Fürsten-Roman Sammelband 1 - Adelsroman - Marion Alexi - E-Book

Fürsten-Roman Sammelband 1 - Adelsroman E-Book

Marion Alexi

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Beschreibung

Sammelband 1: Drei Mal Liebe, Luxus, Leidenschaft im Hochadel zum Sparpreis

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"Fürsten-Romane" entführen in die Welt des Hochadels und lassen die Herzen der Leserinnen und Leser höherschlagen. Die Romanzen der Prinzessinnen und Prinzen spielen auf herrlichen Schlössern, erzählen von Mut und Hoffnung, von Glück und Tränen, Glanz und Einsamkeit - und von der ganz großen Liebe! Welche geheimen Wünsche, Träume und Sehnsüchte bewegen die Reichen und Adeligen?

Seit mehr als 50 Jahren bilden die Fürsten-Romane den Inbegriff für Geschichten aus der Welt des Hochadels. Tauchen Sie ein in eine ebenso aufregende wie glamouröse Welt!

In diesem Sammelband sind Folgen 2430 bis 2432 enthalten:


2430: "Du sollst heiraten, Prinzessin Merle" von Marion Alexi

2431: "Verliebt in den Chauffeur?" von Juliane Sartena

2432: "Champagner trinkt man nicht allein, Prinzessin!" von Caroline Thanneck


Der Inhalt dieses Sammelbands entspricht ca. 250 Taschenbuchseiten.

Fürsten-Romane - Luxus zum Lesen
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Seitenzahl: 348

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Impressum

BASTEI ENTERTAINMENT Vollständige eBook-Ausgaben der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgaben Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG Für die Originalausgaben: Copyright © 2013 by Bastei Lübbe AG, Köln Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller Verantwortlich für den Inhalt Für diese Ausgabe: Copyright © 2018 by Bastei Lübbe AG, Köln Titelbild: shutterstock / Monkey Business Images ISBN 978-3-7325-7048-5

Marion Alexi, Juliane Sartena, Caroline Thanneck

Fürsten-Roman Sammelband 1 - Adelsroman

Inhalt

Marion AlexiFürsten-Roman - Folge 2430Als Friederike, Sophie und Carl einen Mann für ihre Tante suchten. Merle von Hohensinner ist in Adelskreisen nicht gern gesehen. Denn die bildhübsche Prinzessin ist ein international gefragtes Top-Model - und so ein Job ist schließlich völlig unpassend für jemanden von ihrem Stand! Einzig ihre Halbschwester, Baronin Regine, steht fest zu Merle, und auch deren drei Kinder lieben die attraktive Prinzessin über alles. Und weil die drei am liebsten immer mit Merle zusammen sein wollen, sind sie der Meinung, ihre Tante brauche endlich einen Mann. Denn dann würde sie das Herumreisen bestimmt aufgeben. Einen passenden Kandidaten haben die Kinder auch schon gefunden: Bendix Fürst von Zierow. Also setzen die drei Schlingel alles daran, Merle und Bendix zusammenzubringen...Jetzt lesen
Juliane SartenaFürsten-Roman - Folge 2431Annalena ahnt nicht, dass Johann ein Prinz ist. Johann Prinz von Heistercamp, Chef eines angesehenen Familienunternehmens, hat die Nase voll vom Luxusleben - und von den zahlreichen jungen Frauen, die sich nur für ihn interessieren, weil er adelig und reich ist. Also beschließt er, für einige Zeit aus seinem Leben als Prinz auszusteigen und nur mit dem Nötigsten bepackt zu verreisen. Er will etwas Neues kennenlernen und endlich einmal erleben, dass man den Menschen in ihm sieht, nicht den Prinzen und Millionenerben. Auf einem Campingplatz in der Toskana lernt er die Werbetexterin Annalena kennen und verliebt sich auf den ersten Blick in die hübsche junge Frau, die nichts von seiner wahren Identität ahnt. Als sie ihm anvertraut, dass sie gerade auf der Suche nach einem Job ist, kommt Johann eine Idee. Er erzählt Annalena, dass in den fürstlichen Heistercamp-Werken gerade eine Werbetexterin gesucht wird, und behauptet, selbst als Chauffeur in der Firma zu arbeiten...Jetzt lesen
Caroline ThanneckFürsten-Roman - Folge 2432Als die temperamentvolle Schlosserbin Desiree gezähmt wurde. Nach einer sehr schmerzhaften Enttäuschung hat Desiree Prinzessin von Rothmann mit der Liebe erst einmal abgeschlossen - so glaubt sie jedenfalls. Die Arbeit in der Reederei ihrer Eltern füllt sie aus, und sie ist mit ihrem Leben zufrieden. Doch dann muss sie erfahren, dass das Unternehmen ihres Vaters in großen Schwierigkeiten steckt. Nur einer kann helfen, und der wäre unter gewissen Umständen auch dazu bereit. Doch bei dem möglichen Retter in der Not handelt es sich ausgerechnet um Maximilian Fürst von Hassenstein, einstmals Desirees große Liebe und ausgerechnet der Mann, der die Prinzessin vor Jahren so tief verletzt hat. Und tatsächlich macht Fürst Maximilian es Desiree nicht leicht, denn er stellt eine unglaubliche Bedingung: Er wird der Reederei nur dann unter die Arme greifen, wenn Desiree mit ihm eine Kreuzfahrt auf einem der Schiffe ihres Vaters unternimmt...Jetzt lesen

Inhalt

Cover

Impressum

Du sollst heiraten, Prinzessin Merle

Vorschau

Du sollst heiraten, Prinzessin Merle

Als Friederike, Sophie und Carl einen Mann für ihre Tante suchten

Von Marion Alexi

Merle von Hohensinner ist in Adelskreisen nicht gern gesehen. Denn die bildhübsche Prinzessin ist ein international gefragtes Topmodel – und so ein Job ist schließlich völlig unpassend für jemanden von ihrem Stand!

