Familie mit Herz 21 - Moni Sommer - E-Book

Familie mit Herz 21 E-Book

Moni Sommer

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Beschreibung

Tapfer, mit fest zusammengepressten Lippen marschiert der kleine Junge durch den dunklen Wald. Die Vögel sind längst verstummt und haben in ihren Nestern Schutz vor den Jägern der Nacht gesucht. Mit der Dunkelheit kommt auch die Kälte. Und der Hunger!

Doch Lukas stolpert immer weiter. Nach Hause will er nie wieder zurück! Denn ein richtiges Zuhause besitzt er auch gar nicht mehr. Seit seine Schwester die schwere Krankheit hat, ist es, als habe er keine Eltern mehr. Alles dreht sich nur um sie! Nicht einmal ist die Rede von ihm. Zählt er denn gar nicht mehr für seine Eltern? Manchmal, ja, da wünscht er sich, seine kleine Schwester wäre tot ...

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Seitenzahl: 99

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Inhalt

Cover

Impressum

Der Junge, der kein Zuhause mehr hatte

Vorschau

BASTEI ENTERTAINMENT

Vollständige eBook-Ausgabe der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe

Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG

© 2018 by Bastei Lübbe AG, Köln

Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller

Verantwortlich für den Inhalt

Titelbild: PeopleImages / iStockphoto

Datenkonvertierung eBook: Blickpunkt Werbe- und Verlagsgesellschaft mbH, Satzstudio Potsdam

ISBN 978-3-7325-6398-2

www.bastei-entertainment.de

www.lesejury.de

Der Junge, der kein Zuhause mehr hatte

Wenn eine heile Kinderwelt zerbricht

Von Moni Sommer

Tapfer, mit fest zusammengepressten Lippen marschiert der kleine Junge durch den dunklen Wald. Die Vögel sind längst verstummt und haben in ihren Nestern Schutz vor den Jägern der Nacht gesucht. Mit der Dunkelheit kommt auch die Kälte. Und der Hunger!

Doch Lukas stolpert immer weiter. Nach Hause will er nie wieder zurück! Denn ein richtiges Zuhause besitzt er auch gar nicht mehr. Seit seine Schwester die schwere Krankheit hat, ist es, als habe er keine Eltern mehr. Alles dreht sich nur um sie! Nichteinmalist die Rede von ihm. Zählt er denn gar nicht mehr für seine Eltern? Manchmal, ja, da wünscht er sich, seine kleine Schwester wäre tot …

Entspannt saß Simon Holler auf der Badematte und schirmte seine Augen mit der Hand gegen das grelle Sonnenlicht ab, um seine Frau und die Kinder besser beobachten zu können. Für Anfang Juni herrschte hier am Meer schon beinahe hochsommerliche Wärme.

Gerade tauchte Viola mit den Kindern prustend aus den Wellen auf, und sofort ertönte lautes Freudengeheul. Besonders Lukas, vor zwei Monaten acht Jahre alt geworden, war eine richtige Wasserratte. Jessica, süße drei, hingegen traute sich nur im Schutz eines Erwachsenen in die Wellen.

Simon betrachtete seine Familie voller Stolz. Seit zehn Jahren waren Viola und er jetzt verheiratet, und – falls das möglich war – schien ihre Liebe mit jedem Jahr noch gewachsen zu sein. Viola war ihm alles: Freund, Frau und eine wunderbare Geliebte. Zehn Jahre, dachte Simon, zehn glückliche Jahre …

Als Viola sich jetzt zu Jessica hinabbeugte, bemerkte Simon voller Zärtlichkeit, dass es ihr gelungen war, trotz der beiden Geburten ihre mädchenhafte Figur zu behalten. Sie wirkte zart und verletzlich und stand doch in allen Lebenslagen »ihren Mann«.

Nach einer Weile kam die kleine Jessica alleine den Strand hochgetrottet. Viola und Lukas winkten Simon zu, dann stürzten sie sich erneut in die Fluten.

»Na, mein Mäuschen, bist du müde?« Simon nahm sein Töchterchen in Empfang und hüllte es in ein flauschiges Badetuch.

