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Anno Dazumal

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Beschreibung

Kurze Abhandlungen über verschiedenste Themen und Lebensbereiche, immer nicht ganz ernst zu nehmen, meistens unterhaltsam und manchmal auch ein bißchen anstrengend. Etwas Gesellschaftskritik ist auch mit dabei.

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Seitenzahl: 74

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Anno Dazumal

Elfmeterscheissen

 

 

 

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Inhaltsverzeichnis

Titel

Die Klinik

Diversifikationen

Gottes Bruder

Im Schatten der Vergänglichkeit

Der Zugbegleiter

Absurditäten der Vernunft

Impressum neobooks

Die Klinik

Ich war am Ende. Sie hatten mich einliefern lassen und bei ihnen hatte es sich um meine besten Freunde, nämlich meine Arbeitskollegen, gehandelt gehabt. Man hatte das Gefühl gehabt, daß ich den Belastungen des Manageralltags nicht mehr gewachsen gewesen war, von Burnout hatte man gesprochen und mir geraten, mal eine Auszeit zu nehmen. Doch wenn ich gewußt hätte, was man in der Klinik mit sowie aus uns machen würde, dann hätte ich mir das alles vorher gut überlegt. "Ihr seid der Abschaum des Universums, denn dank Euch geht die Menschheit zugrunde", hielt man uns vor. So etwas hätte ich auf dem Parteitag der Linken erwartet, doch jene Worte kamen aus dem Munde des Leiters der Klinik, ein hochaufgeschossener Mann, der aus seiner Verachtung keinen Hehl machte. "Jeden Tag ein neues Hilfspaket, eine Dauerkrise ohne Ende und das alles nur, weil Ihr den Hals nicht voll bekommen könnt", legte er nach. Ich und meine Kollegen schluckten. So hatten wir uns den Aufenthalt in der Klinik nun wahrlich nicht vorgestellt gehabt, ganz im Gegenteil. Eigentlich hatten wir damit gerechnet gehabt, genauso wie die deutschen Fußballnationalspieler nach ihrer EM-Halbfinal-Niederlage gegen Italien, in Watte gepackt und vor der bösen Welt da draußen beschützt zu werden, doch erstens kam es anders und zweitens mußten wir uns Sachen anhören, an die ich nicht im Traum jemals gedacht hätte. "Ihr seid krank. Die Gier hat Euch zerfressen. In unserer Klinik gibt es viele Süchtige: Magersüchtige, Freßsüchtige, Spielsüchtige, Sexsüchtige, Drogensüchtige, aber Ihr seid die Schlimmsten, denn Ihr habt mit Eurer Sucht nach immer noch mehr Geld die Welt an den Rande des Abgrunds getrieben", warf uns der Klinikchef regelmäßig vor. Anfangs nahm ich seine Verbalinjurien nicht ernst, ich hielt den Typen für einen durchgeknallten Spinner, einen jener Alt-68er, die ihre Niederlage gegen das System vor fast 45 Jahren immer noch nicht verarbeitet hatten, doch dem war nicht so, denn er entpuppte sich als einer von uns. Gerne verglich er sich mit Saulus, der zum Paulus wurde und mit der Zeit begannen wir damit, uns mit der Frage auseinanderzusetzen, was eigentlich wäre, wenn der Kerl Recht hatte. "Daran will ich überhaupt nicht denken, denn das würde dann ja bedeuten, daß das BWL-Studium direkt auf den Highway to hell führt", faßte einer meiner Kollegen, der genauso wie ich wegen Burnout in die Klinik eingeliefert worden war, zusammen. "Du meine Güte! Sollten wir wirklich alle unsere Grundsätze auf dem Altar der Gier geopfert haben, dann wäre das eine Katastrophe", fand eine Managerin, die genauso fertig aussah, wie sie sich innerlich wohl auch fühlte. "Wie kann es sein, daß Leute wie Ihr dafür sorgen können, daß es in Europa jeden Tag zu neuen Krisenschlagzeilen kommt?" erkundigte sich der Leiter der Klinik, der mal wieder auf seinem hohen Roß saß und verachtungsvoll auf uns herabblickte. Dadurch, daß er früher selber mal einer von uns gewesen war, haßte er uns noch mehr. "Ich will nicht mit diesen Börsenjunkies in einen Topf geworfen werden. Da gibt es halt einen Fehler im System", ließ ich verlauten. "Von wegen!" Mit einer energischen Handbewegung wischte er meine Bedenken beiseite. "Das System an sich ist der Fehler und das wißt Ihr ganz genau. Außerdem seid Ihr Euch seit Jahren im Klaren darüber, daß es mit dem Kapitalismus zu Ende geht, doch bevor es endgültig soweit ist, wollt Ihr Euch alle noch mal schnell die Taschen vollmachen." "Das glaube ich weniger. Vielmehr denke ich, daß wir einfach nicht anders können und deshalb immer weiter machen", entgegnete einer von uns. "Genau aus dem Grund seid Ihr hier. Wir werden Euch schon beibringen, was Mitmenschlichkeit und Solidarität bedeuten", versprach er mit einem maliziösen Lächeln. Wir hatten Angst und das völlig zurecht. Vorbei waren die Zeiten, in denen man als psychisch kranker Manager in der Klinik wie in einem Hotel residieren konnte, mit eigenem Schlüssel im Zimmer, Fernseher, Zeitungen en masse und alles was zu einem guten Service dazugehörte. Wie Käfighennen pferchte man uns in muffelige Schlafsäle, nur damit wir lernten, daß es bei Weitem nicht allen Menschen auf der Welt so gut ging wie uns. Das hätte man sich wirklich sparen können, denn das hatten wir vorher auch schon gewußt; allerdings mußte ich ein wenig verärgert zugeben, daß es tatsächlich einen Unterschied machte, wenn man so etwas am eigenen Leib erlebte. Wir bekamen Essen, das den Namen nicht verdiente, Fraß wäre ein viel angemesseneres Wort dafür gewesen und wir wurden jeden Tag auf das Unflätigste beschimpft, bis unsere Widerstandskraft gebrochen war und wir endlich zugaben, an der Misere auf der Welt mitschuldig zu sein. "Na also, es geht doch", meinte der Klinikchef daraufhin zufrieden schmunzelnd, bevor er hinzufügte: "Erst kommt die Selbsterkenntnis, dann kann man an der Veränderung zu arbeiten beginnen." Ich fühlte mich hundeelend. Was war da nur los? Wie konnte es sein, daß wir Manager, die doch immer als Vorbilder gegolten hatten, auf einmal der letzte Dreck zu sein schienen? Nur weil es ein paar von uns mit der Moral nicht so genau nahmen, mußten wir alle dafür bluten, irgendwie hielt ich das für eine himmelschreiende Ungerechtigkeit und jene Sippenhaft erinnerte mich an die dunkelsten Kapitel der deutschen Geschichte. "Wir müssen hier raus und der ganzen Welt erzählen, was hier vor sich geht", flüsterte ich meinem Bettnachbarn zu. "Bist Du wahnsinnig? Erstens würde uns das niemand glauben und wenn doch, dann würde es heißen, daß wir daran selber schuld wären. Wir sind total im Arsch", machte er deutlich. Das sah ich genauso und als wir am Morgen wieder zum Frühsport gezwungen wurden, da wußte ich, daß es die Hölle auf Erden tatsächlich gab.