Einzig ihre Halbschwester, Baronin Regine, steht fest zu Merle, und auch deren drei Kinder lieben die attraktive Prinzessin über alles. Und weil die drei am liebsten immer mit Merle zusammen sein wollen, sind sie der Meinung, ihre Tante brauche endlich einen Mann. Denn dann würde sie das Herumreisen bestimmt aufgeben. Einen passenden Kandidaten haben die Kinder auch schon gefunden: Bendix Fürst von Zierow. Also setzen die drei Schlingel alles daran, Merle und Bendix zusammenzubringen …

»Für mich ist und bleibt Paris die schönste Stadt der Welt!«, teilte Fürstin Emma von Zierow ihrem Sohn mit, als sie vor der prachtvollen Fassade der Oper Aufstellung nahm – gegen ihre Gewohnheit, denn sie liebte es nicht, sich inmitten einer Menschenmenge aufzuhalten und zu riskieren, womöglich erkannt und begafft zu werden.

An diesem besonderen Tag wich sie jedoch nicht mehr von der Stelle, und sie wirkte wie ein eleganter Fels in der Brandung der Touristen, die zu dieser frühen Stunde schon in der Stadt an der Seine unterwegs waren.

Die silberblonde Fürstin war filigran und bewegte sich rasch und grazil. Ihr Teint, obwohl zerknittert wie feinstes Seidenpapier, schimmerte elfenbeinfarben durch den zarten Puderschleier. An der linken Schulter des maßgeschneiderten Kostüms trug sie eine fein gemalte Miniatur im exquisiten Goldrahmen: ihr vor Jahren schon verstorbener Gatte.

Fürst Oskar war so groß gewesen, dass er zu ihr hinuntersehen musste. So wie Männer von jeher auf Emmas vornehme Zartheit hinuntergeschaut und sich dabei kraftvoller und männlicher gefühlt hatten, als sie in Wirklichkeit gewesen waren.

Trotz ihrer vornehmen Zerbrechlichkeit war indes etwas Entschlossenes um die vollkommene Gestalt der Fürstin. Ein fester Wille war im Blick der Augen zu erkennen, die klar und unbeschwert wie die Augen eines Kindes glänzten, noch unbekannt mit den Komplikationen des Lebens.

»Genau das war der Wunsch Kaiser Napoleons: Paris sollte die schönste Stadt der Welt werden«, bemerkte der Fürst.

Der beiläufige Unterton hätte seiner Mutter zu denken geben sollen. Schließlich war er der liebenswürdigste, aufmerksamste und anteilnehmendste Sohn von allen, wie sie selbst nicht müde wurde zu bekunden.

Insbesondere in Gegenwart anderer Damen, deren Söhne nicht halb so fürsorglich waren und in keinster Weise an den überdies höchst attraktiven Bendix heranreichten.

Emma zog missbilligend die Brauen hoch, denn ihrer Meinung nach war dieser Napoleon I. trotz seines Ruhms unabänderlich ein rücksichts- und gewissenloser Usurpator, der den Bourbonen den angestammten Thron geraubt hatte.

»Als dein herzensguter Vater und ich damals hier waren, haben wir keine Sekunde lang an ihn gedacht, der in fast ununterbrochener Folge von Kriegen das arme Frankreich in große Schwierigkeiten gestürzt hat.« Sie rümpfte die Nase, wie immer, wenn sie mit etwas nicht einverstanden war – eine reizende kleine Eigenart, die einst in männlichen Herzen ganze Wirbelstürme ausgelöst hatte.

»Natürlich war Napoleon kein Thema für euch. Schließlich seid ihr auf eurer Hochzeitsreise gewesen, Papa und du.«

Fürstin Emmas Augen verschleierten sich einen Moment, als blicke sie noch einmal in die selige Vergangenheit.

Der junge Fürst, ein hochgewachsener, schlanker Mann Mitte dreißig, wohlgestaltet, mit einem schmalen Kopf, einem klassischen Profil und Augen voller Intelligenz, hielt den Zeitpunkt für gekommen, seine Mutter an die Zeit zu erinnern.

»Wir haben viel vor, wie du weißt. Ich habe übrigens einen Tisch im Restaurant ›Le Grand Vefour‹ unter den Arkaden des Palais Royal reservieren lassen. Dort wird es dir gefallen.«

Seine Mutter zeigte auf die gegenüberliegende Straßenseite.

»Dort drüben haben wir gestanden. Dein Vater hat mir die Architektur der Oper erklärt. Und dann hat er mir eine sehr charmante Liebeserklärung gemacht.« Ein sehnsuchtsvoller Seufzer folgte. »Nie werde ich diese zauberhaften Momente vergessen, die zu den schönsten Erinnerungen meines Lebens gehören. Wir waren vollkommen glücklich an diesem mythischen Ort.«

»Mythisch?«

»Mythisch, magisch und kosmisch. Damals lag ein unbeschreiblicher Zauber über der ganzen Stadt.« Sie hing schon die ganze Zeit an seinem Arm. Nun drängte sie sich gegen ihn. »Ich möchte dir noch einmal von Herzen danken.«

»Wofür, Mama?«

»Du hast mir einen großen Wunsch erfüllt. Paris ist mir seit damals zu einem Sehnsuchtsbild geworden.«

»Dieses Paris-Wochenende hast du dir zum Geburtstag gewünscht, liebe Mama. Nichts anderes wolltest du haben.«

Sie presste ihre linke Hand diskret auf die Brust.

»Ich bin mit allen irdischen Gütern gottlob reichlich gesegnet. Nichts jedoch konnte mich glücklicher machen, als noch einmal hierher zurückzukehren. Bevor ich mich verabschieden muss, um auf meine letzte große Reise zu gehen.«

Er protestierte umgehend und artig: »Liebe Mama, diesem Geburtstag werden hoffentlich noch viele andere folgen.«

Sie legte ihr noch immer bewundernswert zeitloses, da sehr gepflegtes Gesicht in schmerzliche Falten, wobei sie es gleichzeitig fertigbrachte, tapfer zu lächeln.

»Oh, mein dummes Herz erinnert mich täglich an mein wahres Alter.«

»Frauen, die einmal hinreißend schön waren wie du, Mama, altern nicht. Sie werden immer interessanter.«

Sein Kompliment gefiel ihr – bis auf das Wort interessant. Zu ihrer Zeit hatte man unansehnliche Frauen so genannt.

