Er gehört zu mir! - Toni Waidacher - E-Book

Er gehört zu mir! E-Book

Toni Waidacher

0,0

Beschreibung

Mit dem Bergpfarrer Sebastian Trenker hat der bekannte Heimatromanautor Toni Waidacher einen wahrhaft unverwechselbaren Charakter geschaffen. Sein größtes Lebenswerk ist die Romanserie, die er geschaffen hat. Seit Jahrzehnten entwickelt er die Romanfigur, die ihm ans Herz gewachsen ist, kontinuierlich weiter. "Der Bergpfarrer" wurde nicht von ungefähr in zwei erfolgreichen TV-Spielfilmen im ZDF zur Hauptsendezeit ausgestrahlt mit jeweils 6 Millionen erreichten Zuschauern. Wundervolle, Familienromane die die Herzen aller höherschlagen lassen. Seit er am Sonntag zusammen mit Marie Berger zur Kachlachklamm aufgestiegen war und mit ihr im Hotel zu Abend gegessen hatte, konnte Patrick Stiebinger seine Gedanken nicht mehr von ihr lösen. Er musste sich eingestehen, dass er sich fast auf den ersten Blick in Marie verliebt hatte. Vor ein paar Tagen wäre er über solche Gefühle noch erschrocken gewesen. Nachdem seine geliebte Frau vor drei Jahren verstorben war, hatte er nur noch seinen achtjährigen Sohn in sein Herz geschlossen. Er hätte es als Verrat an Rita empfunden, wenn er Interesse an einer anderen Frau gezeigt hätte. Dann war er Marie begegnet und alles hatte sich geändert. Am Montag beendete er etwas früher seine Arbeit auf dem Feld. Er fuhr mit seinem Traktor in den Ort, sein genaues Ziel war der Friedhof. Lange Zeit stand er vor dem Grab seiner Rita, in stumme Zwiesprache mit der geliebten Verstorbenen versunken. Dabei hatte er ihr Bild auf dem Kreuz vor Augen, und sie schien ihn anzulächeln. Als er sich aus seiner Versunkenheit löste und sich abwandte, war er sich sicher, dass Rita Verständnis aufbringen würde. Es machte ihm das Herz leichter. Seine Schuldgefühle verflüchtigten sich. In diesem Moment sah er Pfarrer Trenker auf sich zukommen. Sofort verspürte er ein schlechtes Gewissen. Seit Ritas Beerdigung hatte er die Kirche nicht mehr von innen gesehen. Er war der Meinung, ein gerechter Gott hätte ihm nicht die Frau und seinem damals fünfjährigen Buben die Mutter nehmen dürfen. Er war vom Glauben abgefallen. Wie gebannt war Patrick stehengeblieben. Der Bergpfarrer lächelte freundlich, hielt einen Schritt vor ihm an und sagte: »Servus, Patrick.

Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:

Android
iOS
von Legimi
zertifizierten E-Readern
Kindle™-E-Readern
(für ausgewählte Pakete)

Seitenzahl: 117

Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:

Android
iOS
Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Der Bergpfarrer Extra – 7 –

Er gehört zu mir!

Jasmin gibt nicht so schnell auf

Toni Waidacher

Seit er am Sonntag zusammen mit Marie Berger zur Kachlachklamm aufgestiegen war und mit ihr im Hotel zu Abend gegessen hatte, konnte Patrick Stiebinger seine Gedanken nicht mehr von ihr lösen. Er musste sich eingestehen, dass er sich fast auf den ersten Blick in Marie verliebt hatte.

Vor ein paar Tagen wäre er über solche Gefühle noch erschrocken gewesen. Nachdem seine geliebte Frau vor drei Jahren verstorben war, hatte er nur noch seinen achtjährigen Sohn in sein Herz geschlossen. Er hätte es als Verrat an Rita empfunden, wenn er Interesse an einer anderen Frau gezeigt hätte.

Dann war er Marie begegnet und alles hatte sich geändert.

Am Montag beendete er etwas früher seine Arbeit auf dem Feld. Er fuhr mit seinem Traktor in den Ort, sein genaues Ziel war der Friedhof.