»Hm, ein bisschen!« Jessica ließ sich erschöpft in die Arme ihres Papis sinken.

Simon rubbelte ihr das blonde Haar, das ihr in weichen Wellen über die Schultern fiel, dann drückte er das Kind an sich.

»Du bist blass, Herzchen. Möchtest du etwas essen?«

»Nö, ich hab keinen Hunger.«

»Na, dann trink wenigstens etwas.« Er holte eine Flasche Saft aus der Kühlbox. Gierig trank Jessica den ganzen Becher leer.

»Wir ruhen uns jetzt ein bisschen aus, Jessie. Wenn Mami und Lukas nachher kommen, gehen wir essen. Dann suchst du dir was ganz Tolles aus, einverstanden?«

Jessica nickte gehorsam, kuschelte sich in seine Arme und schloss die Augen. Simon bewachte ihren Schlaf. Die Kleine war so zart und anfällig gewesen in den letzten Wochen. Manchmal hatte sie aus unerfindlichen Gründen Nasenbluten, was sich die ratlosen Eltern mit Wachstumsschüben erklärten. Auch ihre Erkältungen hatten im letzten Winter extrem lange gedauert. Das war einer der Hauptgründe, warum sie hierher ans Mittelmeer gefahren waren.

Die Ruhe, die Simon so genoss, währte nicht lange, denn kaum hatte er die Kleine sanft auf das Badetuch gelegt und auch ein wenig die Augen geschlossen, kamen seine Frau und sein Sohn den Strand hochgelaufen.

Lukas konnte es sich nicht verkneifen, seinen Papi ein wenig nass zu spritzen, was zum Erfolg hatte, dass sich Simon seinen zappelnden Sohn unter den Arm klemmte und ihn zum Wasser hinunterschleppte, wo er mit großen Schritten ins Meer stürmte.

Pudelnass kamen die beiden zurück. Viola machte ihnen ein Zeichen, leise zu sein, Jessie schlief immer noch.

»Glaubst du, die Wärme macht ihr zu schaffen?«, wollte Simon wissen.

Viola nickte. »Ich denke schon. Die Wärme, das Baden, all das viele Neue. Lasst sie ruhig schlafen! Nachher wird sie wieder putzmunter sein.«

Lukas ließ sich neben seinen Vater plumpsen und blickte sehnsüchtig hinaus auf das silbrig schillernde Meer.

»Warum können wir nicht immer hierbleiben, Papi? Es ist so wunderschön hier. Das Meer und alles.«

Fragend waren die dunklen Augen des Jungen auf den Mann gerichtet, der immer alles im Leben richten konnte und auf alle Fragen eine Antwort hatte.

»Ich habe schließlich meine Arbeit zu Hause«, erklärte Simon seinem Sprössling.

»Du könntest doch genauso gut hier arbeiten.«

»Das geht leider nicht, Schatz. Oder glaubst du, mein Chef würde mir jedes Mal die Fahrtkosten von hier zur Agentur zahlen, wenn ein Kunde eine Anzeige oder einen Prospekt braucht?«

Lukas überlegte, dann schüttelte er den Kopf.

»Aber du könntest Fischer werden, so wie alle Männer hier«, schlug er hoffnungsvoll vor.

»Da würden sich die Leute hier aber ganz schön beschweren. Seit Jahren werden die Fische immer weniger, die Fischer müssen immer weiter aufs Meer hinaus. Und dann komme ich und will auch noch einen Teil davon abhaben. Außerdem kann ich gar nicht fischen.«

Das waren fast zu viele Erklärungen auf einmal. Lukas hakte eine nach der anderen ab.

»Dann geht’s wohl wirklich nicht. Wir müssen wieder nach Hause. Kommen wir nächstes Jahr wieder hierher?«

»Vielleicht, wenn es dir so gut gefällt.« Simon zerzauste seinem Sohn schmunzelnd das volle dunkle Haar.

