Es begann in Paris - Barbara Taylor Bradford - E-Book

Es begann in Paris E-Book

Barbara Taylor Bradford

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Beschreibung

Sieben Jahre sind vergangen, seit Alexandra, Kay, Jessica und Maria ihren Abschluss an einer renommierten Kunstschule in Paris gemacht haben. Keine von ihnen hat die glücklichen Studienjahre vergessen - aber leider auch nicht den Streit, der damals ihre Freundschaft zerstörte, oder die Männer, die sie in Paris zurückgelassen haben. Als ihre geliebte Lehrerin anlässlich ihres 85. Geburtstags ein Fest gibt, kehren die vier nach Paris zurück. Schon bald wird ihnen klar, dass ihre gemeinsame Vergangenheit nicht abgeschlossen ist. Und sie ihre Freundschaft mehr denn je brauchen.

Ein wunderbarer Roman über starke Frauen, Freundschaft und Liebe.

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Inhalt

Cover

Weitere Titel der Autorin

Über dieses Buch

Über die Autorin

Titel

Impressum

Widmung

Prolog

TEIL 1: Les girls

1

2

3

4

5

6

7

8

9

10

TEIL 2: Doyenne

11

12

13

14

TEIL 3: Die Suche

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19

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29

30

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TEIL 4: Das Fest

32

33

Weitere Titel der Autorin

Die Emma-Harte-Saga:

Des Lebens bittere Süße

Bewahrt den Traum

Und greifen nach den Sternen

Und plötzlich reißt der Himmel auf

Ein Geschenk des Schicksals

Am Ende wartet die Liebe

Die Yorkshire-Saga:

Cavendon Hall – Zeiten des Verrats

Cavendon Hall – Momente des Glücks

Cavendon Hall – Jahre des Schicksals

Cavendon Hall – Tage des Aufbruchs

Stephanies Geheimnis – Ein Hauch von Ewigkeit

Audras Erbe – Wer Liebe sät

Über dieses Buch

Sieben Jahre sind vergangen, seit Alexandra, Kay, Jessica und Maria ihren Abschluss an einer renommierten Kunstschule in Paris gemacht haben. Keine von ihnen hat die glücklichen Studienjahre vergessen – aber leider auch nicht den Streit, der damals ihre Freundschaft zerstörte, oder die Männer, die sie in Paris zurückgelassen haben. Als ihre geliebte Lehrerin anlässlich ihres 85. Geburtstags ein Fest gibt, kehren die vier nach Paris zurück. Schon bald wird ihnen klar, dass ihre gemeinsame Vergangenheit nicht abgeschlossen ist. Und sie ihre Freundschaft mehr denn je brauchen.

Ein wunderbarer Roman über starke Frauen, Freundschaft und Liebe.

Über die Autorin

Barbara Taylor Bradford verbrachte ihre Kindheit und Jugend in England. Sie arbeitete als Journalistin, bevor sie im Alter von achtzehn Jahren begann, Kinderbücher zu schreiben. Schon bald folgten Romane, der Durchbruch gelang ihr mit »Des Lebens bittere Süße«. Seitdem hat sie fünfundzwanzig Bücher geschrieben, die allesamt Bestseller wurden. Sie widmet alle Werke ihrem Mann.

Barbara Taylor Bradford

Es begann in Paris

Aus dem Englischen von Margarethe van Pée

Digitale Erstausgabe

»be« – Das eBook-Imprint der Bastei Lübbe AG

Für die Originalausgabe:

Copyright © 2002 by Barbara Taylor Bradford

Titel der Originalausgabe: „Three Weeks in Paris“

Originalverlag: Doubleday, a division of Random House, Inc., New York

Für die deutschsprachige Erstausgabe:

Copyright © der deutschen Übersetzung 2003 by Ullstein Heyne List GmbH & Co. KG, München

Titel der deutschsprachigen Erstausgabe: Es begann in Paris

Für diese Ausgabe:

Copyright © 2021 by Bastei Lübbe AG, Köln

Covergestaltung: Guter Punkt, München

unter Verwendung von Motiven © jasckal / Adobe Stock

© kitthanes / iStock / Getty Images Plus

© phatthanit_r / iStock / Getty Images Plus

eBook-Erstellung: 3w+p GmbH, Rimpar (www.3wplusp.de)

ISBN 978-3-7517-0329-1

www.be-ebooks.de

www.lesejury.de

Für Bob, den Mann für alle Jahreszeiten, in Liebe

Prolog

Der Mann auf der Rue Jacob schlug fröstelnd den Kragen seines Mantels hoch. Es war ein bitterkalter Februartag, und ein eisiger Wind blies durch die Straßen von Paris.

Der Himmel war blassblau, und die Sonne warf einen silbrigen Schein über die Dächer, ohne jede Wärme. Aber Paris war bei jedem Wetter wundervoll, sogar der Regen hatte eine besondere Qualität.

Er winkte nach einem Taxi, und als es vor ihm am Bordstein hielt, sprang er hinein und wies den Fahrer an, ihn zum nächsten Postamt zu bringen. Dort warf er einundsiebzig bereits mit Briefmarken versehene Umschläge in den Briefkasten und stieg dann wieder ins Taxi.

Als Nächstes nannte er dem Fahrer die Adresse des Pariser FedEx-Büros. Er lehnte sich auf dem Rücksitz zurück und blickte ab und zu aus dem Fenster. Er war froh, wieder in der Stadt der Lichter zu sein. Nur die Kälte machte ihm zu schaffen.

Im FedEx-Büro füllte der Mann mehrere Formulare aus und reichte sie dem Angestellten zusammen mit vier weiteren Briefumschlägen, die alle in den nächsten vierundzwanzig Stunden zugestellt werden sollten. Sie gingen in vier weit entfernte Städte in unterschiedlichen Winkeln der Welt. Wieder im Taxi, ließ er sich zum Quai Voltaire fahren. Dort am linken Seineufer lag sein Lieblingsbistro. In Gedanken versunken eilte er in das Lokal, ohne zu ahnen, dass er gerade eine folgenschwere Kette von Ereignissen in Bewegung gesetzt hatte. Was er getan hatte, würde das Leben einiger Personen für immer verändern.

TEIL 1:Les girls

1

Alexandra

Es war die Zeit des Tages, die sie am liebsten mochte. Blaue Stunde. Der späte Nachmittag, wenn die Farben verschwammen und das Licht weich wurde.

Ihr Kindermädchen hatte immer blaue Stunde dazu gesagt. Ihr gefiel der Ausdruck; er beschwor eine traumhafte Stimmung herauf, und schon als kleines Mädchen hatte sie sich immer besonders auf diese Tageszeit gefreut. Wenn sie zusammen mit dem Kindermädchen und ihrem Bruder Tim von der Schule nach Hause ging, hatte sie aufgeregt und erwartungsvoll der blauen Stunde entgegengesehen. Dieses Gefühl hatte sich nicht verändert, und ganz gleich, wo auf der Welt sie sich aufhielt, die Abenddämmerung erfüllte sie immer mit Vorfreude.

