Ferdinand Piech - Wolfgang Fürweger - E-Book

Ferdinand Piech E-Book

Wolfgang Fürweger

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Beschreibung

Er ist der bekannteste Nachkomme des Autopioniers Ferdinand Porsche: Ferdinand Piëch brachte es vom Mitarbeiter in der Porsche-Autofabrik zum Chef von VW, dem größten Autobauer Europas. 1999 wählte ihn eine Fachjury zum Automanager des Jahrhunderts. Er gilt als genialer, aber wegen seiner kantigen Art auch höchst umstrittener Auto-Macher. Mit der Fusion von Porsche und VW ist er auf dem Höhepunkt seiner Macht. Und er führt damit jene Unternehmen zusammen, die einst sein Großvater gegründet hat. Das Buch bietet spannende Einblicke in eine der ungewöhnlichsten Übernahmeschlachten der deutschen Autoindustrie.

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Inhalt

Prolog:

Wie ich Ferdinand Piëch kennenlernte

1. Die Wurzeln: Spross der PS-Dynastie

Der Genius der Motoren

Vater Piëch als Kompagnon

Der Volkswagen

Das Volkswagenwerk als Rüstungsschmiede

Späte Verantwortung

2. Die Kinder vom Schüttgut

Der Zusammenbruch aus den Augen der Kinder

Neubeginn und Gefangenschaft

Ferry Porsches Volkswagen-Deal

Kein Großvaterkomplex

3. Jugend ohne Vater

Ein Problemschüler

Die Mutter wird zur Chefin

Studium

4. Die Jahre bei Porsche

Piëch und der 911er

Der Rennleiter und sein Porsche 917

Der Stuttgarter Erbfolgekrieg

Die Familiensprecher

5. Über Umwege zu Audi

Der Weg zu Audi

6. Vorsprung durch Technik – die Audi-Jahre

Ringen mit Volkswagen und der Porsche 924

Kampf dem Rost

Quattro

Der TDI

Auf Umwegen an die Audi-Spitze

Zum ersten Mal Konzernchef

7. Der Weg nach Wolfsburg

VW als Sanierungsfall

Fluchtburg in Salzburg

8. Die López-Affäre

Der Kostenkiller und seine Krieger

Spionage-Thriller

Anklage nach dreieinhalb Jahren

Ein teurer Vergleich

9. Die Sanierung von VW

Drei Krisenherde

Vier-Tage-Woche

10. VW wird Markenkaiser

Die Plattform-Strategie

Weiter Einfluss bei Audi

Bentley

Bugatti und Lamborghini

Phaeton

Das Drei-Liter-Auto

11. Vorsitz im Aufsichtsrat

Die Demontage des Nachfolgers

Sex und Korruption

Das Ziel: Der weltgrößte Fahrzeugkonzern

12. Piëch und Porsche

Probleme ohne Ende

Kampf um die Zukunft

Das David-Prinzip

David will Goliath schlucken

Porsche vor der Pleite

Der Krieg um Porsche

Die neue Einigkeit

13. Der Mensch Ferdinand PiËch

Der Manager

Der Teamspieler

Der Kreative

Der sportliche Historiker

14. Ferdinand Piëch und die Frauen

Frühe Ehe

Frau P. und Herr Piëch

Ursula

Epilog:

Der Kreis schließt sich

Das Erbe ist geregelt

Anhang

Lebenslauf Ferdinand Piëch

Die Vorstandsvorsitzenden von VW nach dem Krieg

Weiterführende Literatur

Prolog:

Wie ich Ferdinand Piëch kennenlernte

Es war im Dezember 2006. Ich war gerade mit Eva, meiner jüngsten Tochter, in einer Spielgruppe, als mein Handy läutete. Damals arbeitete ich als Fernsehjournalist und schrieb nebenbei intensiv an meinem zweiten Buch: »Die PS-Dynastie. Ferdinand Porsche und seine Nachkommen.« Der Titel verrät es, es handelte sich um eine Familiengeschichte der Porsches und Piëchs. Übrigens die erste, die geschrieben wurde. Alle bisherigen Porsche-Bücher hatten sich auf Ferdinand Porsche, den Vater des Käfers, auf seinen Sohn Ferry, den Gründer der Porsche-Automarke, oder auf die Modelle von Porsche beschränkt. Die Rolle des Piëch-Zweigs, vor allem von Louise Piëch, der Schwester Ferry Porsches, war bislang war jedoch kaum beleuchtet worden. Und das, obwohl Louise Piëch als Grande Dame der Großfamilie eine ziemlich dominante Rolle in der Entwicklung des Familienunternehmens spielte, das den beiden Geschwistern gehörte. Während sich ihr Bruder Ferry auf die Sportwagenfabrik in Stuttgart konzentriert hatte, baute sie in Salzburg das Automobilhandelsgeschäft auf, die Porsche Holding.

