Duisburg und die Zeugen des Todes – Regionale Morde: 3 Duisburg-Krimis - Carola Kickers - E-Book

Duisburg und die Zeugen des Todes – Regionale Morde: 3 Duisburg-Krimis E-Book

Carola Kickers

0,0
3,99 €

oder
-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Die Duisburger Kommissarin Christine Lauben und ihr Team haben alle Hände voll zu tun und werden vor so manches Rätsel gestellt, was nicht zu lösen scheint. So müssen sie gegen einen Kinderschänderring im hochrangigen Kreis von Wirtschaft und Politik ermitteln; den plötzlichen Tod einer erfolgreichen Musikproduzentin aufklären, die offensichtlich vergiftet wurde; sowie den Täter eines perfiden Mordes an einem bekannten Springreiter ausfindig machen. Und immer ist ihr größter Feind die Zeit, da weitere Morde nicht auszuschließen sind …


In diesem Band sind folgende Fälle von Christine Lauben enthalten:
› Teufelsherz und Engelsaugen
› Höllische Musik
› Über alle Hürden

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB

Veröffentlichungsjahr: 2022

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



 

 

 

 

Carola Kickers

 

 

Regionale Morde

 

– Drei Duisburg-Krimis –

 

 

Duisburg

und die Zeugen

des Todes

 

 

 

 

 

 

 

 

Bärenklau Exklusiv

 

 

 

 

Impressum

 

 

Copyright © by Authors/Bärenklau Exklusiv 

Cover: © by Kathrin Peschel mit Kerstin Peschel, 2022

 

Verlag: Bärenklau Exklusiv. Jörg Martin Munsonius (Verleger), Koalabärweg 2, 16727 Bärenklau. Kerstin Peschel (Verlegerin), Am Wald 67, 14656 Brieselang

 

Die ausgedachten Personen haben nichts mit tatsächlich lebenden Personen zu tun. Namensgleichheiten sind zufällig und nicht beabsichtigt.

 

Alle Rechte vorbehalten

 

 

Inhaltsverzeichnis

Impressum 

Das Buch 

Teufelsherz und Engelsaugen 

1. Kapitel 

2. Kapitel 

3. Kapitel 

4. Kapitel 

5. Kapitel 

6. Kapitel 

7. Kapitel 

8. Kapitel 

9. Kapitel 

10. Kapitel 

11. Kapitel 

12. Kapitel 

13. Kapitel 

14. Kapitel 

15. Kapitel 

Höllische Musik 

1. Kapitel 

2. Kapitel 

3. Kapitel 

4. Kapitel 

5. Kapitel 

6. Kapitel 

7. Kapitel 

8. Kapitel 

9. Kapitel 

10. Kapitel 

11. Kapitel 

12. Kapitel 

Über alle Hürden 

1. Kapitel 

2. Kapitel 

3. Kapitel 

4. Kapitel 

5. Kapitel 

6. Kapitel 

7. Kapitel 

8. Kapitel 

9. Kapitel 

10. Kapitel 

11. Kapitel 

12. Kapitel 

13. Kapitel 

14. Kapitel 

Folgende Beiträge von Carola Kicker sind ebenfalls erhältlich 

 

Das Buch

 

 

Die Duisburger Kommissarin Christine Lauben und ihr Team haben alle Hände voll zu tun und werden vor so manches Rätsel gestellt, was nicht zu lösen scheint. So müssen sie gegen einen Kinderschänderring im hochrangigen Kreis von Wirtschaft und Politik ermitteln; den plötzlichen Tod einer erfolgreichen Musikproduzentin aufklären, die offensichtlich vergiftet wurde; sowie den Täter eines perfiden Mordes an einem bekannten Springreiter ausfindig machen. Und immer ist ihr größter Feind die Zeit, da weitere Morde nicht auszuschließen sind …

 

 

***

 

 

Teufelsherz und Engelsaugen

 

 

 

1. Kapitel

 

 

Ein weiteres Mal starrte Christine Lauben auf das bleiche Gesicht des Jungen auf dem morastigen Waldboden, bevor er abtransportiert wurde. Heute Nacht hatte es zum ersten Mal in diesem Herbst gefroren. Wie alt mochte er sein? Fünfzehn? Sechzehn? Blätter und kleine Zweige klebten in den Haaren sowie auf dem bloßen Oberkörper. Die Jeans war schmutzig und zerrissen. Die Unterschenkel schienen im Erdreich zu verschwinden, so als würde der Tote aus der Erde wachsen.

