Farbenspiel der Träume - Bettina Auer - E-Book
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Bettina Auer

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Beschreibung

Fabienne verfügt über eine besondere Fähigkeit: Sie kann in die Traumwelt reisen und dabei sogar die Träume anderer Menschen besuchen. Doch als sich die Seele ihres Schulfreunds Nicolas nach einem schweren Fehler ihrerseits zwischen Traum und Realität verfängt, beginnt für sie ein Wettlauf gegen die Zeit. Zusammen mit dem Traumwächter Shawn begibt sie sich auf die gefährliche Suche nach den zerstreuten Splittern seiner Seele - und schon bald wird klar, dass nicht nur die Traumwelt, sondern auch Shawn viele Geheimnisse vor ihr verbirgt.

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Bettina Auer

Farbenspiel der Träume

Neuauflage

BookRix GmbH & Co. KG81371 München

Farbenspiel der Träume (Neuauflage)

 

 

 

 

Farbenspiel der Träume

(Neuauflage)

 

Bettina Auer

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Füralldiejenigen,dieihreTräumeniemalsvergessen.

 

 

 

 

 

 

 

 

Triggerwarnung

 

 

Für dieses Buch wird eine Triggerwarnung ausgesprochen, da folgende Themen darin enthalten sind:

 

* - Suizidgedanken

* - Medikamentenmissbrauch

* - Angststörung / allgemeine psychische Störungen

* - Selbstverletzung

 

Solltest du als Leser mit derlei Themen ein Problem haben, empfehle ich dir, dieses Buch besser aus der Hand zu legen.

 

Vielen Dank!

Impressum

 

 

© Dezember 2021 Seidl, Bettina

Rosenstraße 2

93086 Wörth an der Donau

[email protected]

www.bettinaauer.com

 

Lektorat/Korrektorat: Korrektur Seidl, www.bettinaauer.com

Covergestaltung: Sabrina Dahlenburg, www.art-for-your-book.de Illustrationen: Andrea Freytag

 

Alte Auflage: Farbenspiel der Träume, erschienen im Schwarzer Drachen Verlag, 2017

 

Alle Rechte vorbehalten. Alle Ähnlichkeiten mit lebenden Personen und realen Handlungen sind rein zufällig und nicht beabsichtigt.

 

 

 

eBook - Vetrieb: bookrix.de

 

Erster Abschnitt

 

Erster Abschnitt

 

Traumwelt

 

Prolog

 

 

 

 

 

Schatten.

NichtsalsSchatten.

Sieatmeteheftigundversuchte,diedunklenSchemen,diesieumringten,zurSeitezustoßen.Doches war vergebens; derKreiszogsichimmerengerundPanikstieginihrauf.

»Bitte!Lasstmich!«,schriesieundbegannzuwimmern, als ihr bewusst wurde, dass sie gegen die Übermacht nicht ankam.

»Bitte«,flehtesieein letztesMalundsankerschöpft zu Boden.DasMädchenkauertesichzusammenundfingan,heftigzuzittern.

DieSchattenwicheneinwenigvorihrzurückundsiesaheinhelles,violettesLicht–Traumlicht.SiehobdenKopfundihrebraunenAugenweitetensich,alssichaus derHelligkeiteineGestaltlösteundaufsiezukam.

»Du …«Mehrbrachtesienichtheraus,dennTränenerschüttertensieundraubtenihrdienächstenWorte.

Erblicktesiestarran,seineAugenwarenleer. »Estutmirleid«,flüsterteerbenommen.ErgingvorihrindieHocke,strecktedierechteHandnachihremKopf aus–unddanngabesnichts anderes mehr, als das violette Licht, das sich in ihreNetzhautbrannte.

 

1. Kapitel

 

 

 

»Karlstraße.«

Die mechanische Stimme riss Fabienne aus dem Halbschlaf. Sie schüttelte den Kopf und fuhr sich mit der Hand durch ihr schulterlanges, rotbraunes Haar. Ein kurzer Blick aus dem Fenster der Straßenbahn und sie verzog das Gesicht. Der Himmel war grau und kündigte Regen an.

