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Der Halbengel Leander legt seine Vermittlerrolle zwischen den Menschen und den Vampiren nieder. Er hat genug von der Falschheit der Regierungen und plant ein gewagtes Spiel, um die Untoten vor eventuellen Angriffen der Menschen zu schützen. Und Celeste begegnet endlich der Fürstin Lady Alderley.
Wird die Fürstin ihren Wunsch erfüllen und damit gegen alle Verträge verstoßen?
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Veröffentlichungsjahr: 2024
Carola Kickers
Jason Dawn, der Vampir
Band 3
Verdammte Herzen
Roman
Copyright © by Authors/Bärenklau Exklusiv
Cover: © by Claudia Westphal, 2024
Korrektorat: Katharina Schmidt
Verlag: Bärenklau Exklusiv. Jörg Martin Munsonius (Verleger), Koalabärweg 2, 16727 Bärenklau (OT), Gemeinde Oberkrämer. Kerstin Peschel (Verlegerin), Am Wald 67, 14656 Brieselang
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Inhaltsverzeichnis
Impressum
Das Buch
Jason Dawn, der Vampir
Verdammte Herzen
Der Vampirprinz
Die verlorene Tochter
Blut und Spiele
Gefühle im Zwielicht
Verdammte Herzen
Dunkle Absichten
Hunger
Schach mit dem Teufel
Der Kardinal
Aeternitas
Der Halbengel Leander legt seine Vermittlerrolle zwischen den Menschen und den Vampiren nieder. Er hat genug von der Falschheit der Regierungen und plant ein gewagtes Spiel, um die Untoten vor eventuellen Angriffen der Menschen zu schützen. Und Celeste begegnet endlich der Fürstin Lady Alderley.
Wird die Fürstin ihren Wunsch erfüllen und damit gegen alle Verträge verstoßen?
***
Band 3
von Carola Kickers
Da die meisten der Hybriden- und Grenzgänger-Vampire mittlerweile den alten Fürsten ihren Gehorsam bezeugten, blieb Xavier Dantes nur noch ein relativ kleiner „Hofstaat“ in Paris treu. Gehorsame Hybriden-Vampire, meist jugendlichen Alters, die nicht lange fragten und selbst keine weiteren Vampire erschaffen konnten.
Um seine Machtstellung auszubauen und seine Gefolgsleute bei Laune zu halten, brauchte Xavier nicht lange zu überlegen. Großstädte wie Paris waren ein perfektes Spielfeld oder, besser gesagt - Jagdrevier – und, da seine Leute nicht von der menschlichen Regierung „gefüttert“ wurden – dafür hatte sein Feind Leander Knight damals gesorgt - nun ja, Xavier Dantes war sehr erfinderisch, was Tötungsmethoden anbelangte, und wie der frühere Sonnenkönig sorgte er für allerlei Kurzweil seiner Untergebenen.
Leander Knight, der Halbengel aus Atlantis, war der frühere Mentor des von Xavier vernichteten Neuzeitfürsten Jason Dawn gewesen und fungierte jetzt als Mittler zwischen Menschen und Vampiren, ein wenig beliebter Berater bei den Regierungen der Menschen, die es immer noch nicht wagten, ihren Bürgern die Existenz der Vampirrassen bekannt zu geben - teilweise aus Angst vor einer Massenpanik und vor Aufständen, aber auch aus Furcht vor dem Verlust ihrer Machtstellung. Leander spürte die Angst und Unsicherheit der Menschen. Nach dem verlorenen Krieg, der unbemerkt von der Öffentlichkeit im Untergrund stattgefunden hatte, und bei dem die alten Vampirfürsten und Tausende anderer Vampire vernichtet worden waren, waren die Menschen erneut in die Opferrolle gedrängt worden.
Leander verstand beide Seiten, aber er ergriff nicht Partei, zumindest nicht solange, bis das Gleichgewicht aus den Fugen geraten war, und das war durch Xavier geschehen.
