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Bettina Auer

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Beschreibung

»Wenn du die drei Männer für mich tötest, mache ich dich zum König von Réos.«   Kazar hasst sein Dasein als Königswächter und den Mann, der ihm dieses Schicksal auferlegt hat. Seit er ein Kind ist, muss er dem König von Réos dienen, als Pfand dafür, dass sein Vater den Krieg gegen den grausamen Herrscher verlor. Seitdem ist der Wunsch nach Rache stark in ihm, doch er hat über die Jahre hinweg gelernt, ihn zu zügeln.Bis ihm die Königstochter Ateria ein unmoralisches Angebot macht: Er soll für sie töten und im Gegenzug dafür seine Freiheit zurückerlangen. Ein grausames Spiel aus Intrigen und Verrat beginnt.   »Du willst spielen, Prinzessin? Na gut, dann spielen wir.«

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Bettina Auer

Wenn (1) ...

Phönixe verraten

BookRix GmbH & Co. KG81371 München

Wenn (1) ... Phönixe verraten

 Bettina Auer

 

 Wenn (1) ... Phönixe verraten

 

Band eins der Wenn ... - Trilogie 

 

 

Zitat

 

- Mors certa, hora incerta -

 

Der Tod ist sicher, nur die Stunde ist ungewiss.

 

Impressum

 

© 2020 Seidl, Bettina

Rosenstraße 2

93086 Wörth an der Donau

[email protected]

www.bettinaauer.com

Alle Rechte vorbehalten.

 

Aktualisierte Ausgabe vom 04/2023

 

 

Covergestaltung: VercoDesign, Unna, www.vercopremadebookcover.de

Illustrationen: Andrea Hagenauer

 

 

ISBN: 979-8607688677

Imprint: Independently published 

eBook-Vertrieb: bookrix.de

 

Prolog

 

 

19. Oktober 31409, Zeitrechnung im Reich Réos

 

Es ist vorbei.

Der Krieg zwischen den beiden Ländern Tsugaru und Àlbeon, der fast zwei Jahre gewütet hat, ist vorüber. Unser König Neroz kapitulierte vor drei Tagen und bat um einen Friedensvertrag, der die Reiche binden soll.

Das Unterschreiben dieses Vertrages brachte jedoch viel Leid mit sich. Des Königs jüngster Sohn, Kazar, wurde als Pfand des Friedens an den Herrscher von Àlbeon übergeben. Neroz selbst musste seinen Titel abgeben und wurde zu einem Schattenfürsten ernannt; ein Lakai, der das Land für den König verwaltete. Der Rabe, wie wir unseren Regenten nannten, ist nun ein Getreuer des Phönix.

Große Trauer erfüllte die Herzen der Einwohner, als ihr ehemaliger Regent den Vertrag unterschrieb und somit das Schicksal seines Sohnes und des Landes besiegelte.

Ich bin einer der Letzten, der den jungen Prinzen erblickte, bevor er mit den Schergen des neuen Königs aufbrach. Ich habe noch nie so viel Hass in den Augen eines Siebenjährigen gesehen und seine Worte werden mir immer im Gedächtnis bleiben. Wie er seinem Vater schwor, eines Tages den Phönix zu töten.

 

Mijo Erjo

Königlicher Hofschreiber Tsugaru

 

1

 Siebenzehn Jahre später

 

 

 

Kazar folgte dem König mit festem Schritt. Sein langer, dunkler Mantel raschelte und die silbernen feingliedrigen Ketten, die an seinem schwarzen Wams angebracht waren, klirrten bei jeder Bewegung. Auf Herzhöhe war das Wappen von König Gregorio gestickt: Ein feuerroter Phönix, der ein blutbeflecktes Schwert in den Krallen hielt.

Er selbst trug eine solche Waffe an seinem Gürtel. Die Klinge war schmal und in den Griff war ein daumennagelgroßer Rubin eingearbeitet.