Lange Zeit stand er vor dem Grab seiner Rita, in stumme Zwiesprache mit der geliebten Verstorbenen versunken. Dabei hatte er ihr Bild auf dem Kreuz vor Augen, und sie schien ihn anzulächeln. Als er sich aus seiner Versunkenheit löste und sich abwandte, war er sich sicher, dass Rita Verständnis aufbringen würde. Es machte ihm das Herz leichter. Seine Schuldgefühle verflüchtigten sich.

In diesem Moment sah er Pfarrer Trenker auf sich zukommen. Sofort verspürte er ein schlechtes Gewissen. Seit Ritas Beerdigung hatte er die Kirche nicht mehr von innen gesehen. Er war der Meinung, ein gerechter Gott hätte ihm nicht die Frau und seinem damals fünfjährigen Buben die Mutter nehmen dürfen. Er war vom Glauben abgefallen.

Wie gebannt war Patrick stehengeblieben.

Der Bergpfarrer lächelte freundlich, hielt einen Schritt vor ihm an und sagte: »Servus, Patrick. Die Frau Tappert hat dich auf den Friedhof gehen sehen. Ich bin eben von einem Krankenbesuch zurückgekommen und sie hat mich darauf hingewiesen. Da hab’ ich mir gesagt, dass das eine gute Gelegenheit ist, um mal wieder ein paar Worte mit dir zu wechseln.«

Patrick war verlegen und verunsichert. Er hielt noch immer seinen verbeulten Tirolerhut in den Händen und begann ihn nun nervös vor dem Leib zu drehen. »Ich hab’ die Rita besucht«, murmelte er. Dieser Hinweis war eigentlich überflüssig, aber ihm fiel nichts anderes ein.

»Du bist öfter hier, an ihrem Grab, ich weiß. Wie geht’s denn allweil so, Patrick?«, erkundigte sich Sebastian Trenker. »Ich hab’ gehört, du hast dich als Fremdenführer betätigt.«

»Ich hab’ eine Urlauberin zur Kachlachklamm hinaufgeführt«, nickte Patrick. »Sie hat sich im Ainringer Forst verlaufen und das Glück gehabt, dass ich dort grad Brennholz herausgeholt hab’. Auf dem Weg nach St. Johann hat s’ mir erzählt, dass Sie ihr die Klamm ans Herz gelegt haben, Herr Pfarrer. Allein’ hinaufzusteigen wäre ihr aber zu gefährlich gewesen. Da hab’ ich mich halt bereit erklärt, sie zu begleiten.«

»Ich kenn’ die Geschichte, Patrick. Ich weiß auch, dass du mit der Frau Berger gestern Abend im ›Löwen‹ warst.« Sebastian lachte. »Du hast für Gesprächsstoff gesorgt! Heut’ früh’ hat’s die Frau Tappert vom Bäcker mitgebracht.«

»Das hab’ ich mir schon gedacht, dass es mit der Geschwindigkeit eines Lauffeuers durch den Ort geht, nachdem der Manfred und der Franzl in der Gaststube vom ›Löwen‹ gesessen haben.« Patrick zuckte mit den Schultern. »Die Marie hat mich und meinen Buben zum Essen eingeladen, Herr Pfarrer. Wir haben net länger als anderthalb Stunden zusammengesessen, dann bin ich heimgefahren, weil es für den Jan an der Zeit war, schlafen zu gehen.«

Kurze Zeit schien Sebastian in Patricks Gesicht zu forschen. »Du musst dich vom Gerede der Leut’ net beeinflussen lassen, Patrick«, sagte der Bergpfarrer schließlich. »Du bist keinem Menschen Rechenschaft schuldig. Deine Rita weilt seit drei Jahren nimmer unter uns. Sie würd’ sicher nix dagegen haben, wenn du dich neu verlieben würdest.«

»Wie kommen S’ denn darauf, Herr Pfarrer? Ich hab’ mich doch net verliebt!«

»Ich hab’ auch net behauptet, dass es so ist«, antwortete Sebastian, »sondern lediglich davon gesprochen, dass es legitim wär’, wenn du dich nach einer neuen Frau umschauen tätst. Dein Bub braucht eine Mutter. Ich will damit nur zum Ausdruck bringen, dass dich kein Mensch im Ort schief anschauen würd’, wenn du dir eine neue Bäuerin auf den Hof holen tätest.«

