Faking Christmas 3 - Daniela Felbermayr - E-Book
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Daniela Felbermayr

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Beschreibung

Ophelia Adams sitzt in der Klemme. Nicht nur, dass ihr neuer Freund sie kurz vor Weihnachten bei einem romantischen Dinner sitzen lässt, hat sie zuvor in ihrer Euphorie ihrer Mutter auf die Nase gebunden, dass sie bald verlobt sein wird - und nur all zu gern zugestimmt, mit dem neuen Mann an ihrer Seite dem großen Familienweihnachtsfest in Chicago beizuwohnen. Nur ... jetzt steht Ophelia ohne Mann da und möchte sich die Blöße, verlassen worden zu sein, vor ihrer Familie nicht geben, zumal ihre fiese Cousine Tessa gerade an diesem Weihnachtsfest ihre Verlobung mit Mike bekanntgeben möchte - Ophelias Exfreund. In ihrer Not bucht Ophelia also einen Callboy über eine Begleitagentur, den sie ihrer Familie als den neuen Mann an ihrer Seite verkaufen möchte - und landet einen Volltreffer. Ben Bennett ist nicht nur der schönste Mann, den sie jemals gesehen hat, er ist auch intelligent, humorvoll, smart und sportlich. Und er ist für die nächsten zehn Tage der Mann, der sie über alles liebt und sie auf Händen trägt. Der perfekte Fake-Deal also. Dumm nur, dass das Leben sich nicht an Deals und Abmachungen hält - schon gar nicht zur Weihnachtszeit. So dauert es nicht lange, bis die Funken nicht nur an den Wunderkerzen am Weihnachtsbaum zu sprühen beginnen, sondern auch zwischen Ophelia und Ben. Doch ... sich in einen Callboy zu verlieben war noch nie eine gute Idee, oder?

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Copyright © 2021 Daniela Felbermayr

1. Auflage, 2021

Text & Titel: Daniela Felbermayr

Cover: www.rausch-gold.comCatrin Sommer,

unter der Verwendung von Shutterstock

Korrektorat: S.W. Korrekturen e.U.

All rights reserved.

www.danielafelbermayr.com

[email protected]

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Alle Rechte vorbehalten. Nachdruck, auch auszugsweise, nur mit schriftlicher Genehmigung der Autorin. Personen und Handlungen aus diesem Roman sind frei erfunden, Ähnlichkeiten mit oder Bezüge zu real existieren Personen sind rein zufällig und nicht beabsichtigt. Markennamen und Warenzeichen, die in diesem Buch vorkommen, sind Eigentum ihrer rechtmäßigen Besitzer.

 

 

PROLOG

 

 

Weihnachten … konnte etwas Wunderbares sein. Ophelia Adams hatte Weihnachten schon immer geliebt. Mit dem Fest verband sie traumhafte Kindheitserinnerungen, Familienzusammenkünfte, gemütliche Abende am Kamin und diese besondere, zauberhafte Stimmung, die sich über das ganze Land legte und die man nur im Dezember verspüren konnte, sonst aber zu keinem anderen Zeitpunkt im Jahr. Die Weihnachtszeit war Ophelias liebste Zeit im Jahr und egal, wie stressig es sonst bei ihr ablief, die Tage und Wochen rund um Heiligabend kamen bei ihr niemals zu kurz. In diesem Jahr würde Weihnachten noch ein bisschen besonderer werden, als es das sonst schon war. Es war ihr erstes Weihnachtsfest mit David. Sie beide waren seit fast einem Jahr ein Paar. Hatten sich im Januar bei einem Neujahrsempfang kennengelernt, bei dem Ophelia eine ihrer Kundinnen begleitet hatte und zu dem auch David – seines Zeichens Sportmediziner – eingeladen war. Zwischen den beiden hatte es sofort gefunkt und Ophelia hatte sich seit langer Zeit einem Mann wieder so öffnen können, wie es bei David der Fall war. Denn obwohl es sonst in ihrem Leben ziemlich rund lief, war gerade ihr Liebesleben in den vergangenen Jahren relativ turbulent, seit ihr Ex-Verlobter Mike sie – kurz vor Heiligabend übrigens – gegen ihre Cousine Tessa ausgetauscht hatte. Die Sache mit Mike war jetzt drei Jahre her und natürlich war längst Gras darüber gewachsen und Ophelia hatte sich daran gewöhnt, ihre überkandidelte, zickige Cousine an der Seite des Mannes zu sehen, den sie so sehr geliebt hatte. Dennoch hatte jedes Zusammentreffen im Kreis der Familie mit den beiden einen merkwürdigen Beigeschmack und Ophelia mied Familienfeste, wo sie nur konnte und reiste nur in Ausnahmefällen nach Chicago zu ihren Eltern. In der Zwischenzeit hatte sie hin und wieder flüchtige Beziehungen mit Männern geführt, die sie ihrer Familie jedoch nie vorgestellt hatte. Das lag zum einen daran, dass keiner dieser Männer sie selbst so sehr überzeugte, dass sie ihn offiziell als ihren Partner vorstellen wollte, aber natürlich war es ebenso möglich, dass sie unterbewusst fürchtete, ihr neuer Freund könnte sich genauso in Tessa verlieben, auch wenn diese mit Mike, einem erfolgreichen Rechtsanwalt, glücklich war. Ophelia wusste nicht, was der Grund war, wieso sie seit Mike keinen Mann mehr mit nach Hause gebracht hatte, doch das war jetzt egal. Sie hatte David. Und David war großartig. David war perfekt und sie hätte sich niemals träumen lassen, dass es einen Mann auf der Welt gab, der sie so gut ergänzte wie er. Alles mit David war einfach. Alles mit ihm war so leicht und unbeschwert. Er war ihr Mr. Perfect, sah gut aus, war Arzt, liebte sie von ganzem Herzen und … Ophelia war sich sicher, dass er sie in absehbarer Zeit um ihre Hand bitten würde. Die Sache zwischen ihnen beiden lief perfekt. David war alles, was Ophelia sich immer gewünscht hatte, und damit meinte sie nicht etwa das Ansehen, das er als Chirurg genoss, sondern vielmehr all die Wesenszüge, die sie so sehr an ihm mochte. Er war ein richtiger Mann. Kein Junge im Körper eines Erwachsenen, der Spielchen spielte, nicht wusste, was er wollte und wie er in gewissen Situationen reagieren sollte. David konnte Ophelia erden, wenn sie selbst drohte, abzuheben, er behandelte sie stets wie eine Lady und … nicht ganz so sehr wie eine, wenn die Schlafzimmertür hinter ihnen beiden zuging. Sie ergänzten sich perfekt, hatten immer eine gute Gesprächsbasis und noch nie hatte Ophelia daran gezweifelt, dass David der Falsche für sie sein könnte. Bei David … fühlte es sich so gegeben an. So, als wären sie beiden füreinander bestimmt, komme, was wolle.