Sie trat von ihrem Zeichentisch ans Fenster ihres Lofts und blickte über Manhattan. Gerade jetzt war für Alexandra Gordon der Himmel perfekt ... eine Mischung aus Pflaumenblau und Violett, mit einer Andeutung von Rauchgrau, das in ein blasses Rosa überging. Die Farben der Antike, Farben, die an Byzanz, Florenz und das alte Griechenland erinnerten. Die Umrisse der Türme, Kuppeln und Wolkenkratzer dieser prächtigen modernen Metropole waren unscharf und wirkten zeitlos gegen den fast violetten Himmel.

Alexandra lächelte vor sich hin. Immer schon hatte diese Tageszeit eine gewisse Magie für sie besessen. In der Filmbranche, für die sie gelegentlich arbeitete, wurde die Abenddämmerung ja auch als magische Stunde bezeichnet. War es nicht seltsam, dass sie das als Kind schon so gesehen hatte?

Während sie die Skyline betrachtete, versank sie eine Weile in Erinnerungen an ihre Kindheit ... an die Jahre, in denen sie an der Upper East Side aufgewachsen war ... eine Kindheit voller Liebe und Sicherheit in einer wundersamen Zeit. Obwohl ihre Mutter berufstätig gewesen war, es immer noch war, hatten ihre Eltern sie und Tim nie vernachlässigt. Vor allem ihre Mutter hatte sich viel um sie gekümmert, und sie war in mehr als einer Hinsicht von ihr geprägt.

Schließlich schüttelte sie die Gedanken an die Vergangenheit ab und trat wieder an ihr Zeichenbrett. Sie betrachtete die Pappe, die sie gerade fertig gestellt hatte. Es war die letzte in einer Serie von sechs, die zusammen eine ländliche Winterlandschaft ergaben.

Sie fand, dass sie das Wesen eines kalten, verschneiten Abends im Wald genau getroffen hatte. Jetzt ergriff sie die Pappe und trug sie zur anderen Seite des Ateliers, wo die anderen fünf bereits standen. Während sie prüfend das vollständige Werk musterte, stellte sie sich vor, wie es als überlebensgroßes Bühnenbild aussehen würde, denn das sollte daraus werden. In ihren Augen jedenfalls waren die sechs Bilder gelungen. Sie entsprachen genau dem, was der Regisseur verlangt hatte.

»Ich möchte, dass man die Kälte spürt, Alexa«, hatte Tony Verity ihr bei der ersten Besprechung erklärt. »Ich möchte vor Kälte zittern, mich in meinem Mantel verkriechen, den eisigen Abend in den Knochen spüren. Dein Bühnenbild muss in mir den Wunsch wecken, ins Haus zu laufen und mich vor ein prasselndes Kaminfeuer zu setzen.«

Und genau das wird er empfinden, sagte sie sich. Sie erinnerte sich daran, wie sie an das Bild herangegangen war. Sie hatte sich St. Petersburg im Winter vorgestellt und hinter der Stadt einen imaginären Wald gesehen.

Vor ihrem geistigen Auge war das Bild wie eine Filmszene abgelaufen ... kahle Bäume, an deren Ästen Eiszapfen glitzerten, Schneeverwehungen, die wie weiße Dünen zwischen den Bäumen aufragten. Weiße Nächte. Weißer Himmel. Weißer Mond. Weiße Stille.

Außer ein wenig Grau und Schwarz für die skelettähnlichen Äste hatte sie kaum Farben verwendet. Als Tüpfelchen auf dem i hatte sie noch ein paar einsame Fußspuren in den Schnee gesetzt. Fußspuren, die zwischen den Bäumen hindurchführten, als verfolgten sie ein bestimmtes Ziel, suchten nach einem Geheimnis. Rätselhaft. Mysteriös. Auf gewisse Weise sogar ein wenig beängstigend ...

Das war die Stimmung, die sie ausdrücken und dem Publikum vermitteln wollte. Im Laufe der Woche würden die Pappen fotografiert und für die Bühne vergrößert werden.

Das schrille Läuten der Türglocke unterbrach ihre Gedanken. Mit ihrer Konzentration war es augenblicklich vorbei. Sie trat an die Gegensprechanlage und nahm den Hörer ab. »Hallo?«

»Ich bin es, Jack. Ich weiß, ich bin zu früh. Kann ich raufkommen?«

»Ja, klar.« Sie drückte auf den Türöffner und lief die Treppe herunter, um ihn hereinzulassen.

Ein paar Sekunden später trat Jack Wilton in einem schwarzen Dufflecoat und mit einer großen braunen Einkaufstüte in der Hand aus dem Aufzug und kam ihr auf dem Flur entgegen, das intelligente Gesicht zu einem breiten Grinsen verzogen.

»Entschuldige, dass ich dich bei der Arbeit störe, aber ich war gerade in der Gegend, mit Billy Tomkins in der Cromer Gallery. Irgendwie kam es mir blöd vor, jetzt noch mal nach Hause zu fahren. Ich setze mich ganz still in eine Ecke und gucke CNN, bis du so weit bist.«

»Ich bin gerade fertig geworden«, erwiderte sie lachend. »Ich habe eben den letzten Pinselstrich auf das letzte Bild gesetzt.«

»Das ist ja toll!« Er trat in die kleine Diele ihrer Wohnung, stellte die Einkaufstüte ab, zog sie in die Arme und schob die Tür mit dem Fuß zu.

Er drückte sie fest an sich, und als seine Lippen ihre Wange streiften, lief ihr ein leichter Schauer über den Rücken. Zwischen ihnen prickelte es wie schon seit einer Ewigkeit nicht mehr. Sie war völlig verblüfft.

Er offensichtlich auch. Er hielt sie ein wenig von sich weg und blickte sie liebevoll an, dann küsste er sie leidenschaftlich. Schließlich murmelte er dicht an ihrem Ohr: »Komm, lass uns ein Bett suchen.«

Sie blickte in seine verhangenen grauen Augen, die seelenvoller waren denn je. »Sei nicht albern.« Gleichzeitig lächelte sie verführerisch, und ihre Augen funkelten.

»Albern? Es ist doch nicht albern, ins Bett zu gehen. Meiner Meinung nach ist es eher etwas Ernstes.« Er warf seinen Mantel neben die Einkaufstüte auf den Boden und zog sie zum Schlafzimmer.

Dort blieb er mitten im Zimmer stehen, drehte sie an den Schultern zu sich herum und blickte sie fragend an. »Du bist mir ein wenig abhanden gekommen«, sagte er.

Stumm erwiderte sie seinen Blick.

Er hob ihr Kinn mit dem Finger an und küsste sie leicht auf die Lippen. »Aber ich habe stark das Gefühl, dass du auf einmal wieder da bist.«

»Ich glaube schon.«

»Ich bin so froh darüber, Lexi.«

»Ich auch«, erwiderte sie.