Jetzt senkte Patrick den Kopf. Ihm brannte eine Frage auf den Lippen, ohne auf die Worte des Bergpfarrers einzugehen, murmelte er: »Ich hab’ damals, als die Rita gestorben ist, meinen Glauben abgelegt, Herr Pfarrer, ich hab’ mir gesagt, dass es keinen gerechten Gott geben kann. Ich war seit drei Jahren nimmer in der Kirch’. Sind Sie deswegen net bös’ auf mich?«

»Ich kann niemand in die Kirch’ hineintragen, Patrick. Außerdem macht ein Kirchgang net den Menschen aus. Du bewirtschaftest deinen Hof gewissenhaft und ziehst deinen Buben liebevoll auf. Das macht dich aus. Deswegen wirst du geachtet.«

Patrick atmete auf. So viel Verständnis hatte er nicht erwartet. Er fühlte sich erleichtert, und jetzt ging er auch auf die Worte des Pfarrers von vorhin ein: »Ich hab’ mir damals geschworen, mich nie wieder für eine andere Frau zu interessieren. Doch jetzt …«

»Du hast dich verliebt, net wahr? Ich hab’ es dir an der Nasenspitze angesehen, dass du mich angeschwindelt hast.«

»Tut mir leid. Das Problem ist nur, dass die Marie am Freitag nach Bad Kreuznach zurückkehrt. Sie arbeitet dort im Krankenhaus und muss am Montag wieder den Dienst antreten.«

»Was meinst du? Liebt sie dich auch?«

»Ich weiß es net, Herr Pfarrer. Sie hat jedenfalls gesagt, dass sie mit mir gern noch mehr solche schönen Touren machen würd’. Sie war auch dafür, dass wir uns noch einmal treffen, ehe ihr Urlaub zu Ende geht, und hat mir sogar ihre Handy­nummer gegeben. Unsympathisch schein’ ich ihr jedenfalls net zu sein.«

Sebastian musste lachen. »Dass sie sich noch einmal mit dir treffen will und dass sie dir ihre Telefonnummer gegeben hat – das lässt doch tief blicken, Patrick.«

»Eigentlich schon, oder?«

»Ich an deiner Stell’ würd’s ihr sagen, dass ich in sie verliebt bin. Und wenn sie für dich die gleichen Gefühle aufbringt, dann findet sich auch ein Weg, wie ihr zusammenkommen könnt. Allerdings solltest du dann die Jasmin net im Unklaren darüber lassen, dass sie sich keine Hoffnungen mehr machen darf.«

»Macht sie sich denn Hoffnungen?«, fragte Patrick betroffen.

»Ihre Mutter behauptet es. Und die Erbling-Maria hat dafür gesorgt, dass es jetzt das halbe Dorf weiß. Heut Früh’ hat sie die Jasmin vor der Bäckerei aufgehalten und ihr von deinem kleinen Rendezvous am gestrigen Abend erzählt. Als die Jasmin anschließend in die Bäckerei gekommen ist, hat Frau Tappert Tränen in ihren Augen gesehen.«

»Aber ich hab’ Jasmin doch nie irgendwelche Hoffnungen gemacht«, reagierte Patrick bestürzt. »Sicher, ich hab’ schon bemerkt, dass sie manchmal versucht hat, ein bissel mit mir zu flirten. Doch ich hab’s für jugendliche Schwärmerei gehalten, hab’ ich doch nie einen Zweifel aufkommen lassen, dass es nach der Rita für mich keine andere Frau mehr geben wird.«

»Es wird an dir liegen, Patrick, Jasmin gegenüber klare Verhältnisse herzustellen. So, und jetzt will dich net länger aufhalten. Ich seh’, du kommst von der Arbeit und wirst hungrig sein. Ich wünsch’ dir alles Gute.«

»Danke, Herr Pfarrer. Sie meinen also auch, dass die Rita nix dagegen haben würd’, wenn ich mich wieder verlieben tät’?«

»Davon bin ich überzeugt. Sie würd’ sich für dich freuen, Patrick.«

*

Als Patrick nach Hause kam, traf er Jasmin in der Küche an. Sie hatte sein Essen zubereitet; Rühreier mit Speck, dazu gab es frisches Brot und gemischten Salat. Die gebratenen Eier und der Speck verströmten einen intensiven Geruch.