 

„Ach, ich kann es noch gar nicht fassen, dass du David tatsächlich mitbringst“, sagte Ophelias Mutter Jane, als sie an diesem Freitagnachmittag mit ihr telefonierte. Es war die Woche vor Weihnachten und Ophelia hatte bereits alle Vorbereitungen für das Fest der Feste getroffen. Unter anderem hatte sie auch zwei Flüge nach Chicago gebucht, um den neuen Mann ihres Lebens mit ihrer Familie bekannt zu machen.

„Ich denke, es ist der richtige Zeitpunkt“, sagte Ophelia und sah zum Fenster hinaus. Das kleine Appartement, das sie nun seit bereits vier Jahren bewohnte, befand sich direkt am Central Park und sie hatte großes Glück gehabt, dass sie es damals bekommen hatte. In dieser Lage war es eigentlich kaum leistbar zu wohnen, wenn man nicht gerade ein Rockefeller war, doch die alte Dame, der das Appartement gehörte, war nach Florida umgezogen und wollte sichergehen, dass jemand in ihre Wohnung einzog, der sie genauso zu schätzen wusste, wie sie selbst. Agatha Stinewill hatte das Appartement, wie sie Ophelia vor ihrer Abreise bei der Schlüsselübergabe erzählt hatte, von ihrer Großmutter geerbt, die es sich in den Zwanzigerjahren bitter vom Munde abgespart hatte, und Ophelia hatte sich im ersten Augenblick verliebt. Auch jetzt, wo sie vor dem Panoramafenster im Wohnzimmer auf den Central Park hinabblickte, war ihr bewusst, welch großes Glück sie in ihrem Leben doch hatte. Der Park war verschneit und sie beobachtete ein paar Kinder, die einen Schneemann bauten und andere, die eine Schneeballschlacht machten. Alles war so idyllisch. So perfekt. Fast so, als wäre sie in einem dieser kitschigen Netflix-Weihnachtsfilme gefangen, die der Streamingdienst ab Ende Oktober in seinem Programm spielte. Und in gewisser Weise war sie das ja auch. Denn ihr war völlig klar, dass sie ihr ganz persönliches Happy End sehr bald haben würde.

„Ich meine, es ist höchst überfällig“, sagte Jane. „Wir alle sind so gespannt auf David. Ein paar Telefonate können eine persönliche Begegnung nicht ersetzen.“

„Das stimmt, Mom.“ Ophelia dachte an David, der sie für diesen Abend zum Essen eingeladen hatte, weil er „etwas wichtiges“ mit ihr besprechen musste. Eigentlich konnte sie sich schon denken, worum es ging. Sie waren ein Jahr zusammen, es lief großartig zwischen ihnen, die Feiertage standen vor der Tür. Und hin und wieder war bereits das Thema „Hochzeit” ganz am Rande angeschnitten worden. Erst vor einigen Wochen hatten sie via SMS herumgealbert. David hatte ihr dann geschrieben, dass er sie unglaublich für ihre lockere und unkomplizierte Art liebte und sich dann gefragt, wo das mit ihnen beiden wohl noch hinführen würde. Die Frage hatte er sich schließlich selbst beantwortet, indem er ihr das Bild eines Paares vor dem Traualtar geschickt hatte. Bestimmt würde er ihr an diesem Abend die Frage aller Fragen stellen.

„Mom?“

„Ja Liebes?“

Ophelia wusste, dass sie sich mit der nächsten Frage ziemlich weit aus dem Fenster lehnte, aber … sie war so voller Vorfreude, dass sie einfach nicht hinterm Berg halten konnte.

