Jason Dawn, der Vampir, Band 4: Ruf der Seelen - Carola Kickers - E-Book

Jason Dawn, der Vampir, Band 4: Ruf der Seelen E-Book

Carola Kickers

0,0
3,99 €

oder
-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Auch im vierten Band der spannenden Serie muss sich der ewig junge Vampirfürst mit alten und neuen Gegnern auseinandersetzen. Die Menschen schmieden eine gefährliche Allianz gegen die Wesen der Nacht und setzen ihre finsteren Pläne rücksichtslos durch – auch mit Hilfe aus den Reihen der Vampire! Doch wer zählt zu den Verrätern? Die Freundschaft zwischen Jason und dem Halbengel Leander wird auf eine harte Probe gestellt.

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB

Veröffentlichungsjahr: 2025

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



 

 

 

 

Carola Kickers

 

 

Jason Dawn, der Vampir

 

Band 4

 

Ruf der Seelen

 

 

 

 

 

Roman 

 

 

 

 

 

 

 

Impressum

 

 

Copyright © by Authors/Bärenklau Exklusiv 

Cover: © by Claudia Westphal, 2025

Korrektorat: Katharina Schmidt

 

Verlag: Bärenklau Exklusiv. Jörg Martin Munsonius (Verleger), Koalabärweg 2, 16727 Bärenklau (OT), Gemeinde Oberkrämer. Kerstin Peschel (Verlegerin), Am Wald 67, 14656 Brieselang

www.baerenklauexklusiv.de / [email protected]

 

Die ausgedachten Personen haben nichts mit tatsächlich lebenden Personen zu tun. Namensgleichheiten sind zufällig und nicht beabsichtigt.

 

Alle Rechte vorbehalten

 

Das Copyright auf den Text oder andere Medien und Illustrationen und Bilder erlaubt es KIs/AIs und allen damit in Verbindung stehenden Firmen und menschlichen Personen, welche KIs/AIs bereitstellen, trainieren oder damit weitere Texte oder Textteile in der Art, dem Ausdruck oder als Nachahmung erstellen, zeitlich und räumlich unbegrenzt nicht, diesen Text oder auch nur Teile davon als Vorlage zu nutzen, und damit auch nicht allen Firmen und menschlichen Personen, welche KIs/AIs nutzen, diesen Text oder Teile daraus für ihre Texte zu verwenden, um daraus neue, eigene Texte im Stil des ursprünglichen Autors oder ähnlich zu generieren. Es haften alle Firmen und menschlichen Personen, die mit dieser menschlichen Roman-Vorlage einen neuen Text über eine KI/AI in der Art des ursprünglichen Autors erzeugen, sowie alle Firmen, menschlichen Personen , welche KIs/AIs bereitstellen, trainieren um damit weitere Texte oder Textteile in der Art, dem Ausdruck oder als Nachahmung zu erstellen; das Copyright für diesen Impressumstext sowie artverwandte Abwandlungen davon liegt zeitlich und räumlich unbegrenzt bei Bärenklau Exklusiv. Hiermit untersagen wir ausdrücklich die Nutzung unserer Texte nach §44b Urheberrechtsgesetz Absatz 2 Satz 1 und behalten uns dieses Recht selbst vor. 13.07.2023 

 

Inhaltsverzeichnis

Impressum 

Das Buch 

Jason Dawn, der Vampir 

Ruf der Seelen 

Einsamkeit 

Schatten der Vergangenheit 

Zuflucht der Engel 

Fegefeuer 

Dunkle Mächte 

Bittere Beichten 

Der zweite Tod 

Die zweite Chance 

Der Orden 

 

Das Buch

 

 

Auch im vierten Band der spannenden Serie muss sich der ewig junge Vampirfürst mit alten und neuen Gegnern auseinandersetzen. Die Menschen schmieden eine gefährliche Allianz gegen die Wesen der Nacht und setzen ihre finsteren Pläne rücksichtslos durch – auch mit Hilfe aus den Reihen der Vampire! Doch wer zählt zu den Verrätern? Die Freundschaft zwischen Jason und dem Halbengel Leander wird auf eine harte Probe gestellt.