»Wie soll ich im Jenseits zur Ruhe kommen, wenn ich weiß, dass es niemanden gibt, der sich um dich kümmert?«, fragte sie.

»Sorg dich bitte nicht, ich komme vorzüglich zurecht.«

Seine Mimik ließ trotz aller Bemühungen um Gelassenheit erkennen, dass ihre Fürsorge ja doch an seinen Nerven zerrte. Er unterstützte das zierliche Leichtgewicht, das seine Mutter nun einmal war, am Ellenbogen und wollte es behutsam weiterschieben.

Ihre auffallend kleine, schmale Hand im perlgrauen Rehlederhandschuh wanderte zu ihrem Herzen.

»Du bist ein charaktervoller Mann«, sagte sie. »Du siehst fantastisch aus und hast …«

Auf einmal war sein Mund eingeklammert zwischen scharfen Linien, und seine Augen wirkten verschattet und müde. Augen, wie sie Menschen haben, die zu viel lesen oder zu viel denken.

»Wenn wir heute noch Notre-Dame sehen wollen, Mama …«

»Du willst doch nicht ewig Junggeselle bleiben?«

»Vielleicht sollten wir darüber beim Lunch reden.«

»Was habe ich falsch gemacht, Bendix?«

»Nichts, Mama.« Er war ehrlich verdutzt.

»Papa und ich waren überaus glücklich. Du warst unser ganzes Glück.«

Sie betupfte die Augenwinkel mit dem allzeit bereiten Batisttaschentuch, spitzengesäumt und mit den handgestickten bekrönten Initialen der Fürstin versehen.

Plötzlich erstarrten ihre feinen Züge. Ihr gletschergrüner, nun leider auch so kalter, also sehr schmallippiger Blick war auf eine Gruppe temperamentvoller junger Leute gerichtet, die vor der Opernfassade standen und die Passanten baten, für eine Weile zurückzutreten. Schon wurden Scheinwerfer aufgebaut, und noble Kameras wurden sachte ausgepackt.

Eine sonnenverbrannte, etwas ledern wirkende Maskenbildnerin in zerrissenen Jeans und einem quietschgrünen T-Shirt klappte ihren riesigen Profi-Make-up-Koffer auf.

Der Lärm auf dem Vorplatz stieg in hastigem Crescendo an. Keiner der Touristen dachte daran, sich das Event entgehen zu lassen: Die berühmte Pariser Oper war zu einer Kulisse für ein viel spannenderes Foto-Shooting degradiert worden.

Fürstin Emma war indigniert. Sie fühlte sich gestört. Ihr ausgeprägtes Standesbewusstsein bäumte sich auf.

»Wie frech, sich ausgerechnet hier breitzumachen.«

Bendix plädierte milde für mehr Verständnis: »Mama, dies ist ein öffentlicher Ort. Jedermann kann hier …«

»Großer Gott!«, entfuhr es ihr plötzlich.

Er war sofort besorgt.

»Dein Herz?«

»Sieh nicht hin, Bendix.« Ihre Brauen stiegen in ungeahnte Höhe. Immer ein ungutes Zeichen. »Sie ist es, sie ist es tatsächlich. Ich habe eben noch gehofft, mich getäuscht zu haben, obwohl ich mich selten täusche, du weißt es.«

Bendix’ Blick war ein einziges Fragezeichen.

»Wie unerhört vulgär!« Die Fürstin sog scharf die Luft ein. »Sie verdirbt mir den ganzen Tag!«

»Wer denn, Mama?« Es klang ein wenig ungeduldig.

»Merle von Hohensinner.« Sie sprach den Namen mit Abscheu aus. »So liederlich benimmt sich keine Prinzessin!«

***

Der Himmel leuchtete azurblau wie auf den Hochglanz-Flyern, die Paris in Superlativen anpriesen. Die Wolken hatten sich verzogen, flimmernde Sonnenstrahlen fluteten durch die Straßenschluchten und überglänzten die Stadt wie mit flüssigem Gold. Der Wind war geblieben, er hatte sich mit der Sonne zum Spielen verabredet: Lichtfunken tanzten über die Trottoirs und malten Kringel auf die Fensterscheiben.

»Merle sieht wahnsinnig gut aus, n’est-ce pas?«

»Es gibt viele Topmodels, aber sie ist etwas absolut Besonderes, mais oui. Wie natürlich sie sich bewegt!«

»Mit wem ist sie eigentlich zusammen?«

»Keine Ahnung. Ihr Privatleben hält sie clever unter Verschluss. Aber sieh mal, wie sie lächelt. Formidable!«

Neben Fürst Bendix von Zierow standen auf einmal zwei junge Französinnen, die das Geschehen vor der Pariser Oper wortreich kommentierten und ihre zwangsläufig mithörende Umgebung mit überraschenden Detailkenntnissen versorgten.

»Mit André Racine arbeitet Merle oft zusammen. Er soll ihre deutsche Zuverlässigkeit schätzen, stand mal irgendwo.« Die Mademoiselle mit der Mireille-Mathieu-Frisur sagte es respektvoll. »Er fotografiert exklusiv für die Crème de la Crème internationaler Modeschöpfer. Längst hat er sich eine goldene Nase verdient. Sieh dir seine Armbanduhr an.«

»Merles Honorar würde mich mal interessieren«, bemerkte die Freundin mit den Kirschenaugen. »Mit dem, was sie für dieses Shooting kriegt, könnte ich meine Miete bezahlen.«

»Drei Monate im Voraus!«

Der Fürst war besorgt um seine zwischen Passanten eingekeilte Mutter. Sie hasste es bekanntermaßen, wenn man ihr zu nahe kam.

»Lass uns weitergehen, Mama«, schlug er deshalb vor.

Sie aber hielt den Blick starr auf das hochgewachsene, ungewöhnlich schlanke und biegsame Fotomodell gerichtet.

»Ich habe ihre arme Mutter gekannt«, presste Emma von Zierow zwischen den Zähnen hervor. »Eine Beauté mit schönen, dunklen Augen. Dein lieber Vater fand sie ein wenig naiv.«

Doch das war nicht die ganze Wahrheit. Der verstorbene Fürst Oskar hatte von einer charmanten Naivität gesprochen. Tatsächlich war er von der jungen Frau bezaubert gewesen.