Die vertragstreuen Hybriden waren für die Versorgung mit künstlichem Blut alle neu registriert worden – dies wurde schon seit Jahrzehnten so gehandhabt, wobei Jason damals eine Ausnahme bildete.
Leander hatte sich jeden Einzelnen von ihnen angesehen, und ihre Gesinnung war ihm nicht verborgen geblieben, besaß er doch die gleichen empathischen Gaben wie die Kinder der Nacht. Vor dem wissenden Blick des Halbengels aus den mitternachtsblauen Augen, die mit ihren goldenen Punkten darin einen Sternenhimmel zu spiegeln schienen, senkten Menschen und Vampire die Augen. Das schulterlange, dunkelblonde Haar mit einer hellen Strähne auf der rechten Seite trug Leander meist offen. Es schmiegte sich wie ein weicher Vorhang um ein ausdrucksvolles, bartloses, aber durchaus männliches Gesicht. Auch der Halbengel war ein altersloses, unsterbliches Wesen, wie die Untoten. Er wurde zur gleichen Zeit wie sie geboren und, nachdem er Jasons Blut getrunken hatte, in der Hoffnung, sich damit von seinem eigenen Schicksal zu erlösen, besaß er sogar ihre Reißzähne. Seither besaß er die Gabe, einem Vampir seine Seele zurückzugeben, wenn ein Mensch sich aus wahrer Liebe für dieses Wesen opfern und dessen Stelle einnehmen würde. Von dieser Tatsache aber hatten nur Jason Dawn und seine damalige Gefährtin Miriam gewusst. Sie hatten das Geheimnis mit in ihr Grab genommen.
Alle Hybriden, die sich auf Xaviers Seite geschlagen hatten und in kleinen Widerstandszellen in ganz Europa existierten, galten bei den fürstentreuen Vampiren offiziell als Geächtete. Xavier war dafür bekannt, dass er die „Fertignahrung“ ablehnte und sich nach wie vor auf Frischblut stürzte. Den menschlichen Ordnungshütern waren die Hände gebunden, denn nicht einmal diese durften von den Vampirrassen wissen und tappten bei so manchen dubiosen Todesfällen im Dunkeln. Die Zahl ungelöster Fälle in den Großstädten stieg unaufhaltsam an und wurde offiziell mit Bandenkriegen oder mysteriösen Unfällen erklärt.
Der Atlanter selbst, den so etwas wie Freundschaft mit Jason Dawn verbunden hatte, trug sich seit Erneuerung der Verträge zwischen Menschen und Vampiren mit dem Gedanken, seinen einstigen Schützling wiederzuerwecken. Aber das war gar nicht so einfach in die Tat umzusetzen. Auch wenn er immer noch im Besitz von Azraels Bibel war und er das Ritual der Wiedererweckung noch einmal durchführen konnte, fehlten dazu einige wichtige Zutaten: Zum einen würde er das Blut von Xavier brauchen, denn nur dieser trug in sich das letzte kostbare Blut des Vampirgottes Camazotz, welches er unbedacht und verbotenerweise getrunken hatte – und das rückte Xavier bestimmt nicht freiwillig heraus – und zum anderen musste der Halbengel an die Asche von Jason herankommen. Und dann war da noch der dritte Punkt: das Ersatzopfer für den Todesengel!
Der Franzose hatte Leander beim letzten Telefongespräch mit großer Genugtuung von seiner tönernen Trophäe erzählt, die er stolz in der Vitrine seines Wohnzimmerschrankes ausstellte. Und genau diese Urne in Xaviers Apartment war es, die Leander in die Hände bekommen musste. Er hatte nur noch keinen genauen Plan, wie er dies bewerkstelligen sollte. Hinzu kam, dass der aufsässige Vampirprinz die einzigen Waffen besaß, die alles Unsterbliche töten konnten – selbst Leander. Auch diese hatte er gestohlen.