Das nachtschwarze Haar des jungen Mannes reichte knapp bis zu den Ohren und seine eisblauen Augen blickten voller Hass auf den Rücken des Königs.

Wenn ich dir mein Schwert ins Kreuz ramme, bleiben mir fünf Minuten, um zu fliehen, sinnierte er und ballte die behandschuhten Hände zu Fäusten.

Die Wachen, die ihren Weg kreuzten, verneigten sich vor dem König, während sie Kazar missbilligende Blicke zuwarfen.

Der verbannte Prinz hatte schon lange aufgehört, sich über ihre Meinung Gedanken zu machen. Für ihn waren diese Soldaten Ungeziefer, das zusammen mit seinem Herrscher endlich aus Réos entfernt werden musste.

Seit seinem zwölften Lebensjahr war er der Daijatzu des Königs – sein persönlicher Wächter. Dieser Umstand war reine Schikane, sowohl an Kazars Vater, als auch dessen eigenen Stolz gegenüber.

Seit Neroz vor sechzehn Jahren den Friedensvertrag unterschrieben hatte, war Kazar als Pfand der Versöhnung hier. Er gehörte Gregorio. War Eigentum des Herrschers und dieser konnte mit dem Prinzen alles tun, was ihm in den Sinn kam. Sofort war er zu einem Daijatzu ausgebildet worden, kurz nachdem er damals mit dem König Àlbeon erreicht hatte. Zu seiner Leibwache. Und zu einem geschickten Mörder.

Kazar hasste diesen Ort: Aré, die Hauptstadt Àlbeons. Genauso tief ging die Abneigung gegen Prinzessin Ateria, die Tochter des Phönix und ihrem Leibwächter Seras.

Die Königstochter war vier Jahre jünger als er und selbst wenn sie sich unter anderen Umständen begegnet wären, hätte er keine Sympathie für sie empfunden, denn da war immer noch das Erbe ihrer Mutter. Sie trug das Blut eines Drachen in sich, weswegen man sie auch Shay nannte, und ihre blutroten Augen waren der beste Beweis dafür. Ateria war wunderschön, ihr Charakter jedoch nicht.

Kazar traute ihr nicht, da in ihr das gleiche Scheusal wie in ihrem Vater steckte und sie schreckte ebenso wenig davor zurück, ihren hochgeborenen Status für Schandtaten zu benutzen. Ein hoher Frevel, aber als Prinzessin musste sie vor niemanden Rechenschaft ablegen.

Und Seras folgte ihr wie ein Schatten.

An sich nichts Ungewöhnliches, immerhin war er der Daijatzu der Prinzessin, allerdings beschlich Kazar das dumpfe Gefühl, dass mehr dahintersteckte. Laut den Regeln, die er sogar in der Ausbildung von Seras eigens gelehrt hatte, war es verboten, einen engeren Kontakt mit seinem Schützling einzugehen.

Und selbst wenn dem so war, was ging ihn das an? Er war nur der Wächter des Regenten. Ein Tribut, der niemals frei sein würde.

»Findest du nicht, Kazar?«

Der König blieb plötzlich stehen und blickte ihn neugierig aus braunen Augen an.

Der Wächter schüttelte kurz den Kopf. »Tut mir leid, Hoheit. Ich habe Euch nicht zugehört«, entschuldigte der sich und schenkte ihm ein gezwungenes Lächeln.

Das Gesicht des Regenten hatte harte Züge und wirkte nicht älter als Ende Dreißig, von der Statur her war er eher schmächtig und dazu einen halben Kopf kleiner als der Daijatzu selbst. Er war wie üblich in schlichte schwarz gehaltene Garderobe gekleidet und nichts an ihm mutete königlich an. Sein dunkles Haar war unordentlich und nur der goldene Phönixanhänger, den er um seinen Hals trug, zeichnete ihn als Herrscher aus.

Kazars Blick schärfte sich und er blickte in die dunklen Augen des Regenten, die ihn viel zu intensiv taxierten.