Das Gedränge schien Fürstin Emma überhaupt nicht zu beeindrucken.

»Ihr Papa war eine höchst achtbare Persönlichkeit.«

»Du sprichst in der Vergangenheit«, stellte Bendix mit fragendem Unterton fest.

»Sie leben beide nicht mehr.« Seine Mutter nahm den Blick nicht von dem Geschehen in ihrer Nähe. »Erinnerst du dich an jenes Flugzeugunglück in den Schweizer Alpen vor einigen Jahren? Damals waren alle Zeitungen voll davon. Wochenlang. Der Pilot hatte im dichten Nebel die Orientierung verloren, die Maschine prallte gegen eine Felswand. Kein Passagier hat überlebt. Grauenvoll!«

Bendix wurde nach vorn geschoben, gegen seinen Willen, versteht sich. Inzwischen waren so viele Menschen stehen geblieben, dass der Straßenverkehr stockte. Auch die Autofahrer reckten die Hälse, um einen Blick auf das betörende deutsche Model Merle werfen zu können.

Irgendein Journalist hatte mal einen Artikel über das Phänomen Merle geschrieben. Im Text hatte er behauptet, dass Merle von Hohensinner mit Kameras zu flirten pflegte.

»Ich finde es unanständig, wie sie sich aufführt«, tadelte die Fürstin. »Das Kleid ist viel zu kurz.«

»Mama, das hier strengt dich zu sehr an …«

»Ihre Mutter war seine zweite Frau. Aus Conrads erster Ehe stammt übrigens Regine von Munker.«

»Ach ja?« Das hatte er nicht gewusst.

»Regine ist eine prächtige junge Frau. Solide, patent und hilfsbereit. Famos, wie sie auf Mathildenquelle zurechtkommt. Die Feste dort zählen zu den Höhepunkten der Saison.«

Bendix stutzte. Ansonsten fanden die Aktivitäten der Baronin keine Gnade vor den anspruchsvollen Augen seiner Mama. Emma nannte sie mit einem gewissen Unterton rustikal.

»Es kann Regine nicht gefallen, eine solche Schwester zu haben, die dem guten Familiennamen ihres Mannes nichts als Schande zufügt«, sprach die Fürstin weiter.

»Die Baronin hat den Namen ihrer Schwester nie erwähnt«, wunderte sich Bendix. »Zum Glück bin ich ein seltener Gast auf Mathildenquelle. Die Gelegenheit, über Merle zu reden, hat sich nie ergeben.«

»Regine wird ihre Gründe haben, mein lieber Bendix, nicht von ihrer Halbschwester zu sprechen. Und sie ist gut beraten, sich von der skandalösen Merle zu distanzieren.«

»Bist du nicht ein wenig zu streng, Mama?« Er betrachtete die junge Frau, die hinreißend unbefangen vor dem Fotografen posierte. »Sie macht doch lediglich ihren Job.«

Und seiner Meinung nach wirkte sie dabei fabelhaft natürlich und keinesfalls anstößig. Eine ungewöhnlich attraktive junge Frau, zum Verlieben quecksilbrig!

Zum Verlieben? Der junge Fürst horchte reglos in sich hinein. Dann stellte er betroffen fest, dass er sich in letzter Zeit wie lebendig begraben fühlte. Auch hier in Paris, einer rund um die Uhr funkelnden Metropole, von der es hieß, sie sei die Stadt der Liebe.

Und wieso durchströmte ihn Melancholie? Warum meinte er, vom Leben abgeschnitten zu sein, mit Sargdeckeln zugedeckt?

»Merle war schon als Kind unmöglich!«, konterte Emma entrüstet. »Sie soll ihre Kindermädchen zur Verzweiflung gebracht haben. Und aus drei Internaten ist sie geflogen.«

»Sie hat ungewöhnlich viel Charme«, sagte er leise. Instinktiv behielt er für sich, dass er Merle von Hohensinner für die schönste Frau der Welt hielt.

Seine Mutter warf ihm einen scharfen Blick zu.

»Ich muss doch sehr bitten, mein Lieber. Diese Person hat kein Niveau!«

Befürchtete seine Mama, dass die diversen Gerüchte, Merle betreffend, nicht erfunden waren, sondern der Wahrheit gefährlich nahe kamen?

»Ach, Mama, natürlich wird über ein Topmodel viel geredet und noch mehr geschrieben …«

»Du nimmst Merle in Schutz, obwohl ihr das letzte Fünkchen Anstand längst abhandengekommen sein dürfte?«

Der Fürstin verschlug es den Atem, als sie beobachtete, wie die Prinzessin unbekümmert aus den High Heels stieg und barfuß in langen Sätzen über das Pflaster sprang. Das spinnwebfeine Chiffonkleid in Bleu wehte um sie her.

André Racine, der kahlköpfige Fotograf mit Gewichtheberschultern und Hufschmiedhänden, dem die Kreativität auf den ersten Blick nicht wirklich anzusehen war, rief begeistert: »Super! Weiter so, Merle! Das werden Top-Fotos!«

»I’m singing in the rain«, sang Merle ausgelassen und reckte die nackten Arme zum sonnigen Himmel empor.

Sie hielt unverhofft in der Bewegung inne, keine drei Meter von Bendix entfernt. Sie sah ihn an. Nur ihn.

Vergingen Sekunden? Stunden? Kleine Ewigkeiten? So jedenfalls kam es ihm vor. Er hielt den Atem an. Hörte nicht auch sein Herz auf zu schlagen?

Großer Gott, ist sie schön, dachte er fast andächtig. Merles enzianblaue Augen wurden rund und groß. Bendix wünschte sich in diesem zauberischen Moment, es sei ihm gegeben, die Zeit anzuhalten.

Sie schienen allein auf der Welt zu sein, der Fürst und das Model. Das Stimmengewirr war verstummt, die vielen Zuschauer existierten nicht mehr, jedenfalls nicht für ihn, der Merle so fasziniert anschaute wie keine Frau zuvor.