 

 

***

Jason Dawn, der Vampir

Band 4

 

Ruf der Seelen

 

von Carola Kickers

 

 

 

»Und so lang du das nicht hast, dieses: Stirb und werde!Bist du nur ein trüber Gast auf der dunklen Erde.« 

(J. W. Goethe) 

 

 

 

Einsamkeit

 

Leander schwieg und blickte hinauf in das hallenartige Deckengewölbe der Kathedrale, als könnten seine Augen dieses durchdringen und bis hinauf in den Nachthimmel schauen. Seine Atemzüge klangen mühsam und keuchend. Seine schönen, dunkelblauen Augen weiteten sich. Jason, der vor ihm kniete, sah, wie diese Augen den sternenübersäten Kosmos in sich aufnahmen und die Pupillen verschwanden. Er blickte in das Spiegelbild eines Universums, wie es vor Anbeginn der Zeit bestanden hatte …

 

In der alten Kathedrale herrschte eine fast fühlbare Stille. Plötzlich griff Leanders Hand nach Jasons Arm. Der junge Vampirfürst kniete noch immer an der Seite des Sterbenden. »Wir sehen uns wieder, mein Freund, wenn die Zeit gekommen ist«, klang Leanders Stimme kaum hörbar, doch für die Ohren eines Vampirs klar und deutlich. Dann sank der Kopf des Halbengels zur Seite. Jason Dawn vernahm den letzten Herzschlag seines Mentors und Freundes, als er sich erhob. Anklagend und zornig ging sein Blick zu dem prächtigen Altar im Mittelschiff, über dem der Gekreuzigte wie ein Mahnmal hing. Jason erhob sich und richtete sein Wort an dieses Kreuz. »Hör zu«, sagte er fast herausfordernd zu der Figur. »Ich weiß, dass ich kein Recht mehr habe, dich um etwas zu bitten oder mich über etwas zu beklagen. Aber sorge wenigstens für meinen Freund, wenn er jetzt wieder bei Euch ist.« Der Fürst der Neuzeitvampire wandte sich um, um den leblosen Körper seines Freundes zur letzten Ruhe zu betten, aber der Gang war leer. Nur das silbern schimmernde Blut des Halbengels aus Atlantis bildete eine kleine Pfütze auf dem rauen Steinboden. »Was zum …« Jason verschluckte den Fluch, der ihm auf der Zunge lag und blickte sich suchend um. Keine Spur von Leanders Körper! Nur ein intensiver Duft von Rosen erfüllte die Kathedrale.

Jason seufzte, was wusste ein Vampir schon vom Sterben eines Engels, auch wenn es nur ein halber war … Dann kam ihm ein anderer Gedanke. Der junge Vampirfürst ging zum Altar und nahm dort einen der kleinen goldenen Becher, die als Zierrat auf dem blütenweißen Altartuch standen. »Nur geliehen«, murmelte er entschuldigend zu dem Kreuz hin. Vorsichtig, um nicht mit dem für ihn als Vampir hoch gefährlichem Blut in Berührung zu kommen, nahm er in dem dünnwandigen Gefäß einige Milliliter der zähen Flüssigkeit auf. Er wusste nicht einmal, warum er das tat, aber irgendetwas drängte ihn dazu. Zu Hause würde er es in ein Reagenzglas umfüllen. Zuhause. Wo war das eigentlich?

In dem alten Landhaus in den Cheviot Hills an der englisch-schottischen Grenze war es still. Fast zu still, wenn man bedachte, dass ein kleines Kind dort untergebracht war. Miles und Lejla, beide Mitglieder in Jasons Band, kümmerten sich um die Kleine, die sie mit großen Augen anschaute, als wüsste sie genau, dass es sich bei diesen beiden um Hybridenvampire handelte, die sie vor ein paar Tagen aus ihrem bisherigen Zuhause, aus der Obhut der Klosterschwestern, entführt hatten. Lejla, die überschlanke Keyboarderin mit den kurzen, platinblonden Haaren, blickte besorgt aus dem Fenster. Sie hatten immer noch nichts von Jason und Leander gehört, wusste nicht, ob ihr Plan gelungen war. Die beiden anderen Bandmitglieder, Shane und Weston, würden ebenfalls bald hier eintreffen. Es galt, eine Entscheidung zu treffen, was mit dem Kind, der Tochter von Lady Alderley und dem Halbengel Leander Knight, geschehen sollte. Dieses Kind würde sich über kurz oder lang entscheiden müssen, ob es die Laufbahn eines ungeheuer mächtigen Vampires, eines Lamia-Abkömmlings oder die eines engelhaften Wesens einschlagen wollte. Beide Mächte waren gleichstark in ihr vertreten. Wenn es nach den Plänen ihrer Mutter gegangen wäre, sollte sie in absehbarer Zeit mit dem einzigen Fürsten der Neuzeitvampire, Jason Dawn, eine neue Generation von mächtigen Lamia gründen, die diese Erde in einen Vorhof zur Hölle verwandeln konnten. Auch wenn dies erst in etwa siebzehn Jahren der Fall sein konnte, so verging dieser Zeitraum für die Unsterblichen wie für die Menschen ein paar Stunden.

