Ein Dutzend Langer Kerls wäre mir lieber - Christopher Schulze - E-Book

Ein Dutzend Langer Kerls wäre mir lieber E-Book

Christopher Schulze

4,6

Beschreibung

Von seinem Vater hatte Friedrich Wilhelm I. einen glanzvollen Hof, Misswirtschaft und einen Schuldenberg geerbt. Nach 27 Regierungsjahren hinterließ er seinem Sohn Friedrich, der »der Große« genannt wurde, geordnete Finanzen, eine aufstrebende Wirtschaft und ein Volk, dem er die »preußischen Tugenden« von Sparsamkeit, Fleiß und Pflichterfüllung eingebläut hatte. Dazu eine Armee, die Preußen einen Platz im Mächtekonzert Europas sicherte. Als Soldatenkönig ging er in die Geschichte ein. Warum dieser Beiname ins Schwarze trifft und dennoch zu kurz greift, wie der Wüterich seinen Staat regierte und seiner Familie zusetzte und welche überraschenden Seiten sich in seinem Charakter auftun - das alles ist in den amüsanten Anekdoten dieser Sammlung nachzulesen.

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ISBN eBook 978-3-359-50056-8ISBN Print 978-3-359-02496-5

© 2016 Eulenspiegel Verlag, BerlinUmschlaggestaltung: Verlag

Die Bücher des Eulenspiegel Verlags erscheinenin der Eulenspiegel Verlagsgruppe.

www.eulenspiegel.com

Anekdoten überden Soldatenkönig

EIN DUTZEND

LANGER KERLS

WÄRE MIR

LIEBER

Gesammelt und aufgeschriebenvon Christopher Schulze

EULENSPIEGEL VERLAG

Vorbemerkung

Friedrich Wilhelm liebte das Militär und führte doch keine Kriege. Seine Beamten prügelte der Grobian zur Arbeit, während er versuchte, sich Schmerzen kunstvoll von der Seele zu malen. Seine Wutausbrüche waren berüchtigt und gefürchtet. Demgegenüber verstieß die Zärtlichkeit, mit der er seine Frau Sophie Dorothea auch öffentlich behandelte, gegen jede Etikette. Ein Herrscher voller Widersprüche.

Als er im Jahr 1713 die Regierungsgeschäfte in Brandenburg-Preußen übernahm, hatte sein Vater ihm zwei Dinge vermacht: die preußische Königskrone und einen Berg von Schulden. Der neue König zog den Gürtel enger und begann eine radikale Sparpolitik. Der Hofstaat wurde aufgelöst, die Günstlingswirtschaft abgeschafft, die Bezüge der Beamten wurden beschnitten und die Zuwendungen für Kunst und Kultur nach und nach gestrichen. Die von Friedrich I. angehäuften Kunstschätze verkaufte er oder tauschte sie gegen Soldaten ein. Was keinen praktischen Nutzen versprach, sah er als überflüssig an. Aus dem prunkvollen »Klein-Versailles« seines Vaters machte der neue König ein »Sparta«. Und doch diente alles dem Ziel, das schon der erste preußische König verfolgt hatte: Aus der unbedeutenden Markgrafschaft Brandenburg-Preußen sollte eine Macht werden, die in Europa zählte. Friedrich Wilhelm setzte ganz auf die stabilisierende und abschreckende Macht durch ein Heer, das er – nach denen Russlands, Frankreichs und Österreichs – zum viertgrößten Europas ausbaute. Er warf den Feudalstaat des Vaters über den Haufen und gestaltete Brandenburg-Preußen in einen Militärstaat um, der mit merkantil-pragmatischer Politik seine Existenz sicherte und sich »protestantisches Erwerbsstreben« auf die Fahne schrieb. Die Tugenden Fleiß und Sparsamkeit lebte der König am eigenen Beispiel vor, forderte sie von seinen Untertanen allerzeit und allerorten ein und verlangte unbedingten Gehorsam.

