Zwanzig Jahre: Die Handlanger S-Z - Roman Just - E-Book

Zwanzig Jahre: Die Handlanger S-Z E-Book

Roman Just

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Beschreibung

Inhalt: Werdegänge zu Größen in der Zeit des Nationalsozialismus. In diesem Band werden die Handlanger beschrieben, deren Nachname mit den Buchstaben S bis Z beginnt. Unter den Handlangern befindet sich nur ein Name, dem nichts oder nur wenig angelastet werden kann. Überraschend viele Nazis haben den Krieg überlebt und ebenso mussten zahlreiche Handlanger ihre Haftstrafen nur bedingt absitzen, darunter einige prominente Personen.

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Veröffentlichungsjahr: 2025

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Inhaltsverzeichnis

Über den Autor

Zur Person:

Politiker und Funktionäre

S

T

U

V

W

Z

Impressum

Zwanzig Jahre

Die Handlanger

S-Z

Recherchiert, übernommen, aktualisiert, gekürzt und überarbeitet von

Roman Just

Über den Autor

Roman Just ist in der Welt der Literatur in verschiedenen Genres unterwegs. Mit den Thrillern der "Tatort-Boston-Reihe" hat er den Einstieg in die Literaturwelt begonnen, sie dann mit den "Gelsenkrimis" fortgesetzt. Neben den Thrillern und Krimis arbeitet er an einer mehrteiligen Dystopie und einer historischen Familiensaga, hinzu kommen Ausflüge in andere Genres.

Der Autor und bekennender Selfpublisher ist Jahrgang 1961, lebt in Gelsenkirchen, leidet mit dem vor Ort ansässigen Fußballclub seit 1971 zu allen Zeiten mit, spielt außerdem gerne mit Mitmenschen Schach und beschäftigt sich leider nur noch gelegentlich mit der Astronomie.

Der Selfpublisher betreibt auf seiner Homepage zu allen seinen veröffentlichten Titeln Leserunden, außerdem bietet er einen Leserkreis, an dem ebenfalls aktiv teilgenommen werden kann.

Mehr über den Autor und seine Titel gibt es hier:

https://www.gelsenkrimi.de

https://www.gelsenkrimi.de/ueber-mich

https://www.gelsenkrimi.de/leserkreis

https://www.gelsenkrimi.de/gelsenshop

https://www.autorromanjust.de

Zur Person:

Sternzeichen: Jungfrau

Gewicht: Im Moment viel zu viel

Erlernter Beruf: Kellner

Derzeit tätig als: Autor/Selfpublisher

Charaktereigenschaften: Impulsiv/Hilfsbereit

Laster: Nie zufrieden mit einem Ergebnis

Vorteil: Meistens sehr geduldig

Er mag: Klare Aussagen

Er mag nicht: Gier und Neid

Er kann nicht: Den Mund halten

Er kann: Zuhören

Er verachtet: Tyrannen und selbstverliebte Subjekte

Er liebt: Das Leben

Er will: Ziele erreichen

Er will nicht: Unterordnen

Er steht für: Menschlichkeit

Er verurteilt: Hass, Mobbing, Eitelkeit

Er denkt: Auch Einfaches ist nicht einfach zu erledigen

Er meint: Die Achtung und der Respekt vor der Würde eines Menschen werden durch das Gendern nicht gestärkt. 

Politiker und Funktionäre

S

Fritz Sauckel

Gauleiter und Reichsstatthalter von Thüringen

Ernst Friedrich Christoph Sauckel, geboren 27. Oktober 1894 in Haßfurt, Unterfranken, gestorben am16. Oktober 1946 in Nürnberg, war ein deutscher Politiker, seit 1927 NSDAP-Gauleiter in Thüringen, von August 1932 bis Mai 1933 Leitender Staatsminister des Landes Thüringen, ab 1933 Reichsstatthalter in Thüringen und von 1942 bis 1945 Generalbevollmächtigter für den Arbeitseinsatz. Als solcher trug er die Verantwortung für aus dem Ausland verpflichtete Arbeitskräfte und damit auch für Zwangsarbeit unter dem Nationalsozialismus. Sauckel gehörte zu den 24 angeklagten Personen im Nürnberger Prozess gegen die Hauptkriegsverbrecher vor dem Internationalen Militärgerichtshof und wurde am 1. Oktober 1946 in zwei von vier Anklagepunkten schuldig gesprochen, zum Tod durch den Strang verurteilt und später hingerichtet.

Fritz Sauckel kam 1894 in Haßfurt am Main als einziger Sohn eines Postbeamten und einer Näherin zur Welt. Mit 15 Jahren verließ er das Gymnasium ohne Abschluss und fuhr zur See bei der norwegischen, schwedischen und deutschen Handelsmarine. Beim Beginn des Ersten Weltkriegs befand er sich auf einem deutschen Schiff auf dem Weg nach Australien, wurde gefangen genommen und war bis 1919 in einem französischen Internierungslager. Dort begann er, sich politisch und insbesondere antisemitisch zu orientieren. Nach dem Krieg lebte Sauckel zunächst sehr ärmlich als Hilfsarbeiter. Er übernahm die NS-Ideologie, aus der er ableitete, die Juden seien an seiner Lage schuld, und das Weltjudentum sei zu bekämpfen. In den frühen 1920er Jahren war Sauckel Kreisleiter von Unterfranken im Deutschvölkischen Schutz- und Trutzbund. 1923 wurde er Mitglied der Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei, wenig später wurde er zum Ortsgruppenleiter in Ilmenau sowie zum Bezirksleiter der Partei in Thüringen gewählt. Nach dem gescheiterten Hitler-Ludendorff-Putsch 1923 versuchte er die Parteigefolgschaft in Thüringen zusammenzuhalten. 1924 gründete er die völkische Kampfzeitung Der Deutsche Aar. Im selben Jahr heiratete er Elisabeth Wetzel, mit der er zehn Kinder hatte. 1925 wurde Sauckel Geschäftsführer des Thüringer Landesverband der NSDAP.

Nach dem von ihm organisierten Sturz des bisherigen Gauleiters Artur Dinter wurde Sauckel 1927 Gauleiter des NSDAP-Gaues Thüringen. Mit den Wahlerfolgen der NSDAP 1929 zog Sauckel in den Thüringer Landtag ein und wurde deren Fraktionsvorsitzender. Unter der Baum-Frick-Regierung zog die NSDAP zum ersten Mal in eine deutsche Landesregierung ein, aus der sie am 1. April 1931 jedoch durch ein Misstrauensvotum wieder ausgeschlossen wurde. Nach dem Wahlsieg im Juli 1932 stellte die NSDAP mit 42,5% der Stimmen, zusammen mit dem Thüringer Landbund die Regierung, und der VI. Thüringer Landtag wählte Sauckel am 26. August 1932 zum Staatsminister des Inneren. Er übernahm auch den Vorsitz der Landesregierung. Nach der Reichstagswahl März 1933 wurde er am 5. Mai Reichsstatthalter in Thüringen. Am 8. Mai folgte ihm der unter seiner Abhängigkeit stehende Willy Marschler als Ministerpräsident von Thüringen. Sauckels früherer Freikorpskamerad Karl Astel übernahm 1933, von ihm protegiert, das neugegründete Thüringer Landesamt für Rassewesen in Weimar. Am 12. November 1933 wurde Sauckel Mitglied des Reichstages und 1934 zum SS-Gruppenführer ehrenhalber ernannt.

Am 27. Mai 1936 gründete er die Wilhelm-Gustloff-Stiftung in Weimar und wurde durch Adolf Hitler zum Stiftungsführer dieses Rüstungskonzerns ernannt. In Weimar bewohnte er ab 1938/1939 die Villa Sauckel, die Hermann Giesler für ihn entworfen hatte. Mit Beginn des Zweiten Weltkriegs am 1. September 1939 wurde er Reichsverteidigungskommissar für den Wehrkreis IX in Kassel. 1942 stieg er zum SS-Obergruppenführer auf.

Am 21. März 1942 wurde Sauckel Generalbevollmächtigter für den Arbeitseinsatz, GBA. Als solcher war er für die Deportation von etwa 7,5 Millionen ausländischen Arbeitskräften nach Deutschland verantwortlich, die für die deutsche Industrie und Landwirtschaft, vor allem aber in den Rüstungsbetrieben Zwangsarbeit verrichten mussten. Die große Zahl dieser Menschen, die gewaltsam in das Reich verbracht wurden, stammte aus Polen und der Sowjetunion. In Belgien waren bis 1942 über 300.000 Arbeitskräfte für den Einsatz im Reich, mehr gezogen als auf freiwilliger Basis, angeworben worden. Sauckel setzte gegen den Widerstand von General Alexander von Falkenhausen, Militärbefehlshaber in Belgien und Nordfrankreich, durch, dass sie ab dann zwangsrekrutiert wurden. Falkenhausen lehnte Anfang 1944 den von Sauckel verlangten geschlossenen Einsatz des Jahrganges 1925 entschieden ab. Sauckel erklärte Falkenhausen zu seinem persönlichen Feind und bewirkte, dass er vier Tage später seiner Stellung enthoben wurde. Die Verpflichtung von Zwangsarbeitern aus dem Ausland wurde umgangssprachlich bald als "heraussauckeln" bezeichnet.

Im Nürnberger Kriegsverbrecherprozess fiel Sauckel durch seinen starken fränkischen Dialekt auf, so dass er oft sowohl von den Dolmetschern als auch von den Richtern aufgefordert wurde, verständlicher zu sprechen. Sauckels Verteidiger Robert Servatius versuchte nachzuweisen, dass die Verschleppung von mehr als fünf Millionen Fremdarbeitern in das Reich unter häufig entsetzlichen Bedingungen weder illegal noch unmenschlich gewesen sei. Es wurde behauptet, Sauckel habe keine absolute Vollmacht bei der Abwicklung dieses Programms gehabt, er sei von Natur aus keineswegs grausam und habe nur seine Pflicht getan.

In der Vorberatung plädierten die Vertreter der Sowjetunion auf schuldig in allen vier Anklagepunkten. Bei zwei Gegenstimmen wurde Sauckel für schuldlos nach Punkt I und II, gemeinsamer Plan oder Verschwörung und Verbrechen gegen den Frieden befunden, einstimmig hingegen für schuldig nach III und IV, Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit wegen der Verschleppung von Millionen Menschen, und deshalb zum Tode durch den Strang verurteilt. Sauckel hatte ein Todesurteil nicht erwartet, brach in Tränen aus und hielt Übersetzungsfehler seiner Aussagen für ursächlich. Er selbst sei nie ein grausamer Mensch gewesen. Ein völliges Unverständnis gegenüber dem Todesurteil zeigt auch sein letztes Schriftzeugnis, betitelt "Mein Vermächtnis für das deutsche Volk".