»Ich habe gesagt, dass es langsam an der Zeit ist, einen Fürsten abzusetzen.«

Kazar zuckte leicht mit den Mundwinkeln.

Absetzen. Er wusste genau, was das bedeutete, und jedes Mal musste er die schmutzige Arbeit machen, wenn seinem König der Sinn nach einem neuen Fürsten stand.

»Welcher Edelmann hat Euren Argwohn erregt? Ich hatte bei der letzten Versammlung nicht den Eindruck, dass Euch jemand missfällt.«

»Es geht nicht darum. Das solltest du doch am besten wissen. Nein, ich denke darüber nach, ob es nicht klug wäre, das Reich im Osten zu erweitern.«

»Ihr wollt einen Krieg? Einen weiteren? Ihr wisst, dass im Westen immer noch gegen Deija gekämpft wird? Sowie im Süden gegen Karakei?«, fragte Kazar und runzelte die Stirn.

»Deija ist so gut wie gewonnen und der Widerstand in Karakei lässt ebenso nach. Im Nachhinein betrachtet war es außerdem keine gute Idee, mich so sehr auf Deija zu fixieren. Es hat kaum Bodenschätze, das Klima dort eignet sich nicht zum Anbau von Nahrung, aber …«, auf die Lippen des Mannes schlich sich ein schmales Lächeln, »von Deija aus ist uns der Seeweg in andere, fremde Reiche offen.«

»Wieso wartet Ihr nicht ab, bis Ihr beide Länder vollständig besiegt habt und wendet Euch anschließend einem neuen Krieg zu?«

Das Lächeln des Regenten wurde zu einem breiten Grinsen. »Krieg? Wieso denkst du, dass es darauf hinauslaufen wird? Ich habe eher einen Aufstand unter der Bevölkerung im Sinne, wenn du verstehst. Ich weiß selbst, dass ich mich nicht um drei Fronten gleichzeitig kümmern kann, aber so ein kleiner Aufruhr, schadet nie und ist nicht schwer zu kontrollieren.«

Der Königswächter wollte zu einer Erwiderung ansetzen, doch seine Worte blieben ihm im Hals stecken, als er Ateria sah.

Die Tochter des Königs ging mit eleganten Schritten auf ihren Vater zu. Ihr schwarzviolettes Haar fiel wie ein Wasserfall ihren Rücken hinab, und ihre blutroten Augen waren auf den Regenten fixiert. Sie trug eine enge Lederrüstung, und Kazar wusste, dass sie versteckt in den hohen Schäften ihrer Stiefel Stilette aufbewahrte. Ein wallender Umhang schützte sie vor Wind und Regen und um ihren Hals lag eine ebensolche Kette, wie um den ihres Vaters.

Seras rotblondes Haar hing ihm leicht ins Gesicht und die smaragdgrünen Augen blickten Kazar an. Der Wächter trug ein Breitschwert auf dem Rücken und hatte die gleiche für einen Daijatzu übliche Kleidung an.

Ateria nickte Gregorio zu, schenkte aber dem Prinzen keine Beachtung. Sie machte keinen Hehl daraus, dass sie einander nicht mochten.

»Guten Tag, Vater. Seid Ihr wohlauf?«, fragte sie mit einem hinreißenden Lächeln, das Eisberge zum Schmelzen bringen konnte. Kazar hingegen lief eine Gänsehaut den Rücken hinunter.

»Wie immer gut, meine Liebe. Hast du heute wieder Unfug vor?«, fragte der Herrscher sie und betrachtete den Mann an ihrer Seite skeptisch.

Kazar verstand den Blick seines Königs nur zu gut, denn dieser war zu oft in ihren Unfug verwickelt und schreckte auch nicht davor zurück, sein Schwert einzusetzen.

Seras hatte Kazar zu einem Daijatzu ausgebildet und es war nicht selten vorgekommen, dass er ihn für einen Fehler mit der Waffe bestraft hatte. Überall überzogen Narben seinen Körper, die bei jedem erneuten Anblick im Spiegel brannten wie Feuer.