Bei der Recherche über dieses Salzburger Unternehmen bekam ich einen Einblick in die Geschichte des Hauses. Es blieben aber einige Fragen offen. Daher bat ich um ein Gespräch mit Familienmitgliedern, das mir nach Einblick in mein Manuskript auch ermöglicht wurde. Wolfgang Porsche und Hans-Michel Piëch standen mir für ein längeres Interview zur Verfügung. Das Buch war zwar nicht von den Familien autorisiert, ich bekam aber wertvolle Hinweise und Ergänzungen.

Damals im Dezember 2006 war der Pressesprecher der Porsche Holding am Telefon: »Herr Ferdinand Piëch hat Ihr Manuskript durchgeblättert«, teilte er mir mit. »Herr Piëch hat einige Anmerkungen notiert, die er gerne mit Ihnen persönlich besprechen möchte.« Kurzes Schweigen. »Wie schaut es denn morgen bei Ihnen aus?« Keine Frage: Morgen konnte sein, was wollte, ich hatte Zeit bzw. ich hatte Zeit zu haben. Eine Einladung von Ferdinand Piëch ist so etwas wie eine Vorladung, die ich aber natürlich dankend annahm. Wer hat schon das Privileg, den großen Piëch persönlich kennenzulernen?

Einige Monate danach meinte im Newsroom der Tageszeitung ÖSTERREICH, meinem späteren Arbeitgeber, eine Kollegin aus der Wirtschaftsredaktion zu mir, für einen solchen Termin hätte sie jeden Urlaub, egal wo in der Welt, vorzeitig abgebrochen.

Das Treffen sollte in einem Büro stattfinden, das Piëch in der Stadt Salzburg hat. Ich wusste zuvor nicht, dass es dieses Büro gibt. Und ich glaube, das weiß kaum jemand. Ich habe nie verraten, wo Piëchs Büro liegt, und werde es auch hier nicht tun. Tatsache ist: Es befindet sich in einem völlig unscheinbaren Haus, an dem ich zuvor schon Dutzende Male vorbeigekommen war, ohne zu wissen, wer darin residiert. Als wir dort gegen neun Uhr früh ankamen, erwarteten uns zwei Mitarbeiter in einem Vorzimmer, die mich sofort in das Allerheiligste durchließen. Ich war überrascht angesichts der einfachen, funktionalen Einrichtung. Als ich eintrat, stand Ferdinand Piëch auf und ging mir einen oder zwei Schritte entgegen. »Grüß Gott, mein Name ist Wolfgang Fürweger«, stellte ich mich vor. »Ich weiß, wer Sie sind. Wie lange haben Sie Zeit für mich?«, fragte mich Piëch mit einem Lächeln, von dem ich nicht wusste, ob ich es als freundlich oder eisig einstufen sollte. »Herr Piëch, für Sie habe ich lange Zeit.« Er sah mich intensiv an, und mir war klar, dass er eine konkrete Antwort erwartete. »So bis Mittag?«, sagte ich fragend. »Ich habe mir bis 16 Uhr freigehalten«, antwortete er. Ich grinste über seinen vermeintlichen Scherz. »Ich scherze nicht, nehmen Sie bitte Platz.«

Auf dem Tisch standen Kekse und Tassen für Tee und Kaffee. Das Manuskript meines Buchs lag daneben. Es war säuberlich verkleinert – je zwei DIN-A4-Seiten auf einer Seite. Ich sah sofort, dass Piëch Randnotizen gemacht hatte. Er setzte sich an den Kopf des Tisches, schräg um die Ecke von mir, sodass wir beide gleichzeitig in das Manuskript schauen konnten. Das Treffen dauerte nicht bis 16 Uhr, sondern »nur« bis 14.30 Uhr. Mein Gastgeber trank Tee und aß wenige Kekse. In dieser Zeit stand keiner von uns von diesem Tisch auf, und Piëch rackerte mit mir das Manuskript an den von ihm markierten Stellen durch, machte zahlreiche Anmerkungen und erklärte mir vor allem seine Sicht der Dinge. Er sprach über die Geschichte seiner Familie, sein Verhältnis zu den Porsches, über seine Frau Ursula (dabei lächelte er und wirkte wirklich glücklich) und seine eigene berufliche Laufbahn. Kurz: Er sagte so viel, dass mir schwindelig wurde.

Selbstverständlich lief kein Diktiergerät. Und Notizen machte ich nur, wenn Piëch mir bedeutete, dass das für ihn in Ordnung sei. Für die schriftlichen Zitate, die ich aus dem Treffen mitnehmen konnte, hätte so mancher Wirtschaftsredakteur seinen rechten Arm gegeben. Die Offenheit Piëchs war überraschend. Ich arbeitete alles in mein Manuskript ein und schickte dieses an die Presseabteilung der Porsche Holding zurück, damit Piëch Zitate autorisieren konnte, die ich aus dem Gespräch übernommen hatte – der übliche Vorgang in solchen Fällen. Zurück bekam ich ein Streichkonzert. Damit macht mir der große Manager klar: Ein Hintergrundgespräch dient einzig dazu, Dinge besser einordnen zu können, und nicht dazu, das Gesprochene zu veröffentlichen. Eine »Trophäe« habe ich jedoch aus dem Treffen mitgenommen: Piëch drückte mir zum Abschied das Manuskript mit seinen Anmerkungen in die Hand, auf dass ich diese berücksichtigen sollte. Diese handschriftlichen Notizen haben nun einen Ehrenplatz in meinem Büro.