Fabienne hasste Regen oder besser gesagt, ihre widerspenstige Haarpracht stand mit ihm auf dem Kriegsfuß. Sie brauchte jedes Mal Ewigkeiten, um ihre wilde Lockenpracht zu glatten Strähnen zu formen und sobald nur eine Winzigkeit an Niederschlag sie berührte, sah sie aus, wie ein explodierter Pudel. Und wie so oft hatte sie keinen Regenschirm dabei.

Noch einmal strich sie durch ihr Haar. Anschließend packte sie das Buch, das auf ihrem Schoß lag in ihre Schultasche, stand auf und stellte sich in die Nähe der Tür.

Mit einem Ruck blieb die Bahn stehen und der Ausstieg öffnete sich. Fabienne sprang hinaus und wandte sich nach links zu dem großen grauen Gebäude. Einige Schüler strömten noch in die Schule, sie war also nicht die Letzte.

Eigentlich kam sie nie zu spät zur Schule; sie traf sich täglich mit ihrer besten Freundin Tamara an der Haltestelle der Straßenbahn, um gemeinsam zum Unterricht zu erscheinen. Aber heute Morgen hatte sie verschlafen.

Fabienne musste unwillkürlich grinsen, als sie zurückdachte, weswegen sie so lange geschlafen hatte. Sie hatte sich wieder einmal dazu verleiten lassen, ihre Gabe zu benutzen.

Shawn, der Traumwächter, sah es zwar nicht gern, wenn sie das tat, um Schabernack zu treiben, aber sie gab schon lange nichts mehr auf seine Anstandspredigten. Im Endeffekt konnte er sowieso nichts dagegen unternehmen.

»Hey, Schlafmütze!«

Sie erschrak, als ihr jemand kurzerhand auf den Rücken schlug.

»Bist du wahnsinnig, Jannik!«, schrie Fabienne und ihre braunen Augen funkelten ihn an.

Er zuckte nur mit den Schultern und grinste. »Was kann ich dafür, wenn du so schreckhaft bist.«

»Ich habe dir schon zig Mal gesagt, du sollst das nicht machen!«, zeterte Fabienne weiter.

Hastig wechselte der Mitschüler das Thema. »Sag, welches Gefühl hattest du bei der letzten Deutscharbeit?«, wollte er wissen, während sie gemeinsam das Schulgebäude betraten.

Sie verdrehte die Augen. Wie galant er es wieder einmal schaffte, sich herauszureden. »Mhm, ich denke, ich habe gut abgeschnitten.«

Er stöhnte auf. »Das war ja wieder klar! Die Tochter des Bestsellerautors kann natürlich super mit Wörtern jonglieren.«

Es klang spöttisch, doch sie kannte Jannik seit der dritten Klasse und war ihm nicht böse. Er verhielt sich immer so, wenn jemand etwas sagte, das ihn eigentlich tief beeindruckte.

»Was kann ich denn dafür, wenn sie ihm die Bücher aus den Händen reißen?«, konterte Fabienne und blieb plötzlich, als sie die Steintreppe hinauf in den zweiten Stock stiegen, stehen. Jannik sah sie überrascht an und folgte ihrem Blick.

»Oh«, erwiderte er und verzog sein Gesicht zu einer mitleidigen Grimasse. »Hast du immer noch Stress mit ihr?«

Sie nickte leicht. Dort oben, am Ende der Treppe, standen Janika und ihre beiden Freundinnen. Schon seit dieses Schuljahr begonnen hatte, hatten die drei sie auf dem Kieker. Fabienne ahnte warum, aber sie sprach es ihren Freunden gegenüber nicht aus.

Sie hatten zusammen ein Projekt ausgearbeitet, das aus der letzten Jahrgangsstufe noch fehlte. Janika war für den Text verantwortlich gewesen und Fabienne hatte sich um das Material gekümmert.

Janika jedoch hatte es nicht für nötig gehalten, ihrer aufgezwungenen Projektpartnerin mitzuteilen, dass sie ihren Text aus dem Internet hatte. Dem Lehrer das aufgefallen war. Fabienne hatte jede Schuld von sich gewiesen und nach einigen Nachforschungen beweisen können, dass sie nichts davon gewusst hatte. So war alles an Janika hängen geblieben.