»Seras und ich wollen uns im Wald ein wenig umsehen«, gestand Ateria ihrem Vater und ihr Blick fiel auf Kazar. Ihre blutroten Augen durchbohrten ihn, und sie schenkte ihm ein kaltes Lächeln.

Er unterdrückte den Drang, sich von ihr abzuwenden.

»Wenn du willst, kannst du mitkommen, Kazar.«

Gregorio sah zu ihm und betrachtete ihn eine Weile stumm. »Ich brauche dich heute Nachmittag sowieso nicht; ich gebe dir frei.«

Kazar starrte den König schockiert an. »Vielen Dank«, erwiderte er gefasst und verbeugte sich.

Gregorio nickte seiner Tochter und Seras zu, bevor er in den unzähligen Gängen des Palastes verschwand.

»Was hast du vor, Drachenblut?« Kazar hob den Blick und die eisblauen Augen durchbohrten sie voller Hass. Seras stand mit vor der Brust verschränkten Armen neben ihr.

Die Shay seufzte und schüttelte den Kopf. »Da will man einmal nett sein und dann sagst du so etwas zu mir«, antwortete sie ein wenig enttäuscht.

»Auf deine Nettigkeiten kann ich verzichten.«

Seras umfasste mit der linken Hand den Griff seines Breitschwertes und warf der Königstochter einen fragenden Blick zu.

»Ich kann dich auch gerne zurück zu meinem Vater schicken, Kaz.«

Sie nannte ihn immer bei diesem Kosenamen, wenn der König nicht da war und das schürte die Wut in ihm, wie Feuer, das an trockenem Geäst lechzte.

»Gut. Ich komme mit, doch ich tue es nicht gerne«, sprach er bissig. Ateria und Seras blickten sich an und das boshafte Grinsen auf ihren Lippen sagte ihm, dass der Tag nicht besser werden würde.

 

 

Das Sonnenlicht fiel durch die unzähligen Lücken der Baumwipfel und zauberte verspielte Muster auf den Waldboden. In der Ferne war das Rauschen eines Baches zu hören und auf einer weitläufigen Wiese sah Kazar Kinder, die Fangen spielten.

Der Anblick versetzte ihm einen Stich mitten ins Herz, erinnerte es ihn doch an seine Geschwister und sein richtiges Zuhause. Tsugaru.

»Was willst du eigentlich hier?«, fragte Seras die Shay neugierig und holte ihn damit zurück in die Realität.

Missbilligend sah Kazar die beiden an. Sie waren schon ein ulkiges Pärchen. Seras überragte die Prinzessin um mindestens einen halben Meter, wirkte aber weit weniger gefährlich als die Königstochter.

»Ich dachte, wir machen einen kleinen Spaziergang«, sagte sie und zuckte leichthin mit den Schultern.

»Und wieso muss ich dann mitkommen?«, warf Kazar ein.

»Ich mag deine Gesellschaft«, entgegnete sie übertrieben sanft und grinste. Der Königswächter schüttelte den Kopf.

Dabei entging ihm, dass Seras die linke Hand ausstreckend etwas murmelte. Auf dessen Handfläche erschien eine hellblaue Kugel.

Ateria sah ihren Daijatzu ungläubig an und raunte das Wort Nein.

Seras jedoch lächelte breit und flüsterte erneut. Um die Kugel bildeten sich sieben kleinere Kugeln, die wie bei einem Reigen, um die Große tanzten.

»He, Prinz! Fang!«, rief er Kazar zu und warf.

 

 

 

 

 

 

 

2

 

Das Erste, was Kazar sah, als er aufwachte, war Kairikis Gesicht. Ihre smaragdgrünen Augen blickten ihn besorgt an und sie hielt seine linke Hand umfasst.

»Kairiki?«, fragte er zögerlich und fasste sich an den Kopf. Er hatte das Gefühl, seine Gedanken seien in Watte gepackt und sein Rücken brannte wie Feuer.

