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Dieses Buch entstand in mehrjähriger Arbeit und bildet den ersten Teil eines geplanten dreibändigen Werkes zu Leben und Werk von Friedrich Wilhelm von Luedersdorff, der ein direkter Vorfahre des Autors ist. Der vorliegende erste Band behandelt die Familiengeschichte des Friedrich Wilhelm von Luedersdorff und seiner Nachfahren bis in die Gegenwart. Friedrich Wilhelm von Luedersdorff ist ein deutscher Chemiker, der für seine Forschungen und Erfindungen auf dem Gebiet der technischen Chemie Weltruhm genießt. Er war Mitglied der technischen Deputation für Gewerbe in Berlin, Landesökonomierat, Generalsekretär des Landesökonomiekollegiums in Berlin, Geheimrat und Besitzer des Rittergutes Berlin-Weissensee, des heutigen Stadtteiles von Berlin-Weissensee. Für seine Verdienste wurde er 1882 in den Adelsstand erhoben. Seinen Zeitgenossen jedoch ist er fast nur unter seinem bürgerlichen Namen bekannt. Der Autor ist direkter Nachfahre des Friedrich Wilhelm von Luedersdorff. Seine Familie ist im Besitz der persönlichen Dokumente, auf die sich teils das Werk stützt und deren Text als Quelle dem Buch beigefügt ist. Der Zeitrahmen des Buches erstreckt sich vom Beginn des 18. Jahrhunderts bis zur Gegenwart.
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Seitenzahl: 178
Veröffentlichungsjahr: 2017
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Peter Zech
Friedrich Wilhelm von Luedersdorff
Band 1: Familiengeschichte
Engelsdorfer Verlag
Leipzig
2016
Bibliografische Information durch die Deutsche Nationalbibliothek:
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in
der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten
sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar.
Copyright (2016) Engelsdorfer Verlag Leipzig
Alle Rechte beim Autor
Hergestellt in Leipzig, Germany (EU)
www.engelsdorfer-verlag.de
Cover
Titel
Impressum
Vorwort
Familiengeschichte von Friedrich Wilhelm von Luedersdorff und seiner Nachfahren
Das Elternhaus des Friedrich Wilhelm von Luedersdorff
Johann Heinrich Leberecht Pistorius, seine Familienverhältnisse und zur Stadtgeschichte von Loburg
Friedrich Hugo von Luedersdorff
Friedrich Ernst Martin Lebrecht von Luedersdorff
Olga-Maria Susanne Gertrud Bertha von Luedersdorff und Marga-Olivia Elfriede von Luedersdorff
Anna-Dorothee Olga Klara Borstorff
Anmerkungen, Quellen- und Literaturnachweise zum Text...
Bibliographie
Allgemeine Literatur
Gedruckte Quellen
Urkunden in Archiven
Urkunden und andere Quellen im Familienarchiv Luedersdorff im Privatbesitz
Texte der verwendeten Urkunden und Dokumente aus dem Familienarchiv Luedersdorff chronologisch geordnet
Verzeichnis der erwähnten Personen
Bildanhang
Der hier vorliegende erste Band zur Familiengeschichte des Friedrich Wilhelm von Luedersdorff ist Teil eines geplanten dreibändigen Werkes zu Leben und Werk von Friedrich Wilhelm von Luedersdorff. Während sich der geplante zweite Band seinem wissenschaftlichen Schaffen und der dritte Band seiner beruflichen Tätigkeit widmen soll, befasst sich der nun erschienene erste Band mit der Familiengeschichte des Friedrich Wilhelm von Luedersdorff. Die ungewöhnliche chronologische Reihenfolge des Erscheinens der Bücher ergab sich aus der Notwendigkeit sich zuerst der Bearbeitung der Familiengeschichte zuzuwenden und dabei, solange dies noch möglich war, die noch lebenden Familienmitglieder einzubeziehen. Der Autor ist ein direkter Nachkomme in der 5. Generation des in der Fachwelt aber nur unter seinem bürgerlichen Namen weltbekannten technischen Chemikers Friedrich Wilhelm von Luedersdorff, dem erst im hohen Alter von 81 Jahren der Adelstitel verliehen wurde. Der erste Band entstand mit viel Anteilnahme und jeglicher möglicher Unterstützung der heute noch lebenden Nachkommen aus der Linie des erblichen Adels. Besonderer Dank gilt meiner lieben Mutter, die das Anliegen unermüdlich unterstützte. Hierbei erwiesen sich ihre Kenntnisse, die auf persönlichen Erlebnissen und Erfahrungen beruhten, als unschätzbare Quelle, um die zahlreichen, oft handgeschriebenen Dokumente im Familienarchiv lesen und verstehen zu können. Ohne ihre Hilfe wäre das Projekt so nicht realisierbar gewesen. Viele Daten waren nur dank ihres Wissens überhaupt lesbar.