„Wie lange im Voraus muss man eigentlich dieses hübsche kleine Hotel in Lake County buchen, du weißt schon, das an dem See, in dem Tante Helen geheiratet hat?“

Eine Weile lang blieb es still am anderen Ende der Leitung. Ophelia nahm Michael Buble wahr, der im Radio „It’s beginning to look a lot like Christmas“ sang.

„O … Liebes … bedeutet das etwa … du … und David ...“, begann Jane. Ophelia wollte zurückrudern. David hatte sie noch nicht einmal wirklich gefragt, ob sie ihn heiraten wollte. Andererseits hätte sie ihre Hand dafür ins Feuer gelegt, dass er das an diesem Abend nachholen würde. Immerhin hatte er ihren Lieblingstisch im „Le Fleur“ reserviert, dem Restaurant, in dem bislang all ihre wichtigen Dates stattgefunden hatten. Ihr erstes Date. Das Date, an dem er ihr zum ersten Mal gesagt hatte, dass er sie liebte. Das gemeinsame Essen mit seinen Eltern. Ihr Halbjahrestag. Und das Date, an dem er ihr erzählt hatte, dass er darüber nachdachte, dass sie beide Nägel mit Köpfen machen, und Anfang nächsten Jahres zusammenziehen sollten. Ja. Sie war sich sicher, dass David sie an diesem Abend bat, seine Frau zu werden. Zumal sie ihn in letzter Zeit vermehrt auf seinem Handy herumtippen gesehen hatte – einmal hatte er tatsächlich die Webseite eines Juweliers geöffnet gehabt.

„Ja, Mom, wir werden nächstes Jahr heiraten“, sagte sie und wollte sich am liebsten auf die Zunge beißen. War sie von allen guten Geistern verlassen? Warum sagte sie das jetzt? Sie wusste, dass es ungeschickt war, schon jetzt mit ihrer Hochzeit hausieren zu gehen, aber etwas in ihr konnte einfach nicht länger stillhalten. Außerdem … in ein paar Stunden war ihre Verlobung ohnehin besiegelt. Und in ein paar Jahren würden sie und David darüber schmunzeln, wenn sie davon sprachen, dass Ophelia ihrer Mutter schon von ihrer Verlobung erzählt hatte, ehe sie überhaupt aktuell war. David zog sie immerhin oft damit auf, dass Ophelia ihrer Zeit dauernd voraus war. Ein Freudenschrei schallte durch das Telefon.

„O Ophelia, ich kann es gar nicht glauben. Was für eine wunderschöne Nachricht. Jetzt freuen wir uns alle natürlich gleich doppelt so sehr auf unseren zukünftigen Schwiegersohn. Und … ich kann dir sagen, dass es an Heiligabend eine weitere Verlobungsparty geben wird.“ Sie hielt einen Moment inne und Ophelia wusste, was jetzt kam.

„Mike und Tessa, richtig?”, fragte sie. Sie stellte fest, dass es sie kein Stück störte, daran zu denken, dass ihre Cousine ihren Ex-Freund heiratete, jetzt, wo sie David hatte.

„Ja. Tante Cybill hat es mir gestern erzählt.”

„Das ist schön für die beiden”, sagte Ophelia.

„Und für dich ist das in Ordnung?”

„Aber Mum, das ist jetzt drei Jahre her. Und … ich habe selbst einen wunderbaren Mann an meiner Seite.” Eine Mischung aus Euphorie und mulmigem Gefühl breitete sich in Ophelia aus. Hoffentlich war es kein Fehler gewesen, ihrer Mutter von einer Verlobung zu erzählen, die praktisch noch gar nicht existierte. Oder gar ein schlechtes Vorzeichen. Sie wischte das mulmige Gefühl weg. Nein. David meinte es ehrlich mit ihr. Er war das Beste, was ihr seit langer Zeit passiert war und dass sie beide bis über beide Ohren ineinander verliebt waren, sah praktisch sogar ein Blinder.

„Wir freuen uns jedenfalls, die ganze Familie an Weihnachten zu sehen“, sagte sie, „David ist schon unglaublich gespannt auf euch. Aber jetzt sag mal, was gibt es bei euch so Neues?“

 

 

Wenige Stunden später saß Ophelia David gegenüber im „Le Fleur“. Der Kellner hatte eine erstklassige Flasche Rotwein für sie beide geöffnet und das Essen hatte großartig geschmeckt. Zur Feier des Tages hatten Sie Filet Wellington bestellt, sich gut unterhalten und einen angenehmen Abend verbracht. Alles war wie immer – so großartig und perfekt und einzigartig und … jetzt in der Weihnachtszeit noch um ein kleines bisschen glitzernder. Nun stand ein köstliches Schokoladensoufflé vor Ophelia, die eigentlich schon viel früher mit dem Antrag gerechnet hatte. Wenn sie ehrlich mit sich selbst war, dann hatte sie sich vorgestellt, David würde den Ring in ihr Champagnerglas fallen lassen, das sie als Aperitif getrunken hatte, doch dann war ihr bewusst geworden, dass er viel zu kreativ für so einen langweiligen Antrag war, den jeder x-beliebige Typ rund um den Erdball machte. Er hatte sich bestimmt etwas viel Besseres als einen Ring im Champagnerglas einfallen lassen. Vielleicht würde er sie überhaupt erst Zuhause um ihre Hand bitten, weil er sich denken konnte, dass sie im Restaurant mit dem Antrag rechnete.