Mittlerweile war eine Woche vergangen, und Jason Dawn hatte sich immer noch nicht gemeldet. In wenigen Wochen stand wieder eine CD-Produktion für die Band an, und bisher waren noch nicht alle Songs fertig geschrieben. Aber das war jetzt absolut zweitrangig geworden.

Das Wohnzimmer im Landhaus wurde an diesem Abend nur von einigen Kerzen erhellt. Die drei Jungs aus der Band, Shane Lansford, Weston Hayes und Miles O’Brian saßen schweigend vor dem leise gedrehten Fernseher. Die geringe Lautstärke war für ihre feinen Vampirohren immer noch stark genug. Oben, im ersten Stock, schlief das kleine Mädchen. Lejla kam gerade die Treppe herunter. Sie hatte noch nach der Kleinen gesehen, die friedlich in ihrem Bettchen schlummerte, als Jasons schlanke Gestalt sich aus den umliegenden Schatten der Wände herauslöste. Er trug einen bodenlangen Mantel und war, wie immer, ganz in Schwarz gekleidet. Lejla atmete auf. Ihm war nichts geschehen! Auch die anderen erhoben sich. »Was ist passiert?«, frage Shane, der Leadgitarrist sofort.

»Wo ist Leander?«, ergänzte Miles in seinem ruhigen, irischen Tonfall.

Ohne eine Antwort zu geben, setzte Jason sich auf das Sofa und zog eine kleine Plastiktüte aus seiner Manteltasche hervor. Vorsichtig wickelte er ihren Inhalt aus. Der kleine, goldene Becher kam zum Vorschein. Jason hatte Frischhaltefolie darüber gewickelt.

»Das ist alles, was von Leander übriggeblieben ist«, murmelte er. Sein Gesichtsausdruck zeigte Trauer, Wut und Verzweiflung. Jason selbst hätte nie vermutet, dass ein Untoter noch zu so vielen Empfindungen fähig sein konnte. Lejla atmete tief durch. Sie hatte bereits geahnt, dass etwas Schreckliches geschehen sein musste. Alle schwiegen, dann endlich berichtete Jason in knappen Worten, was mit dem Atlanter geschehen war. Anschließend ging er in die Küche, die von den Vampiren sowieso selten genutzt wurde, und suchte nach einem Behältnis für Leanders Blut.

»Und dieser Pryce hat immer noch die Waffen«, stellte Miles pragmatisch fest, der im Sessel seinen Bass wie eine Geliebte in den Armen hielt.

»Nur eine davon«, verbesserte Shane ihn und sah Jason fragend an, der gerade mit einem silbernen Flachmann aus der Küche zurückkam. »Oder?«

Jason nickte. »Ja, nur eine davon. Die andere haben nach wie vor wir.« Das war nur ein schwacher Trost in Anbetracht des Todes seines Freundes.

»Bist du sicher, dass Leander wirklich tot ist?«, warf Weston ein. Jason blickte zu dem Schlagzeuger.

»Ehrlich gesagt, ich habe keine Ahnung, was mit ihm geschehen ist«, gab er zu, »aber niemand von uns weiß, wohin Engel gehen, wenn sie sterben, oder?«

Kurze Zeit blieb es still. »Vielleicht gibt es sogar eine Möglichkeit, ihn zurückzuholen«, meinte Shane nachdenklich. Alle Blicke ruhten nun auf ihm. »Naja, wenn wir uns dieses Buch holen, das Leander damals bei deiner Wiedererweckung benutzt hat«, erläuterte der Gitarrist und sah Jason dabei aus seinen mit dunklem Kajal umrandeten Augen an. Er war schon als Mensch in der Gothicszene zu Hause gewesen. »Wir haben doch keine Ahnung von diesen Dingen«, erinnerte ihn Miles, »nicht einmal einen Bruchteil von Leanders Wissen!«

Shane hatte auch darauf eine Antwort: »Einen Versuch ist es doch wert, oder? Wenn die Menschen im alten Ägypten damals damit hätten umgehen können, würden heute noch die Pharaonen herumlaufen.«

»Du meinst das Totenbuch?«, fragte Jason. »Woher willst du das wissen, schließlich hast du damals noch nicht existiert.«

Lejla hatte der ganzen Diskussion zugehört und wurde langsam ungeduldig. »Hört auf damit, die ganzen Mutmaßungen bringen doch jetzt nichts. Wir haben wirklich Wichtigeres zu besprechen«, rief sie aus. Die Jungs kannten diese Art ihrer Temperamentsausbrüche schon.