Im Zusammenhang mit der Familiengeschichte des Friedrich Wilhelm von Luedersdorff gilt es, um Missverständnissen vorzubeugen, zu beachten, das im Namen Luedersdorff in allen Urkunden immer für das ü die Buchstaben ue geschrieben wurden. Darauf scheint der Träger des Namens besonderen Wert gelegt zu haben. Aus diesem Grund hat sich der Autor auch entschlossen in Abstimmung mit anderen Familienmitgliedern diese Schreibweise zu übernehmen.
Die Idee für dieses Werk entstand 2010 nach dem Tode von Dr. August Otto Erhard Zech, der als erster sich die Mühe des Übersetzens einzelner Dokumente aus dem Familienarchiv gemacht hatte und eigene Recherchen und Forschungen zur Familiengeschichte begonnen hatte.
Bis dahin existierten viele mündlichen Überlieferungen im Familienkreis, aber kaum jemand war noch in der Lage, viele der zahlreichen alten Dokumente des Familienarchivs Luedersdorff zu lesen, geschweige denn zu verstehen, noch sie in einen Zusammenhang einzuordnen. Dies betraf auch weitere Gegenstände, welche sich im Besitz der Familienmitglieder befinden, deren Zweck oft völlig unverständlich erschien.
Im Rahmen der Recherchen und Forschungen erwies es sich als notwendig in einem ersten Schritt den Bestand des Nachlasses zu erfassen, zu ordnen und sich einen Überblick über den Inhalt der Dokumente zu verschaffen. Dazu wurden die Dokumente gesichtet und transkribiert. Darüber hinaus betrieb der Autor intensive Recherchen und Forschungen zum historischen Verständnis und Einordnung, was mit einem sehr hohen Zeitaufwand verbunden war und sich über einen Zeitraum von mehreren Jahren hinzog.
Das Familienarchiv Luedersdorff ist der Nachlass der sich bei den Nachkommen des Friedrich Wilhelm von Luedersdorff bisher angesammelt hat.
Es umfasst folgende Unterlagen und Dokumente:
Johann Heinrich Leberecht Pistorius
Geburtsnachweis, Urkunden des Pistoriuschen Patrimonialgerichtes Weissensee, Rede des Pfarrers Schadow aus Weissensee am Grabe des Herrn Pistorius
Friedrich Wilhelm von Luedersdorff
Adelsbrief, Urkunden der Mitgliedschaften in Vereinen, Urkunden von Auszeichnungen, Korrespondenz, Kopien der Promotionsakte der Universität Erlangen-Nürnberg, Einladungen, Gedicht Alexander von Humboldts mit persönlicher Widmung für Hugo Friedrich von Luedersdorff
Hugo Friedrich von Luedersdorff
Tagebuch aus seiner Jugendzeit, Briefe an Paul Bunsen, Briefe von Paul Bunsen, Doktorarbeit, eingereicht an der Universität Erlangen-Nürnberg, Geburts-Tauf- und Sterbeurkunden, Einladungen zur Hochzeit, Briefe, Amtliche Dokumente, Zeitungsausschnitte, Auszeichnungen, viele Photos auch von Familienmitgliedern insbesondere der Schwestern, handgeschriebene Notizen und Aufzeichnungen zur Familiengeschichte eine Reisebeschreibung eines noch nicht identifizierten Autors
Friedrich Ernst Martin Lebrecht von Luedersdorff –
amtliche Dokumente, Urkunden, viele Photos, Briefe, Postkarten und Korrespondenz desweiteren gehören dazu
Franz Hermann Borstorff –
Urkunden, amtliche Dokumente, zahlreiche Photos
Olga Maria Susanne Gertrud Bertha von Luedersdorff –
Aufzeichnungen, Urkunden, amtliche Dokumente, Briefe, sowie viele weitere Dokumente wie handgeschriebene Notizen, Briefe und Postkarten von Nachkommen, Verwandten und Bekannten der Luedersdorfffamilie.