 

„Wie du ja weißt“, sagte er schließlich, „hat dieses Essen hier und heute einen ganz besonderen Grund.“ Ophelias Herz setzte einen Schlag aus. Jetzt war es also soweit. Sie sammelte sich, wollte jede Einzelheit dieses ganz speziellen Abends in sich aufsaugen und für immer in ihrer Erinnerung behalten. Der Moment, indem sie zur zukünftigen Mrs. David Henderson wurde.

„Ja“, sagte sie und hatte Mühe, dass ihre Stimme nicht brach. David sah sie an. Einen Augenblick, zwei. Herrgott, er machte es wirklich unglaublich spannend. Alles in ihr fühlte sich zum Zerreißen gespannt an.

„Also … Ophelia … die Sache ist die, dass ich die vergangenen Monate mit dir wirklich sehr genossen habe.“ Er sah sie eindringlich an und ihr Herz begann überzulaufen. Ihr Bauch kribbelte und sie konnte gar nicht glauben, dass das hier wirklich passierte. Sie fühlte sich wie in einem Traum, nur, dass dieser Traum hier echt war und sie ihr ganz persönliches Märchen erlebte.

„Mir geht es nicht anders“, krähte sie und schalt sich, still zu sein. Immerhin bekam sie hier gerade einen Heiratsantrag von dem perfektesten Mann, den sie sich vorstellen konnte, da sollte sie nicht dazwischenquatschen.

„Ophelia, die Sache ist die“, fuhr David fort und hielt ihren Blick mit seinen Augen fest. Wie war die Sache? Was war die Sache? Irgendwie klang das hier ziemlich ernst und gar nicht verliebt, so wie ein Heiratsantrag sein sollte. Dieses mulmige Gefühl, das Ophelia bereits am Nachmittag verspürt hatte, als sie ihrer Mutter von dem Heiratsantrag erzählt hatte, machte sich wieder bemerkbar. David sah mittlerweile förmlich gequält aus, so als würde er eine Wurzelbehandlung ohne Betäubung an sich vornehmen lassen müssen. Großer Gott. Ihr wurde übel und die Welt um sie herum begann, sich zu drehen. Am liebsten hätte sie David gebeten, nichts zu sagen. Still zu sein. Ihr ihre Illusion dieses Vorweihnachtsabends zu lassen. Ihn bitten mit dem, was er ihr zu sagen hatte, wenigstens bis nach den Feiertagen zu warten.

„Also … ich finde dich wirklich toll, Ophelia, aber die Sache ist einfach die, dass es für mich nach all den Monaten nicht so richtig gefunkt hat. Wenn ich ohne dich aufwache, dann vermisse ich dich nicht auf die Art, wie ich es mir wünschen würde. So, wie ich es mir vorstelle, wenn ich eine Frau für immer an meiner Seite haben möchte. Und außerdem …“, jetzt wurde sein Blick etwas weicher, flehentlicher, „da draußen gibt es so viele heiße, junge Frauen, die mir entgehen würden, würde ich mich völlig auf dich konzentrieren. Es tut mir leid, Ophelia, aber ich möchte mich von dir trennen.“

 

EINS

 

„Aber … warum hat er dich ins Le Fleur eingeladen? Ich verstehe das alles nicht.“ Mandy warf ihre Hände nach oben und nahm einen großen Schluck Eggnog, während Ophelia wie ein Häufchen Elend ihr gegenüber im „Charlies“, ihrer Lieblingsbar saß. An diesem Abend war die Bar bis zum Bersten voll. Weihnachtsmusik drang aus den Lautsprechern und das Lokal war weihnachtlich dekoriert. Eigentlich liebte Ophelia die Vorweihnachtszeit im Charlies, doch heute, einen Tag, nachdem David sie wegen all der anderen tollen Singlefrauen, die es in New York gab, hatte fallen lassen, war ihr wenig nach Feiern zumute.

„Weil er meinte, ich würde ihm eine Szene machen, würde er mich unter vier Augen abservieren“, sagte Ophelia. Genau das war nämlich die Argumentation gewesen, die David ihr geliefert hatte, als sie ihn selbst nach seinen Beweggründen gefragt hatte, weshalb er sie in ein Nobelrestaurant schleppte, um ihr den Laufpass zu geben. Und es war ein lächerliches Argument gewesen, denn wenn er Ophelia wirklich gekannt hätte, dann hätte er gewusst, dass sie eine der Frauen war, die niemals eine Szene machten oder hysterisch wurden.

„Arschloch“, schimpfte Mandy und nahm sich ein paar der kandierten Erdnüsse, die auf dem Tisch zwischen ihr und Ophelia standen.

„Ich … es ist doch die ganze Zeit so gut zwischen uns gelaufen“, sagte Ophelia. In der vergangenen Nacht hatte sie die Beziehung Revue passieren lassen, während sie die Sachen, die sie bei David gehabt hatte, sortierte. In weiser Voraussicht hatte er die nämlich gleich auch zusammengepackt und ihr in einem Karton übergeben, als er sie vor dem Restaurant hatte stehen lassen. Noch nicht einmal zurück nach Hause gebracht hatte er sie, aber sie hätte ohnehin nicht gewusst, ob sie die Fahrt vom Restaurant in ihr Appartement neben ihm durchgestanden hätte. Sie hatte überlegt, was sie vielleicht falsch gemacht hatte. Inwieweit sie David eingeengt, ihm nicht genug Freiraum gelassen hatte. Doch sie war sich keiner Schuld bewusst. Er war mit der Idee angekommen, zusammenzuziehen. Er wollte sie unbedingt seinen Eltern vorstellen und hatte niemals einen Hehl daraus gemacht, der ganzen Welt zu zeigen, wie toll er sie fand. Sie hatte ihm alle Freiräume gelassen. War sich keiner Schuld bewusst. Und er hatte nie irgendetwas bemängelt, was seiner Meinung nach in ihrer Beziehung nicht passte. Vielleicht hatte er eine andere kennengelernt, kam ihr in den Sinn und bei dem Gedanken zog sich ihr Magen stark zusammen.