Wissend lächelte er sie an und führte sie wortlos zum Bett. Sie setzten sich nebeneinander auf die Bettkante, und er begann, ihre Bluse aufzuknöpfen. Sie zerrte an seinem Tweedjackett, und innerhalb weniger Sekunden lagen sie beide nackt auf dem Bett.

Er beugte sich über sie und fragte: »Und wo hast du gesteckt?«

»Ich weiß nicht genau. Vermutlich in meiner Arbeit.«

Er nickte verständnisvoll, da er als Künstler selbst solche Phasen kannte, wenn er malte. Aber sie hatte ihm wirklich gefehlt, und ihre Zurückgezogenheit hatte ihm Sorgen bereitet. Jetzt küsste er sie zärtlich.

Wieder überlief Alexandra ein Schauer, und sie begann unter seinen Küssen und Berührungen, die immer fordernder wurden, zu zittern. Er streichelte ihren Oberschenkel, und zwischen ihren Beinen begann es heiß zu prickeln.

Plötzlich jedoch verkrampfte sie sich. Rasch küsste er sie auf die Lippen; tief drang seine Zunge in ihren Mund, und sie versanken in einem langen Kuss.

Dabei streichelte er sanft und erfahren die Innenseite ihrer Schenkel und die Mitte ihrer Weiblichkeit, und sie öffnete sich unter seinen Händen wie eine Blume unter der Wärme der Sonne.

Als sie leicht zu keuchen begann, verstärkte er Druck und Tempo. Er liebte diese Frau, und er wollte sie an sich binden. Er wollte sie lieben und sich mit ihr vereinen.

Er drang in sie ein und stieß so kraftvoll zu, dass sie aufschrie. Dabei schob er die Hände unter ihre Pobacken und zog sie eng an sich. Mir rauer Stimme rief er: »Komm mit mir, komm dorthin, wo ich bin, Lexi!«

Und sie folgte ihm, schlang die Beine um seinen Rücken und legte ihre Hände auf seine Schultern. Sie fanden zu einem gemeinsamen Rhythmus, und auf dem Höhepunkt sagte er immer wieder, wie sehr er es liebte, mit ihr zu schlafen.

Als sie danach entspannt und befriedigt nebeneinander lagen, zog er die Decke über sie beide und nahm Alexandra in den Arm. Das Gesicht in ihren Haaren vergraben, flüsterte er: »Ist das nicht unglaublich gut?«

Als sie schwieg, fügte er hinzu: »Du weißt doch, wie gut wir zusammenpassen ...«

»Ja.«

»Und du gehst nicht wieder weg, oder?«

»Nein ... ich war einfach so beschäftigt und angespannt ...«

»Ich bin sehr froh, dass es nichts mit mir zu tun hatte.«

Sie lächelte leise. »Du bist der Beste, Jack, der Allerbeste. Jemand ganz Besonderes ... einzigartig.«

»Ah, mit solchen Schmeicheleien wirst du es weit bringen.«

»Das hab ich doch schon, oder?«

»Wieso?«

»Mit dir zusammen – an einem weit entfernten, wundervollen Ort.«

Er stützte sich auf einen Ellbogen und betrachtete sie im schwindenden Licht des Tages. Wollte sie ihn necken? Aber dann sah er, wie ernst sie ihn anschaute, und sagte leise: »Dann lass uns einen Dauerzustand daraus machen.«

Die strahlenden grünen Augen, die er so sehr liebte, weiteten sich. »Jack ... ich weiß nicht ...«

»Sag ja.«

»Okay. Ja.«

»Ich rede vom Heiraten«, murmelte er und musterte sie prüfend.

»Das weiß ich.«

»Willst du denn?«

»Will ich was?« Jetzt neckte sie ihn wirklich.

»Willst du mich heiraten?«

»Ja, ich will.«

Ein langsames, warmes Lächeln breitete sich auf seinem schmalen Gesicht aus, und er beugte sich über sie und küsste sie auf die Stirn, die Nase, die Lippen. Dann sank er neben ihr in die Kissen und fuhr fort: »Mann, bin ich glücklich, wirklich, verdammt glücklich, Lexi, dass du ja gesagt hast. Wow! Und wir bekommen auch ein oder zwei Kinder, oder?«

Sie lachte, weil er offensichtlich außer sich vor Freude war. »Natürlich! Weißt du was? Vielleicht haben wir ja gerade schon eins gemacht!«

»Könnte sein. Aber vielleicht sollten wir es zur Sicherheit gleich noch mal versuchen?«

»Du meinst, jetzt sofort?«

»Ja.«

»Kannst du denn schon wieder?«

»Mach dich nicht lächerlich, natürlich kann ich. Fühl mal!« Er ergriff ihre Hand und zog sie unter die Bettdecke. »Da siehst du, was du bei mir anrichtest. Ich werde immer dazu bereit sein, Kinder mit dir zu machen, Liebling.«

»Gib nicht so an, tu es einfach!«, rief sie und küsste ihn. »Lass es uns die ganze Nacht tun, Jack.«

»Willst du kein Abendessen?« Er zog eine Augenbraue hoch.

»Oh, wer denkt denn ans Essen, wenn man so wichtige Aufgaben zu erledigen hat.«

Er musste lachen. »Ich. Aber wir brauchen nicht auszugehen, meine Süße. Ich habe uns was mitgebracht – es ist in der Einkaufstüte.«

»Ach so, du hast das alles geplant, was? Jack Wilton, du bist ein ungezogener, sexbesessener Mann. Ich hätte wissen müssen, dass du nur hierhergekommen bist, um mich zu verführen. Mich zu schwängern!«

»Ich dich verführen? Na, du hast vielleicht Nerven. Jedenfalls hast du gerade das beste Beispiel für hervorragende Kooperation geliefert. Und was das Schwängern angeht, darauf kannst du Gift nehmen, dass ich das tue!«

Prustend vor Lachen wälzten sie sich auf dem Bett. Nach einer Weile jedoch wurde Jack ernst. »Aber du änderst doch jetzt deine Meinung nicht mehr, Lexi, oder?«

»Natürlich nicht.« Sie strich ihm leicht über die Wange und lächelte ihn hinreißend an. »Sollen wir jetzt anfangen ... Kinder zu zeugen, meine ich.«

»Nichts kann mich aufhalten ...«, begann er, brach aber ab, weil es an der Tür läutete.

Alexandra zuckte zusammen und warf Jack einen erstaunten Blick zu. Dann stand sie auf, holte ihren Morgenmantel aus dem Schrank und schlüpfte schnell hinein, während sie in die Diele lief. Sie nahm den Hörer ab und sagte: »Hallo?«

»Eine FedEx-Sendung für Miss Gordon.«

»Danke. Ich mache Ihnen auf. Vierzehnter Stock.«

Die Durchschrift auf dem FedEx-Umschlag war so schwach, dass sie kaum den Namen und die Adresse des Absenders entziffern konnte. Das Einzige, was sie lesen konnte, war Paris, Frankreich.