Ich hatte das Glück, dass kurz nach dem Erscheinen meines Buchs im Frühjahr 2007 die Porsche AG verkündete, sie wolle ihre Anteile an Volkswagen auf mehr als 30 Prozent erhöhen. Das bedeutete, dass sie den VW-Aktionären per Gesetz ein Übernahmeangebot machen musste. Als Mastermind hinter diesen Bemühungen wurde allgemein Ferdinand Piëch gesehen. Das hatte er bei unserem Treffen aber vehement dementiert. Im Interview zu meinem Buch erklärten mir Wolfgang Porsche und Hans-Michel Piëch, welche Überlegungen hinter dieser Beteiligung steckten. Damit gewann mein Buch zusätzlich an Aktualität.

Die Familien Porsche und Piëch sind öffentlich sehr schweigsam. Weil aber die vielen deutschen Radiostationen jemanden brauchten, der ihnen einen Hinweis geben konnte, was hinter den Übernahmeabsichten steckte, läutete bei mir das Telefon im Dauerton. Fast bei jedem Interview wurde ich gefragt: »Haben Sie Herrn Piëch kennengelernt?« Gemeint war natürlich Ferdinand Piëch und nicht sein jüngerer Bruder und Familiensprecher Hans-Michel. Und dann gleich darauf: »Wie haben Sie ihn erlebt?« Damit wurde mir bewusst, wie wenige jener unzähligen Journalisten, die tagtäglich über Volkswagen und Piëch berichten, den großen Manager tatsächlich jemals persönlich erlebt haben – von Massenauftritten bei großen Pressekonferenzen abgesehen. Meine fast stereotype Antwort lautete stets: »Ich habe ihn als sehr angenehmen und freundlichen Menschen erlebt, kann mir aber gut vorstellen, dass er auch weniger angenehm und freundlich sein kein.«

Und damit sind wir beim Thema. Für die einen ist Ferdinand Piëch der zum Manager gewordene »Mr. Hyde« aus Österreich: Machtgierig, durchtrieben und bösartig verschanze er sich hinter einer Mauer aus Macht, Zynismus und Unnahbarkeit. Dazu komme ein gewaltiger Komplex, der davon herrühre, dass er sich ständig an seinem genialen Großvater Ferdinand Porsche messe. Eine ältere Piëch-Biografie und viele Medien vermittelten den Eindruck, als sei er nur aufgrund seiner Herkunft auf den Chefsessel in Wolfsburg gehievt worden und hätte dort nichts als Fehler gemacht, sei aber von einem noch unfähigeren Aufsichtsrat gehalten worden. Vor allem das Nachrichtenmagazin Der Spiegel, eines der deutschen Leitmedien, schien Piëch eine Zeit lang aus ganzem Herzen zu hassen. Vielleicht auch, weil Piëch den stolzen Verlag einmal dazu gezwungen hatte, eine Entgegnung zu einem Artikel auf der Titelseite abzudrucken – ein einmaliger Fall in der Geschichte des Spiegels.

Für die anderen ist Ferdinand Piëch wiederum ein genialer Wirtschaftskapitän und Netzwerker: Er habe Volkswagen saniert und zum potenziellen Weltmarktführer entwickelt und verstehe es, die ausgewogene Distanz zu halten zwischen seinem Management, den mächtigen Betriebsräten und Gewerkschaften und der Politik. Als Techniker habe er für die Weiterentwicklung des Automobils fast so viel getan wie Ferdinand Porsche, auf jeden Fall aber viel mehr als dessen Sohn Ferry Porsche, Ferdinand Piëchs Onkel. Ferdinand Piëch sei eben als Manager für viele zu groß, als dass sich die Absichten hinter seinen Handlungen jedem Dahergelaufenen sofort offenbaren. Das Manager Magazin, das nicht gerade für Lobhudeleien bekannt ist, bezeichnete im Frühjahr 2010 Piëch in einem Kommentar als »wertvollste Marke im Wolfsburger Multimarkenkonzern« und stellte die rhetorische Frage: »Hätten sich nicht auch andere deutsche Hersteller einen wie Piëch an ihrer Spitze gewünscht?«

Objektiv gesehen muss man Piëch daher wohl eher in Richtung der zweiten, der Geniale-Techniker-und-Manager-Seite einordnen. Warum sonst hätte ihn 1999 eine internationale Fachjury zum »Automanager des Jahrhunderts« wählen sollen? Wie auch immer man Ferdinand Piëch sehen will: Tatsache ist, dass er eine vielschichtige, schillernde und interessante Persönlichkeit ist, die niemanden kalt lässt. Ich habe nicht Psychologie studiert und betreibe dieses Fach auch nicht als Hobby. Also unterlasse ich es, von einzelnen Zitaten Piëchs, die meist aus dem Zusammenhang gerissen in den Medien wiedergegeben werden, auf sein Seelenleben und seine Persönlichkeitsstruktur zu schließen. Vielmehr lasse ich die Fakten und Piëch selbst für sich sprechen. Immerhin habe ich Aussagen aus erster Hand und Piëch hat im Jahr 2002 eine Autobiografie mit dem schlichten Titel »Auto.Biographie« veröffentlicht.