Da ihr Lehrer ihnen das Projekt in aller Diskretion aufgegeben hatte, um ihre Biologienote zu steigern, wussten die anderen Schüler nichts davon. Sie dachten wohl, Fabienne hätte Janika irgendwann einmal zu schief angeschaut, was bei ihr einem Todesurteil gleichkam.

»Gibt’s hier irgendwas Interessantes zu sehen?«

Nicolas stand plötzlich neben Fabienne und Jannik. Er musterte die beiden aufmerksam. Sie warf ihm einen raschen Blick zu. Jedes Mal schlich er sich an und erschreckte sie dabei beinahe zu Tode. Er war noch schlimmer als Jannik.

»Da oben«, wisperte sie dem Brillenträger zu.

Nicolas runzelte die Stirn. »Janika und ihre Freundinnen«, erwiderte er. »Na und? Die beißen doch nicht!«

»Sag mal, du kriegst wohl gar nichts mit, oder?«, fragte Jannik und boxte ihm gegen den Arm.

»Was soll ich nicht mitkriegen?«, hakte er nach und seine grüngrauen Augen spiegelten wider, dass er wirklich nichts wusste.

»Fabienne hat Ärger mit Janika«, erklärte Jannik und sah auf die Uhr, die an der Wand des Treppenhauses angebracht war. »In fünf Minuten beginnt der Unterricht! Jetzt kommt schon!«

Nicolas seufzte, rollte mit den Augen und ging nach oben.

Fabienne sah ihm nach. »Was hat er vor?«

Der Junge verwickelte die drei Mädchen in ein Gespräch und das war ihre Chance. Schnell huschten sie und Jannik an ihnen vorbei. Gerade noch so bekam Fabienne mit, dass Nicolas Janika auf ihre ältere Schwester ansprach, die als Model arbeitete, wobei er behauptete, ein großer Fan von ihr zu sein.

Ob das nun ernst gemeint oder schlichtweg gelogen war, war ihr schleierhaft, aber sie war ihm dankbar, dass er die Mädchen von ihr ablenkte. Jannik und sie eilten den Gang entlang, hinein ins Klassenzimmer und setzten sich auf ihre Plätze.

Fabiennes beste Freundin Tamara blickte von dem Buch auf, in dem sie gerade las. Sie legte es zur Seite und dabei erhaschte Fabienne einen Blick auf das Cover; dem Titel nach handelte es sich um eine esoterische Lektüre, die sie wohl aus dem Laden ihrer Mutter stibitzt hatte.

Tamara hatte ihre langen, schwarzen Haare zu einem Knoten nach oben gebunden, wobei ihre Tätowierung im Nacken zum Vorschein kam. Das Motiv waren zwei Drachenflügel. Wie immer war die Freundin stark geschminkt und ihre großen dunkelblauen Augen blitzten listig auf. Ihre Kleidung war in dunklen Tönen gehalten.

»Hatten wir heute nicht eine Verabredung, meine Liebe?«, fragte Tamara sie mit einem koketten Lächeln und schenkte ihr einen Augenaufschlag.

Fabienne zwang sich, das Lächeln zu erwidern. Ihr Gegenüber war sauer und das bedeutete nichts Gutes.

»Ich habe leider verschlafen. Bitte, Tamara. Verzeih mir«, bettelte sie die Freundin an, faltete ihre Hände wie zum Gebet zusammen und warf sich dramatisch auf die Tischplatte. »O große Tamara Reus! Ich weiß, ich bin nicht würdig, Euch um Verzeihung anzuflehen, ich als kleiner Wurm, aber bitte, schenkt mir noch eine einzige Chance!«

Tamara schürzte die Lippen, um nicht in Gelächter auszubrechen. Sie legte, mit gespielt hochnäsigem Blick, das Buch in ihre Schultasche.

»Gut, ich verzeihe dir ein letztes Mal! Bei deinem nächsten Fehltritt wirst du aber meine ganze Wut zu spüren bekommen.« Die Schwarzhaarige stieß ihr mit den Ellenbogen in die Seite und zwinkerte ihr zu.