Weiterhin befinden sich im Besitz der Familienmitglieder Gemälde des bekannten Genremalers Eduard Karl Gustav Lebrecht Pistorius (1796-1862), der einzelne Familienmitglieder porträtierte sowie der Meßzirkel, mit dem wohl Friedrich Wilhelm von Luedersdorff einst in jungen Jahren die „Messkunst“ erlernte.
Ursprünglich bestand die Absicht das Leben und die Leistungen des Friedrich Wilhelm von Luedersdorff in einem Werk zu beschreiben. Das vorhandene Material erwies sich jedoch als sehr umfangreich und die Thematik als äußerst kompliziert und vielschichtig. So entschloss sich der Autor die Familiengeschichte als selbständiges Werk herauszugeben und die berufliche Tätigkeit und sein wissenschaftliches Werk in Einzelpublikationen zu veröffentlichen.
Die nun vorliegende Publikation zur Familiengeschichte des Friedrich Wilhelm von Luedersdorff basiert nun auf allen bisher verfügbaren und erschlossenen Quellen. Der Autor stellte es sich bewusst zur Aufgabe auch die Nachkommen des Friedrich Wilhelm von Luedersdorff zu behandeln, zu denen er sich selber die Ehre hat zu zählen. Damit reiht sich dieses Werk in die Reihe von familiengeschichtlichen Werken ein, welche die Geschichte einer Familie über einen großen Zeitraum behandeln. Die Publikation spannt den zeitlichen Rahmen von der kindlichen Lebenswelt des jungen Friedrich Wilhelm Luedersdorf bei seinen Großeltern in Loburg über seine frühen Jahre in Berlin, wobei es sich erwies, sein familiäres Umfeld genauer zu beschreiben.
In diesem Zusammenhang wird sein besonderes Verhältnis zu seinem Onkel Johann Heinrich Leberecht Pistorius beschrieben, wobei auch auf die Lebensleistung dieses bekannten Erfinders, Kaufmanns und Rittergutsbesitzers von Berlin Weissensee näher eingegangen wird. Es folgt die Darstellung familiärer Höhepunkte im Leben des Friedrich Wilhelm von Luedersdorff, seine Eheschließung, die Geburt seiner Kinder, von denen zwei bereits sehr früh starben, sein Leben in Berlin, bis hin zu der Übersiedlung seiner Familie auf das Rittergut seines Onkels Johann Heinrich Leberecht Pistorius nach dessen Tod. Das Buch behandelt sein möglicherweise kompliziertes Verhältnis zu seinen Verwandten. Hierbei stützt sich das Werk auf die wenigen Informationen, die sich aus dem Studium der Dokumente im Familienarchiv ergaben. Es folgt die Beschreibung der Lebensverhältnisse der Luedersdorff-Familie nach der Übersiedlung aller Familienmitglieder in die schöne Stadt Baden-Baden.
Da Friedrich Wilhelm von Luedersdorff erst im Jahre 1882 im Alter von 81 Jahren in den Adelsstand erhoben wurde und er aus diesem Grunde Zeit seines Lebens immer mit seinem bürgerlichen Namen in der Öffentlichkeit erwähnt wurde, ist er der Nachwelt auch nur unter seinem bürgerlichem Namen überliefert worden. Dies hat erheblich dazu beigetragen, dass über ihn doch recht verworrene Vorstellungen über seine Herkunft und sein Privatleben entstanden sind.