Stirnrunzelnd betrachtete sie den Umschlag. Ihr Herz klopfte heftig.

Von der Türschwelle aus sagte Jack: »Vom wem ist das? Du siehst verwirrt aus.«

»Ich kann den Namen nicht erkennen. Am besten, ich mache es einfach auf«, erwiderte sie und zwang sich zu lächeln.

»Ja, das ist eine gute Idee«, sagte Jack ironisch.

Sie warf ihm einen raschen Blick zu und entdeckte eine Spur von Ungeduld in seinem Gesichtsausdruck ... als ob es ihre Schuld sei, dass sie unterbrochen worden waren. Und da sie ihn gerne besänftigen wollte, rief sie aus: »Ach nein, das kann warten!« Sie warf den Umschlag auf den kleinen Tisch in der Diele und fügte hinzu: »Komm, wir gehen wieder ins Bett.«

»Nee, jetzt ist die Stimmung weg, Häschen. Ich dusche mich rasch, koche uns einen Tee und mache mich dann ans Abendessen«, erwiderte er.

Alexandra biss sich auf die Unterlippe und blickte ihn an.

Als er ihr enttäuschtes Gesicht sah, bereute Jack Wilton seine schnodderige Äußerung sofort. Er zog sie an sich und umarmte sie. »Tut mir Leid, Lexi, das war gemein. Entschuldigung, Entschuldigung, Entschuldigung. Okay?« Er machte ein zerknirschtes Gesicht. »Weißt du, ich war ein bisschen sauer ... schließlich war ich gerade dabei, Kinder zu zeugen.« Grinsend küsste er sie auf die Nasenspitze. »So ... und jetzt gehen wir zusammen duschen.«

»Ich muss ...«

Er schnitt ihr das Wort ab. »Das kann warten.« Er nahm sie an der Hand und zog sie ins Badezimmer. In der Dusche drehte er das Wasser an, stellte die richtige Temperatur ein und hielt sie eng an sich gedrückt, während das Wasser auf sie herunterprasselte.

Alexandra schmiegte sich an ihn und schloss die Augen. Sie dachte an den Umschlag, der auf dem Tischchen in der Diele lag. Langsam begann sie, sich Sorgen zu machen. Sie konnte sich gut vorstellen, von wem er kam. Eigentlich konnte er nur von einer Person sein – und der Gedanke erschreckte sie.

Aber sie irrte sich.

Als sie kurz darauf endlich den Umschlag öffnete, stellte sie zu ihrer großen Erleichterung fest, dass er keinen Brief enthielt, sondern eine Einladung.

Sie setzte sich auf das Sofa im Wohnzimmer und betrachtete sie lächelnd. Dann sprang sie wieder auf und rannte in die Küche. »Jack, es ist eine Einladung. Zu einem Fest in Paris.«

Jack blickte von der Schüssel mit frisch geschnittenen Tomaten auf, trank einen Schluck Tee und fragte: »Für wen ist das Fest?«

»Für Anja. Meine wundervolle Anja Sedgwick.«

»Die Frau von der Schule, auf die du gegangen bist ... wie hieß sie noch mal? Ach ja, die Anja Sedgwick School of Decorative Arts.«

»Genau.«

»Und was ist der Anlass?«

»Ihr Geburtstag.« Sie lehnte sich an den Türrahmen und begann, die Einladung vorzulesen. »Wir bitten Sie, an der Feier zu Ehren von Anja Sedgwick anlässlich ihres fünfundachtzigsten Geburtstags teilzunehmen. Das Fest findet statt am Samstag, den 2. Juni 2001, im Ledoyen, Carré Champs-Élysées, Paris. Cocktails um acht Uhr. Abendessen um neun. Ab zehn Uhr Tanz. Hey, hört sich das nicht toll an, Jack? Mit Tanz! Wie wundervoll!«

»Das klingt wirklich nach einem großen Fest. Glaubst du, du kannst deinen Freund mitbringen?«

Wieder blickte Alexandra auf die Einladung. Ihr Name war handschriftlich eingetragen. Aber eben nur ihr Name. Die Worte und Begleitung standen nicht da. »Ich glaube nicht. Auf der Einladung steht nur mein Name. Das Fest ist bestimmt nur für Familie und frühere Schüler ...« Alexandra brach ab.

Er schwieg einen Moment lang und konzentrierte sich drauf, eine Zwiebel in kleine Stückchen zu schneiden. Als er wieder aufblickte, fragte er: »Willst du hinfahren?«

»Ich weiß noch nicht. Das hängt von meiner Arbeit ab. Ich muss noch eine kleine Szene für Winter Weekend fertig stellen, und dann habe ich nichts mehr, wenn nicht bald ein Auftrag kommt ...«

»Es kommt bestimmt etwas, Lexi«, beruhigte er sie und blickte sie lächelnd an. »Und jetzt aus dem Weg mit dir, damit ich die Pasta Pomodoro fertig machen kann. Gleich gibt es Abendessen für meine Herzensdame.«

Lachend ging sie wieder ins Wohnzimmer. Sie machte es sich auf dem Sofa gemütlich und betrachtete nachdenklich die Einladung, in Gedanken bei Anja Sedgwick, der Frau, die ihre Lehrerin, Mentorin und Freundin gewesen war. Sie hatte sie schon seit einem Jahr nicht mehr gesehen. Es wäre schön, wieder mit ihr zusammen zu sein und diesen wichtigen Geburtstag mit ihr zu feiern ... Paris im Frühling. Das wäre wirklich wunderbar ...

Aber in Paris war Tom Conners.

Bei dem Gedanken an ihn stockte ihr der Atem.

2

Alexandra erwachte mit einem Ruck. Langsam setzte sie sich auf und blinzelte in die Dunkelheit. Im Zimmer war es still, aber einen Moment lang hatte sie das Gefühl, es stünde jemand neben dem Bett.

Sie atmete tief durch. Sie wusste ja, es war nur ein Gefühl, das Gefühl, dass er bei ihr war, weil ihr Traum so wirklich gewesen war.

Aber das war immer so, wenn sie von ihm träumte. Es fühlte sich ganz echt an. Auch jetzt konnte sie ihn riechen, seine Haare, das Eau de Toilette, das er benutzte. Jicky von Guerlain. Es kam ihr sogar so vor, als habe sie seinen Geschmack im Mund, als habe er sie gerade leidenschaftlich geküsst.

Weil sie wusste, dass sie jetzt nicht mehr einschlafen konnte, schaltete Alexandra die Nachttischlampe ein und stand auf. Wie immer nach diesem Traum war sie in Schweiß gebadet.

Sie wickelte sich in ihren blassblauen Morgenmantel und lief durch die kleine Diele in die Küche, wobei sie auf dem Weg dorthin überall das Licht einschaltete.

Sie brauchte eine Tasse Tee. Kamillentee. Das würde sie beruhigen, und danach konnte sie bestimmt wieder schlafen. Sie stellte den Wasserkessel auf und setzte sich auf einen Hocker. In Gedanken ließ sie noch einmal den Traum Revue passieren, der sie in der letzten Zeit so oft überfiel.