»Was soll jetzt mit der Kleinen geschehen?«, fragte Lejla dann ziemlich hilflos in die Runde. Jason zuckte die Schultern. Leander hätte da bestimmt eine Lösung gewusst. Er dagegen … Was wusste schon ein Vampir von Engeln, Kleinkindern und den alten Büchern aus Atlantis und Ägypten? Damit war selbst der Fürst der Neuzeitvampire überfragt. Aber dann kam ihm doch noch eine Idee. Eine Idee, die von seinem Freund hätte stammen können. Vielleicht tat sie das auch? Niemand wusste doch, wo der Halbengel geblieben war.

»Wir bringen sie nach Italien«, schlug Jason jetzt spontan vor. »Auf Leanders Weingut gibt es eine sehr liebe, ältere Dame, die ihm seit Jahrzehnten den Haushalt führt. Sie wird bestimmt gut auf seine Tochter aufpassen.« Hoffnung schwang in seiner Stimme mit.

»Stimmt«, grinste Shane, »die Italiener lieben Bambini. Außerdem könnt ihr gleich das Buch mitbringen.«

Jason sah ihn missbilligend an.

»Eine gute Lösung«, stellte aber auch Miles zufrieden fest. »Ja, dort weiß keiner etwas von ihrer wahren Natur. Sie wird aufwachsen wie jedes normale Kind und vielleicht niemals zu einer Gefahr für uns werden.«

Gesagt, getan. Am nächsten Morgen standen Jason und Lejla mit einer großen Reisetasche vor dem Haupthaus des Weinhauses und betätigten die eiserne Türglocke. Maria, Leanders langjährige Haushälterin, öffnete. Sie war sichtlich nicht begeistert, Jason statt ihres Arbeitgebers zu sehen, aber sie kannte den jungen Mann schon von seinen früheren Besuchen. Zögernd bat sie die beiden unerwarteten Gäste hinein.

»Ich habe leider keine gute Nachricht für Sie, Maria. Leander wird längere Zeit nicht mehr nach Italien zurückkehren. Aber er hat etwas hinterlassen, auf das sie sehr gut Acht geben sollen«, begann der Jason seine Anwesenheit zu erklären, das Ableben seines Freundes verschwieg er wohlweislich. Er konnte sehen, dass sich Marias Gesichtsausdruck in Besorgnis wandelte. Daher erwähnte er schnell, dass Leanders Tochter Ayleen in Marias liebevollen Händen aufwachsen sollte. Die Italienerin hatte selbst schon Enkelkinder, aber als Lejla ihr dann das kleine Bündel aus der Reisetasche in die Arme legte, beeilte sie sich, eine wohlwollende Miene aufzusetzen, um das hübsche blonde Mädchen in den Wolldecken zu betrachten.

»Ja, sie sieht ihm ähnlich, nicht war, Signore Dawn? Diese blauen Augen …«, lächelte sie ganz verliebt und streichelte die rosigen Wangen des Kindes. Lejla schaute Jason mit einem Siehst-du-wohl-Blick an und dieser nickte. Dann erhob er sich, um sich zu verabschieden. Jetzt galt es erst mal, diesen irren Kardinal ausfindig zu machen. Maria lächelte bei seinem Abschied, das hatte sie noch nie getan. »Danke, Signore Dawn. Ich werde gut auf unser Engelchen aufpassen.«

Wenn du wüsstest, dachte Lejla im Stillen. Jason schmunzelte, als er diesen Gedanken empfing.

»Macht es Ihnen etwas aus, wenn ich einige persönliche Dinge an mich nehme und mich im Arbeitszimmer meines Freundes umschaue?«, fragte er dann mit ausgesuchter Höflichkeit. Maria war voll und ganz mit dem Baby beschäftigt und schüttelte nur den Kopf. Jason erhob sich und ging in Leanders Arbeitsraum. Vorsichtshalber schloss er die Tür hinter sich. Mit einem merkwürdigen Gefühl blickte er sich um. Hier hatten sie so manches vertrauliche Gespräch geführt und viele Probleme der beiden Welten gelöst. Jason begann, den riesigen Schreibtisch aus Edelholz zu durchsuchen. Dabei wusste er nicht einmal, was er suchte. Eine der Schubladen war verschlossen. Wo war der Schlüssel? In dem kleinen Sekretär an der Wand fand Jason schließlich eine ganze Schublade voller Schlüssel. Das war typisch Leander! Er gab den Suchenden immer, was sie wollten und überließ ihnen trotzdem die freie Entscheidung.