Das Werk endet jedoch nicht mit seinem Tod im Jahre 1886, sondern folgt den Spuren seines Sohnes und seiner Enkel, insbesondere seines Enkels Friedrich Ernst Martin Lebrecht von Luedersdorff, der als männlicher Nachkomme als einziger den erworbenen Adelstitel weiter vererbte, bis in die Pensionärsstadt Naumburg an der Saale. Es beschreibt das Leben der Tochter Olga Maria Susanne Gertrud Bertha von Luedersdorff, die als einzige Tochter zwar durch ihre Ehe mit Franz Herrmann Borstorff ihren Adelstitel verliert, jedoch mit Anna-Dorothee Olga Klara Zech die Linie der Familie fortsetzt. Der Bogen reicht schließlich über Anna-Dorothee Olga Klara Zech und ihre Kinder bis zu allen bekannten gegenwärtig lebenden Nachkommen des Friedrich Wilhelm von Luedersdorff.
Das Werk enthält einzigartige Fotos aus der Familiengeschichte und im Anhang die Texte der verwendeten Dokumente aus dem Familienarchiv. Eine Personenübersicht dient dem besseren Verständnis indem sie einen Überblick über die große Anzahl an behandelten Personen liefert. Die verwendeten Fotos sind Ablichtungen einzigartiger originaler Gemälde, die sich im Privatbesitz von Nachkommen der Luedersdorff- Familie befinden. Das verwendete Wappen ist das originale mit der Nobilitierung verliehene Adelswappen, welches im Original in seinem Adelsbrief enthalten ist.
Die kontinuierliche Nennung aller Vornamen einer Einzelperson im Falle ihrer Erwähnung im Text entspricht zwar nicht einem schönen Literaturstil, erwies sich jedoch nach zahlreichen Hinweisen bei der Erarbeitung des Manuskripts als notwendig, da die große Anzahl an behandelten Personen doch zu Verwechslungen führen kann und die Fülle an Namen, die in diesem Zusammenhang auftreten, recht verwirrend sein kann.
Dr. Peter Zech
Friedrich Wilhelm von Luedersdorff wurde als Wissenschaftler vor allem auf dem Gebiet der Chemie weltbekannt. Schon weniger bekannt ist seine Rolle als Besitzer des ehemaligen Rittergutes von Berlin Weissensee, seine Tätigkeit als Landesökonomierat und später als Geheimer Regierungsrat, aber fast völlig im Verborgenen blieb für die Nachwelt seine Familiengeschichte, die bis heute in der Überlieferung ein großes Rätsel darstellt. Alle, die bisher versucht haben, Licht in dieses Dunkel zu bringen, dürften aufgrund des völligen Fehlens gedruckter Quellen schon sehr bald aufgegeben haben. So erging es wahrscheinlich auch Leo Eck, der in dieser Hinsicht den bisher wohl einzigen Versuch startete. Er musste in seinem Artikel anlässlich des hundertjährigen Jubiläums des Erscheinens der Schrift über das Federharz von Friedrich Wilhelm von Luedersdorff feststellen, das dieser zwar in der Fachwelt viel bekannt sei und ständig zitiert würde, aber darüber hinaus über ihn nichts zu finden wäre. Zusammenfassend stellte Leo Eck fest:“ Viel genannt, wenig bekannt. Dies „wenig“ ist so gut wie nichts, soweit es sich um sein Leben und seine sonstige Tätigkeit handelt.“1) Dadurch sei es nun wichtig:“ Gerade hierüber mehr zu wissen,…, will man den teils völlig falschen, teils verschwommenen Vorstellungen entgegentreten, die sich verschiedene Autoren von seiner Person und seinem Leben gemacht haben.“2)
Dieses Buch macht es sich deshalb zur Aufgabe, diesem Mangel, soweit es möglich ist, Abhilfe zu schaffen.
