die Stille in sich zu erfahren. Er darf bleiben, wenn er sich liebt, aus tiefstem Herzen heraus. Wenn er die Erde liebt, als wäre er sie selbst. Wenn er jeder Blume Wasser gibt, sodass sie nicht verdurstet. Erschafft er nur freundliche Worte, öffnet sich das Herz von allein.
Du glaubst dir oft selbst nicht, dies ist der größte Irrtum in deinem Leben. Wobei es nichts gibt, was dir näher ist, als du selbst. Vertraue jedem Atemzug, den du nimmst. Verliere kein einziges Blatt, denn der Baum zeigt dir die Blätter, damit du sie betrachtest. Schwebe in ihrer Lebensfreude, in ihrem Tun. Vertraue dem Baum, er sagt dir die Wahrheit. DREI BLATT hat er dir zu bieten, sammle sie auf mit deinen Augen und lebe sie in der Finsternis. So werden Tag und Nacht sich gleichen und du wirst nie einsam sein. Du wirst nicht bemerken, ob du noch lebst oder den Tod schon erfahren hast. Er zeigt sich, indem die Vergangenheit geht, sie verlässt dein Leben und du bist ohne Qual. Spüre den Reichtum, frei zu sein für den Moment.
Zähle, zähle, zähle! So viele Blätter hatte ich noch nie bewusst gesehen: drei Stück, und sie hingen das ganze Jahr hindurch an diesem Baum auf dieser Erde. Ich verstand den Sinn, der dahinter stand, erst nach Jahren der Meditation. Tiefer kann man sein Leben nicht prägen als im ständigen Zählen. Die Wiederholungen, sie befreien. So zwingt man die mächtige Gedankenkraft, sich in geordneten Bahnen zu bewegen. So traut man sich wieder Stück für Stück, sein Leben selbstbestimmt aufzubauen.
Sag nicht nein und sei nicht töricht! Geh der Liebe ein Stück entgegen, auch sie zählt schon ein Leben lang DREI BLATT, die man ihr schenkte. Das erste Blatt ist der Gruß, den das Leben nur dir widmet. Im zweiten Blatt sollst du dich vergessen in all dem Lebensgedränge. Das dritte Blatt zeigt dir nur Sonne am wolkenlosen Himmel. Betrachtest du diese Blätter ganz still und siehst darauf den Morgentau, dann erfährst du, wie es sich anfühlt, in diesem Leben geliebt zu werden.
Ohne die eigene Aufmerksamkeit verliert man sich im Reden der anderen. So bedeutungslos soll mein Leben nicht sein! Ich besitze nur dieses eine in diesem Körper, und dieses lebe ich, weil es das meine ist. Ich weiß, auch das Außen ist ein Teil von mir, was oftmals mein Innen sehr begrenzt. Körperlich hat es eine Form, doch die Schwingung darin, sie zieht um die Erde. Man schränkt sich ein, wenn man sich selbst nicht glaubt, zur Freiheit führen die stillen Worte.
Was das Leben in der Wirklichkeit braucht, um zu existieren, weiß es selbst. Nur der Mensch tappt noch im Dunkeln, er macht ein Problem nach dem anderen daraus. Er zieht regelrecht die Angst in sich hinein, um nicht mit dem inneren Selbst arbeiten zu müssen. Er verweigert es, sich selbst sehen zu wollen, an einem Baum, in Form grüner Blätter, welche nur der Wind bewegt.
Das Leben weiß, dass es lebt und was es für eine Bedeutung für den Menschen hat. Doch leider schaut der Mensch noch nicht danach. Es interessiert ihn nicht die Bohne. Zu fremd ist er sich geworden über all die Jahre im Gedankenkrieg der vernebelten Götter. Lieber fremdbestimmt leben, als keiner eigenen Bestimmung zu folgen. Das ist seine Lebensphilosophie. Er räumt alles aus, was mit Gefühlen, Achtung und Wertschätzung zu tun hat.
Der Mensch steht sich selbst im Weg und glaubt, mit Denken sein Leben zu bereiten. Mit Hoffnung und Vertrauen ist er mit seinem Denken eins, dabei überhört er die leisen Schreie seines liebenden Herzens. Werden Gefühle unterdrückt, fängt ein Herz an zu zerbrechen, weil man es mit Gedanken so vollpackt, dass es kaum Luft bekommt. Freiräume, die es braucht, um sich zu regenerieren, verschwinden immer mehr. Der Mensch lebt unter blattlosen Bäumen. Da braucht er sich nicht zu wundern, dass er keine Früchte erntet. Das Herz braucht täglich Waser, damit es sich von der Lebenslast reinwaschen kann. All der Gedankenmüll verstopft ihre Gehörgänge. Das Herz kann mit Blindheit und Vor-sich-Davonlaufen nichts anfangen. Es lebt die Geister der Natur, denn es ist darin groß geworden.