Ihm war ein wenig schwindlig. Ihm, dem Ernsthaften, den so leicht nichts aus der Fassung zu bringen pflegte.

»Hey«, drängte André Racine. »Schläfst du, Merle?«

Merle bezog daraufhin die Passanten in die Show ein, steckte sie mit ihrer beschwingten Laune an. Bis ihr ein alter Herr galant eine langstielige rote Rose überreichte.

Die nahm Merle zwischen die weißen Zähne und tänzelte auf die Kamera zu. Das Publikum klatschte Beifall.

Bendix spürte, wie der Tumult in seinem Blut abebbte. Es floss in langsamen Stößen von seinem Herzen fort. Er war wieder bei sich, allerdings erfüllt von bittersüßer Wehmut.

Nun also war auch das vorbei. Wie töricht von ihm, sich einzubilden, sie hätte sich für ihn interessiert.

»Ist ja widerlich«, kommentierte Fürstin Emma. »Noch nie hat es bei den Hohensinners Gaukler gegeben. Ihr bedauernswerter Papa würde sich im Grab umdrehen, wüsste er es.«

Sie fand das Schweigen ihres Sohnes irritierend. Und wieso verfolgte er Merles Treiben mit gebannter Miene?

Die ältere Dame zupfte ihn energisch am Ärmel.

»Ich möchte endlich weitergehen. Schluss mit dem Schabernack.« Sie holte tief Luft und setzte dann hinzu, Adelsstolz aus jeder Pore verströmend: »Wenn ich mir heute, an meinem fünfundsiebzigsten Geburtstag, etwas dringend wünschen darf, dann das, und zwar von Herzen: Ich hoffe doch sehr, diesem frivolen Frauenzimmer niemals wieder begegnen zu müssen.«

***

Die nächste größere Stadt war eine Autostunde weit entfernt. Vorausgesetzt, es gab keine Verkehrsprobleme und der Geländewagen, mit dem Baronin Regine von Munker unterwegs war, war gut gelaunt. Was leider Glückssache war, weshalb sie lieber Fahrrad fuhr: Es dauerte länger, war aber sicherer.

Das Schlossgut Mathildenquelle war also recht einsam gelegen, wenn auch idyllisch eingebettet in Wälder, Wiesen und Felder, allesamt seit Generationen im Familienbesitz.

Das Schloss stammte aus dem späten Mittelalter, jedenfalls ein Teil der Fundamente der einstigen Burg, und war in den nachfolgenden Jahrhunderten häufig, wenn auch nicht durchweg stilsicher, umgebaut worden.

So präsentierte das wunderliche Gebäude einen Mix aus verschiedenen, friedlich nebeneinander existierenden Epochen, was interessanterweise höchst charmant wirkte.

Dass Mathildenquelle bislang noch nie in einem Kunstführer von Rang erwähnt worden war, empfanden die Schlossbewohner nicht als kränkend.

Baron Harald und Baronin Regine von Munker waren ein durch und durch glücklich verheiratetes Ehepaar, zwei Menschen, deren Bund fraglos im Himmel beschlossen worden war. Beide sahen über die offenkundigen wie versteckten Mängel ihres in bautechnischer und kunsthistorischer Hinsicht – von ästhetischen Aspekten ganz zu schweigen – hoffnungslos unbedeutenden Wohnsitzes großzügig hinweg.

Ihre drei Kinder waren auf die Namen Friederike, Sophie und Carl getauft worden, übrigens in der Schlosskapelle mit den wunderschönen, bleigefassten Fenstern, durch die bei entsprechendem Lichteinfall bunt schimmerndes Licht sehr stimmungsvoll zu sickern pflegte.

»Rike, Fine und unser kleiner Carl haben das Glück, genauso frei und doch behütet aufzuwachsen wie ihr Vater«, pflegte Harald von Munker oft zu sagen.

Das war ganz im Sinne der Baronin mit dem vollen braunen Haar, das sie nach Art der Madonnen in der Mitte gescheitelt und praktischerweise zu einem sportlichen Pferdeschwanz zusammengebunden trug.

Regine fand einfach keine Zeit für regelmäßige Friseurbesuche. Wenn es ihr mal gelang, einen Nachmittag aus der Menge ihrer Pflichten freizuschaufeln, dann streikte prompt der zickige Geländewagen.

Baron Harald war ein ausgeglichener Mann, dessen Statur, Sprache und Gestik beachtliche Ruhe ausstrahlten. Er war auf Mathildenquelle geboren und aufgewachsen.

Der studierte Agrar-Ökonom liebte diesen abgeschiedenen, gleichwohl beschaulichen Ort und war mit seiner Regine entschlossen, das gemeinsame Ziel, nämlich die Bewirtschaftung des Schlossguts ohne Chemie, unbedingt im Auge zu behalten.

Und er wollte wie die Vorfahren in bewährter Tradition weiter die Zeit anhalten – ohne Aufhebens davon zu machen oder Radikalität, ganz im Behaglichen und Stillen. Nichts sollte sich ändern. Sie wollten weiter ihre Arbeit machen, ihren Alltag leben.

Er und seine tüchtige Regine feierten an diesem Abend ihren fünfzehnten Hochzeitstag, die Kristallhochzeit. Er hatte ihr eine stilvolle Kristallvase geschenkt, in der sich die roten Rosen, seine Lieblingsblumen, prächtig machten.

Sie feierten gern, im kleinen oder großen Kreis, mit und ohne Anlass, und ihre Festlichkeiten waren überaus beliebt. Auch wenn es auf Mathildenquelle längst nicht so vornehm zuging wie auf dem benachbarten Fürstenschloss Zierow, ein exquisiter Fürstensitz wie aus dem Märchenbuch.

Allerdings hatte man noch nie von ausgelassenen oder improvisierten Festen auf Schloss Zierow gehört. Und unangemeldet, gar spontan durfte man dort keinesfalls erscheinen. Es hieß, dass die Hausherrin, Fürstin Emma, die Gästelisten sorgfältig zusammenstellte und abschließend gründlich siebte, gewissermaßen die Spreu vom Weizen trennte.