Dunkelbraune, feuchte Locken umrankten ein blasses Gesicht mit weichen Zügen und geschlossenen Augen unter dichten Wimpern: Das Antlitz eines Kindes auf der Schwelle zum Erwachsenen. Rein, unschuldig, unversehrt.

Doch der Rest des Körpers wies alle Arten von Misshandlungen auf, die sich ein perverser Mörder nur ausdenken konnte: Fesselspuren an den Handgelenken, Stichwunden, Brandverletzungen und dieser schmale, rostbraune Streifen, der um seinen Hals lief wie ein tödlicher Schmuckreif.

Der Gerichtsmediziner, Dr. Smeets, sagte ihr gerade, er sei einwandfrei verblutet. Vermutlich hat dieses kranke Schwein noch daneben gesessen und zugeschaut, dachte die Kommissarin verbittert.

 

*

 

Es war spät geworden. Wie immer würde die Fünfunddreißigjährige nicht vor zweiundzwanzig Uhr nach Hause kommen. Aber der Anblick dieses Knaben ließ sie nicht los. Vor drei Stunden hatte man ihn gefunden. Nicht hier in der Großstadt Duisburg. Nein, im beschaulichen Kerken, einem verschlafenen Nest an der Grenze zu Holland. Sie kannte sich dort aus, war dort aufgewachsen. Genau deshalb hatte man ihr den Fall zugeteilt.

Die Kommissarin fuhr sich mit der rechten Hand durch das mittellange, dunkelblonde Haar. Entdeckt hatte man den noch Unbekannten in einem unberührten Waldstück mit sumpfigem Boden und wucherndem Unterholz. Kaum jemand verirrte sich dorthin, es sei denn, man war ein Jagdhund.

Der Münsterländer einer Spaziergängerin hatte die Leiche am frühen Morgen verbellt. Wenige Stunden später war von der Unberührtheit des Waldes kaum noch etwas übrig. Es war nicht leicht, sich in dem sumpfigen Gelände fortzubewegen. Dennoch hatte die Spurensicherung alles durchkämmt. Doch außer ein paar Tierfährten fand man nur die bereits verwischten und mit Wasser gefüllten Schuhabdrücke eines Mannes mit der Schuhgröße 45/46.

Lauben folgte nun den Trägern des Zinksarges durch das bereits freigegebene Unterholz zurück zu den auf unbefestigten Waldwegen geparkten Wagen. Mehrmals rutschte sie mit ihren Stiefeletten in dem feuchten Laub aus und musste sich an den Bäumen festhalten.

Morgen! Sie würde abwarten müssen, bis der Pathologe ihr morgen weitere Details geben konnte. Insgeheim hoffte sie, dass es bei diesem einen Opfer bleiben würde, doch ihr Polizisteninstinkt sagte ihr etwas anderes.

 

 

 

2. Kapitel

 

 

»Tut mir leid, Tina, aber das ist alles, was ich für dich habe«, sagte Martin Smeets. Der Gerichtsmediziner und die Kommissarin kannten sich schon lange und der Endfünfziger sah sich eher als ihr väterlicher Freund denn als Kollege. Er war schon mit Christines Vater, einem einfachen Streifenpolizisten, in der Schule und später im gleichen Schützenverein gewesen, bevor der Polizist bei einer gewaltsamen Demo durch ein verirrtes Geschoss ums Leben gekommen war. Daher war er auch der Einzige, der die Kommissarin bei ihrem Kinderkosenamen nennen durfte.

Lauben schlug die dünne Akte auf, die ihr gereicht wurde, und überflog den Bericht. Eine Zeile fiel ihr dabei besonders ins Auge. Sie hob den Kopf und betrachtete den grauhaarigen Arzt, der vor ihrem Schreibtisch stand. Dieser erwiderte ihren Blick mit ruhigen, grauen Augen hinter einer modernen Brille.

»Man hat dem Opfer Kontaktlinsen eingesetzt?«, wunderte sie sich. Dr. Smeets nickte. »Die ursprüngliche Augenfarbe ist dunkelbraun. Man hat ihm hellblaue Farblinsen eingesetzt – vor seinem Tod, möchte ich hinzufügen.«

»Was ist das für ein kranker Scheiß?«, fluchte Lauben. Smeets seufzte. Mit diesem Jargon würde Christine seiner Meinung nach nie einen passenden Mann finden. Er nahm seine Brille ab und begann, diese umständlich zu putzen.

»Wenn ich spekulieren darf: Für mich sieht es aus wie eine Bestellung«, gab er zur Antwort.