Es dauerte fast zwanzig Minuten, bis der Fürst der Neuzeitvampire den richtigen herausgefischt hatte. Die geheimnisvolle Schublade enthielt aber nichts von Bedeutung, wie es schien. Ein altes, in abgegriffenes Leder gebundenes Buch, eine Pergamentrolle, die auch schon bessere Tage gesehen hatte. Vorsichtig warf Jason einen Blick hinein. Es handelt sich um die »Liste der Seelenlosen«, die Leander aus dem Vatikan entwendet hatte. Vorsichtshalber steckte er diese ein. Mit dem Buch konnte er auf den ersten Blick nichts anfangen, ja, nicht einmal diese seltsamen Schriftzeichen entziffern. Aber er hatte es schon einmal gesehen – bei seiner letzten Wiedererweckung in Leanders geheimem Labor im Keller des Weingutes. Es handelte sich um die Bibel Azraels, des Todesengels, von der Shane gesprochen hatte Auch diese nahm Jason an sich. Noch ein letztes Mal blickte er sich in dem stilvoll eingerichteten Raum um, bevor er ihn verließ.

Lejla warf ihm bei seiner Rückkehr einen fragenden Blick zu. »Maria, wir müssen Sie jetzt verlassen«, sagte Jason nur. »Es gibt noch einiges für uns zu tun. Aber wir kommen wieder. Rufen Sie uns an, wenn Sie etwas brauchen.« Leanders italienische Haushälterin blickte kurz auf. »Bitte seien Sie leise, die Bambina ist gerade eingeschlafen. Ich werde gleich ein Kinderzimmer in einem der Gästeräume einrichten. Alles Gute für Sie, Signore Dawn. Ciao!« Offenbar war die temperamentvolle, etwas füllige Dame froh, den seltsamen Besuch wieder loszuwerden und eilte davon, um alles für die neue Bewohnerin des Hauses vorzubereiten.

Jason und Lejla verließen das Haupthaus des Weingutes und machten sich wieder auf den Weg zurück nach England. Ayleen wussten sie in guten Händen.

 

*

 

Nach seiner Flucht aus der Kathedrale von Exeter war der Kardinal zunächst ziellos durch die nächtlichen Straßen gelaufen. Er hatte gerade einen Menschen getötet! Einen Menschen? Unsinn, irgendeine Kreatur. Wie hatte man ihn gelehrt? Du sollst nicht töten. Religiöse Phrasen schossen dem Kirchenmann durch den Kopf und dann all die Eindrücke, die die Welt der Vampire in ihm hinterlassen hatten, angefangen von der schönen Lady Alderley bis hin zu den mysteriösen Neuzeitvampiren, die unbefangen unter den Menschen lebten. War er denn der Einzige, der davon wusste? Hatte der Herr nur ihn in Versuchung führen wollen? Dann wieder diese Schuldgefühle und das Verlangen nach dem »ewigen« Leben. Das wurde den Menschen von Gott versprochen, aber … die Vampire lebten es! War das noch Gerechtigkeit?

Wie ein schleichendes Gift kroch der Wahnsinn in das Gehirn des grauhaarigen Herrn, der den Hut tief in die Stirn gezogen hatte und mit hochgeschlagenem Mantelkragen durch die Straßen eilte wie ein Dieb auf der Flucht. Auf der Exe-Brücke hielt er kurz inne, blickte sich gehetzt um, ob ihn auch keiner beobachtete. Aber die Straßen waren in diesen frühen Morgenstunden menschenleer gewesen. Dann fischte er dieses Ding aus seiner Manteltasche, mit dem er Leander erstochen hatte, und warf es mit einem Anflug von Schuldbewusstsein in die langsame Strömung des Flusses. Für einen kurzen Augenblick leuchtete das silberne Blut an der ungewöhnlichen Waffe im Mondlicht auf, bevor sie in den dunklen Wassern verschwand und wohl für immer verloren war. Dabei überfielen Zweifel den Kardinal, ob er wohl das Richtige getan hatte. Immerhin war dieses Ding für die Vampire doch sehr wertvoll gewesen. Andererseits – es war eine Mordwaffe! Er war ein Mörder! Ein Mörder, der unter dem Bann dieser seelenlosen Dämonin gestanden hatte, ihren Verlockungen gefolgt war.