»Servus, Jasmin«, grüßte Patrick. »Wo ist denn der Bub?«

»In seinem Zimmer. Er hat morgen einen Test in Deutsch und lernt.«

Jasmin trug die Pfanne mit den Eiern und dem Speck zum Tisch, auf den sie schon einen Teller gestellt und ein Besteck gelegt hatte. In einem kleinen Korb lagen zwei Scheiben von dem Brot, das sie am Morgen in der Bäckerei Terzing besorgt hatte. »So, ist alles bereit.«

»Ich muss mir erst die Händ’ waschen. Du bist heut’ recht kurz angebunden, Jasmin. Das ist mir heut’ früh schon aufgefallen. Es ist wegen der Erbling-Maria – wegen ihrem Getratsche, stimmt’s?«

»Du warst gestern Abend mit dieser Frau essen und hast sogar den Jan mitgenommen«, versetzte Jasmin vorwurfsvoll. »Warum hast du mir nix davon gesagt?«

»Gestern war dein freier Tag, und du hast dich trotzdem um den Buben gekümmert. Ich wollt’ ihn dir am Abend net auch noch aufs Aug’ drücken. Darum hab’ ich ihn mitgenommen.«

»Hast du dich in diese Frau verliebt?«, fragte Jasmin rundheraus und musterte ihn dabei durchdringend. In ihren Augen aber glaubte Patrick so etwas wie ängstliche Erwartung und Anspannung wahrnehmen zu können.

Er hatte plötzlich Hemmungen, es Jasmin zu gestehen, denn es würde sie wahrscheinlich sehr kränken. Und so antwortete er: »Ich hab’ damals am Grab meiner geliebten Rita geschworen, mich niemals mehr in eine andere Frau zu verlieben.«

»Aber irgendwann musst du dich doch davon lösen, Patrick. An einen Schwur, den du einer Toten geleistet hast, bist du doch net gebunden! Das Leben gehört den Lebenden! Ich mach’ dir jetzt schon so lang’ deinen Haushalt und den Hof, kümmer’ mich um dich und um den Jan. Ich gehör’ gewissermaßen auf den Hof.«

»Was willst du damit zum Ausdruck bringen?«

Jasmin nahm all ihren Mut zusammen. »Meinst du net, dass ich dir eine gute Frau sein könnt’?«

Damit hatte Patrick nicht gerechnet. Ihre direkte Art, ihm zu sagen, dass sie Bäuerin auf dem Stiebingerhof werden wollte, machte ihn sprachlos. »Aber … Ich …« Krampfhaft suchte er nach Worten, dass sie ihn unverwandt, mit fast hypnotischer Intensität anschaute, steigerte seine Unsicherheit. Um es zu überspielen sagte er: »Ich geh’ mir die Händ’ waschen. Bin gleich wieder da.«

Er verließ die Küche. Tatsächlich erschien er drei Minuten später wieder, setzte sich an den Tisch und griff nach dem Besteck. Und er hatte auch seine Sprache wiedergefunden. Er wollte Jasmin nicht wehtun. Er atmete durch und sagte: »Dass du Ritas Nachfolgerin werden könntest, Jasmin, darüber hab’ ich nie nachgedacht, weil ich mich an den Schwur gebunden fühl’, den ich damals am Grab meiner Frau geleistet hab’.« Er fühlte sich nicht wohl in seiner Haut, denn er belog Jasmin. Dass er es tat, um sie nicht vor den Kopf zu stoßen, änderte nichts an der Tatsache.

»Den Schwur schreib’ ich deiner damaligen großen Trauer zu, Patrick«, erklärte Jasmin. »Aber jetzt, nach drei Jahren, musst du sie doch endlich überwinden können. Die Zeit heilt alle Wunden, heißt es. Hast du denn noch net bemerkt, dass du und der Jan mir sehr viel bedeuten? Du wirst auch net abstreiten können, dass ich zupacken kann und sowohl von der Hauswirtschaft als auch von der Landwirtschaft eine Menge versteh’.«

»Ich bin noch net soweit«, murmelte Patrick. Er fühlte sich schlecht, denn er kam sich verlogen und feige vor. ›Es wird an dir liegen, Patrick, Jasmin gegenüber klare Verhältnisse herzustellen‹, hallte es durch seinen Kopf. Die Worte des Bergpfarrers waren noch ganz frisch in seiner Erinnerung.