Sauckel konnte nicht fassen, dass der mitangeklagte Reichsminister für Rüstung und Kriegsproduktion Albert Speer, auf dessen Anforderung Sauckel immer neue Schübe von Zwangsarbeitern geliefert hatte, lediglich mit einer Gefängnisstrafe davonkam. Von Sauckel sind aus der Haftzeit zwei längere biografische Rechtfertigungsschreiben erhalten. In einem davon bestreitet er eine antisemitische Gesinnung, obwohl zahlreiche Einsprengsel in seinen Ausführungen dies ad absurdum führen. In seiner Selbstdarstellung zeichnet er von sich ein Bild als nationaler Sozialist und vaterlandsliebender Idealist, die gute Idee sei von wenigen Fehlgeleiteten schlecht ausgeführt worden. Sein Glaube an seinen Führer war ungebrochen: Ohne Goebbels, Himmler und Bormann wäre Hitler die lichtvollste Gestalt der deutschen Geschichte geworden.

Sauckel wurde am 16. Oktober 1946 im Nürnberger Justizgefängnis hingerichtet, der Leichnam einen Tag später im Städtischen Krematorium auf dem Münchner Ostfriedhof eingeäschert und die Asche in den Wenzbach, einen Zufluss der Isar, gestreut.

Der Erlass Hitlers vom 21. März 1942 über die Ernennung eines Generalbevollmächtigten für den Arbeitseinsatz leitete die massenhafte und generell die teilweise bereits vorher praktizierte Zwangsdeportation Millionen europäischer Arbeitskräfte zum Einsatz in der deutschen Rüstungswirtschaft ein: "Die Sicherstellung der für die gesamte Kriegswirtschaft, besonders für die Rüstung erforderlichen Arbeitskräfte bedingt eine einheitlich ausgerichtete, den Erfordernissen der Kriegswirtschaft entsprechende Steuerung des Einsatzes sämtlicher verfügbaren Arbeitskräfte einschließlich der angeworbenen Ausländer und der Kriegsgefangenen sowie die Mobilisierung aller noch unausgenutzten Arbeitskräfte im Großdeutschen Reich einschließlich des Protektorats sowie im Generalgouvernement und in den besetzten Gebieten. Diese Aufgabe wird Reichsstatthalter und Gauleiter Fritz Sauckel als Generalbevollmächtigter für den Arbeitseinsatz im Rahmen des Vierjahresplanes durchführen. In dieser Eigenschaft untersteht er dem Beauftragten für den Vierjahresplan unmittelbar. Dem Generalbevollmächtigten für den Arbeitseinsatz stehen zur Durchführung seiner Aufgaben die zuständigen Abteilungen III (Lohn) und V (Arbeitseinsatz) des Reichsarbeitsministeriums und dessen nachgeordnete Dienststellen zur Verfügung."

Sauckels Nachlass wird im Bundesarchiv Koblenz als Bestand N 1582 verwahrt. Er umfasst Familienpapiere, Korrespondenzen Sauckels und Unterlagen aus Sauckels politischer Tätigkeit.

Hjalmar Schacht

Reichswirtschaftsminister und Reichsbankpräsident, war formal nie Mitglied, jedoch Unterstützer der NSDAP

H

orace Greeley Hjalmar Schacht, geboren 22. Januar 1877 in Tingleff, Nordschleswig, gestorben am 3. Juni 1970 in München, war ein deutscher Bankier und Politiker, zunächst Mitglied der DDP, zwischenzeitlich parteilos, später Mitglied der NSDAP. Er war von 1923 bis 1930 und von März 1933 bis Januar 1939 Reichsbankpräsident sowie von 1934 bis 1937 Reichswirtschaftsminister. Später fiel er beim NS-Regime in Ungnade und wurde wegen Kontakt zum Widerstand gegen den Nationalsozialismus in ein Konzentrationslager deportiert. Schacht gehörte zu den 24 im Nürnberger Prozess gegen die Hauptkriegsverbrecher vor dem Internationalen Militärgerichtshof angeklagten Führungspersonen des Regimes. Er wurde am 1. Oktober 1946 in allen Anklagepunkten freigesprochen.

Schacht war Sohn des deutschen Kaufmanns William Leonhard Ludwig Maximillian Schacht und dessen dänischer Ehefrau, Baronin Constanze Justine Sophie von Eggers. Ein Urgroßvater mütterlicherseits war der dänisch-holsteinische Beamte Christian von Eggers. Schacht erhielt seine ersten beiden Vornamen zu Ehren des wenige Jahre zuvor verstorbenen amerikanischen Politikers und Verlegers Horace Greeley. Hjalmar ist ein skandinavischer Name. Schacht kam aus einer verhältnismäßig armen Familie. Die Eltern gaben ihr letztes Geld, damit Schacht und seine zwei Brüder, ein Bruder war der Arzt Eddy Schacht, der 1946 Oberbürgermeister von Baden-Baden war, auf die Gelehrtenschule des Johanneums in Hamburg gehen konnten, an der Schacht 1895 das Abitur ablegte. Als das elterliche Einkommen sich besserte, konnte Schacht sich zum Studium der Medizin an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel einschreiben. Er wechselte im zweiten Semester zur Germanistik. Im dritten Semester, nunmehr an der Ludwig-Maximilians-Universität München eingeschrieben, entdeckte er in den Vorlesungen des damals bedeutenden Nationalökonomen Lujo Brentano sein Interesse an Volkswirtschaftslehre. Er studierte diese auch an den Universitäten Leipzig, Berlin und Kiel sowie an der Sorbonne in Paris. Zum Sommersemester 1898 kehrte er an seine Heimatuniversität Kiel zurück und schloss seine Studien dort mit der Promotion, 1900 beim Staatswissenschaftler Wilhelm Hasbach mit einer Arbeit zum Thema Der theoretische Gehalt des englischen Merkantilismus, ab. Da es in Kiel wie in zahlreichen anderen Universitäten des Kaiserreiches noch keine gesonderte staatswissenschaftliche Fakultät gab, wurde Schacht zum Doktor der Philosophie, Dr. phil., promoviert. Während seine Dissertation das Prädikat valde laudabile, "sehr lobenswert", erhielt, fiel die Gesamtnote weniger gut aus, weil in der mündlichen Prüfung neben Volkswirtschaft und Staatswissenschaft auch das Pflichtfach Philosophie geprüft wurde, in dem Schacht nach eigenen Angaben nahezu völlig versagte. Nachdem Schacht in der Privatwirtschaft Fuß gefasst hatte und gut verdiente, heiratete er 1903 Bertha Emma Clara Luise Sowa, die Tochter eines Kriminalkommissars. 1903 wurde die Tochter Inge geboren, sie heiratete Hilger van Scherpenberg, 1910 der Sohn Jens Hjalmar. 1938 trennte sich das Paar aus teilweise politischen Gründen, weil Luise sich immer mehr zu einer Nationalsozialistin entwickelt hatte, Schacht dagegen mehr und mehr in Konflikt mit Hitler geriet. 1940 starb die schwerkranke Luise. Am 6. März 1941 heiratete Schacht die dreißig Jahre jüngere Mauzika "Manci Vogler, mit der er die Töchter Cordula und Konstanze hatte.

Schacht war in seinen jüngeren Jahren ein ausgesprochener Freigeist, der sich nicht um bürgerliche Konventionen kümmerte. Er war literarisch und künstlerisch gebildet und von liberaler Weltanschauung. Er betrachtete die Religionsausübung als Privatsache. Am 3. Juni 1906 wurde er Mitglied der Freimaurerloge Urania zur Unsterblichkeit in Berlin. Auch nach der zwangsweisen Auflösung der Freimaurerlogen im Dritten Reich bekannte er sich öffentlich zum Freimaurertum. Hier erklärte er 1914, die deutsche Freimaurerei habe niemals irgendwelchen überspannten nationalistischen Empfindungen Raum gegeben, weshalb sie berechtigt sei, auszusprechen, dass ein Untergang der deutschen Kultur nicht nur der deutschen Freimaurerei, sondern der gesamten Freimaurerei Abbruch tun würde. 1933 erklärte er zur Rolle der Freimaurerei, dass diese die Verpflichtung habe, die gewaltigen Zeiterlebnisse, gemeint war die nationalsozialistische Revolution, in Geist und Herz der Volksgenossen zu vertiefen. Seine erneute Aufnahme in eine Freimaurerloge, 1949 Zur Brudertreue an der Elbe in Hamburg, war angesichts seiner Bedeutung für den Aufstieg des Nationalsozialismus und des damit verbundenen Verbots der Freimaurer nicht unproblematisch.

Ab 1900 war er Assistent an der Zentralstelle zur Vorbereitung von Handelsverträgen und von 1901 bis 1903 Geschäftsführer des Handelsvertrags-Vereins. Ab 1903 nahm er Aufgaben als Leiter des Archivs bzw. des volkswirtschaftlichen Büros der Dresdner Bank wahr, bei der er von 1908 bis 1915 als stellvertretender Direktor angestellt war. In den ersten Jahren des Ersten Weltkrieges leitete er als Dezernent der Bankabteilung des Generalgouvernements Belgien im besetzten Brüssel die Errichtung der Notenbank und die Finanzierung der belgischen Zwangs-Kontributionen ein. Von 1915 bis 1922 war Schacht Vorstandsmitglied der Nationalbank für Deutschland und nach deren Fusion mit der Darmstädter Bank für Handel und Industrie bis 1923 Vorstandsmitglied der Darmstädter und Nationalbank KGaA.

Im Alter von 39 Jahren hatte Schacht bereits den Gipfelpunkt einer Bankierskarriere erreicht. Er verkehrte auf Augenhöhe mit den angesehensten Großunternehmern jener Jahre, wie zum Beispiel Albert Ballin oder August Thyssen. In einem Gutachten vom 26. August 1914 zeigte er sich als Anhänger eines harten Siegfriedens gegen Frankreich. Er wollte Frankreich eine Kriegsentschädigung von 40 Milliarden Goldmark auferlegen. Er dachte dabei an die Auslieferung des französischen Auslandsvermögens in den Staaten der Mittelmächte, in Österreich-Ungarn, der Türkei, den Niederlanden und Skandinavien sowie an die hohen französischen Auslandsanleihen.