Die Prinzipien des Militärs wurden zur Richtschnur für alle Bereiche des öffentlichen Lebens. Schnell erhielt Friedrich Wilhelm von seinem Volk den Beinamen »Soldatenkönig«. Doch manifestiert sich in diesem Namen nur ein geringer Teil der Lebensleistung des Monarchen. Vor allem war er ein König, der ohne Pomp oder Prunk lebte und sich in einer ihm selbst auferlegten Verantwortung für Brandenburg-Preußen zerarbeitete, sodass er, im zweiundfünfzigsten Lebensjahr stehend, buchstäblich verbraucht war. Friedrich Wilhelm zentralisierte den Finanz- und Verwaltungsapparat, gründete Manufakturen, führte die allgemeine Schulpflicht ein, förderte die medizinische Entwicklung, stiftete soziale Einrichtungen, holte Einwanderer ins Land und spornte sein Volk durch sein eigenes Beispiel zu immer neuen Anstrengungen an.

Obwohl sein größtes Interesse dem Militär galt, hielt ihn eine kluge politische Urteilskraft von kriegerischen Abenteuern ab. Während seiner langen Regierungsdauer kam es nur einmal vor, dass er seine stattliche Armee nicht nur ausmarschieren, sondern auch dreinschlagen ließ. Denn der Krieg stahl ihm seine schneidigen, groß gewachsenen Soldaten, an deren Paraden er sich nicht sattsehen konnte. Sie waren ihm viel zu kostbar, als dass er sie dem schwankenden Glück des Schlachtfeldes ausgesetzt hätte. Was wäre ein Soldatenkönig ohne Soldaten?

Die Grenadiere seines königlichen Leibregiments mussten mindestens sechs preußische Fuß, also 1,88 Meter messen. Vom Volk wurde das Regiment »Potsdamer Riesengarde« oder »Lange Kerls« genannt. Für seine Langen Kerls war dem König nichts zu teuer. Der 2,17 Meter große Ire James Kirkland war ihm den ungeheuren Preis von 9000 Talern wert.

Den Staat und seine Familie regierte Friedrich Wilhelm nach denselben Grundsätzen wie das Heer, das heißt mit Befehl und Gehorsam. Der tiefe Konflikt mit seinem Sohn Friedrich, dem späteren König Friedrich dem Großen, ist in die Geschichtsbücher eingegangen.

Zahllose Geschichten und Schnurren über den Soldatenkönig, seine Langen Kerls und sein Temperament wie seine derben Späße sind in Umlauf gekommen. An tüchtigem Volkswitze fehlt es darin nicht.

Die Zählung beginnt von vorne

Als Friedrich Wilhelm am 14. August 1688 in Berlin geboren wurde, hatte sein Vater als Kurfürst Friedrich III. gerade die Herrschaft über die brandenburgisch-preußischen Lande angetreten. Seinen Sohn benannte der Hohenzoller nach seinem eigenen Vater, dem Großen Kürfürsten. Dreizehn Jahre später, am 18. Januar 1701, setzte Friedrich sich in Königsberg selbst die preußische Königskrone aufs Haupt und ließ damit die Zählung der Herrscher in Brandenburg-Preußen von vorne beginnen. Er regierte als Friedrich I. das neu errichtete Königreich. Auch wenn er sich nicht König »von«, sondern nur König »in« Preußen nennen durfte, galt die Königswürde praktisch in allen Landesteilen, sodass die innere wie äußere Einheit Brandenburg-Preußens durch diesen Akt gefestigt wurde. Mit der Königswürde ließ sich Friedrich die militärische Unterstützung für die Habsburger im Spanischen Erbfolgekrieg vom Kaiser vergelten. Leopold I. konnte es sich nicht leisten, den Preußen zu verärgern. Er brauchte dessen Soldaten im Kampf gegen den französischen König Ludwig XIV. und seine Verbündeten.

Der dreizehnjährige Kurprinz Friedrich Wilhelm war bei der Krönungszeremonie und den sich anschließenden Festlichkeiten zugegen und der Erste, der dem König huldigte. Von nun an Kronprinz, erhielt er den Titel Prinz von Oranien und ein von 26 000 auf 36 000 Taler aufgestocktes persönliches jährliches Budget. Die Festumzüge, Tafeleien, Konzerte, feierlichen Audienzen, Ballette, Illuminationen und Feuerwerke fanden nach der Rückkehr aus Königsberg ihre Fortsetzung in Berlin. Nicht zur Freude des Kronprinzen, der längst einen Sinn für Sparsamkeit und eine Abneigung gegen höfische Prachtentfaltung entwickelt hatte. Dass er seine Kadetten-Kompanie unter den Augen des Königspaares exerzieren lassen durfte, versöhnte ihn allerdings.