Ferdinand Piëch vereint technischen und kaufmännischen Verstand. Er ist der einzige große Automanager der Gegenwart, der selbst ein Auto und einen Motor bauen kann und das in der Vergangenheit auch wiederholt getan hat. Sein Rennwagen Porsche 917 genießt unter Motorsportfans noch heute Kultstatus. Damit ist Piëch aber auch so etwas wie ein lebender Dinosaurier der Wirtschaft – so einer wie er kommt nicht wieder. Denn heute dominieren außer bei VW in den obersten Chefetagen der Autokonzerne die knallharten Manager, die Vertriebsexperten und Kostenrechner. Was für ein Schock muss es für diese Technokraten in Wolfsburg gewesen sein, als Piëch von ihnen verlangte, sie müssten jedes Auto des Konzerns selbst nicht nur getestet, sondern auch gefahren sein.

In Scharen hat Piëch Manager gefeuert, denen er – ob nun zu Recht oder Unrecht – Fehler vorwarf. Solche verzeiht er nämlich nicht. Leichen pflastern seinen Weg, könnte man in Anlehnung an einen Italo-Western gleichen Titels mit Klaus Kinski als Bösewicht fast sagen. Der Film heißt im italienischen Original »Il grande silenzio« – wie passend auch für Piëch, der in der Öffentlichkeit als eiserner Schweiger gilt. Mit diesem Buch nun habe ich mir das Ziel gesetzt, den Mantel des Geheimnisvollen zu lüften, der Piëch umgibt. Und es handelt sich auch um eine aktualisierte Fortsetzung meines ersten Buchs über die PS-Dynastie der Porsches und Piëchs, das restlos vergriffen ist – gebrauchte Exemplare werden im Internet mittlerweile um 100 Euro gehandelt. Ich werde oft gefragt, warum denn keine neue Auflage gedruckt wird. Die Antwort ist ganz einfach: Seit das Buch im Frühjahr 2007 erschienen ist, hat sich so viel getan, dass man es in großen Teilen neu schreiben müsste. Also habe ich mich entschieden, gleich ein neues Buch zu machen.

Ich hätte gerne auch dieses Mal mit Ferdinand Piëch über sein Lebenswerk, seine Vorstellungen für die Zukunft von VW, Porsche und über seine Familie gesprochen. Anders als beim Buch »Die PS-Dynastie. Ferdinand Porsche und seine Nachkommen« war er dieses Mal aber nicht bereit, persönlich Stellung zu nehmen. So müssen die bekannten Fakten alleine für sich sprechen.

Wolfgang FürwegerSalzburg, Dezember 2010

1.Die Wurzeln: Spross der PS-Dynastie

Der kleine Junge hockt still und heimlich unter dem Tisch. Vom Scheitel, den ihm seine Mutter jeden Morgen von links nach rechts zieht, ist wieder einmal wenig zu sehen. Die Haare hängen ihm in die Stirn, fast über das rechte Auge. Die Wangen glänzen und sind rot vor Aufregung. Während die anderen Kinder am Ufer des Wörthersees spielen und im Wasser plantschen, hat er sich im Gartenpavillon des Großvaters verkrochen. Schließlich ist er eher wasserscheu. Rund um den Tisch stehen mehrere Männer. Der Junge sieht die Beine eines Mitarbeiters seines Großvaters, die in legeren Hosen stecken, und die Beine von fremden Männern in Uniform und Schaftstiefeln. Hohe Militärs mit prunkvollen Dienstgradabzeichen, wie der Knirps bemerkt hat. »Was ich aufschnappte, war so interessant, dass ich es den Erwachsenen beim Mittagessen erklärte«, erinnert sich der Bub, der damals sieben Jahre alt ist, fast 60 Jahre später: Die Bomben würden jetzt nicht mehr flach nach England fliegen, sondern steil in die Höhe geschossen und dann ebenso steil wieder runterfliegen. »Das Aufregende daran – und warum es mir so in Erinnerung blieb – war der heillose Schreck der Familie, als ich so munter plauderte. Was da aus der Tiefe der militärischen Geheimhaltung kam, muss das V2-Projekt gewesen sein.«

Der kleine Bub hieß Ferdinand Piëch. Der Großvater, in dessen Pavillon er das Gespräch belauscht hatte, war niemand Geringerer als Ferdinand Porsche, der geniale Autopionier und Erfinder, der Schöpfer des Volkswagens, der Entwickler erfolgreicher Rennautos und der Konstrukteur des ersten serienreifen Flugzeugmotors für Militärmaschinen. Die Episode spielte sich im Sommer 1942 in Dellach am Wörthersee (Kärnten) ab, wo Porsche, der erklärte Lieblingskonstrukteur des Führers, ein Anwesen besaß. Ferdinand Piëch erinnert sich gerne an diese Episode zurück. Er schrieb sie am Beginn seiner »Auto.Biographie«und erzählte sie auch dem Verfasser dieses Buches.