Friedrich Wilhelm von Luedersdorff wurde vermutlich am 29.4.1801 als Sohn des Oberamtmannes Karl Wilhelm Luedersdorff und der Wilhelmine Sophie Pistorius in Bärwalde (Miszkowice) in der Neumark geboren, welche damals Teil der Provinz Brandenburg war und heute zu Polen gehört.3)
In Publikationen existieren jedoch noch andere Angaben als Geburtsdatum, so das Jahr 1799 und das Jahr 1800.4)
Das Geburtsdatum 29.4.1801 findet sich angegeben in seinem Lebenslauf, den er eigenhändig im Rahmen seines Promotionsverfahrens an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg verfasste. Dieses Dokument ist das einzige, welches sich mit persönlichen Daten aus seiner Feder erhalten hat. Daher dürfte dieses Datum als das wahrscheinlichste seiner Geburt betrachtet werden. Diese Unsicherheit bei der genauen Datierung seines Geburtstermins hatte einen recht traurigen Hintergrund.
Keine zwei Jahre später, bereits im Jahre 1803, starb sein Vater in Bärwalde.
Friedrich Wilhelm Luedersdorff schrieb dazu selbst: „Als mein Vater im Jahre 1803 verstarb, trug meine Mutter allein die Sorge für meine Erziehung und widmete sich mit aller Liebe und Klugheit auf’s eifrigste meiner Kindheit und Jugend. Nachdem sie wenig später den Ort, an dem ich geboren war und wo mein Vater ein Gut gepachtet hatte, mit mir als ihrem einzigen Kind verlassen hatte, wählte sie das Städtchen Loburg bei Magdeburg, wo ihre Eltern noch lebten, als neue Wohnstätte.“5) Vieles, was damals allgemein bekannt gewesen sein dürfte, ist in den folgenden Jahren verloren gegangen und muss nun mühsam dem Dunkel der Vergangenheit entrissen werden. Über den Vater von Friedrich Wilhelm Luedersdorff ist fast nichts bekannt. Karl Wilhelm Luedersdorff war in Bärwalde als Amtmann bzw. Oberamtmann tätig. Gleichzeitig soll er dort ein Gut bewirtschaftet haben.6) Während das Erstere schriftlich belegt ist, mag das Zweite durchaus möglich sein, konnte aber bisher nicht nachgewiesen werden.7)
Karl Wilhelm Luedersdorff war der Sohn des Andreas Luedersdorff, der als Arrendator von 1729 bis 1747 (?) das Rittergut Berlin-Hohenschönhausen bewirtschaftete. Er scheint zeitweise auch Arrendator in Lichtenberg (Berlin) gewesen zu sein.8) Im Jahre 1750 kaufte er das Rittergut Osdorf (Berlin), welches er ebenfalls als Arrendator bewirtschaftet hatte. Der Begriff Arrendator ist ein im 18. Jahrhundert gebräuchlicher Terminus für einen bürgerlichen Pächter eines großen Gutes. Karl Wilhelm Luedersdorffs Vater und damit Friedrich Wilhelm Luedersdorffs Großvater waren also Gutspächter, die große Güter bewirtschafteten, um daraus den Lebensunterhalt für ihre Familien und schließlich Gewinn zu erwirtschaften.
Dies schien in der Familie bereits eine Tradition gewesen zu sein, denn auch der Urgroßvater Georg David Luedersdorff wurde als Arrendator bezeichnet.9)
Dies schien zu jener Zeit eine doch recht einträgliche Beschäftigung zu sein, denn um derart große Güter zu erwerben, musste man schon über recht ansehnliche Geldmittel verfügen. Immerhin erwarb Andreas Luedersdorff das Rittergut Osdorf im Jahre 1750 für die nicht unbeträchtliche Summe von 8000 Dukaten und 150 Talern in Silber.10)
Andreas Luedersdorff hatte insgesamt 8 Kinder. Er starb hochbetagt im Jahre 1781.11) Das bedeutete für Friedrich, da auch keine Großeltern mehr lebten, dass nach dem Tod seines Vaters die einzige Verbindung zur Familie Luedersdorff nun seine Onkel und Tanten blieben.