Es war an der Zeit, Buße zu tun. Aber wie? Sollte er sich der Polizei stellen? Die würde ihm doch sowieso nicht glauben. Selbstmord? Auch eine Todsünde! Seinem Bischof alles erzählen und um Vergebung bitten? Pryce zögerte in seinen Gedankengängen. Frieden finden? Zurückkehren in den Schoß der Kirche? Ja, es schien, als hätte der Kardinal eine Lösung für sein Seelenheil gefunden. Entschlossenen Schrittes setzte er seinen Weg fort. Diesmal ging er direkt nach Hause. In ein paar Stunden würde er nach London reisen und um eine Audienz bei Bischof Wilkins bitten.

 

*

 

Zurück in den Cheviot Hills beschloss Jason Dawn, sich allein auf die Suche nach Pryce zu machen. Er war kein ausgesprochener Teamworker, eher ein Einzelgänger. Also schickte er seine Band zu den Aufnahmen ins Studio. Schließlich mussten auch Vampire in der heutigen Zeit irgendwie ihren Lebensunterhalt verdienen. Wie schon so oft würde er als Sänger erst später hinzukommen, um die Tracks einzusingen. Auch, wenn die Band sich in der jetzigen Situation nicht gerne von Jason trennte und Lejla ihre Bedenken offen äußerte, so war der Fürst der Neuzeitvampire doch nicht von seinem Vorhaben abzubringen. Die Hybridenvampirin spürte die Einsamkeit des jungen Fürsten deutlich. Nicht nur, dass er immer wieder die menschlichen und vampirischen Gefährten verloren hatte, die ihm am meisten bedeuteten, nein, jetzt war ihm auch sein bester Freund genommen worden, der ihn lange Jahre begleitet und ihn so vieles gelehrt hatte. Ganz abgesehen von der Tatsache, dass der Atlanter ihn bereits zweimal wiedererweckt hatte und sogar bereit gewesen war, sein eigenes Leben für ihn zu opfern. Wo auf dieser Welt gab es einen solchen Freund ein zweites Mal? Kein Wunder, dass da Rachegedanken bei dem jungen Fürsten auftauchten, und die hatten nichts mit der Bewahrung seiner Rasse vor Schaden durch die Menschen zu tun. Ganz im Gegenteil, diese Gedanken waren rein persönlich, und er sehnte sich danach, diesen verfluchten Kardinal in seine Hände zu bekommen. Gerne hätte er ihm das angetan, was Orsini damals Laetitias Tochter durch eine misslungene Wandlung angetan hatte: sich selbst beim Sterben zusehen zu müssen und das über Jahrzehnte. Aber er würde sich für diesen Pryce schon etwas überlegen.

Kaum, dass die Band abgereist war, machte sich Jason Dawn erneut auf nach Exeter. Von der Kathedrale aus versuchte er, die Spur von Leanders Mörder aufzunehmen. Es war leicht herauszufinden, wo Pryce wohnte. Kaum war er vor der Haustür des hübschen alten Fachwerkhauses angekommen, konnten Jasons Sinne schon bemerken, dass der Kardinal nicht anwesend war. Seine Wirtschafterin teilte ihm kurz darauf mit, dass der Geistliche nach London abgereist sei. Aber auch dort hatte Jason Dawn Freunde und Verbündete.

Im ›Angel’s Resort‹, einem Club, der immer noch offiziell Leander Knight gehörte, trafen sich nicht nur Künstler und Anhänger der Gothic-Szene, auch die Hybridenvampire zählten zu den Stammgästen. Nach dem Tod von Charlene Morrow wurde der Club von einer anderen Hybridin weitergeführt: von Evelyn Marshall, einer attraktiven Amerikanerin mit Kreolenblut in den Adern, erschaffen im New Orleans des ausgehenden Neunzehnten Jahrhunderts. Jason bat bei seiner Ankunft im Club direkt um ein Gespräch mit der Inhaberin, und diese war durchaus erfreut, den jungen Fürsten einmal persönlich kennen zu lernen.

Mit einem Lächeln reichte sie ihm höflich die Hand: »Der legendäre Jason Dawn.

---ENDE DER LESEPROBE---