Vom 12. November 1923 bis zu seiner am 22. Dezember 1923 erfolgten Ernennung zum Präsidenten der Reichsbank war er Reichswährungskommissar und wirkte maßgeblich an der Einführung der Rentenmark am 15. November 1923 mit, mit der es gelang, die Hyperinflation zu beenden. Daneben wurde er am 7. April 1924 Aufsichtsratsvorsitzender der auf seinen Vorschlag zur Unterstützung der Konvertibilität der Reichsmark gegründeten Deutschen Golddiskontbank. Im gleichen Jahre nahm er an den Beratungen der Sachverständigen für Reparationsfragen sowie an der Londoner Konferenz teil und wirkte an der Dawes-Anleihe mit. 1929 war Schacht Leiter der Delegation zur Reparations-Sachverständigenkonferenz in Paris.

Die Forderung von Schacht an die deutschen Banken, die Börsenkredite zu vermindern, löste am 13. Mai 1927 an der Börse Berlin einen Schwarzen Freitag aus: Der Aktienindex des Statistischen Reichsamtes brach an diesem Tag um 31,9 Prozent ein.

Im November 1918 gehörte Schacht zu den Mitbegründern der links-liberalen Deutschen Demokratischen Partei, aus der er im Mai 1926 austrat. Danach wandte er sich, vor allem wegen der in seinen Augen zu großzügigen Ausgabenpolitik der Weimarer Koalitionsparteien SPD, DDP und Zentrum, immer mehr rechtskonservativen Kräften zu. Seine Kritik am Kurs der DDP-Parteiführung bezüglich ihrer Haltung zum auch von SPD und KPD unterstützten Volksentscheid zur entschädigungslosen Enteignung der deutschen Fürstenhäuser, der im Juni 1926 nicht das nötige Quorum erreichte und damit scheiterte, war der Anlass seines Parteiaustritts. Die Parteispitze hatte, im Unterschied zu anderen Parteien, keine Wahlempfehlung abgegeben, sondern ihren Mitgliedern und Anhängern freigestellt, die Fürstenenteignung zu unterstützen oder abzulehnen. Von Februar bis Juni 1929 leitete Schacht die deutsche Delegation bei den internationalen Pariser Expertenberatungen, die unter dem Vorsitz des amerikanischen Bankiers Owen D. Young einen endgültigen Zahlungsplan für die deutschen Reparationsverpflichtungen erstellen sollten, den Youngplan. Gemeinsam mit seinem Kollegen, dem Schwerindustriellen Albert Vögler, hoffte er, durch umfangreiches Zahlenmaterial und ökonomische Analysen nachzuweisen, dass Deutschland recht wenig würde zahlen können. Das Vereinigte Königreich und Frankreich hatten sich aber vorab darauf geeinigt, dass sie jährlich umgerechnet etwa zwei Milliarden Reichsmark benötigten, um ihre interalliierten Kriegsschulden bei den Vereinigten Staaten bedienen zu können und noch einen Überschuss zum Aufbau der im Ersten Weltkrieg verwüsteten Gebiete zu behalten. Schacht bot dagegen nur umgerechnet 1,37 Milliarden, unter der Voraussetzung, dass Deutschland seine Kolonien zurückerhielt, die es im Friedensvertrag von Versailles hatte abgeben müssen. Die Expertenberatungen standen kurz vor dem Scheitern, doch die Reichsregierung unter dem Sozialdemokraten Hermann Müller wies Schacht an nachzugeben. Ohne eine Neuregelung hätte sie die deutlich höheren Annuitäten des Dawes-Plans zahlen müssen, außerdem drohten Kreditabzüge aus dem Ausland. Schacht fügte sich, lehnte in der Folge aber jede Verantwortung für den Young-Plan ab, den er für nicht erfüllbar hielt. Im Oktober 1929 nahm Schacht an einer weiteren Expertenkommission teil, die die Gründung der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich, BIZ, vorbereitete. Über sie sollte der Transfer der Reparationen abgewickelt werden. Als bei den folgenden Regierungskonferenzen in Den Haag die deutschen Zahlungsbedingungen noch weiter verschlechtert wurden und die Reichsregierung nicht die strikten Sparmaßnahmen verhängte, die er zur Erfüllung des Young-Plans für unumgänglich hielt, trat er im März 1930 als Reichsbankpräsident zurück. Sein Nachfolger wurde der ehemalige Reichskanzler Hans Luther. In der Folge widmete er sich drei Jahre lang der Bewirtschaftung des 555 ha großen Landguts Gühlen bei Lindow, das er den Erben des Grafen Friedrich Botho zu Eulenburg, respektive dann einer Handelsgesellschaft abgekauft hatte. Politisch rückte er in dieser Zeit immer stärker an die nationalistischen und nationalsozialistischen Feinde der Weimarer Republik heran und trat der Gesellschaft zum Studium des Faschismus bei. 1930 wurde er Mitglied der Gesellschaft der Freunde.

Zu Schachts engsten Freunden zählte Paul Reusch, den er 1931 näher kennenlernte. Schacht war häufig Gast auf Reuschs Schloss Katharinenhof. Direkt nach seiner Freilassung aus dem Nürnberger Gefängnis fuhr Schacht zu Reusch auf den Katharinenhof. Reusch sammelte 1949 Geld für Schachts Anwaltskonto.

Durch Vermittlung von Emil Georg von Stauß lernte er im Dezember 1930 Hermann Göring kennen. Am 5. Januar 1931 traf er bei einem gemeinsamen Essen auf Hermann Göring, Joseph Goebbels und Adolf Hitler, von letzterem war er tief beeindruckt. Im Oktober 1931 hielt Schacht eine aufsehenerregende Rede auf dem Treffen der NSDAP, der DNVP und des Stahlhelms in Bad Harzburg, Harzburger Front, in der er die Geldpolitik der Reichsbank polemisch angriff. 1932 begann Schacht, die NSDAP zu unterstützen, ohne jedoch bis zu diesem Zeitpunkt in die Partei einzutreten. Er wurde Mitglied des Keppler-Kreises, der 1933 in den Freundeskreis Reichsführer SS umgewandelt wurde. Schacht war einer der Unterzeichner der Eingabe von zwanzig Industriellen, Bankiers und Großagrariern an Paul von Hindenburg mit der Aufforderung, Hitler zum Reichskanzler zu ernennen. Diese Eingabe hatte keinen sofortigen Erfolg. Hindenburg ernannte statt Hitler zunächst Kurt von Schleicher zum Reichskanzler.

1930 erklärte er in einer Ansprache vor dem Wirtschaftsbeirat der BVP, dass die NSDAP-Wähler mit ihrer Wahlentscheidung einen lebendigen Protest gegen die innere und äußere Einschnürung unseres Lebensraumes und ein Zeichen ihres Willens zum Leben zum Ausdruck bringen wollten. Laut Kopper verstand Schacht unter dem Begriff Lebensraum jedoch nicht wie Hitler ein Kontinentalimperium in Osteuropa, sondern die Möglichkeit, deutsche Güter ohne Schutzzollbarrieren zu exportieren.

Nach Schleichers Scheitern wurde Hitler Reichskanzler. Er ernannte Schacht am 17. März 1933 erneut zum Präsidenten der Reichsbank. Er erhielt noch größere Vollmachten und Kompetenzen im Vergleich zur Weimarer Republik. Er erhielt von Hitler zahlreiche Sondervollmachten, und ihm unterstand von nun an auch die Bankenpolitik. Schacht konnte auch an allen Kabinettssitzungen teilnehmen und verhindern, dass Gesetzentwürfe ohne seine vorherige Stellungnahme angenommen wurden.

Schacht half in dieser Position, mit den Mefo-Wechseln die Aufrüstung der Wehrmacht zu finanzieren. Im gleichen Jahr einigten sich Reichsbankpräsident Schacht, der Hitler-Vertraute Hermann Göring und Reichswehrminister Werner von Blomberg auf den Finanzrahmen für diese Aufrüstung: 35 Milliarden Reichsmark, verteilt über acht Jahre. Dabei sollten vier Jahre für den Aufbau der Verteidigungskapazität genutzt werden und weitere vier Jahre für die Schaffung einer Offensivarmee. Schacht sagte Hitler die Unterstützung der Aufrüstung ohne jede Einschränkung zu. Als Hitler ihn fragte, welchen Betrag die Reichsbank für die Aufrüstung und die Arbeitsbeschaffung zur Verfügung stellen könnte, antwortete Schacht: "Jeden Betrag, mein Führer". Ein kreditpolitischer Blankoscheck, den er später bereuen sollte. Er war sogar bereit, einen Zusammenbruch der Währung für die Aufrüstung in Kauf zu nehmen. Über den Kapitalmarktausschuss der Reichsbank konnte Schacht Einfluss auf industrielle Großinvestitionen nehmen. Es erhielten nur solche Unternehmen die Erlaubnis zur Kapitalerhöhung, die direkt oder indirekt an der Aufrüstung beteiligt waren. Beim Nürnberger Prozess behauptete Schacht, er hätte Hitler das Geld nie gegeben, wenn ihm die Verwendung für die Aufrüstung bekannt gewesen wäre.

Schacht besuchte mehrfach auf Einladung der NSDAP den Reichsparteitag in Nürnberg und spendete nennenswerte Geldbeträge an die SA. Am 30. Januar 1937 wurde ihm und den übrigen Reichsministern von Hitler zum vierten Jahrestag der Machtergreifung das Goldene Parteiabzeichen der NSDAP verliehen. Damit war Schacht Mitglied der NSDAP, was er nach dem Ende des Nationalsozialismus bestritt. Schacht zahlte einen jährlichen Mitgliedsbeitrag von 1000 Reichsmark. Er war 1937 und 1938, zum Teil auch mit ausländischen Gästen, auf vielen Fotos von offiziellen Anlässen mit dem Parteiabzeichen der NSDAP zu sehen. Schacht war Mitglied in der nationalsozialistischen Akademie für Deutsches Recht. Er gehörte dem Vorstand der Deutschen Kolonialgesellschaft an und war von 1933 bis 1946 Senator der Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft. Am 30. Juli 1934 wurde Schacht Nachfolger von Kurt Schmitt als Reichswirtschaftsminister bis November 1937, von Mai 1935 bis November 1937 war er zugleich Generalbevollmächtigter für die Kriegswirtschaft.