Friedrich hatte ja nicht einmal seinen Vater bewusst erlebt.
All diese Umstände zusammen führten schließlich dazu, dass sich Dokumente zu seines Vaters Familie nicht erhalten haben. Dies kann allerdings nicht allein auf diese Umstände zurückgeführt werden. Allem Anschein nach waren seine Kontakte zu seinen Verwandten sehr gering. Man war aber immer über die Lebenswege der einzelnen Personen informiert. Dies geht aus dem Testament seines Onkels Johann Friedrich Luedersdorff hervor, der 1820 in Crossen (Crossen an der Oder, ein Dorf, damals Regierungsbezirk Frankfurt, heute in Polen, polnisch Krosno Odrzanskie) verstarb und ihn als Miterben seines hinterlassenen Vermögens einsetzte.12) Aus dem Dokument geht nicht hervor, weshalb er dies tat. Der verstorbene Johann Friedrich Luedersdorff war Oberamtmann in Crossen gewesen, und wie es scheint, hinterließ er ein nicht unbeträchtliches Vermögen. Bei der Aufteilung des Vermögens entsprechend den Bestimmungen im Testament jedoch scheint es zu Betrug unter den Verwandten gekommen zu sein. Wertvolle Dinge schienen plötzlich nicht auffindbar gewesen zu sein. Die Vollstreckung des Testamentes zog sich aus diesem Grunde jahrelang hin. Unter diesen wertvollen Dingen, die nicht aufgefunden werden konnten, befand sich auch ein Interimsschein im Wert von 1000 Reichstaler, eine beträchtliche Summe in jener Zeit. Über 10 Jahre wurde nach diesem wertvollen Dokument gesucht und man darf annehmen, auch mit gerichtlichen Mitteln. Dieser Umstand dürfte die Beziehungen der Verwandten untereinander regelrecht vergiftet haben. Schließlich gab das Gericht in Crossen entnervt auf. Fast 13 Jahre nach dem Tod des ehemaligen Amtmannes Johann Friedrich Luedersdorff, der am 19. März 1820 verstorben war, beraumte das Gericht in Crossen einen letzten Termin für die Erbberechtigen an und stellte fest, das der vermisste Interimsschein nicht aufzufinden sei.13) War dies der Anlass, der das Verhältnis von Friedrich Wilhelm Luedersdorff zu seinen Verwandten ein Leben lang bestimmen sollte? Zu vermuten ist dies, wenn auch eindeutige Belege dafür nicht existieren.
Ihm selbst dürfte wahrscheinlich immer bewusst gewesen sein, dass er auch aus einer Familie von Gutspächtern abstammte. Als bürgerliche Gutspächter zählten die Arrendatoren im 18. Jahrhundert nicht zu den Armen der Gesellschaft, sondern zu den angesehenen, bemittelten Bürgern, ein Ziel, das auch ihm in jungen Jahren vor Augen geschwebt haben mag.
Aber vorerst lebte seine Mutter mit ihm in der Heimatstadt ihrer Eltern dem kleinen Städtchen Loburg unweit von Magdeburg. Hier hatten mit großer Wahrscheinlichkeit sein Vater und seine Mutter am 17. März 1799 in Britzke einem kleinen Ort nur 4 km entfernt auch die Ehe geschlossen.14)
Friedrich Wilhelm Luedersdorff wuchs von nun an im Kreis der Familie seiner Mutter auf, mit der er Zeit seines Lebens aufs engste verbunden bleiben sollte. In Loburg hatte er auch Großeltern, die sich liebevoll um ihn kümmern konnten. Nicht zuletzt war dieses kleine Städtchen auch der Geburtsort und die Stätte der Kindheit seines Onkels, des Bruders seiner Mutter, Johann Heinrich Leberecht Pistorius, der in Berlin in späteren Jahren die Funktion eines Ersatzvaters im Leben Friedrich Wilhelms ausfüllen sollte und ohne dessen selbstlose Hilfe seine späteren Erfolge nicht möglich gewesen wären. Daher ist es erforderlich zunächst einen Blick auf Johann Heinrich Leberecht Pistorius und die Geschichte der Pistoriusfamilie in Loburg zu werfen, in dessen Umfeld Friedrich Wilhelm seine Kinderjahre verbrachte.