Lukas gab sich vorerst mit dieser Zusicherung zufrieden. Schließlich lagen noch viele Tage Meer und Sonne vor ihnen. Endlich erwachte die kleine Jessie wieder. Die Familie packte alle Sachen zusammen und machte sich auf den Weg ins Hotel, um dort das Mittagessen einzunehmen.

»Dürfen wir aussuchen, was wir wollen?«

Lukas buchstabierte mühsam die Speisekarte. Leider nutzte ihm das nicht viel, denn sie war auf Französisch geschrieben, doch der Maître half, und Lukas entschied sich für Garnelen – ohne alles.

Nur mit Mühe konnte Viola ihre Tochter überreden, wenigstens etwas Schinken und Melone zu bestellen. Jessie hatte wie immer keinen rechten Appetit.

»Sobald wir wieder nach Hause kommen, gehe ich mit Jessie mal bei Doktor Berger vorbei«, entschied Viola bestimmt.

Normalerweise ließ sie die Kinder beim Essen gewähren. Jedes durfte essen, so viel oder so wenig es mochte. Gewöhnlich konnte Viola sich über den Appetit ihrer Kinder auch nicht beklagen. Wenn sie mal ein paar Tage nur sehr wenig aßen, holten sie es bald darauf wieder nach. Jessie allerdings stocherte jetzt schon seit Wochen nur lustlos in ihrem Essen herum. Selbst mit den schmackhaftesten Leckerbissen konnte man ihren Appetit nicht anregen.

Nachdem sie die Dreijährige mit vereinten Kräften wenigstens noch zu einem Eis überredet hatten, duschten sie alle, und anschließend ruhten sich die Kinder in ihrem Zimmer aus.

Simon saß auf dem Bettrand und sah seiner Frau zu, wie sie ihr dunkles Haar bürstete. In weichen Locken fiel es ihr bis über die Schultern. Als Viola seinen Blick im Rücken fühlte, drehte sie sich um. Ihre grünen Augen funkelten.

»Du beobachtest mich«, sagte sie mit deutlichem Vorwurf.

»Erwischt«, gab er zu und ließ sich zurückfallen.

Sie kam langsam auf ihn zu und ließ sich neben ihm nieder. Zärtlich fuhren ihre Finger die Linien in seinem Gesicht nach. Simon war fünfunddreißig Jahre alt und strahlte eine Kraft aus, die ihr das Gefühl gab, immer einen sicheren Hafen zu haben. Ihre Hände wanderten hinunter zu seinem durchtrainierten Oberkörper. Jeden Morgen joggte er mehrere Kilometer, um sich fit zu halten. Das Ergebnis konnte sich sehen lassen.

»Pass auf, was du machst«, mahnte er zärtlich und zog sie an sich. Viola ließ sich gegen ihn fallen, und ihre Blicke versanken ineinander, als er sich über sie beugte. »Du bist so wunderschön!«

»Du auch«, erwiderte sie liebevoll.

Dann verzog sie lächelnd das Gesicht. Es war vielleicht albern, einem Mann zu sagen, dass man ihn attraktiv und begehrenswert fand, aber schließlich stimmte es.

Simon war der einzige Mann gewesen, zu dem sie sich seinerzeit sofort und mit aller Macht hingezogen gefühlt hatte. Die Erde hatte gebebt, als sie festgestellt hatte, dass er ihre Gefühle erwiderte. Daran hatte sich bis heute nichts geändert. Diese Liebe würde ein Leben lang halten.

Langsam näherten sich ihre Lippen einander, und schließlich versanken sie in einem endlos scheinenden Kuss.

Erst als sich nebenan im Zimmer die Kinder regten, lösten sie sich voneinander. Den Rest des Nachmittags verbrachten sie damit, mit dem Leihwagen nach Nizza zu fahren und die Geschäfte der Strandpromenade anzuschauen.

»Schau, ist das Kleidchen nicht ganz bezaubernd!«, rief Viola aus und blieb vor dem Fenster einer Kinderboutique stehen. Sie zeigte auf ein Jeanskleid in der Mitte des Fensters. Zarte Blütenstickereien verzierten die beiden Säume.

