Fundamentalstaunen - Matthias Herrmann - E-Book

Fundamentalstaunen E-Book

Matthias Herrmann

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Beschreibung

Über die letzten Jahre, wenn nicht sogar Jahrzehnte, haben wir, bis fast zur Ausschließlichkeit, zwei Reaktionsweisen gelernt. Wir haben gelernt uns zu entsetzen und uns zu empören. Beides Reaktionen, welche die weitere Aufnahme durch die Sinne verschließen, ja sogar dafür versiegeln. Wir haben vollkommen verlernt, zu staunen. Uns zu erstaunen. Und genau für diese Reaktion des Staunens war die Philosophie in ihren Gründungsstunden mal angetreten. Staunen zum Erstaunen. Hier war auch die Frage mal der Ausdruck des diskursiven Staunens. Erstaunen wir uns wieder eine Welt. Erstaunen wir uns die Fähigkeiten unserer Sinne zurück, welche jenseits von Entsetzen und Empörung liegen und erfassen wir wieder viel mehr, als nur das Verschließende und Einsperrende.

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Veröffentlichungsjahr: 2025

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Matthias Herrmann

Fundamentalstaunen

Engelsdorfer Verlag Leipzig

2025

Bibliografische Information durch die Deutsche Nationalbibliothek: Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über

https://dnb.de abrufbar.

Angaben nach GPSR:

www.engelsdorfer-verlag.de

Engelsdorfer Verlag Inh. Tino Hemmann

Schongauerstraße 25

04328 Leipzig

E-Mail: [email protected]

Copyright (2025) Engelsdorfer Verlag Leipzig

Alle Rechte beim Autor

E-Book-Herstellung: Zeilenwert GmbH, Rudolstadt

www.engelsdorfer-verlag.de

Ganz ohne Ironie hat

Sven Regner

In nur vier Zeilen eine komplette

Philosophie formuliert:

‚Das da kommt dahin und das da kommt dahin

Und das da ist irgendwie dabei

Das da kommt dahin und das da kommt dahin

Und am Ende zählen nur wir zwei‘

(Element of Crime ‚Der weiße Hai‘)

Inhaltsverzeichnis

Cover

Titel

Impressum

Vorwort

Fundamentalstaunen

Nachwort

Vorwort

Über die letzten Jahre, wenn nicht sogar Jahrzehnte, haben wir, bis fast zur Ausschließlichkeit, zwei Reaktionsweisen gelernt. Wir haben gelernt uns zu entsetzen (bis zur Zersetzung) und uns zu empören (bis zur Zerpörung *).

Beides Reaktionen, welche die weitere Aufnahme durch die Sinne verschließen, ja sogar dafür versiegeln.

Wir haben vollkommen verlernt, zu staunen. Uns zu erstaunen. Und genau für diese Reaktion des Staunens war die Philosophie in ihren Gründungsstunden mal angetreten. Staunen zum Erstaunen. Hier war auch die Frage mal der Ausdruck des diskursiven Staunens.

Erstaunen wir uns wieder eine Welt. Erstaunen wir uns die Fähigkeiten unserer Sinne zurück, welche jenseits von Entsetzen und Empörung liegen und erfassen wir wieder viel mehr, als nur das Verschließende und Einsperrende.

(* Zerpörung ist ein Neologismus des expressionistischen Dichters August Stramm. Der Begriff hat es bis heute leider noch nicht in das Wörterbuch geschafft, beinhaltet aber die bis zur Unkenntlichkeit getriebene Empörung mit einer vortrefflichen Prise Zerbeulung und Zerstörung.)

Wer fragt, liebt!

Der Alltag lehrt einen, Verlernen.

Ist ein Paralleluniversum auch parallel zum Universum? Und somit verschränkt?

Meine Tiefenschärfe hat keine scharfen Tiefen.

Ich kränke alle Lügner, indem ich ihre Geschichten als Wahrheit beim Wort nehme.

Ich glaube nicht! Aber wissen tue ich es auch nicht besser.

Denken macht eine Welt möglich, aber nicht notwendig. Auch wenn wir es zwanghaft wollen. Mehr noch, je größer der Wille, desto entfernter eine Möglichkeit. Nur für einen Alltag und dessen Grundbedürfnisse reichen die Möglichkeiten

Die Gewissheit ist ein Instrument der Propaganda. Und für sie ist der Glauben nötig.

Sollten wir die Sprache tatsächlich gegen uns verwenden und sie zum Verstehen verwenden?

Religionen reden einem, kranke Seelen ein, um diese durch sich heilen zu wollen.

Skepsis ist nicht Misstrauen. Skepsis ist Zuwendung.

Ein evolutives Erfolgsmodel ist, sich von dem Abfall, dem Dreck, den Exkrementen und der Ablehnung anderer Arten unter Umständen ernähren zu können.