Johann Heinrich Leberecht Pistorius wurde am 21. Februar 1777 in Loburg, einer kleinen Stadt etwa 33 km östlich von Magdeburg gelegen, als jüngstes Kind des Christian Gottlieb Ludwig Pistorius geboren.15)
Die heutige Stadt Loburg geht zurück auf eine Burg gleichen Namens mit angrenzenden Siedlungen, die bereits im Jahre 965 in einer Schenkungsurkunde Ottos I. an das Moritzkloster in Magdeburg erstmals urkundlich erwähnt wurde. Die Burg Loburg, zeitweise als Amtssitz genutzt, verfiel im 16. und 17. Jahrhundert bis sie schließlich Anfang des 17. Jahrhunderts als unbewohnbar aufgegeben werden musste. Im 18. Jahrhundert entschloss man sich schließlich zu umfangreichen Instandsetzungsarbeiten und errichtete die meisten der noch heute erhaltenen Gebäude. Dazu zählten ein über einem alten Keller errichtetes neues Amtsgebäude und ein Torhaus. Nur wenige ursprüngliche Bauten aus der mittelalterlichen Burgenzeit haben den Zahn der Zeit überstanden.
Dazu gehört ein im 13. Jahrhundert errichteter Bergfried aus Basalt- und Granitsteinmauerwerk, der 26,50 m in die Höhe ragt und der heutigen Burganlage ein gewisses mittelalterliches Flair verleiht. Heutigen Besuchern von Loburg kann ein Besuch der Burganlage, die umgeben von Streuobstwiesen am westlichen Rand des kleinen Städtchens liegt, empfohlen werden. Im Rahmen des Flämingfestes 2005 wurde das Innere des Turmes saniert und mit einer stabilen, leicht begehbaren eisernen Wendeltreppe ausgestattet. So gelangt der Besucher auf eine künstlich geschaffene Aussichtsplattform, wo er mit einem phantastischen Blick über die Landschaft von Stadt und Umgebung Loburgs belohnt wird. Loburg liegt auf der westlichen Fläminghochfläche, einer welligen bis flachhügligen Landschaft aus Sanderflächen mit vereinzelten Endmoränenhügeln. Die Ackerböden der Region sind von mäßiger Qualität. Sandböden herrschen vor, auf denen sich ausgedehnte Kiefernwälder erstrecken. Das kleine Städtchen selbst, umgeben von Wiesen, Äckern und Weiden, liegt in einer sumpfigen Niederung der Ehle, die nach Osten leicht ansteigt. Die Region ist recht dünn besiedelt.
Obwohl Loburg, ursprünglich gebildet durch den Zusammenschluß zweier Dörfer, bereits im Jahre 1207 das Stadtrecht erlangte, ist es nie wirklich gelungen, das Niveau einer kleinen Ackerbürgerstadt zu überschreiten. Das lag wohl nicht zuletzt an der dörflichen Herkunft der neuen Stadt. Es gab oft keine klaren Trennlinien zwischen adliger Zuständigkeit und Bürgertum in der Stadt, nicht zuletzt bedingt durch die Einrichtung von adligen Gütern in der Stadt, die Lehensdienste für ihre Güter von einem Teil der Bürgerschaft forderten.16)
Lange Zeit blieb Loburg Teil des Erzbistums Magdeburg. Nach Beendigung des Dreißigjährigen Krieges kam es unter die Herrschaft von Brandenburg-Preußen und ab 1680 wurde es in diesem Zusammenhang Teil des Herzogtums Magdeburg. Diese Tatsache ist für das Verständnis der Verwaltung von Bedeutung. Loburg wurde im 18. Jahrhundert Amtssitz des Königlichen Preußischen Domänenamtes Loburg als untergeordnete Behörde der Königlichen Kriegs- und Domänenkammer mit Sitz in Magdeburg.17) Dieses Königliche Preußische Domänenamt Loburg hatte aber schließlich seinen Sitz seltsamerweise nicht in Loburg, sondern in einem kleinen Dorf eine „halbe Meile“ westlich von Loburg entfernt, in dem Vorwerk Britzke. Das Vorwerk Britzke war bis zum Ende des Dreißigjährigen Krieges ein Domänenvorwerk des Magdeburger Erzstiftes gewesen. Mit dem Übergang zu Brandenburg-Preußen wechselten nur die Besitzer, nicht aber die Art der Bewirtschaftung.