›Sag’ es ihr!‹, drängte eine innere Stimme. Er brachte es nicht übers Herz. Ohne noch ein Wort zu verlieren, begann er zu essen.

Plötzlich betrat der kleine Jan die Küche und Jasmin richtete ihre Aufmerksamkeit auf ihn. »Möchtest du auch was zu essen, Jan?«, fragte sie. »Ich hab’ für morgen schon einen Pichelsteiner vorgekocht. Du kannst einen Teller voll haben.«

»Pichelsteiner mag ich net!«, beschwerte sich der Bub.

»Aber er ist gesund«, sagte Patrick. »Außerdem schmeckt er gut.«

»Ich mag ein Brot mit Schokocreme«, erwiderte Jan.

Patrick verzog das Gesicht. »Das lass’ ich mir zum Frühstück gefallen. Aber es ist kein Essen für den Abend. Ess’ halt das Gemüse, das die Jasmin gekocht hat.«

»Ich möcht’ aber ein Schokobrot«, beharrte Jan auf seiner Forderung. »Wenn ich das net krieg’, dann ess’ ich gar nix.« Trotzig schaute der Kleine seinen Vater an.

Er zuckte die Schultern. »Dann musst du wohl hungrig ins Bett gehen.«

»Ach, Mensch!«, schimpfte der Junge.

»Schließen wir einen Kompromiss«, mischte sich Jasmin ein. »Du isst eine kleine Portion Pichelsteiner, und danach kriegst du ein halbes Schokobrot.«

Patrick verdrehte die Augen. »Was Schlechteres, als fettige Schokonusscreme, kann man seinem Körper gar net antun«, murmelte er.

»Ein halbes Brot wird ihm schon net schaden«, entgegnete Jasmin und strich dem Buben über den Kopf. »Gell, das verkraftest du schon?«

»Ja.«

»Dann bist du mit dem Kompromiss einverstanden?«

»Okay. Ich ess’ das Gemüse, und dann will ich mein Schokobrot.«

»Kriegst du.« Jasmin zwinkerte Patrick zu und ging zum Schrank, um einen Suppenteller herauszunehmen.

»Setz dich, Jan«, sagte Patrick, und als der Junge saß, fragte er: »Wie war’s in der Schule?«

»Wie alle Tag’«, erwiderte der Kleine. »Rechnen, schreiben, ma­len­ … Morgen schreiben wir einen Test in Deutsch.«

Jasmin stellte einen Teller mit Pichelsteinereintopf vor ihn hin und legte einen Löffel dazu. »Einen guten Appetit, Bub«, wünschte sie, dann machte sie sich daran, eine halbe Scheibe Brot mit der dunkelbraunen Schokoladencreme, die Jan so sehr liebte, zu bestreichen.

Patrick und Jan aßen. Danach biss der Junge genussvoll in sein Brot mit dem Schokoaufstrich. Patrick schaute ihm zu. Als Jan den letzten Bissen hinuntergeschluckt hatte, sagte er: »Ich geh’ wieder in mein Zimmer.«

Patrick nickte zustimmend.

Nachdem der Kleine die Küche verlassen hatte, sagte Jasmin: »Was ich dem Jan aufs Brot gestrichen hab’, war eine Nuss-Nougat-Creme, die ich selber gemacht und in ein Glas aus dem Supermarkt eingefüllt hab’. Es schmeckt fast genauso, ist aber ohne Fett und Zucker zubereitet. Der Bub kann’s bedenkenlos essen.«

»Du bist Gold wert, Jasmin«, lobte Patrick und bekam sofort wieder ein schlechtes Gewissen.

Nachdem Jasmin den Tisch abgeräumt hatte, sagte sie: »Ich fahr’ dann heim, Patrick. Im Stall bin ich fertig, die Küh’ sind versorgt. Du kannst dich also zurücklehnen. Und vielleicht denkst du mal darüber …« Jasmin verstummte und wandte sich ab.

»Warum sprichst du net weiter?«, wollte Patrick wissen.

»Es ist nix.« Jasmin ging zur Tür.

Patrick ahnte, was sie sagen wollte, und rief ihr hinterher: »Ich bin wirklich noch net bereit, Jasmin, eine neue Verbindung einzugehen. Versteh’ das doch. Den Platz da drin­ …«, er klopfte sich gegen die Brust, »… hält immer noch die Rita besetzt.«