Endspiel in Theben - Adrian W. Fröhlich - E-Book

Endspiel in Theben E-Book

Adrian W. Fröhlich

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Beschreibung

Die westlichen Eliten im Todeskampf mit ihrem Unbewussten. Die Zusammenfassung eines Gesprächs über unsere Zeit, über ihre psychologischen und philosophischen Wurzeln und Konnotationen. Das Büchlein steht inhaltlich in Bezug zu anderen Texten des Autors. Ihre Kenntnis ist jedoch nicht Voraussetzung.

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Seitenzahl: 74

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Ödipus‘ Drama – das Drama des Menschen - spielt auf dem Land, in dessen Regierung und auf einem Flüchtlingshügel in der Fremde. Es geht dabei - kurz gesagt - um die Elimination jeder Form von Autorität. Es geht um die Restitution der Grossen Frau und um die gleichzeitige Erkenntnis, damit einen zeitlosen Fluch, die Rückkehr in die Urzeit, die Rückkehr zum Ausgangspunkt verwirklicht zu haben. Es geht um die konsekutive Selbstabschaffung, die Erlösung liefern soll, die sich gegen das eigene Unbewusste richtet, gegen das, was wirklich sieht und wahrhaft weiss.

Opa, was hast du eigentlich gemacht, als die Zerstörungspläne für Europa sichtbar wurden? – Kleines, ich war sehr darum bemüht, nicht für einen Nazi gehalten zu werden.

Das Schicksal erwartet dich auf der Strasse, die du gehst, um ihm auszuweichen.

The forest was shrinking. But the trees kept voting for the axe because its handle was made of wood and they thought it was one of them.

Memes

Was ist Vernunft? Etwas überaus Einfaches: Vernunft ist alles, was sich mit einem Extrem nicht verträgt.

Kapitel Die Vernunft in Deutschland

Inhaltsverzeichnis

Mein Lieber

Vom Abrakadabra gegen die Vernunft

Disqualifizieren ist das neue Widerlegen

Denke zirkulär, moralisiere!

Vom Teufelszeug

Die spinozistische Moderne

Wahn und Wahnstimmung

Zwischen Wort und Objekt

Macht und Vernunft

Die Vernunft in Deutschland

Machtkulturen im Clinch

Herrschende Untertanen

Fundamentale Spiegelungen

Die Situation und der unbewusste Komplex

Die Grosse Verwandlung

Dialektik und Politik

Mogelpackungen

Louis redivivus

MEIN LIEBER

Du hast mich gebeten, die Konversation zusammenzufassen, die wir in *** führten. Dir sei vieles davon nicht mehr präsent.

Nun, eine gewisse Sprunghaftigkeit des Arguments ist dabei nicht zu vermeiden, will ich kurz sein. Eine eingehende Analyse vieler der angeschnittenen Themen enthalten Mr. Data und das Braitenberg-Universum und Imperium Humanum, wie du weisst.1

In unserer Zeit läuft etwas ab, das in jeder Hinsicht widerlegt, das überwunden war und zu den Gräueln einer entzahnten Intellektualität zählte. Doch es ist wieder da, das voraufgeklärte Denken und Handeln.

Du weisst, wenn etwas sehr intelligent gedacht ist, verstösst es gegen weit mehr Alltagsannahmen als das Dumme. Das Dumme ist so einseitig, dass man es ohne Mühe entweder rechts oder links einordnet. Das Intelligente hingegen passt nirgendwo hin und verstösst gegen jede gängige Meinung, weshalb es denn auch ungleich viel weniger Zuspruch erhält als die Plattitüde. Je intelligenter ein Text ist, umso weniger Leser freunden sich mit ihm an. Nicht, weil sie ihn nicht verstünden, sondern weil er so vielem widerspricht, dem sie selbst zugetan sind. Dumme Dinge haben Fans, intelligente nur ganz selten.

Unsere Kultur zeichnete sich bis vor etwa dreissig Jahren dadurch aus, dass das Intelligente in ihr wenigstens Autorität besass, was wiederum voraussetzte, dass die Gesellschaft geschichtet war und sich in ihrer Mitte und oben eine gewisse Häufung klassisch-gebildeter und hoch disziplinierter Menschen fand.

Wir haben immer gegen den Unverstand anzudenken und anzureden, der sich selbst für den Verstand hält. Man kann heute täglich grauenvolle Beispiele für den Zerfall der Denkfähigkeit finden, die alle auf einen eklatanten Bildungsmangel zurückgehen und auf eine bemerkenswerte Instinktlosigkeit in Bezug auf das, was überhaupt sein kann und was sicher nicht. Dieser Instinkt war eine in Europa kulturell hochgezüchtete Fähigkeit, das Reale vom Illusionären zu unterscheiden. Nur durch permanente Bildung und Formung kam er zustande, und er benötigte einen radikal freien Geist. Wo nämlich jemand zwischen diesem und dem Objekt steht, ein Pfaffe, ein Dogmatiker, ein Ideologe, ist der Instinkt ausgeschaltet, und der Mensch wird dümmer, als er ist. Im Gegenzug erhält er jedoch den Katechismus dessen, was er zu vertreten habe, und was ihn klug mache. Europa hatte das bis zum Erbrechen Jahrhunderte hindurch mitgemacht, schliesslich zwischen Renaissance und der Revolution von 1789 überwunden. Doch jetzt kommt es zurück. Diesmal von links.