Xavier schlug ihm einmal halb im Scherz vor, ihm die letzten beiden Fürsten auszuliefern im Tausch gegen Jasons Asche, was Leander aber empört abgelehnt hatte. Er hatte den Vampirprinzen in diesem Gespräch zuvor gebeten, seinen früheren Freund bestatten zu dürfen und ihm die Urne auszuhändigen.
„Dein Herz nährt zwar noch deinen toten Körper, aber ich glaube nicht, dass es überhaupt jemals etwas empfunden hat. Du hast nicht einmal Achtung vor dem Tod“, wies er den jungen, überheblichen Vampir zurecht.
Xavier hatte nur gelacht. „Wenn ich nichts für meinen Erschaffer übrig gehabt hätte, würde jetzt nicht diese hübsche Urne in meinem Wohnzimmer stehen. Ich hätte seine Asche auch in alle Winde zerstreuen können! So ist er mir allemal lieber in Erinnerung denn als Gegner.“
„Jason hätte eben besser aufpassen sollen, wen er sich als Opfer auswählte“, murmelte Leander nur und legte auf.
Er kannte die unglückliche Geschichte zwischen seinem ehemaligen Schützling und der Menschenfrau Rita Hold nur zu gut. Diese Geschichte endete auf tragische Weise durch Ritas Selbstmord, und Jason hatte sich nach seiner zweiten Transformation zum Vampir aus Zorn und Schmerz über den Verlust Ritas in einem wahren Blutrausch betäubt.
Der junge, damals noch unschuldige Xavier war nicht nur ein williges Opfer gewesen, nein, er hatte sich geradezu nach dem Tode gesehnt. Anders zu sein war nicht einfach. Er hatte damals niemanden gehabt, mit dem er über seine Gefühle hätte sprechen können. Die Mutter war tot, sein Vater ein sportbesessener Spießer, dem der sensible Junge nie etwas recht machen konnte, und der keinerlei Verständnis für den Heranwachsenden zeigte.
Obwohl die Mädchen an der Universität dem stillen, gutaussehenden Studenten hinterherliefen, hatte er damals für das weibliche Geschlecht leider gar nichts übrig. An jenem schicksalhaften Abend im April stand Xavier auf einer der Eisenbahnbrücken, die über die Seine führten, vor sich die abendlich beleuchtete Stadt, deren romantischer Charme die Touristen so entzückte. Normalerweise war der Zutritt zu dieser Brücke für Fußgänger verboten. Xavier hatte keine Augen für die Romantik seiner Stadt, aber diese hatte Augen für ihn oder, besser gesagt, aus dem Schatten eines Stahlträgers heraus beobachteten zwei tiefbraune Augen, in deren Pupillen ein zart orangefarbenes Feuer glühte, den Jungen, als dieser gerade über das Gelände kletterte.
Xaviers Sehnsucht nach dem Tod hatte Jason Dawn, den ersten Fürsten der Neuzeitvampire, angezogen, wie einen Hai, der einen blutigen Köder schon von Ferne riecht.
Noch bevor Xavier hinunterspringen konnte, hatte ihn der Vampirfürst von hinten umschlungen. Er rührte ihn nicht an, hielt ihn nur in seinen Armen. Der Junge fing an zu schluchzen. Ein leises, ergebenes „Lass mich“, kam aus seinem Mund. Aber Jason hielt ihn immer noch fest, als der junge Franzose sich umdrehte und ihm um den Hals fiel. Er weinte lange, und obwohl von dem starken, geschmeidigen Körper des Vampirs keinerlei Wärme ausging, fühlte sich Xavier zum ersten Mal in seinem Leben geborgen und angenommen.
Die natürliche Anziehungskraft eines Vampirs tat ihr übriges und die Nacht endete in einer kurzen, aber leidenschaftlichen Affäre, die Jason mit seinem Todeskuss abschloss. Er erschuf so eigenhändig seinen späteren Mörder.