„Er ist eben ein verdammter Mistkerl“, schimpfte Mandy, „Klar, der tolle Herr Doktor will sich nicht auf eine Frau konzentrieren, weil all die billigen jungen Hühner auf ihn, seine Villa auf Long Island und seinen Privatjet abfahren. Du hast dir nie etwas aus all diesen Dingen gemacht, vermutlich hast du deshalb Minderwertigkeitskomplexe in ihm ausgelöst. Er sollte froh sein, eine Frau gefunden zu haben, die ihn seinetwegen geliebt hat, diesen eingebildeten Fatzke. O, ich könnte ihn echt in der Luft zerreißen.“

„Was mache ich denn jetzt. Ich habe meiner Mutter doch schon erzählt, dass David mir einen Antrag machen will. Und die … hat bestimmt schon die Chicago-Tribune informiert. Ich stehe da wie die letzte Idiotin, vor meiner gesamten Verwandtschaft, wenn ich jetzt sage, ich hab den Laufpass bekommen, statt eines Heiratsantrages. Und schließlich die Verlobungsparty von Mike und Tessa. Wie peinlich kann mein Leben eigentlich noch werden?”

„Mach dir keinen Kopf. Das ist immerhin deine Familie. Die werden das verstehen. Und du konntest ja wirklich nicht ahnen, dass dieser Vollidiot …" Mandy warf eine weitere Handvoll Nüsse in ihren Mund.

„Ich habe aber keine Lust auf das Mitleidsgetue. Und selbst, wenn es meine Familie versteht, Tessa könnte ich gar kein größeres Weihnachtsgeschenk machen, als dass ich sitzen gelassen werde, während sie sich mit meinem Ex-Freund verlobt. Jetzt bin ich nicht nur die, die ihren Ex-Freund an ihre Cousine verloren hat, sondern auch diejenige, die mit einer Heirat geprahlt hat, aber stattdessen verlassen worden ist. Kannst du dir vorstellen, was das für ein Weihnachtsfest werden wird? Alle werden mich behandeln wie ein rohes Ei. Ich vermassele damit nicht nur mir selbst die Feiertage, sondern auch allen anderen, wenn sie nicht so ausgelassen sein können, wie sie wollen. Wird ja ein tolles Weihnachten, wenn alle deprimiert herumsitzen und versuchen, bloß ja nicht zu ausgelassen zu feiern, weil ich mich sonst auf den Schlips getreten fühlen könnte.”

Mandy sah Ophelia mitleidig an. „Am liebsten würde ich absagen”, sagte die.

„Warum tust dus nicht?”„Weil ich … das auch nicht kann. Ich meine, ich habe groß herumposaunt, dass ich mit meinem Verlobten komme, um Weihnachten mit meiner Familie zu feiern. Was soll ich denn nun sagen, warum wir doch nicht können? Jede Lüge, die ich jetzt noch auftische, macht die Sache nur schlimmer. Meine Eltern und meine Großeltern freuen sich doch schon so.”

„Du wirst gar keine andere Wahl haben, als in den sauren Apfel zu beißen und deiner Familie die Wahrheit zu sagen”, sagte Mandy diplomatisch. „Es sei denn …“, sagte sie plötzlich.

„Es sei denn, was?“, fragte Ophelia.

„Kennst du den Film „Wedding Date“ mit Debra Messing und Dermot Mulroney? Wo sie diesen Callboy engagiert, der sie auf eine Hochzeit begleitet?“„Großer Gott. Mandy. Ich werde bestimmt keinen Callboy engagieren, der mich an Weihnachten zu meiner Familie begleitet und meinen Verlobten mimt. Das ist schon ziemlich armselig, findest du nicht?“„Aber wieso denn?“, fragte Mandy. „Wir haben 2021. Heutzutage ist so was doch völlig normal. Und überleg mal: Du könntest dir einen Traummann zusammenstellen, so wie er sein soll. Optisch und vom Typ her. Und das Gute daran: Du bezahlst den Kerl, also muss er genau das tun, was du willst. Es besteht nicht die Gefahr, dass er plötzlich eine andere interessant findet oder sich daneben benimmt. Dass er keine Lust mehr hat oder sonst irgendwie schräg drauf ist. Dass er sich besäuft oder auf einmal merkt, dass es so viele andere tolle Singlefrauen auf der Welt gibt. Diese Callboys von heute, das sind Profis, Ophelia. Und ihre Branche boomt. Heutzutage ist das längst nicht mehr so verpönt wie noch vor einigen Jahren. Du könntest deiner Familie einen absoluten Traummann präsentieren und alle mit ihm neidisch machen. Und du würdest dem Mitleid von allen rund um dich herum entgehen.“

„Das ist doch verrückt”, sagte Ophelia. „Außerdem … meine Mum hat schon ein paarmal mit David telefoniert, sie bemerkt bestimmt, dass ich einen ganz anderen Mann dabeihabe. Und was ist mit Davids Webseite? Jeder kann ihn praktisch googeln. Was meinst du, wenn meine Familie im Netz nach ihm sucht und dann dahinterkommt, dass das ein völlig Fremder ist. Nein, das ist eine total verrückte Idee, Mandy.”

