Fehlende Teile - Birgit Vanderbeke - E-Book

Fehlende Teile E-Book

Birgit Vanderbeke

3,8

Beschreibung

Ihr Name ist Lila, ihr schwarzlockiges Haar Hexenhaar, von Beruf ist sie vielleicht Schauspielerin. Sie liebt einen Blinden. Der allerdings nicht blind ist und gezielt beiläufig verstreute Briefe an Lila mit dänischen Marken findet. Doch wenn Lila erzählt, beschreibt sie die Dinge, wie sie sind. Weder tote Fische an Seeufern noch Kugelblitze oder in die Tiefe stürzende Fahrstühle sind Ausgeburten ihrer Phantasie. Nur die Liebe, soll sie nicht im Leerlauf enden, verlangt nach einer fesselnden Erzählregie. "Fehlende Teile" handelt von der Inszenierung einer Liebe, von der Absage an das Prinzip, alles zu sagen und alles zu verstehen, und auch von der Einsamkeit, die entsteht, wenn wichtige Teile nicht mehr erzählbar sind.

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Seitenzahl: 150

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Birgit Vanderbeke

Fehlende Teile

Erzählung

Rotbuch Verlag

Zitate aus Max Frisch Mein Name sei Gantenbein sind kursiv gesetzt.

eISBN 978-3-86789-565-1

© 2013 (1992) by BEBUG mbH / Rotbuch Verlag, Berlin

Umschlaggestaltung: Michaela Booth

eBook: Pinkuin Satz und Datentechnik, Berlin

Ein Verlagsverzeichnis schicken wir Ihnen gern:

Rotbuch Verlag

Alexanderstraße 1

10178 Berlin

Tel. 01805/30 99 99

(0,14 Euro/Min., Mobil max. 0,42 Euro/Min.)

www.rotbuch.de

Lilalein. Kleine Lila. Das hat er gesagt. Meine Lila hat er natürlich nicht gesagt und auch nicht sagen können.

Ich hätte mit ihm nicht leben müssen, hätte ich nicht gewollt.

Meistens hat er Lila gesagt wie zu einem erwachsenen Menschen, dabei bin ich ein Kind gewesen, das ist so ein Spiel, wir tun, als ob ich erwachsen wäre, wenn Gäste da sind und manchmal auch zwischen uns selbst; dann sind wir höflich und witzig, gescheit hin und wieder, geradezu ziemlich gescheit, und als ob ich erwachsen wäre, aber doch auch vor Leuten ist es gelegentlich vorgekommen, nachsichtig: Lilalein, herablassend nicht und niemals jovial, schließlich hat er mich ja geliebt, meine offenen schwarzen Haare besonders und mich allgemein; ich habe es auch geliebt, wenn er mich auf die Haare geküßt hat, mir die Haare gestreichelt und mich allgemein, ich habe ihm auf den Knien gesessen, schmal und zärtlich und ziemlich klein, und er hat nicht ständig getan, als ob ich erwachsen wäre, jedenfalls hat er nicht so getan, als ob ich ständig erwachsen wäre, keiner von diesen Tölpeln, kein Hingerissener, Unterwürfiger, die einem bloß vor die Füße fallen und vor den Füßen liegen, wenn sie nicht gleich mit der Angst zu tun kriegen, das Erwachsensein ist mir entsetzlich gewesen, dann bin ich nach Hause gekommen, zu Hause wartet geduldig sein Leben lang dieser Mann, der das alles nicht sieht, der nur weiß, seine Frau kommt aus Bremen, oder kommt sie aus Recklinghausen, und dann habe ich ihm auf den Knien gesessen, drollig und anschmiegsam schmal, so ein Kobold mit offenem Haar, kleine Lila, eben nach Hause gekommen. Hier hat es also ein Wetter gegeben, während ich weg war? Ja sicher, in Bremen hat es auch ein Wetter gegeben, Grüße hat es für zu Hause gegeben und ein Wetter wohl auch, vermutlich, in Bremen oder in Recklinghausen, irgendein Wetter mit Regen oder mit keinem Regen, so ähnlich wie hier oder doch ganz anders, Grüße auch jedenfalls, vom Taxi ist alles Wetter im Grunde wie gar kein Wetter, ja, eine Menge Leute, so etwa wird es gewesen sein; wenn die Sonne geschienen hätte, hätte ich es bemerkt, vielleicht einmal womöglich hat es genieselt, ja leider, ich hatte die dünnen Schuhchen an, aber Taxi bin ich gefahren, und jetzt endlich jedenfalls bin ich zuhaus.