Jason hatte – ohne sich dessen bewusst zu sein - eine Art modernen Grenzgänger-Vampir erschaffen, der von vorneherein mit der Gabe der Wandlung versehen war. Grenzgänger waren normalerweise Führungspersönlichkeiten, die verantwortungsbewusst mit ihrer Gabe der Transformation umgehen konnten und wollten. Jason selbst war sich seiner damaligen Fähigkeiten als Fürst der Neuzeitvampire überhaupt nicht bewusst gewesen. Dabei hätte es in seinem Willen gelegen, einen relativ harmlosen Hybriden zu schaffen, ganz einfach, indem er sein Opfer nur biss, anstatt es als Nahrung zu nutzen! Wessen Blut er aber nahm, der wurde sofort zu einem wandlungsbefähigten Vampir! Aber all diese Dinge enthüllten sich ihm erst im Laufe der Zeit und waren ihm damals nicht bewusst!
Zu jener Zeit haderte er viel zu sehr mit seinem eigenen Schicksal. Erst bei seinem späteren Opfer, dem Groupie Diana, die seiner damaligen Band ins Hotel gefolgt war und sich in sein Zimmer eingeschlichen hatte, war ihm klar geworden, welche Macht er bereits besaß und, dass sein Biss bereits für eine Transformation genügte, ohne dass ein Blutaustausch erforderlich war. Diana wurde durch einen einmaligen Biss zur Vampirin. Aber da hatte Jason den jungen Xavier längst vergessen.
Allerdings hätte er auch nicht ahnen können, in welcher Weise sich der Charakter des Gefährten verändern würde, nachdem er ihm die Eintrittskarte in die dunkle Welt geschenkt hatte.
*
„Abenteuer Großstadt. Genießen Sie Paris in exklusiver und charmanter Begleitung. Individuelles Reisen mit persönlicher Betreuung ganz auf Ihre Wünsche abgestimmt!“
So lautete der Text einer fettgedruckten Kleinanzeige in der Hamburger Morgenpost. Der Inserent war eine Eskort-Agentur mit dem Namen “Surprise de Nuit“, was irgendwie aufregend, aber auch verrucht klang, fand zumindest Daniela.
Das Ganze wirkte wie eine harmlose Werbung für ein prickelndes Abenteuer – und das war es ja auch. Dantes, als Gründer besagter Agentur, war entschlossen, dieses Geschäftskonzept europaweit auszubauen. Xavier war immer auf der Suche nach dem besonderen Kick. Und seine bevorzugte Speise war mit Adrenalin angereichertes menschliches Blut.
Daniela Neumann, eine Geschäftsfrau in den besten Jahren, Inhaberin einer internationalen Künstleragentur in Hamburg und seit längerer Zeit alleinstehend, hatte keine Lust mehr auf langweilige Kreuzfahrten und Gesellschaftsspiele.
Dort traf man nur auf die ewig gleichen Lebemänner, die es auf ihr Geld abgesehen zu haben schienen. Daniela Neumann fühlte sich überarbeitet und gelangweilt. Aus diesem Grunde kam ihr diese Anzeige gerade Recht. Urlaub hatte sie schon lange nicht mehr gehabt und ein ganz persönlicher Stadtführer, das klang verlockend.
Ihr charmanter Begleiter war Clement Larochelle, ein attraktiver Mittdreißiger mit dem gepflegten Aussehen eines Mannes von Welt. Sie hatte ihn sich aus einigen Vorschlägen der Agentur persönlich ausgesucht. Irgendwie glich er Clark Gable in seinen jungen Jahren, fand sie.
Clement war fürsorglich um die Deutsche bemüht, las ihr jeden Wunsch von den Augen ab, zeigte ihr die Sehenswürdigkeiten aber auch die verborgenen Winkel der Stadt.
Einer der geplanten Ausflüge sollte nachts stattfinden – auf den Friedhof Père Lachaise, wo man die Gräber berühmter Persönlichkeiten besichtigen konnte. Normalerweise war der Friedhof nachts zwar geschlossen, aber für die Agentur würde hin und wieder eine Ausnahme gemacht, hieß es.
Daniela freute sich auf ein angenehmes Gänsehautgefühl an der Seite des gebildeten Franzosen. Sie konnte nicht ahnen, dass ihr Abenteuer heute Nacht seinen Höhepunkt finden würde.