»Na? Wie geht’s dir?«, erkundigte sie sich mit leiser Stimme und lächelte schwach. Ihr rotblondes, gelocktes Haar war zu einem Pferdeschwanz gebunden und einige kleine Zöpfe waren darin eingeflochten.

»Ist das eine ernstgemeinte Frage?« Kazar unterdrückte ein raues Lachen.

Sie schüttelte leicht den Kopf und strich ihm durch sein schwarzes Haar. »Mein Vater hat deine Wunden gesäubert. Ich konnte ihn überreden, dass du nicht in den Krankensaal kommst«, erklärte sie ruhig und ließ ihre freie Hand auf seiner Stirn ruhen.

Erst jetzt bemerkte der Daijatzu, dass er sich in seinem Zimmer befand. Er seufzte erleichtert. »Wie lange habe ich geschlafen?«

»Zwei Tage. Gregorio hat dich vom Dienst freigestellt, bis es dir besser geht.«

Kazar nickte schwach und richtete sich langsam auf. Er verzog das Gesicht. »Die Schmerzen sind das Schlimmste daran«, gestand er und lächelte kurz. Kairiki rückte näher zu ihm.

Sein ganzer Oberkörper war verbunden und an einigen Stellen am Rücken spürte er, wie das Blut den Verband an die Haut klebte.

»Hast du dich gewehrt?«

»Nein. Seras war zu schnell.«

Sie seufzte bekümmert und legte den Kopf in den Nacken. »Kaz, ich habe dir mehr als einmal gezeigt, wie du gegen Magieattacken vorgehen kannst. War das alles umsonst?«

»Er hat mich hinterrücks angegriffen, falls dir das nicht aufgefallen ist. Bitte Kairiki, ich möchte jetzt nicht darüber streiten«, erwiderte er und versuchte dabei nicht zu bissig zu klingen.

Die Magierin stand auf und die unzähligen Ketten und Armbänder, die sie trug, klirrten. Sie überprüfte kurz den Sitz ihrer Schmetterlingsärmel, bevor sie sagte: »Ich meine es doch nur gut, Kaz. Ich mache mir Sorgen um dich. Wenn du nicht endlich anfängst, dich gegen die beiden zu verteidigen, erwachst du irgendwann gar nicht mehr.«

Er blieb ihr eine Antwort schuldig und sein Blick glitt auf eine lange goldene Kette mit einer grünschwarzen Feder als Anhänger, die auf dem Nachtisch lag.

Kazar runzelte die Stirn. »Gehört die dir?«

Die Magierin drehte sich um und folgte seinem Blick. Blitzschnell nahm sie das Schmuckstück und verstaute es in der kleinen ledernen Umhängetasche, die an der Stuhllehne hing. Geflissentlich ignorierte sie seinen bohrenden Blick.

»Kairiki, war das eine Traumkette?«, fragte er langsam.

»Es tut mir leid, wirklich! Aber Vater wollte, dass ich es noch einmal versuche.«

»Und das an mir?«

Sie biss sich auf die Unterlippe. »Ich weiß, ich hätte dich vorher fragen sollen! Doch … als Vater fertig mit der Behandlung war, meinte er, ich solle es probieren. Es tut mir leid! Bitte, nimm es mir nicht … übel.« Ihre Stimme war immer leiser geworden.

Kazar wollte auf sie wütend sein, doch er konnte es nicht. Kairiki liebte es, ihre Magie offen zu zeigen und zu benutzen.

Eine Traumkette war ein magisches Artefakt, mit denen man die Träume eines anderen beeinflussen konnte. Soweit er wusste, benutzte die Freundin sie nur, wenn es darum ging, einen heilenden Schlaf zu fördern.