Die fabelhaft patente Regine siebte nicht. Sie hieß alle Gäste mit ihrem warmherzigen Lächeln willkommen, enge Freunde umarmte sie stürmisch, allerbeste Freunde wurden abgebusselt, wobei die Kinder, wer auch immer in der Nähe war, regelmäßig einige Küsschen abbekamen.

Es war unmöglich, sich auf Mathildenquelle nicht wohlzufühlen. Wie man an diesem Abend im festlich mit bunten Gartenblumen und Pflanzenkübeln, Laternen und Fackeln geschmückten Schlosshof mal wieder sehen konnte: Alles war ausnehmend gemütlich und gastfreundlich. Die zahlreichen Gäste fühlten sich behaglich. Entspannung war angesagt.

Niemand störte sich an den verwitterten Steinputten, den Statuen mit den abgeschlagenen Nasen oder den dunklen Schatten emporsteigender Feuchtigkeit auf den Mauern, auf denen überall grüne Moosknöpfe leuchteten.

Um all das in Ordnung zu bringen, was die Zeitläufe und die Witterung dem Gebäude angetan hatten, hätte es eines Vermögens bedurft – das den Munkers nicht zur Verfügung stand. Trotzdem fühlten sie sich nicht arm. Für Regine und Harald waren ihre drei Kinder kostbarer als Kronjuwelen.

Das beneidenswert harmonisch wirkende Kristallhochzeitspaar schlenderte umher und plauderte mal allein, mal zu zweit, angeregt mit seinen Gästen. Gelegentlich lächelten sie sich zu und wirkten dabei wie frisch verliebt.

Die Töchter Rike und Fine sorgten für die Getränke, während der kleine Carl stolz mit seiner neuen Kamera fotografierte, ein nobles Geburtstagsgeschenk seiner Patentante.

»Wenn Tante Merle kommt, mache ich sofort ein Foto von ihr«, kündigte er seinen Schwestern an.

»Dazu ist es inzwischen viel zu dunkel, Carl.« Die zarte Fine sah ihre Schwester Rike vielsagend an.

Rike sah enttäuscht aus.

»Außerdem kommt sie nicht.«

Carls Unterlippe schob sich prompt zitternd vor.

»Klar kommt sie, sie hat es versprochen«, rief Fine und lächelte Carl aufmunternd zu. »Du weißt doch, dass sie immer zu spät kommt. Vielleicht ist ihr Flieger nicht rechtzeitig gelandet. Oder sie musste schnell noch nach New York.«

»Sie hat Mama gestern angerufen. Da war sie in Paris.« Rike hatte die Hoffnung schon aufgegeben, wie ihre Stimme verriet. »Bestimmt hat sie unsere Party vergessen.«

»Tante Merle hat noch nie was vergessen!«, verteidigte Fine die jüngere Schwester ihrer Mutter, die auch ihre Patentante war, ebenso wie die von Rike und Carl.

Regine Munker hielt trotz der vielen vernehmbaren und getuschelten Sticheleien, die sie fabelhaft gelassen ignorierte, zu ihrer Schwester. Nichts ließ sie auf Merle kommen.

Einmal war sie, die grenzenlos Besonnene, gar fuchsteufelswild geworden, als eine Standesgenossin ihr mit säuselnder Stimme geraten hatte, sich von Merle loszusagen, damit künftig kein Schatten mehr auf den guten Namen Munker falle …

Die Dame des Hauses legte die Arme um jeweils eine Tochter.

»Es ist ein wunderbarer Abend, findet ihr nicht? Und die Stimmung ist großartig. Auch, weil ihr euch so prima kümmert.« Regine küsste die Mädchen auf die Wangen und beugte sich dann über den kleinen Baron. »Und du? Amüsierst du dich?«

In seinen Augen wetterleuchtete es verräterisch.

»Tante Merle ist immer noch nicht gekommen. Obwohl sie ganz fest versprochen hat, mir neue Comic-Hefte mitzubringen.«

»Wieso willst du die haben?« Rike fühlte sich ihm mit ihren knapp vierzehn Jahren haushoch überlegen. »Du kannst sie gar nicht lesen, weil du nicht Französisch sprichst.«

»Ist doch egal.« Fine stand ihrem kleinen Bruder bei. »Er kann ja auch noch keine deutschen Texte lesen.«

Regine fuhr liebevoll glättend über Carls blonde Haare, die sich sofort wieder aufstellten.

»Sie kommt noch. Wir kennen sie doch, unsere Merle. Sie ist notorisch unpünktlich. Aber wenn sie da ist, macht sie alle glücklich.«

»Mama, vorhin hat die Drachenlady gesagt …«, Rike flüsterte auf einmal, und zwar empört, »… dass Tante Merle das schwarze Schaf der Familie ist. Das war gemein, oder?«

Um Regines Mundwinkel zuckte es. Dennoch gelang es ihr, ernst zu bleiben.

»Du hast dich bestimmt verhört, Liebes.«

»Ich hab’s genau gehört, Mama«, schwor Rike.

»Ich wäre dir dankbar, wenn du Frau von Usbeck nicht so nennen würdest.«

»Wenn ihr der Zauberstab nicht fehlen würde, wäre sie eine perfekte Hexe«, warf Sophie ein.

»Finchen, sie ist eine tüchtige Haushälterin. Und du weißt, wie lange wir nach so einer Perle gesucht haben.«

Für Frau von Usbeck hatte vor allem gesprochen, dass sich sonst niemand auf die Anzeige der Baronin gemeldet hatte. Und ihr Gehaltswunsch war überschaubar gewesen.

Regine seufzte auf und dachte flüchtig daran, wie es die Kaiserin Elisabeth von Österreich, die berühmte, unglückliche Sissi, gekränkt haben musste, als die arroganten Wiener Hofdamen den Besitz ihrer Eltern am Starnberger See, Schloss Possenhofen, blasiert »Bettelwirtschaft« genannt hatten.

»Sie hasst Tante Merle«, murmelte Rike.