Nach einem Rundgang durch die Grabreihen voller Berühmtheiten und einem Picknick um Mitternacht bei Kerzenschein und Champagner auf einer der Rasenflächen des Friedhofs war Clement plötzlich verschwunden.
Daniela befand sich allein auf der Picknickdecke, vor sich halbleere Flasche des französischen Luxusgetränkes. Zunächst dachte sie sich nichts dabei. Wahrscheinlich handelt es sich wieder nur um eines der „kleinen Abenteuer“, die Monsieur Larochelle ihr versprochen hatte.
Aber nach einer Weile, als er immer noch nicht zurückkam, um sie zu holen, erfasste sie doch eine innerliche Unruhe.
Sie stand auf und rief laut Clements Namen. Dabei stieß sie mit dem Fuß die dicke Kerze auf der Decke um, die nun erlosch. Die Dunkelheit umarmte sie nun völlig. Daniela lief zurück auf einen der breiten Wege, die zu den monumentalen Mausoleen führten, deren dunkle Umrisse ihr nun bedrohlich erschienen. Noch ein paar Mal rief sie erst zaghaft, dann immer lauter nach ihrem Begleiter, doch außer einem Käuzchen antwortete ihr niemand.
Wo war noch mal der Ausgang? Dieser verdammte Friedhof war so weitläufig, dass sie sich im Schein von Clements Taschenlampe keinerlei Markierungspunkte gemerkt hatte. Langsam stieg doch Panik in der Deutschen hoch. Sollte sie sich hier irgendwo hinsetzen und auf den Morgen warten? Oder weiter nach dem Ausgang suchen?
Plötzlich tönte eine sanfte Männerstimme hinter ihr: „Mein armes Kind, hast du dich etwa verlaufen?“ Das war kein Mitleid in dieser Stimme, das war blanker Hohn! Daniela wirbelte herum, doch da war keiner, oder lief da ein Schatten zwischen den Grabsteinen umher? Waren das Jugendliche, die hier ihr Unwesen und ihren Spott mit ihr trieben?
„Wer ist da?“, rief sie, wie um sich selbst Mut zu machen.
„Flieh, Engelchen, flieh“, schmeichelte die unbekannte Stimme wieder. „Du bleibst sonst für immer hier.“ Dann folgte ein entsetzliches, hämisches Lachen.
Ein eisiger Schauer lief über den Rücken der jungen Frau. Daniela fühlte sich nun direkt bedroht und begann, den Weg entlang zu laufen, an dessen Ende sie den Ausgang vermutete. Zwischendurch blickte sie sich immer wieder um, aber es schien ihr niemand zu folgen.
Sie wollte gerade aufatmen, als eine dunkle Gestalt ihr den Weg versperrte. Sie lief ihr genau in die Arme! Xavier fing die atemlose Touristin lachend auf. Sein hübsches Gesicht wirkte so jugendlich-freundlich, dass Daniela sich bereits in Sicherheit wähnte.
Aber ihr Herz raste vom Laufen und vor Panik. Das war der Ruf des Lebens, die Einladung, auf die der junge Vampir nur gewartet hatte. Gerade, als die attraktive Frau tief Luft holte und dem Unbekannten eine Erklärung abgeben wollte, öffnete er den Mund und zeigte ihr die Waffen, mit denen er sie töten würde.
Erbarmungslos schlug er die Reißzähne in ihren Hals. Sie konnte nicht einmal mehr schreien. Das heiße Blut schoss in seine Kehle, machte ihn trunken nach mehr und immer mehr, bis sein Opfer fast leblos in seinen Armen hing. Mit dem letzten Herzschlag ließ er die Frau achtlos zu Boden fallen und wischte sich die blutverschmierten Lippen hab. Die deutsche Touristin zu wandeln, kam ihm nicht in den Sinn. Ein seltsamer metallischer Glanz, der an einen Drogensüchtigen erinnerte, lag in Xaviers blaugrünen Augen. Für Clement würde heute nichts übrigbleiben! Aber der konnte für sich selber sorgen.