Er seufzte tief. »Hör zu, ich bin dir nicht böse. Versprich mir zumindest, dass du es das nächste Mal nicht mehr an mir ausprobierst, ja? Ich brauche so was nicht.«

Die Magierin lächelte und in den smaragdgrünen Augen lag ein freudiges Funkeln. »In Ordnung. Ich verspreche es.«

Die beiden schwiegen und Kairiki räusperte sich kurz. »Ich denke, es ist besser, wenn ich jetzt gehe. Ruh dich etwas aus und versuche, in nächster Zeit keine zu schnellen Bewegungen zu machen, ja?«

»Ich werde mich daran halten«, erwiderte er und zwinkerte ihr zu.

Kairiki schenkte ihm ein letztes, freundliches Lächeln, bevor sie ging.

Kazar seufzte tief und ließ sich zurück ins Bett fallen.

 

 

Ateria zog die Sehne weit zurück und zielte. Lange verharrte sie so, und Seras wusste, es würde ewig dauern.

»Auf dem Schlachtfeld hast du nicht so viel Zeit«, sprach er plötzlich und gähnte.

»Es kommt ganz darauf an, auf welcher Seite der Schlacht man steht«, sagte sie geheimnisvoll und ließ die Sehne los.

Mit einem lauten Schlag blieb der Pfeil wild zitternd in einem Baumstamm stecken. Seras verzog leicht die Mundwinkel.

»Dennoch, ich treffe jedes Mal«, fügte die Shay hinzu und drehte sich zu ihrem Daijatzu um. Ihre blutroten Augen fixierten ihn.

Ateria setzte sich neben Seras auf den Boden und lehnte ihren Kopf gegen seine Schulter. Ihre Hand griff nach dem Siegelring an seinem rechten Ringfinger und sie spielte damit. Er ließ sie gewähren.

»Es ist egal, ob du triffst oder nicht, du verschwendest wertvolle Zeit«, sprach er ruhig.

»Du bist ein Perfektionist, Seras. Es ist bloß Spaß.« Sie ließ seine Hand los und wollte aufstehen, doch der Daijatzu griff nach ihrem Unterarm und zog sie zu sich hinunter. Ihre Gesichter waren nur wenige Zentimeter voneinander entfernt.

»Mit Spaß solltest du dich am besten auskennen«, flüsterte er ihr leise zu.

Die Shay grinste breit. »Hatten wir nicht eine Abmachung?«

Er nahm mit der freien Hand einige Strähnen ihres schwarzvioletten Haars und ließ es durch seine Finger gleiten. »Welche meinst du?«, stellte er sich dumm und küsste ihre Haarspitzen.

Die Königstochter verzog leicht das Gesicht. »Genau das meine ich«, erwiderte sie schließlich und versuchte erneut, sich von Seras zu lösen, aber er hinderte sie daran.

»Du weißt, was ich will«, raunte er und Ateria bildete sich ein, dass seine Augen kurz aufblitzten.

Sie schüttelte den Kopf. »Nein. Das musst du dir erst verdienen«, sagte sie und er ließ von ihr ab.

Die Prinzessin ging einige Schritte von ihm weg. »Wir sollten zurückgehen. Gregorio erwartet uns.«

Der Wächter sah sie mitleidig an. »Schade. Gerade fing es an, mir Spaß zu machen.«

3

 

Kazar stand hinter ihm, so wie er es immer tat. Wachte über den König, der auf dem Thron saß und mit gelangweiltem Blick seinem Berater zuhörte.

Der Thronsaal, dessen Steinwände Gold- und Silbermosaike zierten, war schlicht eingerichtet. Ein langer roter Teppich erstreckte sich von der riesigen Pforte bis zu dem Podest, auf dem der Thron stand. Sonnenlicht fiel durch die hohen Buntglasfenster in den Saal und zeichnete Muster auf dem Läufer.

Er reißt sich sehr zusammen, dachte Gregorio und wagte es, dem Wächter einen kurzen Blick über die Schulter zuzuwerfen.

Die Schmerzen, die der Prinz ertrug, waren an seinem Gesicht nicht abzulesen. Dennoch wunderte sich der König darüber, dass er heute zum Dienst erschienen war.

»…konnten verhindert werden. Außerdem, Fürst Básel starb vor zwei Tagen«, sagte der Berater und beendete somit den Bericht.