Als Reichswirtschaftsminister setzte er im September 1934 eine als Neuer Plan bezeichnete Gesetzgebung in Kraft. Mit ihr sollte der Devisennot durch eine drastische Beschränkung der Einfuhren und durch Förderung bilateraler Handels- und Verrechnungsabkommen begegnet werden. Im November 1937 trat Schacht von seinem Amt als Wirtschaftsminister zurück, weil er sich mit seinen wirtschaftspolitischen Vorstellungen nicht durchsetzen konnte. Schacht hatte große Bedenken gegen die Autarkiepolitik des Dritten Reiches. Im Falle der Synthese von Benzin aus Kohle kritisierte er die Unwirtschaftlichkeit des Verfahrens, im Fall des Vorhabens, Eisenerz nur aus deutschen Erzlagern zu decken, die geringe Qualität des deutschen Eisenerzes, was eine Autarkie unmöglich machen würde. Für Schacht war die Autarkiepolitik größtenteils Verschwendung von Ressourcen. Hermann Göring griff bei seiner Verfolgung des Vierjahresplans zudem ständig in die Kompetenzen des Wirtschaftsministers ein, ohne dass Hitler dem Einhalt geboten hätte. Auf Hitlers Wunsch blieb Schacht, einflussloser Reichsminister ohne Geschäftsbereich, bis Hitler ihn 1943 auch aus diesem Amt entließ.

Im Dezember 1938 führte Schacht in London mit George Rublee, dem Direktor des Intergovernmental Committee on Refugees, Verhandlungen über die Aussiedlung von Juden. Mit Wirkung vom 20. Januar 1939 wurde er von Hitler wegen seiner Kritik an der Rüstungs- und Finanzpolitik aus dem Amt des Reichsbankpräsidenten entlassen.

Drei Tage nach dem Attentat vom 20. Juli 1944 wurde Schacht von der Gestapo festgenommen, weil er angeblich Kontakt zu den Attentätern gehabt hatte. Nach vier Monaten im Berliner Gestapo-Gefängnis wurde er in den Konzentrationslagern Ravensbrück und Flossenbürg interniert. Am 8. April 1945 wurde er ins KZ Dachau verlegt. In den letzten Kriegstagen gehörte er zu den 141 Sonder- und Sippenhäftlingen, die von der SS von Dachau in die Alpenfestung nach Niederdorf in Südtirol transportiert wurden, wo am 30. April 1945 die Befreiung der SS-Geiseln in Südtirol erfolgte.

Beim Nürnberger Hauptkriegsverbrecherprozess, der zwischen Oktober 1945 und Oktober 1946 stattfand, wurde er unter anderem beschuldigt, Verbrechen gegen den Frieden begangen zu haben. Schacht plädierte auf nicht schuldig und führte an, dass er bis zum Kriegsbeginn alle Machtbefugnisse bereits verloren hatte. Sein als Zeuge geladener Weggefährte Hans Gisevius sagte zu seinen Gunsten aus. Weiter sagte Wilhelm Vocke, Mitglied des Direktoriums der Reichsbank von 1919 bis 1939, als Zeuge der Verteidigung aus. Schacht wurde 1946 von dem Gericht freigesprochen.

Der US-Psychologe Gustave M. Gilbert untersuchte alle Angeklagten der Reichsregierung und des Militärs auf ihre Intelligenz hin, er attestierte Schacht einen IQ von 143, den höchsten Intelligenzquotienten unter den Angeklagten.

Schacht wurde wenige Tage nach seinem Freispruch auf Weisung der Landesregierung von Württemberg-Baden mit der Begründung, als ehemaliger Reichsbankpräsident und Reichswirtschaftsminister habe er zu den Führungspersönlichkeiten des Dritten Reiches gehört, festgenommen. 1947 verurteilte ihn, nach Protesten aus der Bevölkerung, die Entnazifizierungs-Spruchkammer in Stuttgart als Hauptschuldigen zu acht Jahren Arbeitslager nahe Ludwigsburg. 1948 legte er Berufung ein, im September 1948 wurde er als Entlasteter freigesprochen und freigelassen. Noch im selben Jahr veröffentlichte er seine Schrift Abrechnung mit Hitler.

Schacht befürwortete ähnlich wie John Maynard Keynes eine kontrollierte Geldschöpfung durch die Notenbank, um deflationäre Tendenzen zu bekämpfen und Arbeitsprogramme zu finanzieren. 1953 veröffentlichte er seine Autobiographie 76 Jahre meines Lebens, in der er unter anderem auf sein Verhältnis zu Hitler einging. Hitler soll Schacht gegenüber immer sehr höflich und zugänglich gewesen sein, während sich Schachts Verhältnis zu Göring stetig verschlechtert habe, je offener er Görings zügelloser Wirtschaftspolitik widersprach, was letztlich auch zu seiner Entlassung als Reichswirtschaftsminister geführt habe. 1953 gründete Schacht in Düsseldorf die Deutsche Außenhandelsbank Schacht und Co., die er bis 1963 vertrat. In den 1950er und 1960er Jahren war er als finanzpolitischer Berater unter anderem in Westafrika und im Nahen Osten, vor allem aber in Brasilien und Indonesien tätig. Die dortigen Regierungen griffen besonders bei der Bekämpfung der galoppierenden Inflation auf Schachts Fachwissen zurück. In der deutschen Öffentlichkeit trat er bis zu seinem Tod als Kritiker expansiver Finanzpolitik und überhöhter staatlicher Verschuldung auf.

In den 1960er Jahren wurde er Mitglied der rechtsextremen Gesellschaft für freie Publizistik. 1967 hielt Schacht ein wirtschaftspolitisches Referat auf dem Parteitag der nationalistischen Sammlungsbewegung Aktionsgemeinschaft Unabhängiger Deutscher, AUD, die später in den Grünen aufging. In seinem Buch 1933. Wie eine Demokratie stirbt aus dem Jahr 1968 legte er seine Ansichten zum Scheitern der Weimarer Republik dar. Hjalmar Schacht wurde nach seinem Tod 1970 auf dem Ostfriedhof in München bestattet

Emanuel Schäfer

Gestapochef in Oppeln, Befehlshaber der Sicherheitspolizei und des Sicherheitsdienstes in Serbien

E

manuel Paul Viktor Schäfer, geboren 20. April 1900 in Hultschin, gestorben am 4. Dezember 1974 in Köln) war ein deutscher Jurist, Regierungs- und Kriminalrat sowie ab 1943 SS-Oberführer. Schäfer war zur Zeit des Nationalsozialismus Führer der Einsatzgruppe II im deutsch besetzten Polen, 1942 Befehlshaber der Sicherheitspolizei und des Sicherheitsdienstes, BdS, in Serbien und 1945 in Triest.Emanuel Schäfer wurde am 20. April 1900 im schlesischen Hultschin, heute Hlučín, geboren. Sein Vater war dort Hotelbesitzer, zog jedoch nach der Geburt seines Sohnes nach Rybnik in Oberschlesien. Schäfer besuchte dort Volksschule und Gymnasium. Im Ersten Weltkrieg wurde er als Obersekundaner noch im Juni 1918 Soldat, jedoch nicht mehr an der Front eingesetzt.

Nach Kriegsende trat Schäfer Anfang 1919 dem oberschlesischen Grenzschutz bei, um im Rahmen dieses Verbandes den ersten Polenaufstand abzuwehren. Wie viele seines Jahrgangs, erhielt Schäfer aufgrund des Kriegsereignisses und seiner Teilnahme am Grenzschutz, das Reifezeugnis ohne vorhergehende Prüfung. An der Universität Breslau ließ sich Schäfer für das Wintersemester 1920/21 als Jurastudent einschreiben. In einer Studentenkompanie war Schäfer im dritten Polenaufstand an den Kämpfen am Annaberg beteiligt. Nach Fortsetzung seines unterbrochenen Studiums promovierte er am 1. August 1925 mit einer Dissertation über bürgerliches Recht zum Dr. iur. Schon 1925 war Schäfer dem Stahlhelm beigetreten und blieb dessen Mitglied bis zum Frühjahr 1928. Im April 1926 trat er als Kriminalkommissarsanwärter in den Polizeidienst ein und absolvierte seine Ausbildung am Polizeiinstitut in Berlin-Charlottenburg. Nach bestandener Abschlussprüfung Anfang 1928, wurde er am 1. März 1928 beim Polizeipräsidium in Breslau eingestellt und am 11. August 1928 als Kriminalkommissar zum Beamten auf Lebenszeit ernannt. Ende 1928 wurde er Leiter der Breslauer Mordkommission und blieb dies bis zu seiner Bestellung als Leiter der politischen Polizei am 26. Februar 1933. Die Beförderung zum Kriminalrat erfolgte am 1. September 1933.

Schäfer wechselte im Jahre 1928 von der Katholischen zur Evangelischen Kirche, aus der er jedoch auch 1936 austrat und sich, wie das Gros der SS-Führer, als gottgläubig bezeichnete. Nach dem Krieg kehrte er allerdings wieder zur Evangelischen Kirche zurück. Bereits zwei Jahre vor der Machtergreifung der Nationalsozialisten wurde Schäfer im Jahre 1931 förderndes Mitglied der SS. Anfang 1933 trat er der SA bei und wurde dort am 20. April 1933 zum SA-Truppführer ernannt. In weiteren Beförderungen wurde er Leiter der Staatspolizeistelle, Stapo, Oppeln im Mai 1934, SA-Sturmführer im Jahre 1935 und Regierungs- und Kriminalrat am 1. Oktober 1936.

Im September 1936 trat Schäfer auch der SS bei, nachdem er schon ab 1933 für den Sicherheitsdienst der SS, SD, tätig war. Er wurde als SS-Mann aufgenommen und gleichzeitig zum SS-Untersturmführer im SD befördert. Schon am 20. April 1937 folgte die Beförderung zum SS-Obersturmführer, am 1. August 1938 zum SS-Hauptsturmführer, am 9. November 1938 zum SS-Sturmbannführer und am 10. September 1939 zum SS-Obersturmbannführer. Schließlich trat Schäfer zum 1. Mai 1937 in die NSDAP ein, nachdem einem entsprechenden Antrag vom Mai 1933 offensichtlich wegen des verfügten Aufnahmestopps damals nicht entsprochen worden war.