Die frühe Kindheit eines Ende der Dreißigerjahre in Österreich oder Deutschland geborenen Buben bedeutet vor allem eines: Krieg. Bei Ferdinand Piëch kam aber noch die Technik dazu, vor allem das Auto. Er war am 21. April 1937 in Wien in eine Welt geboren worden, in der sich alles nur um Autos und Motoren drehte – auch für Mama Louise, wie eine weitere Kindheitserinnerung verdeutlicht: Damals war Ferdinand Piëch vier Jahre alt und bewunderte mit großen Augen und den Händen in den Hosentaschen den vor ihm stehenden oder vielmehr schief hängenden Wagen. Der war nämlich aufgebockt. In diesem Augenblick sei er mächtig stolz auf seine Mutter gewesen: »Sie kann ganz allein Rad wechseln.«

Der Genius der Motoren

Louise Piëch hatte es eigentlich nicht nötig, selbst das Werkzeug in die Hand zu nehmen. Schließlich war sie die Tochter eines anerkannten und berühmten Genies und die Ehefrau eines einflussreichen Managers. Damit gehörten die Porsches und Piëchs schon damals zur wohlhabenden Oberschicht, was angesichts der Herkunft des Clan-Begründers und Übervaters der Familie keineswegs selbstverständlich war. Man kann Ferdinand Piëch nicht verstehen, ohne etwas über seinen Großvater Ferdinand Porsche zu wissen.

Die Geschichte der PS-Dynastie beginnt 1875 in Maffersdorf, einer kleinen Gemeinde im Königreich Böhmen, das damals Teil der k. u. k-Monarchie der Habsburger war. Heute heißt der Ort Vratislavice nad Nisou und liegt in Tschechien. Hier wurde am 3. September 1875 Ferdinand Porsche als drittes von fünf Kindern des Spenglermeisters und Fuhrunternehmers Anton Porsche und dessen Gattin Anna geboren. Vater Porsche besaß einen Betrieb mit mehreren Gesellen und Lehrlingen, was in einer Zeit, in der das Handwerk noch den sprichwörtlichen goldenen Boden hatte, schon etwas war. Und er war auch in der örtlichen Gesellschaft als Vizebürgermeister, Gründer des örtlichen Bildungsvereins, Obmann des Veteranenvereins, Gründer und Hauptmann der Maffersdorfer Feuerwehr und Obmann des Bezirksfeuerwehrverbandes fest verankert und einflussreich.

Wäre es nach Porsche senior gegangen, hätte Ferdinand den väterlichen Betrieb übernehmen sollen, schließlich war der ältere Sohn Anton bei einem Arbeitsunfall ums Leben gekommen. Ferdinand interessierte sich aber weniger für Blech, obwohl er eine Spenglerlehre absolvieren musste, als vielmehr für Elektrizität, die damals noch in den Kinderschuhen steckte. Thomas Alva Edison hatte erst 1880 das Basispatent Nummer 223898 angemeldet: die Erfindung der elektrischen Glühbirne. Porsche junior experimentierte mit selbst gebastelten Batterien, kleinen Motoren und baute elektrische Klingeln. Das alles aber heimlich auf dem Dachboden. Für Vater Porsche waren Elektrizität und die ersten Experimente seines Filius nämlich nur Humbug, und er verbot seinem Sohn, sich weiterhin mit »diesem Firlefanz« zu beschäftigen. Dabei hatte dieser bereits im Alter von 13 Jahren das elterliche Haus mit elektrischen Klingeln ausgestattet. Ein Labor, das der Junge heimlich, aber mit Wissen der Mutter angelegt hatte, zerstörte der Vater einmal im Wutanfall. Erst als Ferdinand 1893 im Alter von 17 Jahren einen Dynamo mit Schwungrad installiert und so die Werkstätte und Wohnräume mit elektrischem Licht ausgestattet hatte, änderte der Senior seine Meinung. Er erlaubte seinem Sohn zwar kein Studium, was dessen sehnlichster Wunsch gewesen wäre, ließ ihn aber einen anderen Berufsweg einschlagen als den eines Spenglers.