Das Seltsame daran war, dass es immer derselbe Traum war. Es änderte sich nie etwas. Plötzlich war er bei ihr. Er trat entweder durch die Tür oder stand am Bett und blickte sie an. Und dann schlüpfte er zu ihr ins Bett, nahm sie in die Arme und liebte sie. Er sagte ihr, wie sehr sie ihm fehlte, wie sehr er sie begehrte und brauchte. Und immer wieder erinnerte er sie daran, dass sie die Liebe seines Lebens war. Seine einzige wahre Liebe.

Und der Traum war so unglaublich real, dass sie hinterher immer das Gefühl hatte, wirklich mit einem Mann zusammen gewesen zu sein. »Das war ich ja auch«, murmelte sie leise, während sie kochendes Wasser in ihren Becher goss. Ich habe heute Nachmittag mit Jack Wilton geschlafen.

Aber im Traum hat mich Tom Conners geliebt. In meinen Träumen ist es immer nur Tom Conners, und das ist das Problem.

Seufzend ließ sich Alexandra auf dem gemütlichen Sessel am Kamin nieder. Sie nippte an ihrem Kamillentee und blickte gedankenverloren in die Glut.

Was war nur mit ihr los? Die Frage schwebte wie eine dunkle Wolke über ihr.

Sie hatte mit Jack geschlafen und jede Sekunde genossen. Die Leidenschaft, die monatelang schon beinahe erloschen schien, was sie auf Müdigkeit, zu viel Arbeit und Stress geschoben hatte, war wie durch ein Wunder wieder aufgeflammt. Aber wenn sie ehrlich war, war auch noch etwas anderes im Spiel gewesen. Sie hatte das Zusammensein mit Jack noch aus anderen Gründen gemieden. Sie hatte nicht mit ihm schlafen wollen und hatte sich mental zurückgezogen. Aber warum? Er war ein anziehender, attraktiver, gut aussehender Mann, und er war äußerst liebenswert. Außerdem war er lustig und brachte sie zum Lachen.

So vieles ging ihr durch den Kopf, und sie schloss die Augen, um Ordnung in ihre Gedanken zu bringen. Plötzlich jedoch setzte sie sich kerzengerade auf und dachte: Mein Gott, ich habe eingewilligt, Jack zu heiraten! Ich bin mit ihm verlobt!

Er hatte es mit Sicherheit ernst gemeint. Todernst. Er hatte auch beim Abendessen von nichts anderem geredet, ständig mit ihr angestoßen. Sie hatten gelacht und miteinander geflirtet und sich prächtig verstanden.

Sie hatten zwar das genaue Hochzeitsdatum noch nicht festgelegt, aber sie hatte auch nicht widersprochen, als er Ende des Jahres vorgeschlagen hatte. »In New York. Eine richtige Hochzeit«, hatte er gemeint. »Mit deiner Familie und meiner und allem Drum und Dran, Lexi.« Und sie hatte zustimmend genickt.

Nach dem Abendessen hatte er ihr geholfen, die Spülmaschine einzuräumen, und dann waren sie ins Bett gegangen. Aber um fünf war er aufgestanden, hatte sie auf die Wange geküsst und geflüstert, er wolle früh mit einem Bild für seine bevorstehende Ausstellung beginnen.

Und dann hatte sie von einem anderen Mann geträumt. Was stimmte nicht mit ihr? Das war doch nicht normal, oder?

Der Kamillentee war völlig wirkungslos, Alexandra war jetzt hellwach. Sie warf einen Blick auf die kleine Messinguhr auf dem Kamin und sah, dass es zehn nach sechs war.

In Paris war es schon zehn nach zwölf.

Aus einem Impuls heraus hob sie den Hörer des Telefons auf dem Beistelltisch ab und wählte die Durchwahl von Toms Büro. Im Bruchteil von Sekunden läutete in Paris das Telefon.

Er war sofort am Apparat. »Allo.«

Sie umklammerte den Hörer. Die Stimme versagte ihr, und sie bekam kaum noch Luft. Er gab einen ungeduldigen Laut von sich und sagte dann: »Tom Conners ici.« Auf Englisch fügte er hinzu: »Hallo? Tom Conners. Wer ist dort?«

Vorsichtig legte sie den Hörer auf. Ihre Hände waren feucht und zitterten, und das Herz schlug ihr bis zum Hals. Es war dumm, dass sie sich das antat. Sie holte tief Luft und lehnte sich im Sessel zurück.

Er war da. In seinem Büro. Er war immer noch in Paris. Er lebte und war wohlauf.

Und wenn sie nach Paris zu Anjas Geburtstagsfest fuhr, dann würde sie genau das tun, was sie gerade getan hatte. Sie würde ihn anrufen, und er würde sagen, lass uns etwas trinken gehen, und sie würde antworten, ja, gerne, und dann würden sie zusammen ausgehen. Und danach würde sie restlos verloren sein. Eine verlorene Seele.

Denn sie konnte Tom Conners einfach nicht widerstehen. Er beherrschte und faszinierte sie und war selbst nach drei Jahren noch ständig in ihren Gedanken präsent.

Obwohl er es war, der sich damals von ihr getrennt hatte, wusste sie genau, dass er sie wiedersehen wollte, wenn sie mit ihm sprechen würde.

Du bist eine solche Idiotin, schalt sie sich wütend. Es war dumm von ihr gewesen anzurufen. Allein seine Stimme zu hören hatte sie schon fertiggemacht.

Energisch richtete Alexa ihre Gedanken auf Jack Wilton. Er liebte sie, wollte sie heiraten, und sie hatte seinen Antrag eigentlich angenommen. Abgesehen davon war er anständig, gutherzig, ehrlich, liebevoll und äußerst großzügig. Sein Erfolg hatte ihn nicht verdorben, und auf seine humorvolle englische Art war er sehr bodenständig, ohne sich selbst oder das Leben zu ernst zu nehmen. »Ich muss nur meine Arbeit ernst nehmen«, sagte er immer zu ihr, und sie verstand genau, was er meinte.

Sie wusste, dass er sie anbetete, ihr Talent als Bühnenbildnerin bewunderte und ihre Arbeitswut und Disziplin schätzte. Er ermutigte sie, tröstete sie, wenn sie Trost brauchte, und war immer für sie da. Und er hatte immerhin an der Beziehung festgehalten und war äußerst geduldig gewesen, als sie sich in den letzten Monaten so abweisend verhalten hatte.

Außerdem mochten ihre Eltern ihn. Das war ein gutes Zeichen, da sie bisher an allen ihren Freunden etwas auszusetzen gehabt hatten. Außer an Tom Conners, der sie von Anfang an bezaubert hatte. Aber ihn hatten sie auch nicht besonders gut gekannt und nicht gewusst, wie tief ihre Beziehung ging.

Jack wird ein wundervoller Ehemann sein, dachte sie. Er liebt mich, und ich liebe ihn. Auf meine Weise.