Ein ungestümes Kind

Mit haarsträubenden Streichen brachte der kleine Prinz seine Erzieher an den Rand der Verzweiflung. Einmal, während des Ankleidens, spielte der Vierjährige mit seinen Schuhen und steckte sich eine silberne Schnalle in den Mund. Als man sie ihm wegnehmen wollte, verschluckte er sie und erfreute sich an seinem Kunststück. Panik brach aus, man schickte sogleich nach Ärzten und rief die Königin herbei, die »ein Geschrei ausstieß, um Felsen zu erweichen«. Der gesamte Hof war in Aufruhr, der Prinz aber lachte und spielte. Die Ärzte flößten ihm ein Abführmittel ein, und am Tage darauf ging die Schnalle auf natürlichem Wege ab.

Der schwarze Prinz

Als der schon geputzte und frisierte Prinz einer Gesellschaft seiner Mutter vorgestellt werden sollte, war er mit einem Mal verschwunden. Nach langem Suchen fand man ihn im Kamin versteckt. Zum großen Entsetzen seiner Gouvernante, Madame de Montbail, waren der Puderkopf und der goldene Rock mit schwarzem Ruß gesprenkelt.

Drohung

Wieder einmal hatte Friedrich Wilhelm etwas angestellt, wofür ihm die Gouvernante eine Strafe androhte. Während sie für einen Augenblick ins Nebenzimmer gerufen wurde, öffnete der Prinz das Fenster und trat auf die Brüstung hinaus. Als die Erzieherin zurückkam, erschrak sie fast zu Tode. Friedrich Wilhelm aber drohte, sich hinabzustürzen, wenn sie ihm die Strafe nicht erließe. Erleichtert versprach sie es, und der Prinz kletterte wieder herein.

Am Hof in Hannover

Im Dezember 1692 wurde Friedrich Wilhelm an den Hof des Kurfürsten Ernst August, seines Großvaters mütterlicherseits, nach Hannover gebracht. Großmutter Sophie wünschte, Einfluss auf die Erziehung des Kronprinzen zu nehmen. Unter dem kleinen Wildfang litten bald alle. Unausgeglichenheit, Starrsinn und Impulsivität waren seine hervorstechenden Eigenschaften, er neigte zum Jähzorn und konnte grob und tätlich werden, auch gegenüber seinen Erziehern. Nicht selten fluchte er wie ein Fuhrknecht. Unbeeindruckt vom Altersunterschied stritt er sich bis aufs Blut mit seinem fünf Jahre älteren Cousin und Spielgefährten Georg August, dem späteren König von Großbritannien, und verprügelte ihn manches Mal. Lebenslang blieben die beiden einander spinnefeind. Friedrich Wilhelm nannte Georg stets »mein Bruder, der Tanzmeister«, während Georg seinerseits »mein Bruder, der Korporal« sagte. Noch vor Ablauf des Jahres schickte man den preußischen Prinzen zurück.

Der Schlafrock

Zwischen Vater und Mutter

Die Gouvernante Marthe de Montbail sprach kein Wort Deutsch. Auch die Mutter unterhielt sich mit ihm nur auf Französisch. Friedrich Wilhelm lernte die deutsche Sprache von Kutschern, Dienern und Soldaten. Sophie Charlotte, die hochgebildete hannoversche Prinzessin von Braunschweig-Lüneburg, hatte einige Zeit am Hof von Versailles gelebt und wollte aus ihrem Sohn einen Kavalier und Weltmann machen, der die Feder mindestens so gut wie den Degen beherrschte. Wohingegen die im Auftrag des Vaters eingesetzten Erzieher eine puritanische, auf Gottesfurcht und Arbeitseifer gegründete Erziehung anstrebten. Zwischen diesen beiden Extremen hin und her gezogen, wurde der junge Schüler immer bockiger und desinteressierter, seine Unzufriedenheit entlud sich in wildesten Ausbrüchen. Als ihn sein Lehrer zu überzeugen versuchte, dass Gott ihn strafe, wenn er nicht zu den Auserwählten gehöre, schrie Friedrich Wilhelm ihm ins Gesicht: »Unser Herrgott ist ein Teufel!«

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

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