»Básel ist tot?«, fragte Gregorio verwundert.

»Ja. Eine schwere Lungenerkrankung.«

»Er war der Schattenfürst von Calbar, richtig?«

»Ja, mein Herr.«

»Du kannst gehen.«

Der Berater verbeugte sich und verließ den Thronsaal.

Als die Tür schwer ins Schloss fiel, seufzte der König niedergeschlagen. »Ich wollte zwar einen toten Fürsten, jedoch nicht in so einer kleinen Provinz«, dachte er laut.

»Ein jeder Tod hat seinen Grund«, sagte der Daijatzu plötzlich.

»Seit wann gehörst du zu den Philosophen?«

»Eine alte Floskel meines Vaters«, erklärte er.

Gregorio fuhr nachdenklich fort: »Calbar ist unbedeutend und es wird schwer werden, einen Fürsten dafür zu finden.«

»Ihr werdet bestimmt fündig.«

Der König stand auf und wanderte einige Schritte durch den Thronsaal. Vor einem Fenster blieb er stehen und blickte hinaus. Im Hof sah er Wächter und Soldaten, die am Boden saßen und Karten spielten.

Seras lehnte an der Steinmauer und beobachtete die anderen. Ateria jedoch war nirgends zu sehen, was den Regenten nur bedingt beruhigte.

Der Wächter bemerkte den König und Gregorio nickte ihm zu. Dieser erwiderte es.

»Warst du schon einmal in Calbar?«, fragte der Regent plötzlich.

Kazar schüttelte den Kopf. »Nein.«

»Du kannst gehen. Ich brauche Zeit zum Nachdenken und ich möchte dich nicht langweilen«, erklärte er.

Verwundert verneigte sich der junge Mann. »Vielen Dank, Majestät.«

 

 

Als Kazar den Thronsaal verließ, stöhnte er erleichtert auf und stützte sich hilfesuchend an der nächsten Wand ab. Der Schmerz tobte in seinem Inneren und raubte ihm jegliche Kraft.

»Du hättest im Bett bleiben sollen.«

Er zuckte zusammen und hob den Kopf.

Kairiki hatte die Arme vor der Brust verschränkt. Ein schwaches Lächeln lag auf ihren Lippen.

Er schnaubte. »Was machst du hier?«

»Ich hatte das Gefühl, dass Gregorio heute besonders gnädig zu dir ist«, verriet sie geheimnisvoll.

Kazar richtete sich langsam auf. »Básel ist tot. Der Fürst von Calbar.«

Sie legte den Kopf schief. »Gehört das nicht zu Tsugaru?«

»Früher ja, doch seit dem Krieg ist es eine eigene Provinz«, erklärte Kazar. Er straffte die Schultern, wobei er schmerzerfüllt das Gesicht verzog.

Kairiki folgte ihm, als er den Weg zu seinem Gemach einschlug. »Gregorio braucht einen neuen Fürsten?«, sinnierte sie laut und tippte sich nachdenklich gegen das Kinn.

»Ja«, erwiderte der Wächter gedehnt.

Mit einem Satz war die Magierin vor ihm und stellte sich Kazar in den Weg. Verwundert blickte er sie an.

»Wieso fragst du nicht, ob er dich schickt?«

Das Gesicht des Daijatzus entgleiste, und er brach in schallendes Gelächter aus.

Kairiki hingegen fand das nicht komisch und sah ihn an, wie ein geprügelter Hund. »Was ist daran so lustig?! Ich finde die Idee nicht schlecht.«

Er schüttelte den Kopf. »Dann kann ich ihn genauso danach fragen, ob er mich an die Front von Deija schickt«, sagte er und sein Gesicht nahm wieder einen harten Ausdruck an.