»Komm, das kann länger dauern.« Simon legte den Arm um die Schultern seines Jungen. »Ich glaube, die Zeit reicht allemal, dass wir uns da drüben ein Eis kaufen, was meinst du?«

»Au ja, Papi. Lass die beiden ruhig das Kleid anprobieren.«

Lukas liebte es, mit seinem Papi einen Abstecher zur Eisbude zu machen. Papi wusste glücklicherweise viel besser als Mami, wie viel Eis ein achtjähriger Junge vertragen konnte.

Simon und Lukas befanden sich schon wieder auf dem Rückweg, als auch Viola und ihr Töchterchen die Boutique verließen. Wie zu erwarten trug Viola eine Tüte unter dem Arm. Sie wollten gerade die oberste der drei Stufen hinabsteigen, als Simon erschrocken sah, wie Jessie urplötzlich einfach in sich zusammenfiel. Viola versuchte nach ihr zu greifen, konnte jedoch nicht verhindern, dass sich das Kind den Kopf am Treppengeländer anschlug.

Eilig überquerte Simon mit seinem Jungen die Straße, wich geschickt den Fahrzeugen aus und rannte auf die Treppe zu. Viola hatte sich niedergekniet und hielt die kleine Jessie im Arm.

»Viola, was ist passiert? Hat sie sich wehgetan?«

»Sie blutet. Es scheint eine Platzwunde zu sein.«

»Jessie, Liebes, wie geht’s dir?«

Jessica schlug die Augen auf. Es sah fast so aus, als wäre sie für kurze Zeit ohnmächtig gewesen. Einen Moment lang versuchte sich das Kind zu orientieren, dann begann es zu weinen.

Simon nahm sein Töchterchen auf den Arm.

»Komm, mein Schatz, es ist nichts Schlimmes. Alles in Ordnung, mein Liebes. Schau, Papi trägt dich jetzt zum Auto.« Jessie hörte auf zu weinen und legte den Kopf an die Schulter ihres Papis. Jetzt war alles wieder gut.

Ins Hotel zurückgekommen, ließen sie durch den Mann an der Rezeption einen Arzt rufen, gingen nach oben und betteten das Kind auf dem Sofa.

***

Es dauerte mehr als eine halbe Stunde, bis der vom Hotelpersonal gerufene Arzt kam. Dr. Bernier bat die Eltern, den Unfallhergang zu schildern. Viola und Simon hatten alle Mühe und mussten ihre sämtlichen Französischkenntnisse hervorkramen, um den Vorfall zu beschreiben.

Dann begann Dr. Bernier mit der Untersuchung. Mit einer kleinen Lampe leuchtete er Jessica in die Augen. Die Eltern hatten sich ein wenig zurückgezogen, damit der Doktor in Ruhe arbeiten konnte.

»Verstehst du, was er sagt?«

»Er meint, Jessie wäre auffallend blass, und er wollte wissen, ob sie schon öfter ohnmächtig geworden sei.« Violas Kenntnisse der fremden Sprache waren etwas besser.

Dr. Bernier wandte sich den Eltern zu. In einfachen Worten versicherte er, dass der Sturz keinen allzu großen Schaden angerichtet habe. Jessie könne vielleicht ein wenig Kopfschmerzen bekommen. Er betonte jedoch noch einmal, dass die Kleine außerordentlich blass sei und sie gut daran täten, bei ihrer Rückkehr schnellstens einen Arzt aufzusuchen. Für die kleine Platzwunde habe er ihr einen Verband angelegt.

In dieser Nacht durfte das kleine Mädchen bei ihrer Mami im Bett schlafen. Simon verbrachte die Nacht mit Lukas im Nebenzimmer. Er war schon eingeschlafen, als er durch das Weinen seiner kleinen Tochter wieder aus dem Schlaf hochschreckte. Auf nackten Sohlen tappte er hinüber ins andere Zimmer.

»Was hat Jessie, tut ihr der Kopf weh?«

Viola sah ihm angstvoll und aufgeregt entgegen.

»Sie ist so warm. Ich glaube, sie hat Fieber.«