1785 umfasste das Vorwerk eine Schäferei und eine Windmühle. Neben den Gebäuden der Gutswirtschaft, die wohl als Amtsgebäude genutzt wurden und von denen heutzutage nur noch verfallene Überreste aus späteren Jahren zu sehen sind, gab es noch 3 sogenannte Kolonistenwohnungen. Insgesamt zählte der Ort 21 Feuerstellen mit über 104 Einwohnern im Jahre 1784.18)
Im Jahre 1782 zählte das kleine Städtchen Loburg selbst 281 Häuser und 62 Scheunen mit insgesamt 1360 Bewohnern.19)
Zum Königlichen Amt Loburg gehörten 1785 noch die Dörfer Gloina, Rosian und Zeppernick, sowie die Vorwerke Drewiz und Schweiniz, welche aber erblich verpachtet worden waren. Erstaunlicherweise besaß das Amt auch noch eine Brauerei in der Stadt Loburg.20)
Der Vater des Johann Heinrich Leberecht Pistorius war in Loburg eine angesehene Persönlichkeit. Er übte das Amt eines Servicerendanten der Domänenkammer in Magdeburg aus.21) Die Überlieferung benutzte wohl lieber den klangvollen Namen der übergeordneten Behörde, deren Sitz sich in Magdeburg befand. Er war somit ein Beamter des Königlichen Preußischen Domänenamtes Loburg. Da die Bedeutung der kleinen Stadt Loburg um vieles geringer war, betonten seine Nachkommen natürlich die Bedeutung der allseits und wohl auch in der Hauptstadt Berlin bestens bekannten Magdeburger Königlichen Kriegs-und Domänenkammer.
Denn wer kannte schon das kleine Städtchen Loburg, ganz zu Schweigen von dem Amtssitz Loburg, dem Vorwerk Britzke.
Der Vater von Johann Heinrich Leberecht Pistorius war nicht nur ein Magdeburger Domänenkammerbeamter, sondern auch noch Kirchenvorsteher und als Stadtverordneter der Stadt Loburg ein Mann der Öffentlichkeit.22) An die Ausübung des Amtes eines Servicerendanten, worunter eine Art Kassenverwalter zu verstehen ist, waren sehr hohe Maßstäbe angelegt. Es war eine Tätigkeit, die ein hohes Maß an Vertrauen erforderte, denn es ging um die Verwaltung von Finanzen.
Derartige Personen sollten daher keine finanziellen Schwierigkeiten haben, um nicht in Versuchung zu kommen, Gelder zu unterschlagen. Mit anderen Worten: Um dieses Amt ausüben zu können, durfte man kein unbemittelter Mann sein. Die Eltern des Johann Heinrich Leberecht Pistorius waren demnach keine armen Leute. Als Kirchenvorsteher und Stadtverordneter stand Christian Gottlieb Ludwig Pistorius darüber hinaus im Rampenlicht der Öffentlichkeit, wenn auch diese in Loburg recht klein war.
Da Johann Heinrich Leberecht Pistorius schon mit 11 Jahren Loburg verließ, wird er von den Problemen seines Vaters nicht allzu viel mitbekommen haben. Sein Vater scheint ein überaus gebildeter