Der junge Handwerksbursche aus Böhmen ging nach Wien und heuerte bei der Vereinigten Elektrizität AG von Béla Egger & Co an, ein Unternehmen, das später in Brown Boveri aufgehen sollte. Hier stieg Porsche rasch auf und war mit 22 Jahren Assistent des Betriebsleiters. Beim Auftrag, im kaiserlichen Schloss Schönbrunn elektrisches Licht zu installieren, sah Porsche zum ersten Mal die Welt der Mächtigen von innen, wenn auch mit den Augen eines Außenstehenden. Sein Meisterstück war in dieser Zeit die Konstruktion eines Elektromotors, der direkt in die Radnaben eines Automobils eingebaut werden konnte. 1897 meldete Ferdinand Porsche dafür das erste seiner vielen Patente an. Das Prinzip des Radnaben-Elektromotors sollte die US-Weltraumbehörde NASA mehr als sieben Jahrzehnte später bei der Konstruktion eines Mondfahrzeuges wieder aufgreifen.

Viel wichtiger ist aber für Ferdinand Piëch – und damit für das Thema dieses Buches – eine folgenreiche Begegnung, die sein Großvater bei Béla Egger & Co machte. In der Arbeitsverteilung arbeitete eine junge Dame namens Aloisia Kaes, auf die der junge Techniker ein Auge geworfen hatte. Bei einer Firmenfeier im Varieté Ronacher kamen die jungen Leute einander näher, und 1903 wurde trotz des Widerstands von Porsche senior, der eine bessere Partie bevorzugt hätte, Hochzeit gefeiert. 1904 kam Tochter Louise Hedwig Anna Wilhelmine Maria zur Welt, die Mutter Ferdinand Piëchs und spätere »Chefin« der Porsche Holding in Österreich. 1909 folgte Sohn Ferdinand »Ferry« Anton Ernst, der spätere Gründer der Porsche AG, der Sportwagenfabrik in Stuttgart-Zuffenhausen.

Als Ferdinand Porsche seine Aloisia heiratete, hatte er Béla Egger & Co schon längst verlassen und bei der k. u. k. Hofwagenfabrik Ludwig Lohner & Co für Furore gesorgt. Im Jahr 1900 war auf der Weltausstellung in Paris der Lohner-Porsche präsentiert worden. Mit einer für damalige Verhältnisse sagenhaften Höchstgeschwindigkeit von 45 km/h – schneller als eine Pferdekutsche – war das Automobil die Sensation und wurde als epochale Neuheit gefeiert. Angetrieben wurde der Wagen von zwei elektrischen Radnabenmotoren in den Vorderrädern. In späteren Versionen baute Porsche in alle vier Räder Motoren ein, womit er das Prinzip des Vierrad-Antriebs vorwegnahm, mit dem sein Enkel Ferdinand Piëch Jahrzehnte später als Manager bei Audi punkten sollte. Und Porsche erfand bereits Anfang des 20. Jahrhunderts die Hybrid-Technik: ein Automobil, das sowohl mit Strom als auch mit einem Verbrennungsmotor angetrieben werden konnte. Mit einem solchen »Mixte«-Wagen, wie die Vehikel damals genannt wurden, fuhren er und seine junge Gattin von Wien nach Nizza auf Hochzeitsreise. Später durfte Porsche sogar Thronfolger Erzherzog Franz Ferdinand mit einem benzinelektrisch getriebenen Wagen ins Manöver chauffieren.

Ferdinand Porsche war genial, aber er war ein Techniknarr, der Zeit seines Lebens einen Kaufmann an seiner Seite brauchte, der seine hochfliegenden Pläne auf den Boden der finanziellen Realität zurückholte. Als sich Ludwig Lohner die ständigen Neuheiten seines damals schon weltberühmten Angestellten nicht mehr leisten konnte und wollte, kam es zum Bruch. Porsche ging 1906 als Entwicklungs- und Produktionsleiter zur Österreichischen Daimler Motoren KG Brienz Fischer & Co – kurz: Austro-Daimler. Das Unternehmen war damals mit 400 Mitarbeitern einer der führenden Erzeuger von Automobilen und Motoren der Donaumonarchie und sollte in der Folge rasch wachsen: 1914 gab es bereits 4.500 Arbeiter. Porsche stieg bis zum Vorstandsvorsitzenden auf und sollte bis 1923 in Wiener Neustadt bleiben.

In dieser Zeit konstruierte er mehrere bahnbrechende Automobile und vor allem Rennwagen, die stets seine Leidenschaft waren. 1910 erreichte sein Austro-Daimler mit der damals revolutionären Torpedo-Karosserie 140 Stundenkilometer Spitzengeschwindigkeit. Porsche trat auch selbst als Rennfahrer an. Beifahrer war einmal ein junger Kroate namens Josip Broz, der später den Kampfnamen »Tito« annahm, zum kommunistischen Partisanenführer wurde und es bis zum jugoslawischen Staatschef brachte. Ein wunderbar restauriertes Original dieses »Prinz-Heinrich-Wagens«, wie das Auto nach der damals berühmten »Prinz-Heinrich-Wettfahrt« genannt wurde, existiert noch heute. Es gehört Ernst Piëch, dem älteren Bruder Ferdinand Piëchs, der damit immer wieder bei Oldtimertreffen Aufsehen erregt.