„Wozu sollen Sie ihn googeln, wenn sie ihn direkt vor sich haben”, argumentierte Mandy. „Außerdem … googeln ist nichts, was Leute im Alter deiner Eltern oder deiner Großeltern tun. Die sind nicht so wie die Jugend von heute, die Namen erst mal durch Suchmaschinen und Social Media-Kanäle laufen lässt, um sich über die Personen dahinter zu informieren.”

„Meine Großeltern vielleicht nicht. Und meine Eltern auch nicht. Aber was ist mit all meinen Cousins und Cousinen? Das ist mir irgendwie zu heiß, wenn ich ehrlich bin.”

„Ich glaube ehrlich gesagt nicht, dass sie ihn googeln, wenn er direkt vor ihrer Nase sitzt”, sagte Mandy diplomatisch. „Und außerdem … gibt es auf seiner Webseite doch ohnehin nur dieses eine Foto von ihm, relativ aus der Ferne aufgenommen, auf dem er an seinem Schreibtisch sitzt? Wenn du nicht gerade einen völlig anderen Typ Mann auswählst, als David ist, dann … glaube ich nicht, dass seine Webseite ein Problem darstellt. Und zur Not … könntest du immer noch behaupten, die Bilder wären Symbolbilder und würden gar nicht ihn persönlich zeigen. Privatsphäre und so … immerhin hatte er ja schon zweimal eine Stalkerin, wie er einmal erzählt hat.”

„O Mann, das alles ist ja jetzt schon ein ganz schönes Lügenkonstrukt”, sagte Ophelia.

„Ja, da hast du wohl recht”, stimmte Mandy zu. „Vielleicht wäre es doch die bessere Entscheidung, wenn du deiner Familie reinen Wein einschenkst, was meinst du?”

Ophelia dachte nach. Ja, das wäre die einfachste – und ehrlichste Methode. Es schmeckte ihr überhaupt nicht, dass sie darüber nachdachte, ihre Familie so derart hinters Licht zu führen. Aber dann erinnerte sie sich daran, wie ihre Mutter sich gefreut hatte, als sie von der „Verlobung” erzählt hatte. Dass sie erwähnte, dass sie sich seit Jahren wünschte, die ganze Familie wieder einmal völlig entspannt an Weihnachten um sich zu haben. Dass ihre Großeltern dieses Mal dabei waren und dass es nicht sicher war, wie viele Weihnachtsfeste sie noch im Kreis ihrer Lieben würden feiern können, denn immerhin hatten Nancy und Arthur Adams die Achtzig bereits längst überschritten. Ja, es war für sie selbst eine höchst unangenehme Lage, in der sie sich befand. Und sie stand jetzt vor der Entscheidung, ihre ganze Familie mit hineinzuziehen oder … über ihren eigenen Schatten zu springen und etwas vielleicht nicht sehr Kluges zu tun – aber allen anderen das Weihnachtsfest zu retten.

„Das klingt ja alles ganz spannend“, sagte sie und versuchte, Gründe an den Haaren herbeizuziehen, weshalb sie die Finger von einem bezahlten Begleiter lassen sollte, „aber, ich glaube nicht, dass es das ist, was ich will. Ich meine, jemanden dafür zu bezahlen, dass er sich an Weihnachten als mein Verlobter ausgibt. Nein. Das ist selbst für mich etwas zu viel des Guten. Obwohl es bestimmt reizvoll wäre, einen hundertprozentigen Traummann an meiner Seite zu haben.“ „Und was hast du jetzt vor? Schenkst du ihnen reinen Wein ein? Oder fährst du allein und entschuldigst ihn?“„Was hab ich sonst schon für Möglichkeiten. Ich werde wieder einmal wie der absolute Love-Loser dastehen. Aber das ist man von mir ja schon gewöhnt.”

 

ZWEI

 

 

„Lass sehen. Lass sehen. O Mann, ich bin ja so aufgeregt.“ Mandy benahm sich wie eine Fünfjährige vorm Weihnachtsbaum, der man verboten hatte, ihre Geschenke auszupacken.