Als Leiter der Stapostelle Oppeln hatte er zusammen mit Beamten seiner Dienststelle den vermeintlichen Überfall auf den Sender Gleiwitz vorgetäuscht, der als Vorwand für den Überfall auf Polen diente. Beim Überfall auf Polen übernahm Schäfer im Rahmen der "Intelligenzaktion" die Führung der Einsatzgruppe II, bestehend aus zwei Sonderkommandos mit etwa 300 Personen. Schäfers Vertreter wurde SS-Hauptsturmführer Günther Knobloch. Aufgabe der Einsatzgruppen der Sicherheitspolizei und des SD war die Bekämpfung aller reichs- und deutschfeindlichen Elemente rückwärts der fechtenden Truppe und gleichzeitig die möglichst umfassende Vernichtung der polnischen Intelligenz.

Die Einsatzgruppe II marschierte im Gefolge der 10. Armee des Feldmarschalls Walter von Reichenau von Oppeln aus in Polen ein und erreichte am 7. September 1939 Tschenstochau. Als ein Stabsoffizier der Heeresgruppe Süd 180 Zivilgefangene an die Einsatzgruppe II übergab und noch am selben Tag das Gerücht vernahm, dass die Gefangenen erschossen werden sollten, verlangte er deren Rückgabe. Schäfer erklärte ihm jedoch, dass er von Himmler den Befehl erhalten habe, alle Mitglieder polnischer Insurgentenverbände zu erschießen. Hierbei handele es sich um einen Befehl unmittelbar aus dem Führerzug an die Einsatzkommandos der Gestapo und Kommandeure der Ordnungspolizei. Schäfer war auch Teilnehmer einer großen Besprechung in Berlin am 21. September 1939, die Reinhard Heydrich mit den Amtschefs des Reichssicherheitshauptamtes, RSHA, Adolf Eichmann und den Führern der Einsatzgruppen durchführte. Heydrich informierte unter anderem die Teilnehmer über das den Juden und Polen zugedachte Schicksal und führte dazu aus:

"Die Juden-Deportation in den fremdsprachigen Gau, Abschiebung über die Demarkationslinie ist vom Führer genehmigt. Jedoch soll der ganze Prozess auf die Dauer eines Jahres verteilt werden. Die Lösung des Polenproblem, wie schon mehrfach ausgeführt, unterschiedlich nach der Führerschicht, der Intelligenz der Polen, und der unteren Arbeiterschicht des Polentums. Von dem politischen Führertum sind in den okkupierten Gebieten höchstens noch 3% vorhanden. Auch diese 3% müssen unschädlich gemacht werden und kommen in KZs. Die primitiven Polen sind als Wanderarbeiter in den Arbeitsprozess einzugliedern und werden aus den deutschen Gauen allmählich in den fremdsprachigen Gau ausgesiedelt."

Zusammenfassend stellte Heydrich fest:

1.) Juden so schnell wie möglich in die Städte

2.) Juden aus dem Reich nach Polen

3.) die restlichen 30.000 Zigeuner auch nach Polen

4.) systematische Ausschickung der Juden aus den deutschen Gebieten mit Güterzügen.

Emanuel Schäfer war daher, wie alle übrigen Einsatzgruppenführer, aufgrund seiner Funktion über die Absichten der obersten Führung aus erster Hand unterrichtet.

Nach Abschluss des deutschen Überfalls auf Polen wurde Schäfer zum Leiter der neu eingerichteten Staatspolizeistelle in Kattowitz bestellt. Sein Stellvertreter Günther Knobloch folgte ihm als Adjutant nach Kattowitz. Knobloch wechselte im August 1941 in das Referat IV A 1 des RSHA und war dort für die Bearbeitung der Ereignismeldungen der Einsatzgruppen der Sicherheitspolizei und des SD in der Sowjetunion zuständig. Kurz nach seiner Beförderung zum Oberregierungs- und Kriminalrat am 1. September 1940 übernahm er im Oktober 1940 die Leitung der Staatspolizeistelle in Köln, die er bis Ende 1941 innehatte. Am 6. Januar 1942 wurde Schäfer zum Befehlshaber der Sicherheitspolizei und des SD in Serbien ernannt und Ende des gleichen Monats zum SS-Standartenführer befördert. Der Chef des RSHA, Reinhard Heydrich, war mit den Leistungen von Schäfers Amtsvorgänger in Serbien, SS-Standartenführer Wilhelm Fuchs, nicht zufrieden und erwartete deshalb von ihm eine schärfere und wirksamere Bekämpfung der Aufständischen und Partisanen. Schäfer organisierte seine Dienststelle sogleich entsprechend dem Geschäftsverteilungsplan des RSHA in die folgenden sechs Abteilungen: Abteilung I: Personal, Organisation - Abteilung II: Verwaltung, Registratur - Abteilung III: Nachrichtendienst Inland - Abteilung IV: Gestapo, Kriminalrat und SS-Sturmbannführer Bruno Sattler, - Abteilung V: Kriminalpolizei, erst im Juni 1942 eingerichtet - Abteilung VI: Nachrichtendienst Ausland.

Ungeeignetes Personal ersetzte er umgehend und zeigte sich als strenger aber korrekter Dienstvorgesetzter. Die Befehlshaber der Sicherheitspolizei und des SD waren organisatorisch den Höheren SS- und Polizeiführern, HSSPF, der besetzten Gebiete unterstellt, erhielten jedoch ihre Weisungen bis auf Ausnahmefälle direkt vom RSHA. Die HSSPF waren somit grundsätzlich nicht weisungsbefugt, waren aber von allen Aktionen des BdS und dessen direkte Meldungen an das RSHA zu unterrichten. Nach Aufgabe seiner Tätigkeit als BdS Serbien nahm Schäfer an der Ardennenoffensive in Südbelgien teil und war anschließend BdS in Triest.

Nach Kriegsende und Kapitulation tauchte Schäfer in einer Einheit der Wehrmacht unter und verschaffte sich von dieser falsche Papiere auf den Namen Dr. Ernst Schleiffer. Nach kurzer amerikanischer Gefangenschaft und Entlassung bereits im Sommer 1945, hielt er sich unter seinem falschen Namen im Sauerland bei seiner ehemaligen Sekretärin und deren Mann auf. Er wurde hier Vertreter für Farben und Lacke und zog im Oktober 1949 nach Köln. Bis zu seiner Verhaftung aufgrund eines Haftbefehls der Spruchkammer Bielefeld im April 1951 lebte er in Köln weiterhin unter falschem Namen als Lagerarbeiter in einer Fell- und Häutehandlung zusammen mit seiner Ehefrau und seiner inzwischen geschiedenen Sekretärin.

Am 20. Juni 1951 wurde Schäfer von der 1. Spruchkammer in Bielefeld wegen seiner Zugehörigkeit zur Gestapo und zum SD zu einer Gefängnisstrafe von einem Jahr und neun Monaten Haft verurteilt. Durch Anrechnung seiner Untersuchungshaft hatte er die Strafe bis Februar 1953 verbüßt. Am 20. Juni 1953 verurteilte das Landgericht Köln Emanuel Schäfer aufgrund seiner Funktion als BdS Serbien wegen Beihilfe zum Mord in einem Fall und wegen Totschlags in zwei Fällen sowie wegen Beihilfe zum Mord an mehr als 5.000 Juden im Belgrader KZ Semlin zu je fünf Jahren und fünf Jahren und sechs Monaten Gefängnis, die zu einer Gesamtstrafe von sechs Jahren und sechs Monaten Gefängnis zusammengefasst wurden. Bei den beiden Einzelfällen handelte es sich um die Erschießung eines serbischen Zollbeamten wegen des angeblichen Verdachts, dieser habe zwei Volksdeutsche ermordet, sowie der kommunistischen Gymnasialprofessorin Silvira Tomasini, deren Erschießung Schäfer anordnete. Seine Entlassung erfolgte jedoch bereits 1956. Danach arbeitete Schäfer am Institut für Industriewerbung in Düsseldorf.

In einer Vernehmung am 27. Januar 1967 durch die Generalstaatsanwaltschaft beim Kammergericht Berlin sagte Schäfer im Ermittlungsverfahren gegen den ehemaligen stellvertretenden Leiter des Geheimen Staatspolizeiamtes Werner Best aus und bezeichnete diesen als den personellen Organisator für die Zusammenstellung der Einsatzgruppen der Sicherheitspolizei in Polen. Emanuel Schäfer steht für eine Vielzahl von Polizeibeamten, die sich den neuen Machthabern, wenn nicht aus innerer Zustimmung, so doch der beruflichen Karriere willen, zur Verfügung stellten. Dazu gehörten auch die Bejahung der nationalsozialistischen Ideologie und die Mitgliedschaft in verschiedenen politischen Organisationen. Neben seiner SA-, SS- und Partei-Mitgliedschaft gehörte er auch dem "Lebensborn" an, war Inhaber der von Himmler selbst geschaffenen Erinnerungszeichen, wie dem "Julleuchter" und dem SS-Totenkopfring. Als Polizeibeamter, der sich bereits vor der Machtübernahme zum Nationalsozialismus bekannt hatte, durfte er auch den Winkel mit Stern an seiner Uniform tragen. Als von ihm die Mordbefehle bei den Einsatzgruppen der Sicherheitspolizei in Polen und später als BdS in Serbien verlangt wurden, führte Schäfer diese verbrecherischen Befehle pflichtbesessen aus. Hierzu führte das Landgericht Köln in seinem Urteil aus: "So ist der Angeklagte bei aller im übrigen korrekten Haltung ein willfähriger Diener seines Führers gewesen, schließlich bereit, trotz allem Ekel vor befohlenem Unrecht und trotz der Erschütterung angesichts des grausamen Schicksals der Opfer die von oben an ihn herangetragenen Forderungen dennoch prompt zu erfüllen. Er gehört damit in die Reihe derer, die, korrekt in der Haltung und anständig in der Gesinnung, solange mit dem Nationalsozialismus mitgelaufen sind und von ihm Nutzen gezogen haben, bis sie sich nicht mehr lösen konnten und, aus beruflichen oder sonstigen Gründen, auch nicht mehr lösen wollten, und schließlich willfährig seinen verbrecherischen Zielen dienten."