Fine nickte. »Weil Tante Merle tausend Mal hübscher ist als sie. Millionen Mal. Die Drachenl … äh, Frau von Usbeck riecht komisch. Weil sie andauernd Zwiebeln isst.«

»Sie reibt sich damit ein.« Rike wusste es besser. »Weil sie ein Hautproblem hat. Hat Herr Drews gesagt.«

»Herr Drews?« Regine fand es überraschend, dass der Gutsverwalter Dirk Drews von Frau von Usbecks Hautproblem wusste. »Wann hat er mit dir darüber gesprochen?«

Rike zuckte mit den Schultern. Die winzigen plastischen Stoffblumen auf ihrem maigrünen Kleid hüpften mit.

»Ich dachte bisher immer«, fuhr Regine fort, »dass Frau von Usbeck ein Gallenproblem hat.«

Ihr Blick wanderte über die Schlossfassade bis hin zum Westturm. Dort, im obersten Stockwerk, befanden sich die Räumlichkeiten, die Frau von Usbeck mit ihrer empfindlichen Galle bewohnte.

»Und sie hat noch nie gelächelt, jedenfalls nicht so wie Tante Merle«, krähte Carl.

Er kuschelte sich an seine Mama. »Wenn Tante Merle lächelt, wird mir hier drinnen immer ganz kribbelig.« Er deutete auf seine Brust.

»Dann müssen wir sie zum Lächeln bringen, Kinder.«

Auf einmal wurde es still. Dafür schienen die Sterne heller zu funkeln. Nervosität lag in der Luft. Zuckten die Flammen der Fackeln nicht auch anders, nämlich hektischer?

Rike reckte sich, und Fine stellte sich auf die Zehenspitzen. Dann strahlten beide über die hübschen Gesichter.

»Tante Merle! Sie ist doch gekommen!«

»Juhu!« Fine war vor Freude außer sich, sie hüpfte von einem pinkfarbenen Ballerina-Schuh auf den anderen. »Mama, sie sieht so süß aus. Das rote Kleid ist bestimmt neu. Ach, Tante Merle ist wieder die Allerallerschönste!«

Und da war sie, Merle von Hohensinner. Das alte Schloss war die perfekte Kulisse für das international begehrte Topmodel, das sofort im Mittelpunkt stand und allseits beäugt wurde, von kritisch über neugierig bis bewundernd.

Die übertrieben gekleideten und geschminkten weiblichen Gäste reagierten wie üblich säuerlich auf Merles schlichte Eleganz.

Eine Dame verschluckte sich an der Erdbeerbowle, weil ihr Merles gertenschlanker Anblick die abendlichen Schokoladenexzesse schmerzlich bewusst machte. Einer der Nachbarn konnte nur von seiner resoluten Frau daran gehindert werden, sein Smartphone zu zücken, um Merle zu fotografieren.

Die beiden aufgeregten Baronessen rannten zu ihrer Tante, um sie zu begrüßen. Der kleine Baron Carl schoss zwischen seinen Schwestern hindurch und erreichte Merle zuerst.

Er warf sich gegen sie und umklammerte sie so stürmisch, dass ihr Modellkleid anschließend Plisseefalten aufwies.

***

Die Nachtluft war erfüllt vom Duft der Gartenblumen und Kräuter, von taufeuchter Erde und am späten Nachmittag gemähten Rasens. Uralte Bäume umgaben das Schloss wie eine schützende grüne, bei jedem Windhauch leise zitternde Mauer. Zwischen den Stämmen schimmerte silbernes Mondlicht.

Fürst Bendix von Zierow hielt sich von der Gästeschar dezent entfernt, wie es seine Gewohnheit war. Es war ihm ein grundsätzliches Anliegen, zu vermeiden, Aufsehen zu erregen, im Mittelpunkt zu stehen. Stattdessen zog er den stilleren Hintergrund vor, denn er legte keinen Wert auf Ansprache.

Bisher hatte man nicht den Eindruck gehabt, er amüsiere sich inmitten der gut gelaunt plaudernden Gästeschar. Inzwischen hatte es sogar die ehrgeizige Frau des Bürgermeisters aufgegeben, ihn aufzutauen.

Weshalb hatte er eigentlich eine Ausnahme gemacht und diese Einladung angenommen? Bekanntlich machte er sich grundsätzlich rar auf privaten wie öffentlichen Festlichkeiten, schützte Terminstress und Arbeitsüberlastung vor.

Interessanterweise ruhte sein Blick nun unverkennbar bewundernd auf dem heftig verspätet eingetroffenen Gast, der bildschönen Prinzessin Merle von Hohensinner, die sich über den fröhlichen Empfang unbefangen freuen konnte. Die junge Frau beschäftigte sich ausgiebig mit ihren drei Patenkindern, die sie fest mit Beschlag belegten.

Der kleine Baron blätterte aufgeregt mit roten Wangen in den begehrten französischen Comic-Heften, die Merle aus ihrer großformatigen Tasche gezogen hatte.

Dieser kleine Neffe war so herzerfrischend drollig und direkt, dass sie in seiner Nähe unausweichlich von einem leidenschaftlichen, fast körperlichen Glück durchströmt wurde. Merle presste ihre Lippen auf Carls glühende Wangen, die nach Milch und Erdbeeren dufteten. Und wie immer, wenn sie ihr jüngstes Patenkind im Arm hielt, stellte sich jene feine, ziehende Sehnsucht nach einem eigenen Kind ein.

Zwar war ihre Model-Karriere sensationell, Merle war davon überzeugt, auch stolz auf das Erreichte, und es war wundervoll, durch die Weltgeschichte zu jetten, interessanten, verrückten Menschen zu begegnen, hinreißende Kleider zu tragen und eine Menge Geld zu verdienen.

Aber diese Herrlichkeiten verblassten, maß man sie an dem Glück, ein eigenes Kind im Arm halten zu dürfen.

Merle strich zärtlich über Carls widerspenstiges blondes Haar und fragte sich einmal mehr skeptisch, ob sie sich wirklich für die richtige Seite jener Straße entschieden hatte, die geradewegs ins Glück, in den Himmel führte …

Rike freute sich unbändig über die mitgebrachte Bluse. Sie tanzte herum und ließ den Stoff flattern.

»Die hast du echt in Paris gekauft, Tante Merle? Ist violett jetzt angesagt? Superschick sieht sie aus. Vielen, vielen Dank.«

Merle hatte Fine einen Anhänger für ihre Kette mitgebracht.