Alles, was sich bewegte, war Porsches Thema. Daher entwarf er nicht nur Autos, sondern auch den ersten serienreifen Flugzeugmotor, der in das Aeroplan des österreichischen Luftfahrtpioniers Igo Etrich eingebaut wurde: Die berühmte Etrich-Taube wäre ohne Porsche nie geflogen. Dafür ernannte ihn die Technische Hochschule Wien zum Ehrendoktor. 1911 setzte die italienische Armee die Maschine in Libyen zu den ersten Bombenangriffen ein. Porsche entwickelte auch den Antrieb für die österreichische Version eines Zeppelins, konstruierte Zugmaschinen für die Artillerie der k. u. k.-Armee und den Landwehr-Train. Dabei handelte es sich um einen benzinelektrisch angetriebenen »motorisierten Tausendfüßler«, der aus zehn und mehr Wagen bestand und eine durchschnittliche Geschwindigkeit von 18 Stundenkilometern erreichte – ein Quantensprung gegenüber den bisherigen Tragtier-Kolonnen. Die einzelnen Anhänger blieben aufgrund eines ausgefeilten Lenksystems mit zahlreichen lenkbaren Achsen immer in der Spur der Zugmaschine. Noch heute setzen schwere LKWs auf diese Technik, mit der Porsche im Ersten Weltkrieg das Nachschubsystem der österreichischen Armee revolutionierte.

Nach dem Krieg machte Porsche mit seinem legendären Sascha-Rennwagen Furore, den er nach dem Sponsor der Projekts benannt hatte: Alexander »Sascha« Joseph Graf Kolowrat-Krakowsky, der als Filmemacher in Hollywood gearbeitet hatte und nach dem Ersten Weltkrieg nach Österreich zurückgekommen war. 1921 und 1922 siegte der Sascha bei 43 von 51 Autorennen, bei denen er am Start war. Eine Serienversion des Wagens für die breitere Masse konnte Porsche aber gegenüber seinem Aufsichtsrat nie durchsetzen. Bei einer legendär gewordenen Sitzung schleuderte der geniale Techniker den Herren ein lautes »Leckt’s mich« entgegen, beschimpfte sie als »Sau-Bagage«, zertrampelte wütend seinen Hut und trat als Generaldirektor von Austro-Daimler zurück.

1923 ging er als Chefkonstrukteur und Vorstandsmitglied zur Daimler-Motoren-Gesellschaft nach Stuttgart. Die schwäbische Hauptstadt war schon damals Zentrum der Automobilindustrie – noch heute haben Daimler-Benz und die Porsche-Sportwagenfabrik dort ihren Sitz. Der schwierige Techniker Ferdinand Porsche war aber in Deutschland von Anfang an alles andere als beliebt. Fast 70 Jahre später sollte sich für seinen Enkel Ferdinand Piëch diese Geschichte fast eins zu eins wiederholen. Porsche lieferte mehrere technische Meisterwerke ab. Unter anderem baute er den legendären Silberpfeil-Rennwagen mit dem Kompressormotor – diese Wagen zählen heute zu den begehrtesten Oldtimern überhaupt. Dennoch stand der geniale Techniker immer auf der Abschussliste. Zur kantigen Persönlichkeit, die keinen Widerspruch duldete, kamen auch wirtschaftliche Probleme. 1928 wurde schließlich Porsches Arbeitsvertrag nicht mehr verlängert.

Porsche ging zurück nach Österreich und wurde 1929 technischer Leiter der Steyr-Werke. Dann kam der 25. Oktober 1929, der Schwarze Freitag, der den Beginn der Weltwirtschaftskrise markierte. Die Hausbank der Steyr-Werke brach zusammen und wurde ausgerechnet von der Hausbank von Austro-Daimler übernommen. Dort saßen noch immer einige alte Feinde Porsches an den Schaltstellen. Dazu kam, dass Austro-Daimler ein direkter Konkurrent der Steyr-Werke war. Porsche erkannte, dass er unter diesen Voraussetzungen nicht weitermachen konnte, und wagte einen kühnen Schritt: Er scharte einige langjährige Mitarbeiter um sich – zufällig folgten ihm zwölf »Jünger« – und gründete am 1. September 1930, zwei Tage vor seinem 55. Geburtstag, ein eigenes Konstruktionsbüro. Diese Keimzelle der späteren Sportwagenschmiede wurde als Dr. Ing. h. c. F Porsche Gesellschaft mit beschränkter Haftung, Konstruktionen und Beratung für Motoren und Fahrzeugbau mit Sitz in Stuttgart, Kronenstraße 24, im Register für Gesellschaftsfirmen eingetragen.