Alexandra stand auf, schaltete das Licht aus und ging wieder ins Bett. Sie würde Jack Wilton heiraten und damit basta.

Leider würde sie für Anjas Geburtstagsfest absagen müssen. Zu ihrem eigenen Schutz.

3

Alexandra saß am Mahagonitisch im eleganten Esszimmer in der Wohnung ihrer Eltern in der östlichen 79th Street und aß genussvoll das Tomatenomelett, das ihre Mutter ihr gerade zubereitet hatte. Es war wirklich köstlich, dachte sie. Bei ihr wurde daraus immer eine flüssige Pampe, obwohl ihre Mutter es ihr doch beigebracht hatte.

»Es schmeckt toll, Mom«, sagte sie nach einer Weile. »Danke, dass du dir Zeit für mich genommen hast. Ich weiß, dass du die Samstage gerne für dich hast.«

»Sei nicht albern, ich freue mich doch, dass du da bist«, erwiderte Diane Gordon lächelnd. »Als du heute früh angerufen hast, wollte ich auch gerade zum Hörer greifen und dich fragen, wie es dir geht.«

Alexa erwiderte das Lächeln ihrer Mutter und fragte: »Wann kommt Dad eigentlich aus Los Angeles zurück?«

»Dienstag, hat er gesagt, aber es könnte auch Freitag werden. Du weißt ja, wie es beim Fernsehen ist.

»Vermutlich trifft sich Dad auch mit Tim«, mutmaßte Alexa.

»Ja, sie essen heute Abend zusammen. Dad geht mit ihm zu Morton’s.«

»Das wird Tim gefallen, das ist doch sein Lieblingslokal. Ich glaube sowieso, er wird ganz dableiben. Als ich letzte Woche mit ihm telefoniert habe, war er völlig begeistert von Los Angeles und seinem neuen Job und von NeverLand Productions. Er meint, er ist der geborene Filmemacher.«

Diane lachte. »Ja, da hat er wohl Recht. Er wollte ja als Kind schon immer mit seinem Vater ins Fernsehstudio gehen. Und Großvater Gordon war schließlich auch Theaterregisseur. Show-Business steckt Tim höchstwahrscheinlich im Blut.« Diane trank einen Schluck Wasser und fragte ihre Tochter: »Möchtest du ein Glas Wein, Liebling?«

»Nein, danke, Mom, nicht tagsüber. Ich werde dann immer ganz schläfrig. Außerdem macht es dick ... Ich nehme lieber meine Kalorien in Form von Brot zu mir.« Sie griff nach einem Stück Baguette, das ihre Mutter aufgeschnitten und in einem silbernen Brotkorb angerichtet hatte. Großzügig bestrich sie es mit Butter und biss davon ab.

»Du musst dir ganz sicher keine Gedanken über dein Gewicht machen. Du siehst fantastisch aus«, bemerkte Diane, wobei sie dachte, wie jung Alexandra für ihr Alter wirkte. Und dabei würde sie noch diesen Sommer einunddreißig. Ihr kam es so vor, als sei sie erst gestern auf dem Fußboden gekrabbelt. Mein Gott, als ich in ihrem Alter war, da hatte ich zwei Kinder, dachte Diane, einen Mann, um den ich mich kümmern musste, und ich war berufstätig. Einunddreißig, sinnierte sie, und im Mai werde ich achtundfünfzig. Wie doch die Zeit verfliegt. Wohin sind nur all die Jahre gegangen? David wird im Juni neunundfünfzig. Und noch unglaublicher ist, dass wir schon so lange verheiratet sind und uns immer noch lieben. Auch eine Art Rekord?

»Mom, worüber denkst du nach? Du machst so ein seltsames Gesicht. Ist alles in Ordnung?«, hakte Alexa nach.

»Natürlich. Ich habe nur gerade über deinen Vater nachgedacht. Es ist doch erstaunlich, dass wir schon seit dreiunddreißig Jahren verheiratet sind. Die Jahre sind im Nu verflogen. Einfach so.« Sie schnipste mit den Fingern und schüttelte nachdenklich den Kopf.

»Ihr beiden habt Glück gehabt, dass ihr euch gefunden habt«, murmelte Alexa.

»Ja, das stimmt.«

»Du und Dad, ihr seid wie füreinander geschaffen. Wart ihr euch von Anfang an so ähnlich? Das habe ich mich oft gefragt, Mom.« Sie legte den Kopf schräg und betrachtete ihre Mutter, wobei sie dachte, dass sie eine der schönsten Frauen war, die sie je gesehen hatte, mit ihrem Pfirsichteint, ihren blassgoldenen Haaren und den außergewöhnlich großen blauen Augen.

»Starr mich nicht so an, Alexa! Dann siehst du bloß meine ganzen Falten!«

»Oh, Mom, du hast nicht eine einzige Falte. Kein Witz, wie Dad immer sagt.«

Diane lachte und murmelte: »Und du, mein Mädchen, siehst nicht einen Tag älter als fünfundzwanzig aus. Mir fällt es schwer zu glauben, dass du im August schon einunddreißig wirst.«

»Das liegt an der neuen Frisur. Die kurzen Haare machen mich um Jahre jünger.«

»Ja, wahrscheinlich. Die meisten Frauen sehen mit kurzen Haaren jünger und frecher aus. Und der Schnitt ist sehr chic.«

»Du hast mir einmal gesagt, keine Frau könne elegant sein, wenn ihr die Haare bis auf die Schultern fallen. Nur mit kurzen Haaren hat man Stil. Und du musst es ja wissen, schließlich giltst du als eine der elegantesten Frauen in New York, wenn nicht sogar als die eleganteste.«

»Oh, das stimmt nicht, aber danke für das Kompliment.«

»Sogar die Presse bezeichnet dich als Mode-Ikone, als lebende Legende. Und deine Boutiquen gehören schon seit Jahren zu den ersten Adressen der Stadt.«

»Dazu haben wir alle mit harter Arbeit beigetragen, nicht nur ich, Alexa. Aber was ist mit dir, Liebling? Bist du mit diesen Winterbildern fertig?«

Alexas Miene hellte sich auf. »Ich bin am Dienstag fertig geworden. Gestern habe ich die Vergrößerungen im Fotostudio gesehen. Sie sind toll geworden, Mom, auch wenn ich mich damit selber lobe.«

»Es ist nichts Falsches daran, wenn man seine Arbeit gut findet. Du bist sehr talentiert, und ich war von einigen Bildern geradezu überwältigt.« Diane blickte ihre Tochter aus ihren ausdrucksvollen hellblauen Augen nachdenklich an. Nach einer Weile fragte sie: »Und ... was steht als Nächstes bei dir auf dem Programm?«

»Ich muss nur noch ein kleines Bühnenbild für dieses Stück machen.« Mit einem hohlen Auflachen fügte Alexa hinzu: »Danach habe ich erst mal keine Arbeit mehr.«

»Das wird nicht lange dauern«, erwiderte Diane und musterte ihre Tochter voller Stolz. »Nicht bei dir.«

»Eigentlich mache ich mir auch keine Sorgen. Irgendwas wird schon kommen – das war bisher immer so.«

Diane nickte und kniff die Augen zusammen. »Du hast am Telefon gesagt, du wolltest mit mir reden. Was ...«

»Können wir das auf später, beim Kaffee, verschieben?«, warf Alexa rasch ein.