„Ich hab nur eine Anfrage gesendet, nicht mehr und nicht weniger“, sagte Ophelia und konnte nicht glauben, dass sie tatsächlich einem Begleitservice eine Mail geschickt hatte. Aber am Vorabend war einfach alles über sie hereingebrochen. Erst diese unsägliche Trennung von David, das Telefonat mit ihrer Mutter und die Aussicht auf ein völlig falsches Weihnachtsfest, an dem nichts so war, wie es an Weihnachten sein sollte. Zu guter Letzt hatte David auch noch das Avatarbild auf seinem Telefon geändert. Das zeigte ihn jetzt mit einer blutjungen Tussi mit aufgepumpten Lippen, Atombrüsten und zwölf Kilo Make-up im Gesicht, die sich anbiedernd an ihn presste. Er hatte also bereits achtundvierzig Stunden nach ihrer Trennung ein neues Mäuschen an der Seite. Und sie … saß alleine in ihrem Appartement und grübelte darüber nach, ob sie ihrer Familie zu Weihnachten einen Callboy präsentieren sollte. In diesem Moment war ihr klar geworden, dass sie gar keine andere Wahl hatte, als mit einem Superdate aufzuwarten. Sie würde sich nicht die Blöße geben, ohne Verlobten bei ihrer Familie aufzukreuzen. Nein. Sie würde einen Mann an ihrer Seite haben, der alle anderen in den Schatten stellte. Einen, nach dem die Frauen sich umdrehten, und der nur Augen für sie allein hatte. Für den sie jede andere beneidete. Und gemeinsam mit ihm würde sie das schönste Weihnachtsfest seit Langem feiern, eine gute Zeit mit ihrer Familie verbringen und all die Vorkommnisse der vergangenen Tage ausblenden. Bei der Gelegenheit würde sie jede Menge Fotos von sich und ihrem Objekt der Begierde knipsen und „versehentlich” eines oder zwei an David senden. Ja. Sie würde die Feiertage mit einem Superdate verbringen. Und wenn es schlimmstenfalls ein Callboy sein sollte, dann war es eben so.

 

Ophelia Adams hatte in ihren dreiunddreißig Lebensjahren noch nicht sehr viele Erfahrungen mit käuflicher Liebe gemacht. In Wahrheit beschränkten sich ihre Berührungspunkte damit ausschließlich darauf, die DVD von „Pretty Woman” zu besitzen und den Film ungefähr zwanzigmal gesehen zu haben. Als sie nun also völlig unbedarft die Worte „Callboy“ „Begleitservice“ und „New York“ in die Suchleiste bei Google eingab, wurde sie von erotischen Angeboten, Fotos und Videos, die alles zeigten und überdies von eindeutigen Aussagen fast überrannt. Im ersten Moment konnte Ophelia sich nicht vorstellen, dass sie hier jemanden finden würde, mit dem sie ihre Familie beeindrucken konnte, doch nachdem sie mehrere fragwürdige Seiten weggeklickt hatte, war sie schließlich auf der Seite von Manhattan Deluxe Escort gelandet. Die erste Seite, auf der sie ziemlich attraktive Männer fand, die nicht in engen Lederstrings posierten, sich bedeutungsvoll in den Schritt fassten oder ihre pralle Männlichkeit in der Hand hatten und sie in die Kamera reckten. Manhattan de luxe Escort hatte in der Tat ein Repertoire an Männern zu bieten, von dem Ophelia sich vorstellen konnte, einen davon ihrer Familie vorzustellen. Männer, wie sie einem auf der Straße, in der U-Bahn oder in einem guten Restaurant begegnen konnten. Nach denen man sich umdrehte und die ein Kribbeln in einem auslösten, wenn sie einem die kurze Andeutung eines Lächelns schenkten.

„Wow“, sagte Mandy sichtlich beeindruckt. „Da sieht ja einer heißer aus als der nächste.“

„Sie sind zumindest nicht so schleimig und billig wie der Rest, der mir untergekommen ist“, antwortete Ophelia.

„Und? Lass sehen, welcher ist es nun?“, wollte Mandy wissen. Ophelia drehte das Notebook zu sich und klickte ein paarmal auf der Webseite herum. Es war ihr fast ein bisschen peinlich, ihrer besten Freundin den Callboy zu präsentieren, für den sie sich entschieden hatte, während sie Kekse aßen, Eggnog tranken und im Hintergrund Weihnachtsmusik lief. Dann öffnete sich ein Fenster und ein großer, unglaublich attraktiver Mann in einem dunkelblauen Anzug erschien auf dem Bildschirm. Er hatte dunkles, kurzes Haar, ein markantes Gesicht mit einem Bartschatten und grüne Augen. Er sah unglaublich männlich aus, mit seiner kantigen Gesichtsform, gleichzeitig aber sympathisch und nett. Ein zweites Foto zeigte ihn in einer Jogginghose und einem Muskelshirt beim Krafttraining, ein drittes in Jeans und einem Karohemd in der Küche.

„Scheiße. Der Typ ist ja eine Maschine“, sagte Mandy sichtlich beeindruckt, als sie zu einem weiteren Foto scrollte, das ihn ohne Shirt zeigte. Er hatte ein Sixpack, muskulöse, durchtrainierte Oberarme und sein gesamter Körper war gestählt, ohne aber billig oder übertrainiert zu wirken. „Nimm ihn. Der Typ ist ein Volltreffer und bestens geeignet, um ihn deiner Familie zu präsentieren. Großer Gott, diesen Kerl wirst du selbst vor deiner Großmutter verstecken müssen. Und Tessa wird vor Neid erblassen.“

„Ja, er sieht toll aus“, sagte Ophelia, „aber eigentlich war es sein Lächeln, das mich angesprochen hat.“„Ich habe bis jetzt gar nicht bemerkt, dass dieser Typ überhaupt ein Gesicht hat“, witzelte Mandy.