»Du meinst, jemand wollte einen dunkelhaarigen, blauäugigen Jungen für sein Vergnügen? Und weil er das nicht bekommen konnte, musste das Opfer Kontaktlinsen tragen?«

Smeets nickte und setzte seine Brille wieder auf. »Die Kombination ist auch in der Natur recht selten«, bestätigte er. »Vermutlich wird der Täter immer Kompromisse machen müssen.«

Die Kommissarin pfiff leise durch die Zähne. »Wenn du recht hast, handelt es sich um einen Mann mit viel Geld und hohem Ansehen. Jemand anderes hat die Schmutzarbeit für ihn erledigt.«

Smeets nickte traurig zu diesen Worten. »Sei vorsichtig, bevor du in ein Wespennest stichst. Solche Leute verstehen keinen Spaß! Die lassen auch Schnüffler verschwinden«, warnte er.

Lauben reagierte nicht darauf. In ihrem Kopf begann sie bereits, einige Fäden zu spinnen. »Wer ist der Junge – oder war er?«

»Keine Ahnung. Nicht vermisst, bisher. Dem Aussehen nach könnte es einer von den verschwundenen, minderjährigen Flüchtlingen aus dem Mittleren Osten sein, die überall in Deutschland untergetaucht sind. Du weißt, dass die Behörden längst den Überblick über die Einreisenden verloren haben.«

Diesmal seufzte die Polizistin. »Wenn das so ist, finden wir den oder die Täter nie.«

»Den Täter«, bestätigte Smeets und zeigte auf seinen Bericht. »Der Junge wurde vergewaltigt. Wir haben DNA gefunden, aber natürlich noch keinen Treffer in unserem System. Kein Wunder. Wenn ich recht habe, handelt es sich um Leute, die sogar diplomatische Immunität genießen könnten.«

»Das sind die Schlimmsten«, knurrte die junge Beamtin. »Gehen wir also von einer Organisation aus. Die machen das nicht zum ersten Mal und vermutlich sind weitere Opfer nur nicht gefunden worden. Wo sollen wir da ansetzen?«

Smeets erhob sich von seinem Stuhl. »Du kannst nur warten, Tina. Daraus besteht die Hauptbeschäftigung eines guten Polizisten.«

»Worauf soll ich da warten?« Lauben ballte wütend die Fäuste. Am liebsten hätte sie den Kinderschänder persönlich erwürgt.

Smeets lächelte bitter. »Auf Kommissar Zufall. Dein bester Verbündeter im Moment. Aber lass dir einen guten Rat geben, wenn unsere Vermutungen stimmen: Diese Sache ist zu groß für dich oder euer Revier. Da muss ein anderes Kaliber von Ermittlern eingeschaltet werden.«

 

 

 

3. Kapitel

 

 

Der große Raum roch leicht nach Holzpflegemittel und teurer Zigarre. Arthur Simons lehnte sich in seinem Designer-Bürosessel zurück. Das echte Leder gab ein gequältes, quietschendes Geräusch von sich, das Richard »Ricky« Neubauer kurz zusammenfahren ließ. »Ich bin bessere Arbeit von dir gewohnt, Ricky. Die Leiche hätte niemals so schnell – wenn überhaupt – gefunden werden dürfen!«, tönte die sonore Stimme des gutaussehenden Konzernmanagers.

Ricky nickte stumm. Es hatte schnell gehen müssen und das wusste Arthur auch. Schließlich war er dabei gewesen! Der Junge hatte die Folter nicht so lange überlegt wie andere Burschen in seinem Alter. Vielleicht ein Herzfehler? Oder der Schock? Wer wusste das schon? Es war auch nicht wichtig. Niemand würde den Knaben vermissen, ebenso wenig wie die vielen anderen Kinder. Die Flüchtlingspolitik der offenen Grenzen hatte ihnen eine Menge Beute ins Netz gespült.

Gerne machte er die Drecksarbeit nicht, nachdem sich die hohen Herren vergnügt hatten, aber er musste schließlich nur die Überreste beseitigen und nicht selbst morden. Das fehlte ihm gerade noch! Am liebsten hätte er mit diesem Scheißjob aufgehört, doch das ging nicht. Einerseits wegen der verdammt guten Bezahlung – und als Spielsüchtiger brauchte er eine Menge Geld, andererseits wegen …

Ricky schauderte bei dem Gedanken. Simons’ Hintermänner würden ihn niemals am Leben lassen, sollte er aussteigen wollen! Dabei kannte er nicht einmal deren Namen und hatte bislang nur mit Simons Kontakt gehabt. Der hatte ihn wegen seiner hohen Schulden in der Hand und hielt ihn an der kurzen Leine.