Sein Untergebener Bruno Sattler, der als Gestapo-Chef von Belgrad fungiert hatte, war ein Jahr vorher bei ähnlichem Tatvorwurf von einem Gericht in der DDR zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt worden. Schäfer starb 1974 im Alter von 74 Jahren. Seine Grabstätte befindet sich auf dem Kölner Melaten-Friedhof.

Hermann Schäfer

Reichsamtsleiter Reichsautozug in der Reichspropagandaleitung der NSDAP

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ermann Schäfer, geboren um 1894, gestorben nach 1964, war ein deutscher Ingenieur, Propagandafunktionär, Hauptamtsleiter der Reichspropagandaleitung der NSDAP und SA-Führer, zuletzt im Rang eines SA-Gruppenführers. Schäfer, ein gelernter Ingenieur, stand spätestens seit 1932 als Lautsprechertechniker im Dienst der Propagandaabteilung der NSDAP.

Zwischen 1933 und 1945 nahm Schäfer als „Reichslautsprecherführer“ und Kommandant des "Reichsautozuges", 1933 bis 1936, beziehungsweise "Reichsautozuges Deutschland", von 1936 bis 1945, wichtige Funktionen im Propagandaapparat des NS-Staates ein. Als Lautsprecherführer war Schäfer verantwortlich für die technische Übertragung von Radioprogrammen sowie für die Übertragung von öffentlichen Ansprachen vor großem Publikum, insbesondere der Reden von Adolf Hitler, dessen häufiger Begleiter bei Reden vor Massenpublikum Schäfer als Mann für die Tontechnik war. Wie es in einem Porträt in der Illustrierten Quick in den 1960er Jahren hieß: "Er diente buchstäblich der Stimme seines Herrn, wo immer sein Führer sprach, war Hermann Schäfer verantwortlich für die technische Übertragung. Wann immer der Zerstörer Europas ein Mikrophon benötigte, stand Herrmann Schäfer hinter ihm."

Beim ursprünglichen Reichsautozug handelte es sich um ein 1933 mit Mitteln des Reichsschatzmeisters der NSDAP, Franz Xaver Schwarz, geschaffenes Korps aus Übertragungsfahrzeugen, das dem Ziel diente, bei Massenveranstaltungen Propaganda durch Lautsprecher unters Publikum bringen zu können. Mit Wirkung zum 1. Mai 1936 wurden Schäfer und sein Reichsautozug als Reichsautozug Deutschland offiziell der Reichspropagandaleitung eingegliedert, der sie de facto bereits zuvor unterstanden hatten. Seither oblag ihm innerhalb des Geschäftsbereiches der Propagandaleitung die Führung des gesamten Hauptamtes V, Reichsautozug Deutschland, und zusätzlich die Leitung des innerhalb dieses Hauptamtes angesiedelte Amt IV, Mobiler Zug. In dieser Eigenschaft figurierte er auch als Referent für Rundfunkwirtschaft.

Im Mai 1945 versteckte Schäfer elf Kisten mit luftdicht verpackten Eisenkassetten mit auf Chrom-Nickel-Platten übertragenen unbekannten Hitler-Reden aus dem Schallarchiv der NSDAP in einer Mulde unter einer Brücke am Tegernsee. 1964 enthüllte er dies der Zeitschrift Quick, wobei noch acht Kisten vorgefunden werden konnten.

Gustav Adolf Scheel

Reichsstudentenführer, später Reichsdozentenführer

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ustav Adolf Scheel, geboren 22. November 1907 in Rosenberg, Baden, gestorben am 25. März 1979 in Hamburg, war ein deutscher nationalsozialistischer Funktionär und SS-Führer, zuletzt im Rang eines SS-Obergruppenführers und Generals der Polizei. In der Zeit des Nationalsozialismus war er unter anderem Reichsstudentenführer. Nach dem Westfeldzug war er Befehlshaber der Sicherheitspolizei und des SD im besetzten Elsass. Ab 1941 war er Gauleiter und Reichsstatthalter in Salzburg. Nach dem Krieg mehrfach verhaftet und interniert, lebte er von 1954 bis zu seinem Tod als niedergelassener Arzt in Hamburg. Gustav Adolf Scheel war Sohn eines evangelischen Pfarrers. Er besuchte humanistische Gymnasien in Freiburg, Tauberbischofsheim und Mannheim. Schon als Schüler engagierte er sich auf dem nationalistischen Flügel der deutschen Jugendbewegung, Deutsche Freischar, Großdeutscher Jugendbund. Dabei kam er frühzeitig in Kontakt mit NS-Kreisen. Ab 1928 studierte er an der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg zunächst Rechtswissenschaft, Volkswirtschaft und Theologie, um Pfarrer zu werden. Er intensivierte seine Mitarbeit in studentischen Zirkeln und trat im Wintersemester 1928/29 dem Verein Deutscher Studenten Heidelberg, VDSt, bei.Ein Jahr später war er Vorsitzender dieser Korporation. Er blieb bis zu seinem Tod Alter Herr.

1929 trat er dem Nationalsozialistischen Deutschen Studentenbund, NSDStB, am 1. Oktober 1930 der SA und zum 1. Dezember 1930 der NSDAP bei. Er zog für kurze Zeit nach Tübingen und begann ein Medizinstudium, das er an der Universität Heidelberg fortsetzte. Nach Heidelberg zurückgekehrt, wurde er rasch zu einem der Hauptpropagandisten der Nationalsozialisten an der Hochschule. Als Hochschulgruppenführer des NSDStB leitete er die Kundgebungen der Heidelberger NS-Studenten gegen den Pazifisten Emil Gumbel, die 1932 zum Entzug von dessen Lehrberechtigung führten. Im Mai 1933 beteiligte er sich an der Organisation der Bücherverbrennung in Heidelberg und trat dort auch als Redner auf.

1933 wurde Scheel auch Vorsitzender des Heidelberger AStA. In dieser Zeit wurde er Mentor von Hanns Martin Schleyer, der sich unter Scheels Anleitung der NSDAP und der SS anschloss, und konnte somit Einfluss auf die Berufungen und Personalpolitik der Universität nehmen. Im April 1934 machte Scheel sein medizinisches Staatsexamen, absolvierte sein Medizinalpraktikum und promovierte Ende Mai 1935 in Heidelberg zum Dr. med. Er wurde zudem in die Bundesführung des NSDStB berufen und am 6. November 1936 zum Reichsstudentenführer ernannt und wurde somit Hauptamtsleiter der NSDAP. Als Studentenfunktionär und später auch als Inhaber der Kontrolle über das Deutsche Studentenwerk, als dieses dem Reichsstudentenführer unterstellt wurde, trat Scheel für die Ausschließung von Studenten jüdischer Abstammung von der Nutznießung sozialer Einrichtungen an der Universität ein. Ab 1938 war zudem Präsident des Deutschen Studienwerks für Ausländer. Am 26. Mai 1939 eröffnete er das von Arnold Brügmann geleitete Institut für Studentengeschichte und Hochschulkunde auf der Würzburger Festung Marienberg. Seit Mitte September 1934 war Scheel Mitglied der SS und machte ab diesem Zeitpunkt als hauptamtlicher SD-Mitarbeiter innerhalb dieses NS-Geheimdienstes eine rasche Karriere. Von August 1935 bis September 1939 leitete er den SD-Oberabschnitt Südwest mit Dienststelle in Stuttgart. Als Studentenfunktionär brachte er eine große Anzahl NS-Jungakademiker zum SD, die nach dem deutschen Überfall auf die Sowjetunion hohe Positionen innehatten, wie Walter Stahlecker, Martin Sandberger, Erwin Weinmann, Albert Rapp, Erich Ehrlinger und Eugen Steimle. Alle genannten gingen danach den Weg über verschiedene Abteilungen des Reichssicherheitshauptamtes, RSHA, und wurden nach Kriegsbeginn gegen die Sowjetunion Anführer verschiedener Einsatzgruppen.

Nach der Besetzung Frankreichs im Sommer 1940 und der Zuordnung des Elsass zum Gau Baden-Elsass fungierte Scheel als Befehlshaber der Sipo, Sicherheitspolizei, und des SD bei der Zivilverwaltung im Elsass. Er befahl am 2. Juli 1940 den beiden ihm unterstehenden Einsatzkommandos die Errichtung des Sicherungslager Schirmeck-Vorbruck in einem von der französischen Armee errichteten Barackenlager, das am 2. August 1940 eröffnet wurde. Die gesamte SS-Gewalt im Elsass lag in seinen Händen. Im Oktober 1940 organisierte er die Deportation der Karlsruher Juden im Zuge der Wagner-Bürckel-Aktion. 1941 war er bereits SS-Brigadeführer und Generalmajor der Polizei. Scheel war vom 1. Mai 1941 bis 24. November 1941 Höherer SS- und Polizeiführer Alpenland und wurde am 27. November 1941 Gauleiter und Reichsstatthalter des Reichsgaus Salzburg. Nach Aufdeckung von Widerstandsgruppen in Salzburg organisierte er dort eine groß angelegte Verhaftungswelle und mehrere Hinrichtungen von Eisenbahnern. 1943 setzte er sich beim Vorgehen gegen die Widerstandsgruppe Weiße Rose dafür ein, dass deren Mitglieder nicht als Studenten hingerichtet würden, sondern als asoziale ehemalige Wehrmachtsangehörige, da diese Verbrecher nicht das Bild der Studentenschaft beflecken dürften.

Ab Ende Juni 1944 wurde Scheel als Reichsdozentenführer Leiter des Nationalsozialistischen Deutschen Dozentenbundes. Er trat hier die Nachfolge von Walter Schultze an. Am 1. August 1944 wurde Scheel zum SS-Obergruppenführer und zugleich zum Gauleiter und Präsidialrat im Reichsforschungsrat befördert. Als sich 1944/45 Deutschlands Niederlage abzeichnete, wurde er noch Führer des Volkssturms im Gau Salzburg. Am 29. April 1945 bestimmte ihn Adolf Hitler in seinem politischen Testament zum Reichsminister für Wissenschaft, Erziehung und Volksbildung. Laut dem Salzburger Erzbischof Andreas Rohracher hat Scheel auf dessen Bitten zu Kriegsende den Befehl zur Verteidigung der Stadt Salzburg widerrufen und damit die Zerstörung der Stadt verhindert.