Es ist seit einigen Jahren ein politisch-ideologisches Drama im Gang, worin sich vier verschiedene Handlungsstränge und Psychologien auf vielfältige Weise kreuzen. Während (1.) sich die Intelligentsia des Westens – die westliche Elite insgesamt -, liberal und linksgrün, aber auch die in der Mitte, immer stärker darum bemüht, ihr eigenes Unbewusstes loszuwerden und einzutauschen gegen ein fremdes, kreuzen sich ihre Fäden mit denen des Terakpitals (2.), das seinerseits versucht, die Welt umzukrempeln, an den Bevölkerungen und Völkern vorbei, zwecks Erschaffung eines ganz und gar neuen Markts, der die Potenz der Börse bei weitem übertrifft, mit Hilfe der grossen Arbitrage in der NGO-fazilitierten und zugleich kriminellen Migration. Zeitgleich versuchen die utopischen Sozialisten (3.) unserer Zeit, den Kommunismus auf humanitärer Basis neu zu denken und - im Verein mit dem Terakapital - als Kapitalsozialismus umzusetzen. Zu guter Letzt quetscht sich (4.) der archaisierend restaurierte Islam (die Grundlage des Islamismus) in die entstehenden Lücken und Verwerfungen, mal vom einen, mal vom anderen Strang profitierend, doch nirgends sich bindend, um auszuharren, bis das Drama erlahmt, um dann erst sich voll zu entfalten. Doch es wäre kein Drama, gäbe es da nicht auch noch den Teufel, den Versucher, in Gestalt eines neuen, rechtskonservativen Faschismus. Es ist das abendländische Endspiel auf Thebens Burg.

Auf der Strecke bleibt die Vernunft. Sie – fragte man sie wirklich - würde anders votieren. Sie würde Afrika und den Orient vor Ort massiv entwickeln, ähnlich, wie es China mit sich selbst getan hat. Sie würde Europa zu einem Staat ausbauen mit eigener Armee und vollem Finanzausgleich zwischen den Ländern. Sie würde die Immigration radikal stoppen. Sie würde durch eine weitere Produktivitätsrevolution mithilfe von intelligenter Automation und Animation, nicht durch menschliche Proliferation, das eigene demografische Defizit beheben. Sie würde die Islamisierung Europas unterbinden und sich auf die autochthone Kultur rückbesinnen, die dafür verantwortlich ist, dass die heutige Welt überhaupt so hochzivilisiert ist, wie sie es ist, so hoch, dass sie der Illusion erliegen kann, ihr Niveau werde sich von selbst erhalten, auch unter ganz anderen ideologischen oder religiösen Vorzeichen. Doch die Vernunft schweigt.

VOM ABRAKADABRA GEGEN DIE VERNUNFT

Die neue Denke, die seit drei, vielleicht fünf Jahren im Westen aufkommt und zunehmend den Diskurs bestimmt, ist das bildungsmässig weitgehend voraussetzungslose, unkritisch moralisierende Sophistik-Abrakadabra, mit dem Ziel, alles wegzufegen, was letzten Endes der «Liebe» im Weg steht - nötigenfalls die ganze Kultur. Weg muss jedes Konstrukt oberhalb des Einzelnen, damit die freie Paarung zum neuen Schöpfungsakt einer Gesellschaft werden kann, die dem säkularisierten Paradies entspricht. Ein erotisiertes Kindheits-Utopia allgemeinsten Zuschnitts, asymptotisch wie alles Totalitäre, die neue Ewige Philosophie, jene des narzisstisch überhöhten Puer und der narzisstisch überhöhten Puella. Es handelt sich um die Enddenke der modernen Kolosseumsgesellschaft, bevor diese erst in einen neuen religiösen Synkretismus und danach in unvermeidlichen Fundamentalismus abschmiert. Die Zeit der politischen Vernunft, der Ontologie und der wissenschaftlichen Empirie ist vorüber.

Wenn man Trump heute schon einigermassen richtig verorten will - was immer noch niemand tut -, müsste man ihn als den konservativen, narzisstischen Vorkämpfer einer neuen Epoche sehen. Insofern nämlich, als - durch den realen Donald Trump, den man hasst, radikal enthemmt - heute zunehmend jeder sein eigener, utopistischer Trump sein will. Alle, die ihre Stimme erheben, nehmen sich heute die Freiheit heraus, einfach drauflos zu denken, zu reden und zu handeln. Vor allem Links und bei Linksgrün. Es wimmelt inzwischen von anti-istischen Trump-Masken, in Europa sowieso, neu auch in den USA. Die Demokraten dort füllen sich derzeit gerade mit solchen Abrakadabristen auf, bunt, total anti-istisch, mit allgemeinem Fluchtpunkt «Liebe». Es ist die Offene Gesellschaft, die sie herbeisehnen, deren Avantgarde sattsam bekannte Terakapitalisten finanzieren.

Dabei wird bereits aufs Wildeste jongliert. Man ist inzwischen so durchgekocht, dass man es gar nicht mehr bemerkt. «Wie wir unseren Lebensraum vermüllen», heisst der Titel zu einem Video, das einen plastikvermüllten Fluss in einem Slum zeigt. Man kennt es: Wenn Konservative von «wir» reden, wird seit Jahrzehnten von den Vertretern der Eliten reflexartig hinterfragt, wer das denn sei, dieses «wir»? Doch angesichts des Plastikmülls in einem Fluss irgendwo in der Dritten Welt scheint sich diese Frage nicht auf die gleiche Weise zu stellen. Denn hier gilt ein anderer Satz: Je weniger etwas mit dem zu tun hat, was die meisten von uns in ihrem Leben erleben, umso mehr seien sie es, die es verursachen würden. Oder auch: Je mehr etwas von den meisten Leuten als etwas gesehen wird, was sie real angeht, umso fragewürdiger sei diese Einstufung.