Sie seufzte niedergeschlagen, drehte sich um und ging weiter. Vor einem Gemälde, welches das Schloss zeigte, blieb Kairiki stehen. Fast liebevoll strich sie über den goldenen Rahmen. »Hast du Angst vor ihm?«

Kazar trat hinter sie. »Nein.«

»Und warum verhältst du dich, als hättest du welche?«

»Ich bin Gregorios Daijatzu. Was habe ich schon von ihm zu erwarten?«

Sie lachte traurig »Ja. Das ist immer deine Antwort auf alles.«

»Du verstehst das nicht.«

»Dann erkläre es mir, Kaz. Ich bin deine Freundin und ich möchte dir gerne helfen.«

»Ich brauche keine Hilfe, Kairiki.«

Die Magierin seufzte abermals tief und warf ihn einen anklagenden Blick über die Schulter zu. »Gut, wenn du meinst. Aber lass dir von mir gesagt sein, sobald du irgendetwas auf den Herzen hast, komm damit bitte zu mir.«

Er schenkte ihr ein dünnes Lächeln. »In Ordnung.«

»Und? Was hast du heute noch so vor?«, fragte Kairiki plötzlich. Sie drehte sich ganz zu ihm, die Hände hinter den Rücken verschränkt und wippte auf den Fußballen vor und zurück.

Der Prinz lachte darüber auf. »Manchmal kommt es mir vor, als wärst du erst acht Jahre alt.«

Kairiki streckte ihm zur Erwiderung seiner Worte die Zunge raus. »Ach komm. Erwachsensein können wir später.«

»Na gut. Was schlägst du vor?«

»Wir könnten in die Stadt gehen.«

»Und was willst du dort tun?«, erkundigte er sich schmunzelnd.

»Zufälligerweise hat Vater mich beauftragt, in der Apotheke die bestellten Kräuter für ihn zu holen. Du darfst gerne mitkommen.«

Kazar sah aus einem der Fenster. Es war ein schöner Tag und er hatte die Stadt eine Weile nicht mehr besucht, da seine Pflichten ihm selten die Zeit ließen, jene mit Dingen zu vertreiben, die andere als belanglos bezeichnen würden.

Wenn ich die Burg verlasse dann nur, um zu töten.

»Das ist sehr nett von dir, aber ich denke, es wäre doch für mich besser, wenn ich mich etwas hinlege«, erwiderte er und verzog schmerzerfüllt das Gesicht.

»Oh! Entschuldige! Das habe ich für einen kurzen Augenblick ganz vergessen«, gestand Kairiki und zog eine Grimasse.

»Aber ein anderes Mal würde ich gerne mitkommen«, setzte der Königswächter schnell hinzu und schenkte ihr ein leichtes Lächeln.

»Gut. Ich nehme dich beim Wort.« Die Freundin kicherte und zwinkerte ihrem Gegenüber zu.

 

 

 

»Du hast mich gerufen, Vater?«

Gregorio, der in seinem Arbeitszimmer am Schreibtisch saß, hob den Kopf, als Ateria und ihr Wächter eintraten.

»Básel ist tot«, sagte er anstelle einer Begrüßung und sah seiner Tochter ins Gesicht.

»Und? Was geht mich das an?«

»Básel war der Fürst von Calbar. Du weißt selbst, wie langweilig es ist, in dieser kleinen Provinz für Recht und Ordnung zu sorgen.«

»Was hat das mit mir zu tun?«, fragte sie spitz.

Der König erhob sich, ging auf sie zu und nahm ihre Hand in die seine. Aterias Blick wurde misstrauisch.

»Du weißt, dass dein zwanzigster Geburtstag in ein paar Monaten ist?«

Sie seufzte tief und rollte mit den Augen. »Vater bitte! Ich will nicht darüber reden!«

»Ateria, was hast du gegen deine Bewerber? Sie sind von hohem Stand. Jede andere Frau würde sich freuen, wenn einer von ihnen, um ihre Hand anhielte.«

Sie entzog sich ihrem Vater. »Nein! Ich will nicht heiraten!«, sagte sie entschlossen und stellte sich neben Seras. Der Daijatzu stand etwas abseits im Raum und beobachtete das Gespräch.