Schenke dir jeden Tag ein Blatt der Erkenntnis und du wirst unter einem grün blühenden Baum liegen und jeden Tag die Sonne sehen.
Man erntet das, was man sät. Liebe braucht nun mal, geliebt zu werden. Um zu wissen, was es heißt, ein glückliches Leben zu führen, benötigt man intakte Gefühle. Ohne Liebe steht der Mensch vor einem kahlen Baum, als wäre es mitten im Winter. Er wird frieren, weil kein Blattkleid ihn wärmt. Ist er erst einmal eingefroren, braucht er sehr viel Sonne, um sein Herz wieder zu erwärmen. Er kann sich nur selbst mit lieben Worten schützen, mit einer innigen Umarmung oder einem herzlichen Händedruck. Ohne dies bringt der Mensch sich in einen Leidensdruck hinein, wie andere es schon vor ihm taten.
Er sieht nicht mehr den Frühling, der die Liebe erschafft im Erblühen. Spürt immer nur den frostigen Winter, wie er sich kalt um ihn herumlegt. Warum fühlt der Mensch seine eigene Wärme nicht, die er in sich trägt, oder die Geborgenheit, die er braucht, die er schon in sich hat, aber nicht erkennt? Nur ein klein wenig Vertrauen zu sich selbst lässt schon das erste Blatt wachsen. Im Erwachen der Frühlingssonne setzt der Baum seine Triebe an. Der richtige Standort im Gedankendschungel macht es dem Menschen leichter, zu atmen.
Das viele Denken braucht eine Führung, um aus seinem Denkprozess herauszufinden. Glück bringende Worte sind die Erlösung aus der Gedankentyrannei. Liebe, Liebe, Liebe! Mehr braucht der Mensch nicht zu wissen. Sie allein erfüllt sein Herz. Weder Anstrengung noch unendlich viel Gerede, Zoff, Streit oder Unzufriedenheit erzeugen strahlende Augen. Aus Groll heraus entwickelt sich kein Frieden, weil darin keine Erkenntnisse über die Selbstzuneigung liegen. Solange der Mensch sich nicht intensiv mit seiner Liebe beschäftigt und sie so seinem Herzen vorenthält, wird er nicht wirklich erfahren, was es heißt, glücklich zu sein. Ein zweites grünes Blatt kann erst wachsen, wenn er den Baum der Erkenntnis mit Wasser begießt, sodass er gedeihen kann.
Kein Erkennen, kein Fortbewegen. Keine Veränderung, die Augen öffnet. Wie lange noch soll das Leben des Menschen fruchtlos bleiben? Es hilft schon ein kleiner Sonnenstrahl, der Licht ins Dunkel bringt. Der Mensch selbst kann den Überschuss an Gedanken in sich stoppen, wenn er reinen Tisch macht mit seinem »Vorgesetzten«. Das Ego ist sein Blockierer der Lebensfreude. Es macht alle Bäume und Sträucher kahl und kein einziges Blatt lässt es grün werden. Das Ego hat mit Eigenliebe nichts am Hut.
Verwelkte Blätter zeugen nicht von Lebensenergie, sie sind der Lebensherbst, der sich ankündigt. Es sind die letzten Tage mit wenig Sonnenschein. Zu früh ging der Sommer, er hatte grade angefangen, da vergaß der Mensch sein Glücksgefühl. Jetzt steht er da und jammert, denn ohne Liebe kann er nicht erblühen. Er muss auf den nächsten Frühling warten, doch inzwischen vergeht das Jahr. Das Warten und Verharren kostet teure Lebenszeit.
Der Mensch wird älter und immer älter, hat alle Blätter von seinem Lebensbaum abfallen lassen, nachdem er sie nicht einmal gefühlt hat, kein einziges, das wunderschön grün für ihn war. Er wird in die Fülle hinein geboren, kahl und grau geht er aus dem Leben. Warum tut er sich das an? Weiß er wirklich, was er mit sich macht? Wie oft ist er schon hingefallen und hat sich die Knie aufgeschlagen. Muss ein Aufstehen denn immer wehtun? Scheinbar doch! Er wird von so vielen Gedanken begleitet, sie versperren ihm die Sicht auf den Weg ins freie Leben. Ausgepowert, kraftlos und müde, kriecht der Mensch zu Kreuze in seiner letzten Zeit. Er bleibt auf den Erinnerungen an seine Vergangenheit hocken. Erinnerungen, die er nicht mag. Er wird gebrechlicher, denn die Last des Lebens will nicht weichen, der Mensch nimmt sie mit in sein Grab. Er kann nur auf eines der nächsten Leben hoffen, auf eine neue Gelegenheit, zu erblühen. Grün bleibt grün und grau bleibt grau, der Mensch muss sich entscheiden. Leiden oder lieben, worauf wartet er noch?