Nicolas schlüpfte noch schnell zur Tür herein und nahm den leeren Platz hinter den beiden Freundinnen ein.

»Danke«, flüsterte Fabienne in seine Richtung, da trat auch schon die Lehrerin ein und begann mit dem Unterricht.

Nicolas schenkte ihr ein kurzes Lächeln und sie spürte, wie ihre Wangen heiß wurden. Schnell wandte sie den Blick wieder nach vorne.

 

 

 

2. Kapitel

 

 

 

»Warum hat es Janika eigentlich auf dich abgesehen?«

Fabienne sah überrascht von ihrem Mittagessen auf. Es war neu, dass Nicolas sich zu ihr an den Tisch in der Mensa setzte. Normalerweise hielt er sich nicht oft in ihrer Nähe auf. Wieso er das tat, darauf wusste sie sich keinen Reim zu machen, aber der Mitschüler war schon immer etwas eigen.

Er verbrachte die Pausen oft in der Bibliothek, um im Computerraum zu recherchieren, oder er setzte sich zu einer kleinen Gruppe von Schülern, die während des Mittagsessens ein Kartenspiel spielten, das den Namen Licht&Schatten trug.

Fabienne zuckte mit den Schultern. »Keine Ahnung, sie mag mich halt einfach nicht.«

Nicolas runzelte die Stirn, wobei seine Brille ein Stück verrutschte. Fabienne stellte sich vor, wie er wohl ohne diese aussehen mochte, doch sie verwarf den Gedanken sofort wieder.

»Dir ist schon bewusst, dass Janika dich mobbt?«, fragte er und das Mädchen rollte mit den Augen.

Das Essen vor ihr wurde langsam kalt. Zwar mochte sie Hackbraten mit Kartoffelbrei und Gemüse nicht sonderlich, aber mehr gab die Mensa heute nicht her. Und ihr Magen knurrte inzwischen verräterisch.

Aus dem Augenwinkel bemerkte sie, dass Tamara immer noch in der Schlange vor der Essenausgabe stand und nervös mit dem Fuß tippte; das tat sie stets, wenn ihr etwas gehörig auf die Nerven ging.

»Ach bitte, Nicolas! Übertreib nicht! Das ist doch kein Mobbing!«, konterte sie.

»Nun, das sehe ich nicht so! Du willst es nur nicht wahrhaben! Geh doch zu Frau Wagenrecht und erzähl es ihr. Sicherlich wird sie Janika und ihren Hühnern einen Dämpfer verpassen.«

Fabienne wusste, dass er recht hatte. Jedoch hatte sie nicht vor, mit ihrer Klassenlehrerin zu reden. Erstens waren Janika und ihre Spießgesellinnen in der Parallelklasse, zweitens hatten sie unterschiedliche Pausen und liefen sich daher nicht über den Weg. Außer natürlich morgens und beim nach Hause gehen und drittens … ja, was war eigentlich drittens?

Sie wollte einfach keinem Lehrer erzählen, dass Janika es auf sie abgesehen hatte.

»Okay. Kann sein, dass du recht hast«, erwiderte sie kleinlaut und warf ihrem Gegenüber einen Blick zu.

»Mhm«, machte er nur und Fabienne aß einige Bissen von ihrem kalten Hackbraten. Es schmeckte fade.

Zwischen ihr und Nicolas herrschte eine lange, bedrückende Stille und sie stellte sich die Frage, ob das alles gewesen war, was er ihr hatte sagen wollen. Sein stechender Blick lag weiterhin auf ihr.

»Du, Fabienne? Was ...?!«, fragte er sie plötzlich, und sie sah ihn aufmerksam an. Er öffnete den Mund, doch ehe er die nächsten Worte aussprechen konnte, knallte Tamara wütend ihr Tablett auf den Tisch. Sie setzte sich auf den Stuhl neben ihre beste Freundin und sah zornig drein.

»Diese elendigen Schmeißfliegen!«, schimpfte sie und stopfte sich hastig einige Gabeln ihres Essens in den Mund.