Meine Hingabe an die Wahrheit, hat diese als Stalking ausgelegt. Mit der von ihrer erwirkten einstweiligen Verfügung, darf ich mich ihr nicht mehr nähern und sehe sie nur noch am Horizont entschwinden.

Ab einem bestimmten Alter ist Ahnungslosigkeit gar nicht mehr so leicht herzustellen. Es sei den man verweist auf Erinnerungslücken.

Kommunikation ist ein böses Spiel: Ich versuche deinen Ausführungen zu folgen, während meine Assoziationen zu denen Worten mich in die Tiefen der Interpretation ziehen.

Solange ich glaube zu wissen, was für die gut ist, lebe ich die Inquisition.

Wie wertvoll ist das menschliche Dasein, als dass wir über Transzendenz sprechen wollten?

Man hat maximal eine Vorstellung von Etwas. Dessen Dasein kenn man jedoch nicht.

Wenn ein Sachverhalt dazu beiträgt, dass zwei Menschen sich nicht gegenseitig die Köpfe einschlagen, so ist dieser Sachverhalt wahr. Näher werden wir der Wahrheit nicht kommen.

Größtes Staunen löst es aus, wenn die Würde überleben darf.

Mein Einsatz: ein Satz!

Meine Differenziertheit bedeutet doch eigentlich nur, dass ich mein Unwissen in deutlich mehr Worte fassen kann.

Die eigene Skepsis brachte mich zu den antiken Skeptikern. Jetzt bezweifele ich, dass ich Skeptiker bin.

Michel Williams vertritt ‚die These, dass man niemals berechtigt ist, von irgendetwas überhaupt überzeugt zu sein.‘ Aber ist man dann davon überzeugt?

Völlig unverfälscht kann man gar nicht mehr wahrgenommen werden. Das geht nur noch abgefälscht.

Das Okkulte ist das Gewöhnliche im Gewand deiner Lüste und Assoziationen.

‚An sich‘ sollte ‚für sich‘ gelassen werden.

Das Sein und das Nichts sind versuche die Leere zu adeln.

Den Wunsch Vater eines Gedankens sein zu lassen, macht ohne Mutter keinen Sinn.

Die einzige Standardbedingung, auf die wir uns beziehen können, ist die Oszillation.

In einer tatsächlich schlauen Welt müssten wir uns nicht über ‚richtig‘ und ‚falsch‘ verständigen, sondern nur über ‚geht‘ und ‚wie machen wir es gehend‘.

Mehr Aufmerksamkeit, als dass man sie bezweifelnd hinterfragt, kann man einer Situation nicht zukommen lassen.

Wenn wir uns schon in die Tasche lügen, sollten wir diese niemals auf links ziehen.

Man kann doch nicht, damit sich jeder um den eigenen Nabel drehend, unter seiner Sonne sitzend, einfach nur schweigen?

In der Bedeutungslosigkeit zu verschwinden, ohne jemals aus ihr herausgetreten zu sein, heißt Existenz.

Durch Selbstverleugnung würden einige Menschen tatsächlich Originalität erreichen.

Provenienzforschung von Menschen, die ihre Befähigungen von Mutter und Vater haben?

Wenn wir so große Stücke auf den Logos geben, warum versagt das System gänzlich, wenn es um das alltägliche Dasein und seine Gefühle geht?

Mit traumwandlerischer Sicherheit ein Wachkoma-Dasein zu leben, heißt Existenz.

Wenn wir schon soviel vergessen, dann am besten uns gleich mit.

Wenn jede Spitze zu spitzfindig, wird sie stumpf.

Gegensatzpaare ohne zu polarisieren, nennt sich Polemik.

Physikalische Berechenbarkeit ist noch nicht die Herleitung einer Erklärung.

Die Koinzidenz ist das Argument des Chaos. Es passiert so viel, gleichzeitig und unabhängig voneinander, dass es ein ganzes Sein eben nicht geben kann.

Weiter als bis zu Fürwahrhalten kommen wir der Wahrheit nicht. Wenn wir das nur alle gemeinsam verstünden.

Den zentralen Fehler im Dasein, den man immer wieder macht, ist, dass einem Dinge wichtig erscheinen.

Ich bekenne mich der philosophischen Kleingärtnerei für schuldig. Erwirtschaftet keine Plantagenerträge, aber reicht für den Tagesablauf.

Im Spiegel der Kultur sind die Menschen Tragödie, Komödie und Farce. Im Spiegel ihrer selbst, spiegellos.

Was brauche ich der Wahrheit letzten Schlusses, oder die Wahrheit im Blei des Urwassers, wenn ich einfach nur bis heute Abend durchhalten muss?

Das Gute, so wie wir es voraussetzen wollen, ist das, was man anderen lässt.

Die absolute Wahrheit führt zu kerkergleicher Einsamkeit. Alle anderen arbeiten mit fröhlichen Kompromissen.

Je mehr man sich anstellt, sich anzustellen, desto länger wird die Schlange.