Aber die Kommissarin hatte unrecht: Er hatte nie zugesehen, wie die Kinder verblutet waren, das taten nur die anderen, diese Perversen.

Beeindruckt sah der kleine Gauner sich in dem edel eingerichteten Vorstandsbüro um: Alles vom Feinsten. Mahagoni-Schreibtisch, dazu halbhohe Wandtäfelungen wie in den Banken im alten England. Simons hatte als gebürtiger Brite auf dieser nostalgischen Bürogestaltung bestanden.

Seit drei Jahren führte er die Düsseldorfer Niederlassung des weltbekannten Multimediakonzerns Monarch Entertainment Development – kurz MED – und übte großen Einfluss auf die Kommunal- wie auch auf die Landespolitik aus. Er wusste, wie man welchen Politiker beeinflusste, kaufte oder erpresste, doch Arthur Simons war letzten Endes nur ein Mittelsmann, der Wünsche erfüllte. Er musste vorsichtig sein. Wenn eine Spur zu ihm führte, konnte das leicht auch den Verlust seines eigenen Lebens bedeuten. Das hatte er mit Ricky gemeinsam: Sie waren gefangen im Netz einer riesigen Spinne und wussten beide nicht, wer eigentlich im Zentrum saß und sie belauerte. Und wie weitreichend dieses Netz gesponnen war, wussten sie ebenfalls nicht.

»So etwas darf nie wieder geschehen!«, mahnte Simons jetzt und legte die Hände mit den Fingerspitzen gegeneinander, sodass sie eine Raute bildeten. Wieder nickte Ricky nur. Sein Blick wirkte besorgt, aber er wusste auch, dass er bislang gute Arbeit geleistet hatte. Die meisten Leichen waren auf Baustellen oder in der Kanalisation verschwunden. Noch nie war eine in den letzten anderthalb Jahren wieder aufgetaucht. Und jetzt das. Hatte er denn ahnen können, dass es frieren würde und der Sumpf den Toten nicht komplett verschlingen konnte? Zum Teufel, sollte er nun jedes Mal vorher den Wetterbericht hören?

Arthur Simons sah den Unwillen im Gesicht seines Komplizen und überlegte, ob er diesen Kerl noch lange würde beschäftigen wollen. Aber für die Beseitigung der Ausgedienten benötigte man wiederum andere, ebenso skrupellose Helfer. Er seufzte. Man konnte sich heutzutage einfach auf niemanden mehr verlassen! Solche Entscheidungen lagen ihm schwerer im Magen als jede internationale Geschäftsübernahme oder ein Börsengang.

Sein Blick glitt kurz zu der schmalen Schublade vor ihm. Darin lag eine 9 mm Pistole, selbstverständlich unregistriert. Nur für Notfälle. Aber war das hier nicht ein Notfall? Ricky würde die Klappe halten, oder?

Eigentlich war es nicht sein Ding, die Schmutzarbeit zu machen. Simons zog die Schublade auf und griff hinein. Seine eiskalten Augen hefteten sich wieder auf den spielsüchtigen Kleinkriminellen, der vor seinem Schreibtisch stand. Er hatte ihm keinen Platz angeboten. Mit einer ruckartigen Bewegung schoss seine Hand aus der Schublade und ließ seinen Besucher einen Schritt zurückweichen. Verächtlich warf er ein Bündel gelber 200-Euroscheine auf den Tisch. »Das hier dürfte für einen längeren Urlaub reichen. Setz dich vorübergehend zur Ruhe und mach dich unsichtbar, bis ich dich wieder anrufe!«

Ricky Neubauer atmete auf. »Mach ich, Sir. Mach ich sofort!« Hastig griff er nach dem Bündel und lief aus dem Büro. Noch durch die geschlossene Tür spürte er die kalten, blauen Augen auf seinem Rücken ruhen. Nachdem er gegangen war, griff Simons zu einem unbenutzten, einfachen Nokia-Prepaidhandy in der gleichen Schublade. Er besaß mehr als ein halbes Dutzend davon.