»Was ist los?«, fragte Fabienne erschrocken.

»Die sind wirklich zu dumm für alles!«, zeterte Tamara weiter. Aber um was es ging, wieso sie so schimpfte, sagte sie nicht.

Fabienne hatte sich längst daran gewöhnt, dass ihre Freundin ab und an zu solchen Ausbrüchen neigte. Sie zuckte mit den Schultern und wandte sich wieder Nicolas zu, jedoch saß der nicht mehr auf dem Stuhl.

Überrascht schaute sie sich um, doch sie konnte ihn nirgends in der Mensa entdecken. »Wo ist der denn jetzt hin?«, dachte sie laut und achtete nicht weiter auf Tamaras Gemecker.

Komisch…

3. Kapitel

 

 

Fabienne öffnete die Haustür und spähte ins Innere der Wohnung. Nirgends brannte Licht; es schien niemand zu Hause zu sein. Sie seufzte und hängte ihre Jacke an der Garderobe auf.

Der schwarze Mantel ihres Vaters fehlte, sowie die rote Daunenjacke ihrer Mutter. Fabienne verzog das Gesicht. Sie erinnerte sich daran, dass ihre Mutter am Abend zuvor erwähnt hatte, dass sie für einige Wochen nach Spanien flog, um dort einem Kunden vor Ort zu helfen.

Ihrer Mutter gehörte eine Agentur, die sich um Gastronomen kümmerte. Sie half ihnen, ihr Konzept umzusetzen, Finanzpläne zu erarbeiten oder auch einfach nur beim Einstieg in die vielfältige Gourmetszene.

VielleichthatPapasiezumFlughafengefahren, dachte sie und betrat ihr Zimmer. Der Raum war verhältnismäßig klein; sie hatte neben den üblichen Möbeln, wie Schreibtisch und Bett, zwei vollbepackte Bücherregale und einen Sitzsack nächst dem Schreibtisch stehen.

Sie warf ihre Schultasche auf den Schreibtischstuhl, schmiss sich in den Sitzsack, in dem sie fast vollständig versank und sah aus dem Fenster, welches einen Blick auf den Park bot. Auf dem Sims standen einige Blumen, zwei Drachenfiguren und das Buch, das sie gerade las.

Die Häuser in dieser Gegend waren wie ein Kreis um die Grünanlage erbaut worden. Fabienne fragte sich oft, warum sie nicht in einem eigenen Haus wohnten. Leisten konnten sie sich das allemal, aber bis jetzt war das Thema immer wieder unter den Tisch gefallen, wenn sie es erwähnt hatte. Genauso wie die Frage nach Haustieren. Nicht einmal einen Hamster durfte sie halten.

Fabienne wünschte sich, mitten auf dem Land zu wohnen oder in der Vorstadt. So wie Tamara – dort, wo selten ein Auto vorbeifuhr, wo nur Grün war und wo kein Lärm der Busse, Züge und der Straßenbahn die Ruhe störte.

Gut, der Schulweg für Tamara war weit, aber ihre Freundin stand gern früh auf und daher machte es ihr nichts aus, etwas länger zur Schule zu brauchen.

Bevor Fabienne sich an die Hausaufgaben setzte, nahm sie gedankenverloren das Buch zur Hand, in dem sie gerade las. Sie musste grinsen, als sie den Titel und den Namen des Autors las.

DieLegendederEisdrachenvonTorstenEngels. Das neuste Buch ihres Vaters.

Eigentlich erschien es erst in zwei Monaten, aber sie hatte das Autorenexemplar von ihm bekommen und durfte es als Erste lesen! Natürlich erwartete er ihre ehrliche Meinung, wenn sie fertig war. Bis jetzt hatte ihr jedes seiner Bücher gefallen, außer das Letzte.

Ihr Vater hatte sich in dem Genre Dystopie versucht und somit einen Jugendroman geschrieben, der Fabienne überhaupt nicht begeistert hatte.

Es war so … unrealistisch gewesen und die Protagonistin hatte sie in den Wahnsinn getrieben mit ihrer Naivität und ihrer fast schon blinden Liebe, die sie dem unscheinbaren, aber hinterhältigen Lorenz geschenkt hatte.