Vater Piëch als Kompagnon

Ferdinand Porsche hat zwar als Manager gut verdient, aber auch gut gelebt. Daher besaß er nicht genügend Geld, um seine Firma alleine auf die Beine zu stellen und hielt nur 70 Prozent der Anteile. Weitere 15 Prozent besaß der Kaufmann und Rennfahrer Alfred Rosenberger, ein persönlicher Freund Porsches, der auch die kaufmännische Leitung übernahm. Die restlichen 15 Prozent entfielen auf Dr. Anton Piëch, Schwiegersohn von Ferdinand Porsche und Vater von Ferdinand Piëch. Der 1894 geborene Anton Piëch stammte aus einer alten Juristenfamilie, war selbst gewiefter Wirtschaftsanwalt und seit Jahren juristischer Berater und enger Vertrauter von Ferdinand Porsche. 1928 hatte er dessen Tochter Louise geheiratet. Der Ehe sollten vier Kinder entspringen – Ernst (*1929), Louise (*1932), Ferdinand (*1937) und Hans-Michel (*1942) – von denen bei Drucklegung dieses Buches noch drei lebten. Louise Daxer-Piëch ist 2006 verstorben.

»Der Name mit dem in unserem Sprachgebiet seltenen Trema über dem ›e‹ verlockt zur Ahnenforschung, die ich aber selbst nie betrieben habe«, schreibt Ferdinand Piëch in seiner »Auto.Biographie«: »Mein Vater scheint sich in seinen letzten Jahren dafür interessiert zu haben, von ihm kenne ich die ungesicherte Version, dass die Piëchs aus Frankreich stammen sollen.« Demnach sei eine Mademoiselle Piëch Geliebte eines französischen Bischofs gewesen und habe mit diesem drei Kinder gehabt. In den Wirren der Französischen Revolution habe der Bischof Frau und Kindern die Flucht nach Böhmen ermöglicht, wo diese in einem Adelshaus aufgenommen wurden. Einer anderen Version zufolge sind drei Piëch-Brüder, offenbar französische Land-Edelleute, während der Französischen Revolution aus dem Elsass nach Böhmen emigriert und dort allesamt Förster auf herrschaftlichen Gütern geworden. Nach einer weiteren Variante könnten die Wurzeln der Piëchs überhaupt in Böhmen oder Mähren zu finden sein. Einer der Nachkommen müsste sich dann quasi eigenmächtig die beiden Punkte auf das »e« gesetzt haben. Einer vierten Version zufolge, die Hans-Michel Piëch einmal erzählt hat, könnte der Name Piëch aus der Wallonie stammen, dem französischen Teil Belgiens. Hier hatte väterlicherseits auch der französische Autopionier André Citroën (1878 bis 1935) seine Wurzeln, der in seinem Namen ebenfalls die beiden Punkte über dem »e« trug.

Der nachgewiesene Stammbaum der Piëchs beginnt mit Anton Piëch dem Älteren (1775–1852), dessen Herkunft ungewiss ist. Bekannt ist nur, dass er 1801 im Bezirk Boskowitz in Böhmen geheiratet hat und von Beruf Förster war. Von da an ist die Linie weiterzuverfolgen: Der Sohn des Försters wurde Notar in der Nähe von Brünn, dessen Sohn wiederum wurde Anwalt in Brünn, und dessen Sohn – der Großvater Ferdinand Piëchs – ging nach Wiener Neustadt und gründete schließlich eine Rechtsanwaltskanzlei in Wien, die dann Anton Piëch übernahm. Daher kehrte Louise Porsche nach ihrer Heirat 1928 als Louise Piëch in ihre Geburtsstadt Wien zurück.

Zurück zum neu gegründeten Konstruktionsbüro: Obwohl Ferdinand Porsche als Genie galt und über einen hervorragenden Technikerstab verfügte, gestaltete sich die Anfangszeit für das Unternehmen äußerst schwierig – mehr als einmal stand es an der Kippe. Der mächtige Daimler-Benz-Konzern schnitt die Porsche-Firma, wo es nur ging. Zeitweise wurde den Beschäftigten von Daimler-Benz mit fristloser Kündigung gedroht, sollten sie oder ihre Ehefrauen Kontakt zu Porsche und seinen Leuten haben. Es war Rosenberger, der dafür sorgte, dass das Unternehmen trotz Auftragmangels und Porsches Hang zu teuren Konstruktionen die Gründungszeit finanziell überstand, indem er die hochfliegenden Pläne des Star-Konstrukteurs auf ein wirtschaftlich vertretbares Maß zurückstutzte. »Alfred Rosenberger zählte zu den wenigen Menschen, von denen sich Ferdinand Porsche auch etwas sagen ließ«, schreibt Porsche-Biograf Peter Müller. Rosenberger habe nämlich nicht nur viel vom Geschäft verstanden, sondern auch von Autos und Motoren.

Der wichtige Finanzchef schied jedoch bereits 1933 aus: Unter den Nationalsozialisten war er in der deutschen Geschäftswelt als Jude nicht mehr willkommen. Dazu kam, dass er 1926 beim ersten Grand-Prix von Deutschland auf der AVUS in Berlin einen Unfall ausgelöst hatte, bei dem drei Zuschauer starben. Die 1921 eröffnete Automobil-Verkehrs und Übungsstraße