 

 

 

4. Kapitel

 

 

»Einen wunderschönen guten Tag«, grüßte eine wohlklingende Stimme, die samt Inhaber unaufgefordert in ihr Büro getreten war. Verärgert hob Christine Lauben den Kopf. Ein warmes Lächeln in einem markanten Männergesicht mit Dreitagebart und ebenso warmen, braunen Augen ließ ihren Ärger jedoch schnell verfliegen und machte Verwunderung Platz. »Mein Name ist Tobias Rathenau vom LKA. Freut mich!« Mit diesen Worten reichte der Mann ihr die Hand und zwang sie damit, ebenfalls aufzustehen.

»Christine Lauben. Ich nehme an, Sie sind wegen des toten Jungen in Kerken hier«, murmelte sie nur, als sie sich die Hände schüttelten. Tobias nickte. Sein Händedruck war fest und selbstbewusst. Beide setzten sich fast gleichzeitig wieder hin. Lässig legte der Beamte vom Landeskriminalamt ein Bein über das andere und sah sie prüfend an. Christine tat so, als bemerkte sie es nicht und wühlte in ihren Papieren auf dem Schreibtisch.

»Lassen Sie nur!«, winkte der höherrangige Kollege ab. »Doktor. Smeets hat mir bereits eine Kopie seines Berichtes zukommen lassen. Ziemlich üble Sache, vor allem, wenn es sich tatsächlich um einen Flüchtling handeln sollte. Gut, dass die Presse keine Einzelheiten erfahren hat.« Für einen Moment kroch erneut der Ärger in der Kommissarin hoch. Wie kam Martin Smeets dazu, diesen gutaussehenden Schnösel vor ihr in den Fall einzuweihen? Und den Pressemaulkorb hatten bestimmt seine Leute erteilt! Bislang war in der Lokalzeitung nur eine kleine Randnotiz über den Leichenfund erschienen.

»Leider haben wir seit über einer Woche keinerlei neue Anhaltspunkte. Die Befragungen im Dorf und im Umkreis haben nichts ergeben. Auch die ausgewaschenen Fußspuren haben keine neuen Erkenntnisse gebracht«, gab sie professionell zur Antwort. Rathenau lächelte. Wieso lächelt der Kerl?

»Ist mir bekannt. Sie haben gute Arbeit geleistet, kommen aber trotz Ihres ebenso guten Teams nicht weiter. Deshalb hat man mich Ihnen zur Seite gestellt. Ich bin seit Jahren als verdeckter Ermittler im Einsatz. Wir vom LKA können Türen öffnen, die Ihnen vielleicht verschlossen sind.«

Angeber! Das soll also Kommissar Zufall sein?, dachte Christine Lauben und versuchte ihrerseits, das Lächeln zu erwidern. Das konnte mit diesem aufgeblasenen Pinsel ja heiter werden. Wie alt mochte er sein? Doch höchstens Anfang Vierzig und die Lachfältchen um den Mund machten ihn nicht jünger aber attraktiver. Ihr Gegenüber trug Jeans, ein weißes Hemd sowie eine legere Wildlederjacke und wirkte damit eher wie ein Model aus einem Herrenmagazin. Tina, reiß dich zusammen!, ermahnte sie sich in Gedanken. Nicht noch einmal! Mit Unbehagen erinnerte sie sich kurz an die Beziehung zu einem Kollegen von der Kripo Krefeld, der nach drei Jahren Partnerschaft mit ihr eine Zwanzigjährige geheiratet hatte und plötzlich von der großen Liebe sprach. Natürlich hatte sie bereits auf den ersten Blick festgestellt, dass der LKA-Mann keinen Ehering trug. Was heutzutage allerdings nichts zu bedeuten hatte!

Tobias Rathenau erhob sich wieder. »Wie wäre es mit einem kleinen Brunch im Café gegenüber? Da können wir in lockerer Atmosphäre gleich unser weiteres Vorgehen besprechen.«

Eigentlich wollte sie ablehnen und die Menge an Arbeit vorschieben, doch ihr Mund sagte bereits automatisch: »Gerne. Ich hol nur meine Jacke« und merkte, dass sie froh war, das nüchterne, grün-grau gestrichene Büro verlassen zu können. Verdeckter Ermittler. Der Kerl hat vermutlich weniger Papierkram am Hals als ich. Und sowas nennt Martin ein anderes Kaliber. 

 

 

 

5. Kapitel

 

 

Die siebzehnjährige Lilly Severin und ihr ein Jahr älterer Freund Jonas Dobler gingen auf die gleiche Schule und waren seit nunmehr einem halben Jahr zusammen. An diesem eher milden Samstagmorgen zogen sie lachend los, um den Tag unbeschwert miteinander zu verbringen.

---ENDE DER LESEPROBE---