Allerdings hatte der Roman sich sehr gut verkauft und der Verlag hatte bereits die Frage nach einem zweiten Teil fallen lassen. Fabienne hatte ihrem Vater gedroht, sollte er das tun, würde sie nie wieder ein Buch von ihm in die Hand nehmen. Da war er nochmal in sich gegangen und bis jetzt sah es gut danach aus, dass kein weiterer Teil davon erschien.

Fabienne fischte sich das Buch vom Fenster und begann aufmerksam das neue Kapitel zu lesen. Ihr Herz schlug mit jeder Zeile heftiger, jedes Wort fraß sich in ihre Gedanken. Der Hauptcharakter Seymir war gerade dabei, das dunkle Geheimnis seines Vaters aufzudecken, als eine Hand ihre Schulter berührte.

Sie schrie laut auf und das Buch flog im hohen Bogen durch die Luft. Die Hand, die sie gerade erschreckt hatte, fing den Roman geschickt auf, und sie nahm ein Zungenschnalzen wahr.

»So gehst du also mit meinen Büchern um. Schäme dich.«

Fabienne blickte zu ihrem Vater empor. Er sah sie tadelnd durch die schwarze Hornbrille an. Sein kurzes blondes Haar zeigte schon einige graue Strähnen und seine braunen Augen glänzten vor Listigkeit.

»Kannst du nicht klopfen?!«, fauchte sie ihn an und entriss ihm das Buch förmlich aus den Händen, tat das Lesezeichen hinein und legte es zurück auf die Fensterbank.

»Du solltest zum Ohrenarzt gehen«, erwiderte er und zwinkerte, »Ich habe geklopft.« Er half ihr auf.

Fabienne zog eine Schnute. »Jaja«, motzte sie und rollte mit den Augen.

Ihr Vater gab ihr einen sanften Klaps auf den Hinterkopf, woraufhin sie so tat, als würde sie furchtbare Schmerzen leiden. »Wenn du weiterhin so frech bist, bekommst du keine Pizza«, drohte er ihr übertrieben empört.

Fabienne machte ein erschrockenes Gesicht. »Nein! Das kannst du nicht machen!«

»Doch, das kann ich. Also, versprich mir jetzt, heute Abend lieb und brav zu sein, dann kriegst du deine Pizza. Wie weit bist du mit den Hausaufgaben?«

»Nun, ich wollte gerade damit anfangen.«

»Na dann; Arbeitende soll man nicht aufhalten!«, sagte er laut.

Fabienne runzelte die Stirn. »Ähm … heißt es nicht eigentlich Reisende?«

Eine Antwort blieb er ihr schuldig.

4. Kapitel

 

 

 

Nach dem Abendessen kuschelte Fabienne sich in ihre warme Decke. Aus dem Nebenzimmer war das stetige Tippen der Tastatur zu hören. Ihr Vater arbeitete an seinem neuen Manuskript. Um was es sich diesmal handelte, wusste sie nicht. Er erzählte es ihr immer, wenn sich sein Werk dem Ende näherte. Meistens jedoch schrieb er an Fortsetzungen. Ihr Vater liebte es, die Geschichten so weit wie möglich auszumalen, auch, wenn das bedeutete, dass er mehr als zehn Jahre an einer Reihe schrieb.

Doch heute Abend würde er wohl nicht mehr weiterschreiben. Er half vormittags ab und an in der Buchhandlung seiner Schwester aus und morgen würde es wieder so weit sein.

Fabienne musste darüber schmunzeln, als sie daran dachte, dass jedes Familienmitglied seitens ihres Vaters etwas mit Büchern zu tun hatte. Sie selbst hatte auch schon einige Versuche gewagt. Doch ihre ersten Entwürfe waren nicht der Hit gewesen und somit wartete sie lieber noch ein paar Jährchen ab, bis sie sich ganz sicher war, in dem, was sie da tat. Genug Ideen dafür hatte sie schon.

Jetztschlafendlich, dachte sie und zwang sich dazu, ihre Augen zu schließen.