„Er war der Einzige, von dem ich mir überhaupt vorstellen konnte, diese Sache mit ihm durchzuziehen. Ich meine, mir wird schon allein beim Gedanken daran schlecht, dass ich das echt vorhabe, aber gestern Abend hat mich Pat Dennings angerufen, eine ehemalige Schulkameradin und Freundin von Tessa, die im Nachbarhaus meiner Eltern lebt und so getan, als wäre es das achte Weltwunder, dass jemand wie ich heiratet. Und dann noch einen Arzt. Und, dass sie schon unglaublich gespannt auf ihn wäre. Ich habe also gar keine andere Wahl mehr, als die Nummer durchzuziehen. Meiner Familie hätte ich ja vielleicht noch die Wahrheit erzählen können, aber … nachdem Pat es jetzt auch weiß …" Ophelia erinnerte sich an Pat. Auf der High School war sie eine Klasse über ihr gewesen und hatte Ophelia stets irgendwie als Konkurrenz gesehen. Ophelia wusste nicht, woran genau das lag, zumal sie beide völlig unterschiedliche Typen waren, doch Pat hatte immerfort versucht, an Ophelias Dates zu kommen, ihr ihren aktuellen Freund auszuspannen und sie hinterrücks schlecht zu machen. Eigentlich war ihr Pat egal gewesen, doch dieser grobschlächtigen, ständig leicht verwahrlost wirkenden Person unter die Augen treten und gestehen zu müssen, dass ihr Freund sie abserviert hatte, anstatt ihr einen Antrag zu machen – das hätte sie nicht geschafft.

„Ich hab die Typen alle durchgesehen, aber der hier ist der einzige, bei dem etwas rüberkommt, verstehst du? Ich weiß nicht … Er wirkt irgendwie so echt … so authentisch.“„Ich glaube ja, du bist in ihn verknallt“, sagte Mandy.

„Ich verliebe mich nicht in einen Callboy, keine Sorge“, winkte Ophelia ab. „Wenn du es genau wissen willst, werde ich mich in der nächsten Zeit überhaupt nicht mehr verlieben. Ich bin damit echt durch.”

„Und wie geht es jetzt weiter? Läuft das so wie auf Amazon? Du legst ihn in deinen Warenkorb und innerhalb von vierundzwanzig Stunden wird er frei Haus geliefert?“

„Ich habe keine Ahnung. Ich habe gestern noch eine Anfrage an diese Agentur gesendet, bislang aber keine Rückmeldung erhalten. Bei meinem Glück ist der Typ nächste Woche ausgebucht. Oder ich entspreche nicht seinem Klientinnenschema. Oder diese Webseite ist nicht echt und jemand macht sich einen Spaß daraus, zu sehen, was für Frauen sich melden.“

„Du spinnst. Warum soll die Site nicht echt sein. Es gibt bestimmt einen Markt für solche … Angebote“, sagte Mandy. Im nächsten Moment klingelte Ophelias Handy. Sie nahm das Gespräch an.

„Hallo?“, sagte sie.

„Hallo? Ophelia Adams?“ Eine wohlklingende, sonore Männerstimme war am anderen Ende der Leitung, die Ophelias Herz augenblicklich einen Takt höherschlagen ließ.„Genau die.“ Sie überlegte, ob sie vielleicht noch einen Kundenanruf erwartete, konnte sich aber nicht erinnern.

„Hallo Ophelia, freut mich sehr, dich zu hören. Hier ist Ben.“

Ophelia war verwirrt. Was für ein Ben?

„Ich … welcher Ben?“, fragte sie und als sie den Namen erwähnte, blickte Mandy auf. Die Männerstimme lachte kurz. „Also, dass eine Frau sich nicht mehr an mich erinnert, einen Tag, nachdem sie mir eine Begleitanfrage hat zukommen lassen, ist mir auch noch nie passiert“, sagte Ben und wirkte dabei äußerst sympathisch. Ophelia musste sich setzen, nur um im nächsten Moment gleich wieder aufzuspringen. Sie hatte es sich zur Angewohnheit gemacht, herumzulaufen, wenn sie telefonierte. Doch jetzt hatte sie so weiche Knie, dass es ihr schwerfiel, die Balance zu halten.

„Ach … Ben. Ja. Ich weiß schon wieder. Bitte entschuldige. Ich war abgelenkt.“

„Kein Problem, Ophelia. Ich wollte dir nur sagen, dass ich deine Anfrage erhalten habe und zu dem gewünschten Zeitpunkt frei wäre. Sollen wir uns treffen, um die Details zu besprechen und uns zu beschnuppern? Du brauchst jemanden, der dich auf ein Weihnachtsfest begleitet, richtig?“

„Ja. Ja genau, Weihnachten im Kreise der Familie.“

„Schön. Also, wie sieht es morgen Nachmittag bei dir aus? Ich habe um fünf Uhr einen Termin, aber ich könnte es einrichten, dass wir uns um zwei irgendwo treffen.“

„Ähm ….“, Ophelia war völlig überfordert. Es war eine Sache, eine Anfrage an eine Begleitagentur zu senden, aber eine ganz andere, eine Verabredung mit einem Callboy festzusetzen.

„Mach schon, mach schon, mach schon“, flüsterte Mandy ihr zu, die längst kapiert hatte, wer da am anderen Ende der Leitung war. Ratlos blickte Ophelia ihre beste Freundin an. Das hier … war vielleicht doch nicht die richtige Entscheidung. Aber andererseits die einzige Möglichkeit, die sie hatte, sich nicht vor ihrer Familie zu blamieren.

---ENDE DER LESEPROBE---