»Ja, aber stimmt etwas nicht? Du hast am Telefon so besorgt geklungen.«

»Nein, ehrlich, es ist alles in Ordnung. Ich brauche nur ... jemanden, der wirklich gut zuhören kann.«

»Geht es um Jack?«

»Nein, und jetzt hörst du dich an wie die typische Mutter, was Gott sei Dank nicht so häufig vorkommt. Nein, es geht nicht um Jack.«

»Sei nicht so ungeduldig mit mir, Alexa. Jack Wilton ist übrigens sehr nett.«

»Ich weiß, und er findet dich und Dad auch unheimlich nett.«

»Das freut mich. Und was empfindet er für dich? Das ist doch viel wichtiger.«

»Ich bedeute ihm viel.«

»Dein Vater und ich finden, er gäbe einen guten – einen sehr netten Schwiegersohn ab.«

Alexa schwieg.

Eine halbe Stunde später saß Alexandra ihrer Mutter im Wohnzimmer gegenüber und sah zu, wie sie Kaffee in die zarten Porzellantassen einschenkte. So objektiv, wie es ihr möglich war, betrachtete sie sie, und ihr kam auf einmal in den Sinn, was sie doch für eine einzigartige Person war, eine kluge, erfolgreiche und hochintelligente Frau. Sie hatte Verständnis für menschliche Schwächen und Fehler, weil sie mitfühlend war und viel Einsicht besaß. Aber würde sie auch ihr Dilemma mit zwei Männern verstehen?

Soweit Alexa wusste, hatte es im Leben ihrer Mutter immer nur einen Mann gegeben, und das war ihr Vater. Diane Carlson hatte ihn mit vierundzwanzig kennen gelernt, und innerhalb eines Jahres waren sie verheiratet gewesen. Aber sie wird mich schon verstehen, beruhigte Alexandra sich. Sie ist ja nicht prüde oder engstirnig, und sie urteilt auch nicht vorschnell über andere. Nur, wie soll ich ihr die Geschichte erzählen? Wo soll ich anfangen?

Als ob Diane die Gedanken ihrer Tochter lesen könnte, verkündete sie: »So, Alexa, ich bin ganz Ohr. Worum es auch geht, ich werde versuchen, dir gute Ratschläge zu geben.«

»Das weiß ich, Mom«, erwiderte Alexa. »Danke«, fügte sie hinzu, als ihre Mutter ihr die Kaffeetasse reichte. Sie stellte sie auf den kleinen antiken Tisch zwischen ihnen und lehnte sich in die Samtkissen des cremefarbenen Sofas zurück. Dann sagte sie: »Ich habe eine Einladung zu einem Fest in Paris bekommen. Anja feiert ihren fünfundachtzigsten Geburtstag.«

Lächelnd rief Diane aus: »Du meine Güte, ich fasse es nicht, diese Frau ist ein Phänomen!«

»Ja, das ist sie. Sie sieht nicht nur viel jünger aus, als sie ist, sondern sie sprüht auch vor Energie und Vitalität. Erst letzten Monat hat sie mir erzählt, sie wolle schon wieder ein Buch schreiben, dieses Mal über Art déco. Sie ist wirklich erstaunlich.«

»Das wird eine schöne Reise für dich werden. Wann ist denn das Fest?«

»Am zweiten Juni, im Ledoyen. Eine Dinnerparty mit Tanz.«

»Wunderbar. Wir müssen dir etwas Hübsches zum Anziehen aussuchen. Brauchst du ein Abendkleid?«

»Ja, aber ich weiß noch nicht, ob ich überhaupt hinfahren soll, Mom.«

Verblüfft runzelte Diane die Stirn. »Warum denn nicht? Du stehst Anja so nahe, und du warst immer eine ihrer Lieblingsschülerinnen. Mehr als die anderen ...« Diane brach abrupt ab und starrte ihre Tochter an. »Ach so, natürlich. Das ist der Grund. Du möchtest nicht hinfahren, weil du die anderen drei nicht sehen willst. Na ja, das kann ich verstehen.«

Alexandra zuckte zusammen, als ihr plötzlich auffiel, dass sie an ihre früheren besten Freundinnen, die dann zu ihren Feindinnen geworden waren, nicht einen Gedanken verschwendet hatte. Sie hatte nur an Tom Conners gedacht. Aber ihre Mutter hatte ganz Recht, die drei Frauen waren wirklich ein guter Grund, nicht nach Paris zu fahren. Sie würden bestimmt auch auf dem Fest sein ... Anja hatte sie sicher ebenfalls eingeladen ... schließlich waren die vier Mädchen im Abschlussjahr damals ihr größter Stolz gewesen ... ihre Starschülerinnen. Natürlich würden sie da sein ...

»Du hast Recht, Mom, ich habe keine Lust, sie zu sehen«, sagte Alexa. »Aber das ist nicht der Grund, warum ich nicht nach Paris fahren möchte. Eigentlich geht es um jemand anders.«

»Und um wen?«

»Sein Name ist Tom Conners.«

Einen Moment lang war Diane perplex. Der Name kam ihr bekannt vor, aber sie wusste nicht, woher. Mit zusammengekniffenen Augen beugte sie sich vor. »Tom Conners. Kenne ich ihn? Ach ja, jetzt fällt es mir wieder ein. Ist das nicht der Franzose, den du uns vor ein paar Jahren vorgestellt hast?«

»Genau, aber Tom ist halb Franzose, halb Amerikaner. Ich habe dir damals von seiner Familie erzählt. Sein Vater ist Amerikaner, er ist Anfang der fünfziger Jahre nach Paris gekommen, hat eine Französin geheiratet und ist dort geblieben. Tom ist in Paris aufgewachsen, er hat sein ganzes Leben in Frankreich verbracht.«

»Ja, jetzt erinnere ich mich, Liebling. Er ist Anwalt, nicht wahr, und sieht sehr gut aus. Aber ich habe damals gar nicht gemerkt, dass das zwischen euch beiden etwas Ernstes ist. Ich dachte, er sei nur eine Zufallsbekanntschaft, ein kurzer Flirt.«

»Wir waren fast zwei Jahre zusammen.«

»Ich verstehe.« Diane lehnte sich zurück. Wie hatte ihr diese Beziehung nur entgehen können? Andererseits hatte Alexa damals in Paris gelebt und mit Anjas beiden Neffen für Film und Theater gearbeitet. Und sie hatte nie ein Wort über Tom Conners verlauten lassen. Das war wirklich seltsam, dachte Diane jetzt. Langsam sagte sie: »Du fühlst dich also immer noch an Tom Conners gebunden. Meinst du das?«

»Nein ... ja ... nein ... Weißt du, Mom, wir haben uns nie mehr gesehen, und ich höre auch nichts mehr von ihm, er hat sich nie mehr gemeldet, aber irgendwie ist er da ... in mir, in meinen Gedanken ...« Sie vollendete den Satz nicht und warf ihrer Mutter einen hilflosen Blick zu.