Scheel galt in der Nachkriegszeit trotz seiner schweren Verbrechen als Vorzeige-Nationalsozialist mit landesväterlichen Zügen, der die Studenten und Universitäten umsorgt habe. In der jüngeren Forschung wird er differenzierter bewertet. Wegen fehlender Skandale und Affären und seiner Ablehnung von Korruption wird er günstiger als andere NS-Größen beurteilt. Auch die ihm zugute geschriebene Rettung Salzburgs, die allerdings nur auf der Aussage eines einzigen Zeugen beruht, wird meist positiv vermerkt. Bei Kriegsende brachte Scheel den Großmufti von Jerusalem und SS-Kollaborateur Mohammed Amin al-Husseini, der sich in Österreich befand, von Salzburg mit einem zuverlässigen Mann über die Schweizer Grenze vor den Alliierten in Sicherheit. Deswegen war der Großmufti Scheel sehr dankbar. Der Spiegel gibt sogar an, dass Scheel auf Grund dessen 1952 eine Einladung als Arzt und Klinikleiter nach Teheran erhielt, die er ablehnte.

Nach der kampflosen Übergabe Salzburgs an die Amerikaner am 4. Mai floh Scheel, stellte sich jedoch am 14. Mai 1945 in St. Veit den US-Amerikanern und wurde interniert. Nach mehreren Stationen in Lagern und Gefängnissen wurde er am 24. Dezember 1947 aus der Haft entlassen. Auf eigenen Antrag wurde er erneut interniert und nach Heidelberg zur Entnazifizierung verbracht. Im dortigen Spruchkammerverfahren wurde er 1948 zu fünf Jahren Arbeitslager verurteilt und als Hauptschuldiger eingestuft. Man entzog ihm die ärztliche Approbation. Am 24. Dezember 1948 wurde er nach einem Berufungsverfahren als Mitschuldiger eingestuft. Zu seinen Gunsten hatte unter anderem der Salzburger Erzbischof Andreas Rohracher interveniert, denn Scheel hatte bei Kriegsende auf sein Bitten den Befehl zur Verteidigung der Stadt ignoriert und damit die drohende Zerstörung verhindert. Scheel erhielt daraufhin die Approbation wieder und wurde entlassen. Er arbeitete anschließend zunächst als Nachtarbeiter im Hamburger Hafen und dann als Assistenzarzt am Rautenberg-Krankenhaus in Hamburg. 1951 bis 1953 gehörte er zusammen mit anderen NS-Größen wie Werner Best zum Naumann-Kreis. Im Januar 1953 wurde er von der britischen Militärpolizei wegen des Verdachts des Aufbaus einer Geheimorganisation verhaftet und später deutschen Behörden übergeben. Ein halbes Jahr verbrachte Scheel im Zuchthaus Werl und Gefängnis Karlsruhe. Am 17. Juni 1953 wurde er aus der Haft entlassen. Sein Verfahren wurde am 3. Dezember 1954 eingestellt. Ein Freund von ihm war in jener Zeit der auch in Hamburg lebende ehemalige NSDAP-Politiker Alfred Eduard Frauenfeld.

Vom Februar 1954 bis zum 8. April 1977 war er niedergelassener Arzt in Hamburg. Scheel war mit Hanns Martin Schleyer bis zu dessen Tod eng befreundet. Scheel war ab 1935 verheiratet und Vater von vier Kindern.

Walter Schellenberg

Leiter des Amtes VI, Auslandsnachrichtendienst im Reichssicherheitshauptamt

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riedrich Walter Schellenberg, geboren 16. Januar 1910 in Saarbrücken, gestorben am 31. März 1952 in Turin, Italien, war ein deutscher SS-Brigadeführer und Generalmajor der Polizei, ernannt am 21. Juni 1944. Schellenberg war ab Mitte 1944 Leiter des Auslandsnachrichtendienstes, Amt VI im Reichssicherheitshauptamt, RSHA, und den Restbeständen der zerschlagenen militärischen Abwehr, die hier zum Teil aufgingen. Er wurde im Wilhelmstraßen-Prozess wegen Kriegsverbrechen zu sechs Jahren Haft verurteilt.

Walter Schellenberg wurde als Sohn des aus Metz stammenden Klavier- und Musikalienhändlers Guido Franz Bernhard Schellenberg und dessen Frau Lydia, in Saarbrücken geboren und hatte sechs Geschwister. Seine Familie zog 1918 nach Luxemburg um, nachdem Frankreich das Saargebiet besetzt hatte. Ab 1929 studierte Schellenberg zunächst Medizin an der Universität Marburg, dann Rechtswissenschaften an der Universität Bonn. In Marburg trat er dem Corps Guestphalia, dem Corps Guestphalia et Suevoborussia Marburg, im KSCV bei.

Zum 1. Mai 1933 trat er der NSDAP bei und schloss sich auch der SS an. Heinrich Himmler war beeindruckt von Schellenberg, der so als jüngster SS-General Karriere machen konnte. Er arbeitete im Geheimdienst SD, Sicherheitsdienst, und war im Juli 1940 an der versuchten Entführung des ehemaligen englischen Königs Eduard VIII. aus Portugal, Unternehmen Willi, beteiligt. In Berlin arbeitete Schellenberg direkt mit Reinhard Heydrich zusammen, den er nach dessen Tod als Nachfolger beerben wollte. Nachfolger als Chef des Reichssicherheitshauptamtes des bei einem Anschlag umgekommenen Heydrich wurde jedoch Ernst Kaltenbrunner. Zusammen mit Heydrich arbeitete Schellenberg gegen die Widerstandsgruppe Rote Kapelle. Von Adolf Hitler und Himmler übernahm er, laut Memoiren, einen Mordauftrag gegen Otto Strasser, den er aber nicht ausführte, weil Strasser nicht in Portugal war, wohin Schellenberg geflogen war, weil er ihn dort vermutete. Zudem war er an der Organisation des Einmarsches in die Tschechoslowakei beteiligt.

Im Sommer 1939, unmittelbar vor dem Überfall auf Polen, erwarb Schellenberg im Auftrag Heydrichs namens der SS-Nordhav-Stiftung den Katharinenhof auf Fehmarn, der als SS-Erholungsheim betrieben wurde. Am 9. November 1939 organisierte Schellenberg den Venlo-Zwischenfall und entführte zwei britische MI6-Agenten in der niederländischen Stadt Venlo. Der Venlo-Zwischenfall machte weite Teile des britischen Spionagenetzes in West- und Mitteleuropa nahezu wertlos. Er führte zum Rücktritt des niederländischen Geheimdienstchefs und lieferte Hitler im Mai 1940 einen Vorwand für den Überfall auf die Niederlande.

1940 ließ Schellenberg unter Hinzuziehung des Bereiches Fremde Heere und der Abwehr, ein Handbuch für die geplante deutsche Invasion in England erstellen. Mit nur ganz wenigen Ausnahmen war dieses Operationsgebiet sehr lange und intensiv im Fokus des Auslandsnachrichtendienstes. Ganz anders sah es mit den für den geplanten Überfall auf Norwegen und Dänemark wenige Wochen später benötigten Vorinformationen aus. Dem Handbuch für Großbritannien war eine Sonderfahndungsliste "G.B." beigefügt. Diese gehört zu den interessantesten Geheimdienstdokumenten, die 1945 durch die Alliierten nach dem Zweiten Weltkrieg in Deutschland aufgefunden wurden.

Von 1939 bis 1941 war er Leiter der polizeilichen Spionageabwehr der Gruppe IV E des RSHA und fungierte danach bis Kriegsende als Leiter des Auslandsnachrichtendienstes im Amt VI des RSHA. Nachdem Schellenberg Canaris Ende Juli 1944 festgenommen hatte, konnte er auch teilweise dessen militärischen Geheimdienstapparat übernehmen, zerschlagen beziehungsweise darauf Einfluss nehmen.

Schellenberg war auch für den persönlichen Schutz hoher NS-Funktionäre verantwortlich. So organisierte er unter anderem die Sicherheitsvorkehrungen bei Hitlers Besuchen in Wien nach dem Anschluss Österreichs 1938 und in Warschau nach dem Überfall auf Polen 1939.Des Weiteren betreute er ab 1942 das Unternehmen Zeppelin des SS-Obersturmbannführers Heinz Gräfe, der versuchte, gefangene Soldaten der Roten Armee zur Zusammenarbeit mit den Deutschen zu bewegen. In seinen Zuständigkeitsbereich fiel darüber hinaus die Aktion Bernhard, bei der Häftlinge im KZ Sachsenhausen massenhaft britische Pfundnoten zur Schwächung der Wirtschaft Großbritanniens fälschen mussten. Im weiteren Kriegsverlauf soll Schellenberg an der Erpressung von Devisen von jüdischen Gemeinden beteiligt gewesen sein.

Als das Ende des Dritten Reiches absehbar war, trat er im Auftrag Himmlers in Kontakt mit westlichen Institutionen wie Graf Folke Bernadotte vom Schwedischen Roten Kreuz. Er hielt auch Kontakt zu Paul Eduard Meyer vom militärischen Nachrichtendienst der Schweiz. In den letzten Kriegstagen flüchtete er über die Rattenlinie Nord nach Flensburg.

Im Dezember 1943 traf Schellenberg auf Vermittlung von Himmlers Masseur Felix Kersten den amerikanischen Geschäftsmann und Agenten des Office of Strategic Services, OSS, Abram S. Hewitt in Stockholm. Er versprach sich davon, über Hewitt, einen engen Freund von Franklin D. Roosevelt, einen Gesprächskanal zur amerikanischen Regierung zu eröffnen. Am 8. August 1945 beschrieb Schellenberg, Gefangener in Camp 020, Lashmere House, in einem Memorandum Einzelheiten dieses Gesprächs:

IIch traf Hewitt im Wohnraum seines Hotelapartments. Kersten hatte uns vorgestellt, sich dann aber zurückgezogen. Hewitt gab sich in einer sehr freundlichen Art, ein ruhiger, angenehmer Mann, mit dem ich mich gleich gut verstand. Wir waren sogleich darin einverstanden, keine Zeit mit diplomatischen Floskeln zu verlieren, sondern gleich zum Kern der Sache zu kommen. Mit völliger Offenheit erklärte ich meine Sicht der generellen Situation in Deutschland. Ich erwähnte besonders die stetig wachsenden internen Schwierigkeiten, die sehr kritische Position in Staat, Partei und Wirtschaft, die stetig wachsende Kriegsmüdigkeit der gesamten Bevölkerung mit all ihren Konsequenzen, die weit verbreiteten radikalen Gefühle der Arbeiterklassen, das Nachlassen der Leistungen, der fast systematische Niedergang von Widerstandswillen und -kraft der Wehrmacht. Mein Plan war es, Himmler zu überzeugen, sobald wie möglich einen Vorschlag für einen Kompromissfrieden für die Westmächte zu machen, aber ich ließ es absichtlich vage, ob dies mit oder ohne Hitlers Einverständnis sein würde."