Mit dem Blut hatte der Vampirprinz auch Danielas Erinnerungen aufgesogen und ihm kam eine Idee. Danielas Unterschrift befand sich doch auf dem Reisevertrag. Er würde diese für den Kaufvertrag für ihre Agentur fälschen und seinen Gefolgsmann dort als Geschäftsführer einsetzen.
Clement würde nicht begeistert sein, nach Deutschland zu gehen, aber er würde gehorchen. Xavier lächelte still vor sich ihn. Sein Plan entbehrte nicht einer gewissen Genialität. Als Inhaber einer Künstleragentur konnte er über bekannte Künstler vielleicht seine eigenen Leute in die höheren Gesellschaftsschichten der Menschen einschleusen.
*
In Schottland berieten derweil Lady Alderley, Marcus Carolus und Leander Knight, wie man den kleinen „Nero“, wie sie Xavier nannten, unschädlich machen konnte.
„Paris ist ein gefährliches Pflaster geworden, seit Xavier und seine Bande dort ihr Unwesen treiben. Die anderen Vampire merken, dass wir ihn nicht kontrollieren können, und er findet immer wieder neue Anhänger, vor allem unter den jungen Vampiren. Seine beliebten Friedhofsjagden hat er von einer alten Vampirloge abgekupfert und sie verfeinert. Das einzig Positive daran ist, dass er nicht Jasons Fähigkeit hat, ohne Blutaustausch direkt zu wandeln“, erklärte Leander voller Sorge dem Vampirfürstenpaar, den letzten überlebenden „alten Meistern“, die immer noch gezwungen waren, in der Dunkelheit zu leben, während die Neuzeitvampire sich längst angepasst hatten.
Außerdem waren die alten Fürsten wesentlich verletzbarer und bedurften daher eines gewissen Schutzes. Sie brauchten ihre Ruhephase am Tage und konnten immer noch mit den „alten Waffen“ vernichtet werden. Ihre Bediensteten waren zwei vertrauenswürdige Hybriden-Vampire, die mit ihnen im Landhaus lebten und für einen geregelten Tagesablauf sorgten. Dennoch teilten sie Leanders Sorge in Bezug auf den Vampirprinzen.
„Wir haben nichts, was wir ihm entgegensetzen könnten. Einen offenen Krieg darf es nicht geben, das könnte die gesamte Menschheit gefährden“, äußerte sich Lady Lydia Alderley voller Sorge.
Die schwarzhaarige Schönheit hatte einmal als Hofdame von Queen Viktoria gelebt und wurde angeblich von einem spanischen Gesandten zur Vampirin gewandelt. Sie liebte nach wie vor einen gepflegten, fast altmodischen Kleiderstil und war von ausgesuchter Höflichkeit. Ganz im Gegensatz zu dem oft ungehobelten, ehemaligen römischen Feldherrn Marcus, der jetzt an ihrer Seite stand.
„Mein Plan ist nach wie vor, Jason Dawn zurück zu holen“, schlug Leander vor.
Marcus war misstrauisch. „Der wurde bereits zweimal vernichtet. Was versprecht Ihr Euch von einem solchen Fürsten?“, bemerkte er verächtlich, wobei er das letzte Wort besonders betonte.
Der Halbengel musste lächeln.
„Ich gebe zu, das lässt kein gutes Licht auf ihn fallen. Jason war immer schon zu emotional, aber immer gerecht, und er hat mehr als einmal auf Seiten der Menschen gestanden“, gab er zur Antwort.
„Ich würde sagen, er hat unsere Nahrungsquellen gegenüber seiner eigenen Rasse verteidigt“, sagte Marcus wieder missachtend und griff nach einem Kelch mit Kunstblut. „Ich muss sagen, dieses Zeug ist kein Vergleich zu dem, was wir früher gekannt haben“, knurrte er jetzt, bevor er einen großen Schluck nahm.