»Warum hast du dich von ihm getrennt, Alexa?«, fragte Diane neugierig.

»Er hat sich von mir getrennt. Vor drei Jahren.«

»Aber warum denn?«, forschte ihre Mutter.

»Weil ich heiraten wollte, und er konnte mich nicht heiraten.«

»Ist er denn schon verheiratet?«

»Nein. Damals nicht und heute auch nicht.«

»Ich verstehe das nicht. Wo liegt denn dann das Problem?«, murmelte Diane verblüfft.

Zögernd überlegte Alexa, wie sie ihrer Mutter Toms Geschichte erzählen sollte. Sie war so schmerzlich, so quälend. Sie würde ganz von vorne anfangen müssen, damit Diane alles verstehen konnte.

Leise begann sie: »Tom hat sehr jung seine Sandkastenliebe Juliette geheiratet. Sie sind zusammen aufgewachsen, und ihre Eltern waren befreundet. Tom und Juliette hatten ein kleines Mädchen, Marie-Laure, und nach dem, was er mir erzählt hat, müssen sie sehr glücklich gewesen sein ... ein richtiges Bilderbuchpaar. Und dann ist etwas passiert ...«

Alexa schwieg, holte tief Luft und fuhr fort: »Im Juli 1985 fuhren sie nach Athen in Urlaub. Aber Tom musste sich auch mit einem Klienten aus Paris treffen, der dort ein Sommerhaus besaß. Also vereinbarte er für den Vormittag einen Termin mit diesem Klienten. Zum Mittagessen wollte er sich mit Juliette und Marie-Laure wieder in ihrem Lieblingscafé treffen, aber Tom wurde aufgehalten und kam ein bisschen später dort an. Auf dem Platz herrschte ein wirres Durcheinander. Polizeiautos und Krankenwagen standen dort, überall war Blut, Leichen und Sterbende lagen herum, als ob ein Massaker stattgefunden hätte. Die Polizei erklärte Tom, dass kurz vor seiner Ankunft eine Bombe explodiert sei, höchstwahrscheinlich von Terroristen gezündet; sie hatte einem der großen Reisebusse mit amerikanischen Touristen gegolten. Die sechzig Passagiere waren sofort tot.

Der Bus war direkt vor dem Café, wo Juliette und Marie-Laure auf Tom gewartet hatten, explodiert. Die Gäste vor dem Café wurden von der gewaltigen Druckwelle von ihren Stühlen gehoben, viele starben und die anderen waren schwer verletzt ...« Alexa brach ab und konnte erst nach einer Weile weitersprechen.

Schließlich fuhr sie fort: »Tom konnte Juliette und Marie-Laure nirgends finden, und wie du dir vorstellen kannst, war er außer sich vor Sorge und Panik. Schließlich fand er sie unter den Trümmern des Cafés ... die Decke war über ihnen eingestürzt, sie waren beide tot.« Blinzelnd fügte Alexa so leise hinzu, dass Diane sie kaum verstehen konnte: »Von diesem ... diesem ... Albtraum hat er sich nie wieder erholt.«

Diane starrte Alexandra entsetzt an. Tränen traten ihr in die Augen. »Wie grauenhaft! Was für eine schreckliche Tragödie«, murmelte sie. Als sie aufblickte, sah sie, dass ihre Tochter wie erstarrt da saß und leichenblass war.

Sie setzte sich neben sie aufs Sofa und nahm sie in den Arm. »Oh, mein Liebling, du liebst ihn immer noch ...«

»Meinst du? Ich weiß nicht, Mutter, aber er beschäftigt mich sehr, das stimmt schon. Er ist immer in meinen Gedanken. Aber ich weiß, dass es für mich keine Zukunft mit Tom gibt. Er wird mich nie heiraten, und er kann keine dauerhafte Beziehung zu mir aufbauen. Weißt du, er wird einfach nicht damit fertig.«

»Es kann auch sein, dass er es nur nicht zulässt«, erwiderte Diane leise.

»Ja, vielleicht. Ich glaube, Tom hat schreckliche Schuldgefühle, weil er noch lebt, und deshalb darf niemand in seinem Leben eine wichtige Rolle spielen, sonst käme es ihm so vor, als hätte er Juliette und Marie-Laure vergessen. Du hast mich zu einem vernünftigen, praktischen Menschen erzogen, und das bin ich wohl auch. Nachdem wir uns getrennt hatten, habe ich mein Leben weitergelebt ... Ich wusste, dass ich nicht ständig hinter ihm herjammern durfte, dass das nicht die Zukunft war.«

Diane nickte. »Das war auch richtig, und du hast dich beruflich fantastisch entwickelt. Ich bin stolz auf dich, Alexa, du hast dich von deinen persönlichen Problemen nicht unterkriegen lassen. Alle Achtung!«

»Du hast mir vor Jahren einmal gesagt, ich dürfe meine Begabung nicht vergeuden, und ich habe auf dich gehört, Mom. Außerdem wollte ich mir selber meinen Lebensunterhalt verdienen, ich wollte Dad und dir nicht länger auf der Tasche liegen, nachdem ihr mich auf so viele teure Schulen geschickt hattet.«

Wieder nickte Diane. »Wie alt ist er eigentlich? Tom, meine ich.«

»Er ist zweiundvierzig.«

Diane musterte ihre Tochter prüfend, dann fragte sie:

»Liebst du Jack Wilton wenigstens ein bisschen?«

»Ja. Auf gewisse Weise liebe ich ihn.«

»Aber nicht so, wie du Tom liebst?«

»Nein.«

»Du könntest dir aber ein Leben mit Jack vorstellen?«

Alexandra nickte. »Ich glaube schon. Es spricht vieles für ihn. Er ist sehr attraktiv und charmant, und wir verstehen uns gut. Wir passen gut zusammen, er bringt mich zum Lachen und wir haben die gleichen Ansichten. Wir bewundern und respektieren einander.« Sie rang sich ein Lächeln ab. »Er liebt mich wirklich, weißt du. Er möchte mich heiraten.«

»Würdest du ihn denn heiraten?«, fragte Diane ruhig.

Alexa schmiegte sich an ihre Mutter und seufzte tief auf. Plötzlich traten ihr Tränen in die Augen, aber sie fasste sich schnell wieder. »Ich habe es geglaubt, Mom. Aber jetzt weiß ich es nicht mehr. Seit die Einladung gekommen ist, bin ich völlig durcheinander.«

»Du wirst Tom wiedersehen, wenn du nach Paris fährst. Wolltest du darüber mit mir reden?«

»Ja.«