Im Juni 1945 wurde er inhaftiert, konnte jedoch durch seine Zeugenaussage beim Nürnberger Kriegsverbrecherprozess eine langjährige Haftstrafe vermeiden. Angeblich hat Schellenberg Informationen über die Sowjetunion an Allen Dulles weitergegeben. Im April 1949 wurde er laut Urteil des Militärgerichtshofs Nr. IV im Wilhelmstraßen-Prozess zu sechs Jahren Haft ab dem 17. Juni 1945 verurteilt. Nach zwei Jahren, in denen er seine Memoiren. Mit dem Titel Das Labyrinth schrieb, wurde er im Dezember 1950 wegen eines Leberleidens vorzeitig aus dem Kriegsverbrechergefängnis Landsberg entlassen. Nach 1950 lebte Schellenberg laut Angaben Klaus Harpprechts von den Tantiemen und Honorarvorschüssen für seine Autobiographie. Zudem soll er auch den britischen Geheimdienst beraten haben. Schellenberg ließ sich nach seiner Haftentlassung in Pallanza am Lago Maggiore nieder und soll noch 1951 in Spanien versucht haben, Kontakt mit anderen ehemaligen SS-Angehörigen aufzunehmen. Er starb am 31. März 1952 42-jährig in Turin an Krebs.

Schellenberg heiratete im Mai 1938 Käthe Kortekamp. Die Ehe war durch Wilhelm Albert, Personal- und Organisationschef des SD-Hauptamtes, arrangiert worden, wurde jedoch bald wieder annulliert. Im Oktober 1940 heiratete er seine zweite Ehefrau Irene Grosse-Schönepauk, mit der er fünf Kinder bekam. Seine in der Haft geschriebenen Memoiren, Aufzeichnungen wurden als Versuch aufgefasst, sich als möglichst unbelasteter Beschaffer von Informationen für das Dritte Reich zu zeigen. Der Spiegel sah in dem Buch ebenfalls die Absicht Schellenbergs, seine Tätigkeiten im SD nachträglich einer breiten Öffentlichkeit zu präsentieren.

Schellenberg wird seit den 1950er Jahren mit der historisch nicht belegbaren Abhöraktion im Salon Kitty in Verbindung gebracht, einem Berliner Wohnungsbordell, in dem Prominente verkehrten und von der SS ausspioniert worden sein sollen. Auf einem Roman von Peter Norden, der diese Geschichte ausdichtet, basierte der Kinofilm Salon Kitty von Tinto Brass, in dem die Figur Helmut Wallenberg dem SS-Geheimdienstler Walter Schellenberg nachempfunden ist.

Nach eigenen Angaben soll er 1944 mit Hilfe der französischen Modedesignerin Coco Chanel versucht haben, Winston Churchill einen Separatfrieden der Westalliierten mit Deutschland zu unterbreiten.

Hans Schemm

Gauleiter Oberfranken, Gauleiter Bayerische Ostmark

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ans Heinrich Georg Schemm, geboren 6. Oktober 1891 in Bayreuth, dort gestorben am 5. März 1935, war ein deutscher Lehrer und Politiker. Er war NSDAP-Gauleiter der Bayerischen Ostmark, Reichswalter des Nationalsozialistischen Lehrerbunds, NSLB, und Bayerischer Kultusminister. Hans Schemm wurde als zweiter von drei Söhnen des Konrad Schemm und der Babette Meyer in der Bayreuther Brautgasse geboren, wo seine Eltern eine Schusterei betrieben. Aufgrund der Beanspruchung der Eltern als Lieferanten des örtlichen Militärs wuchs er überwiegend bei seiner Großmutter auf. Sie weckte bei ihm das Interesse für Geschichte und Mythen. Er besuchte zunächst die Volksschule und von 1905 bis 1910 drei Jahre Präparandenschule und zwei Jahre Seminarkurse, das Lehrerseminar an der Königlich-Bayerischen Lehrerbildungsanstalt Bayreuth. 1915 heiratete er die vier Jahre ältere, aus vermögendem Hause stammende, Baumeisterstochter Babetta Lorenzia Zeitler. 1917 wurde der Sohn Rudolf geboren.

Ab 1910 unterrichtete Schemm als Lehrer zunächst in Wülfersreuth, ab 1911 dann in Neufang und ab 1920 an der Altstadtschule, der späteren Hans-Schemm-Schule in Bayreuth. Während seiner Zeit als Lehrer experimentierte er mit Chemikalien und arbeitete mit seinem Mikroskop. Er wurde 1911 vom Wehrdienst zurückgestellt und der Ersatzreserve zugeteilt. Am sechsten Mobilmachungstag wurde er auf dringende Vorstellungen zuständiger Militärärzte als Krankenwärter beim Reservelazarett in Bayreuth eingesetzt. Im Winter 1915/16 infizierte er sich mit Tuberkulose, was wieder zeitweise zur Freistellung vom Wehrdienst führte. Die Glasplatte einer Aufnahme, die ihn in Sanitätsuniform zeigte, ließ er später vernichten, um den Makel, nicht gedient zu haben, zu vertuschen. Vom 18. April bis 6. Mai 1919 gehörte er dem Freikorps Bayreuth an. An der gewaltsamen Niederschlagung der Münchner Räterepublik am 2. Mai 1919 nahm er nicht mehr aktiv teil, weil er erst danach in München eintraf.

Schemm wurde im September 1920 Laborant eines bakteriologisch-chemischen Labors der Chemischen Werke Werchow in Thale, ehemals Sanatorium Hubertusbad, das jedoch bereits 1921 aus finanziellen Gründen schloss. Schemm, der sich zuvor wissenschaftlich mit chemisch-biologischen Fragen befasst hatte, kehrte wieder in den Schuldienst zurück. Nebenberuflich lehrte er zwischen 1921 und 1928 an der Volkshochschule. In den 1930er Jahren glaubte er an eine rasseneigene Spezifität des Eiweißes und bezeichnete artfremdes Eiweiß als Gift.

1923 trat Schemm der NSDAP bei und lernte beim Deutschen Tag am 30. September 1923 Adolf Hitler kennen. 1924 wurde er Beisitzer im Völkischen Bund Bayreuth. Am 27. Februar 1925 gründete Schemm die NSDAP-Ortsgruppe Bayreuth und im gleichen Jahr den Gau Oberfranken der NSDAP. Schemm baute die Organisation zielstrebig auf, wobei sich eine persönliche Rivalität zum Bayreuther SPD-Reichstagsabgeordneten Friedrich Puchta entwickelte.

Im Januar 1926 wurde ihm bei der Eintragung in die Münchner Zentralkartei die Mitgliedsnummer zugewiesen. 1928 wurde Schemm Mitglied des Bayerischen Landtags und daneben Leiter des Bezirks Franken der nationalsozialistischen Gesellschaft für deutsche Kultur. 1932 schied er aus dem Landtag aus. Systematisch bereitete Schemm die örtliche NSDAP auf die Wahlkämpfe vor, zunächst für die Stadtratswahlen 1929. Die NSDAP erreichte neun Mandate, Schemm wurde Fraktionsvorsitzender. Der Einzug der NSDAP-Fraktion führte zu häufigen Tumulten und einer Prügelei, die durch das aggressive Verhalten der NSDAP-Mitglieder und insbesondere Schemms veranlasst waren.

Als Spitzenkandidat für Franken trat Schemm im 1930 bei einer Großveranstaltung der NSDAP-Ortsgruppe von Neustadt an der Aisch auf, zu der alle Lehrer des Bezirks eingeladen waren und Juden keinen Zutritt hatten. 1930 wurde Schemm Mitglied des Reichstags und blieb es bis zu seinem Tod.

1929 gründete Schemm den Nationalsozialistischen Lehrerbund, NSLB, dem er als Reichswalter vorstand. Auf seine Initiative hin entstand im Rahmen des NSLB eine Arbeitsgemeinschaft von Geistlichen beider Konfessionen. Dies führte zur Bildung einer Arbeitsgemeinschaft nationalsozialistischer evangelischer Geistlicher, die sich ab Mitte 1931 Nationalsozialistischer Evangelischer Pfarrerbund, NSEP, nannte. Der Lehrer Hans Schemm betätigte sich als Propagandist eines von diesem vertretenen sogenannten Positiven Christentums. In einem postumen Spruchkammerverfahren wurde Schemm vom späteren bayerischen Landesbischof Hans Meiser gelobt, er habe eine durchaus verständnisvolle und wohlwollende Haltung gegenüber der evangelischen Landeskirche gezeigt.

1928 und 1929 hatte Schemm die Leitung mehrerer nationalsozialistischer Zeitungen, Streiter, Weckruf und Nationale Zeitung, aufgrund seiner parlamentarischen Immunität übernommen, die er jedoch kurze Zeit später bereits wieder abgab, da es zu viele aufreibende Prozesse gab und sich die Redaktionen nicht immer an seine Anweisungen hielten. Im April 1929 gründete Schemm eine eigene Zeitung, ab August des gleichen Jahres erschien dann die Nationalsozialistische Lehrerzeitung, später benannt Der deutsche Erzieher. Reichszeitung, das Verbandsorgan des NS-Lehrerbundes. Am 1. Oktober 1930 erschien die von Schemm herausgegebene Wochenzeitung Kampf für deutsche Freiheit und Kultur, welche die Auflage von zunächst 3.000 Stück auf 20.000 Stück steigerte. In verbaler Radikalität stand Schemm Julius Streicher, dem Herausgeber des antisemitischen Hetzblatts Der Stürmer, nicht viel nach. Er sprach von "Geldschweinen und Bonzen sowie davon, dass an jedem Laternenpfahl ein Jude baumeln sollte". Am 21. Januar 1931 schrieb die Regierung von Oberfranken an die Stadt Bayreuth, Der Kampf verschmähe kein Mittel des politischen Kampfes, seine Sprache sei geradezu unanständig.

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