»Du bist doch im Sternzeichen des Löwen geboren worden, nicht wahr? Deshalb habe ich dir einen kleinen Löwen gekauft. Ich hoffe sehr, dass er dir gefällt.«

»Ist er wirklich aus Gold?« Fine war ganz andächtig.

»Aber ja!«

»Leider bin ich nicht mutig wie ein Löwe«, bemerkte die zarte Baronesse so leise, dass nur Merle sie hören konnte.

»Aber du hast ein Löwenherz, Fine.«

Fine schüttelte den Kopf. Die blonden Haare flogen.

»Eines Tages werden es alle wissen«, sagte Merle lieb.

»Bestimmt nicht«, meinte Fine mutlos. »Rike traut sich viel mehr. Und Carl ist jetzt schon stärker als ich.«

Merle, die sich trotz der neugierigen Blicke nicht um die Gäste ihrer Schwester und ihres Schwagers kümmerte, ja man hatte fast den Eindruck, als sei sie nur an den drei Kindern interessiert, diese unwiderstehlich aparte Merle zog die schüchterne Baronesse Fine nun liebevoll an sich.

Völlig zufällig fiel ihr Blick dabei auf eine groß gewachsene, stattliche Männergestalt im Hintergrund, die schweigsam dastand, im Schatten der Schlossfassade. Als die von einem lauen Wind auseinandergetriebenen Wolken den Mond freigaben, erhellte fahles Licht sein schmales, gut geschnittenes Gesicht. Dunkles Haar, glatt und glänzend um den Kopf geschmiegt. Helle Augen voller Intelligenz.

Merles Herz schlug einen Trommelwirbel. Die Prinzessin musste nicht lange überlegen. Sie erkannte ihn augenblicklich, den attraktiven Unbekannten aus Paris. Und er sah sie wieder unverwandt an, viel zu ernst, wie sie meinte.

So ein Zufall, ihn ausgerechnet hier wiederzusehen, fernab allen Großstadtgetöses auf dem platten Land, wo selbst Fuchs und Fasan grußlos aneinander vorübergingen.

Die Männer, die sie kannte, sahen sie anders an, waren smarter, gewitzter, auch frivoler und wussten genau, wie man imponierte, sich präsentierte. Wie man es am besten anstellte, eine Frau zu beeindrucken, im Handstreich zu erobern.

Der Fremde im Hintergrund war eine beeindruckende Erscheinung, seine Haltung fast hoheitsvoll. Auch war er, was sie, per du mit internationalen Modeschöpfern, mit einem Blick feststellte, geschmackvoll gekleidet. Ein vornehmer Mensch mit schönen Augen und einem klassischen Profil.

Sie schwärmte für klassische Profile.

Okay, aber wieso ließ er nicht erkennen, was er dachte, was er fühlte? Oder sah er gar nicht sie an, sondern starrte durch sie hindurch? Was für ein Model eine Beleidigung wäre.

Oder hatte er von ihr und ihrem glamourösen Job gehört und lehnte sie ab, weil er megakritisch, erzkonservativ und intolerant-indoktrinär-dogmatisch war?

Bizarr: Er brachte es mit seinem Schweigen tatsächlich fertig, was anderen nie gelang, nämlich, sie zu verunsichern.

Von ihrem Herzklopfen ganz zu schweigen, es hämmerte furchtbar. Und wieso knisterte auf einmal die Luft?

Merle beschloss, sich nicht für ihn zu interessieren, der sich derart zugeknöpft gab. Und sie nahm sich vor, Regine irgendwann später nach ihm zu fragen. Was stimmte nicht mit dem unbekannten Stolzen mit der unergründlichen Miene?

Während sie dabei war, ihm ihre allerkälteste Schulter zu zeigen, kam es ihr plötzlich vor, als würde eine Welle von ihm zu ihr herüberspringen, eine Hitze, als stünde sie neben einem lichterloh brennenden Haus. Und zu ihrer eigenen Überraschung begann sie zu beben, zu spüren, zu brennen.

»Was hast du, Tante Merle?«, fragte die sensible Fine mit den glockenblumenblauen Märchenaugen.

»Nichts«, murmelte die Prinzessin.

Sie schob das Mädchen von sich und erhob sich wie in Trance. Was geschah mit ihr?

Himmel, noch nie in ihrem Leben hatte sie sich dermaßen irritiert gefühlt. Weil sie dem ersten männlichen Wesen begegnet war, das sich ihr nicht spontan zu Füßen legte?

Regine kam auf sie zu und schloss sie nach Art der Schutzengel in die warmen, weichen Arme. Merle war erleichtert und fühlte sich geborgen. Auch wenn ihre Schwester ein Kleid trug, das speziell um die Hüften zu stramm saß, von einer Farbe, die im vorherigen Sommer angesagt gewesen war.

»Wie schön, dass du es doch noch geschafft hast, Merle. Alle Munkers haben schon befürchtet, dir sei etwas dazwischengekommen. Und du siehst wieder hinreißend aus.« Regine platzierte einen letzten Kuss auf Merles Nasenspitze. »Ich bin wahnsinnig stolz auf dich! Du bist unser Schmuckstück!«

Äußerte sie sich absichtlich mit erhobener Stimme, um kundzutun, dass sie grundsätzlich hinter Merle stand?

»Dass ich wieder kriminell spät dran war, tut mir wahnsinnig leid.« Merle gelang es einfach nicht, ihre merkwürdige Verwirrung loszuwerden.

Und was, bitte schön, hatte dieser ziehende Schmerz in ihrer Brust zu bedeuten? Stress, sagte sie sich genervt, ich arbeite zu viel. Ich sollte die Termine in Mailand absagen und das Rendezvous mit David in Stockholm verschieben. Aber André wird mich frikassieren, ich kann ihn und das Team nicht hängen lassen …

»Kein Problem.« Baronin Regine lächelte freundlich. »Bestimmt ist dein Flieger verspätet gelandet. Hast du es denn noch geschafft, ins Konzert zu gehen?«

»Oh ja, ich war im Konzert«, brachte Merle beiläufig hervor, während sie sich wunderte, dass sie mit ihrem heftig pochenden Herzen überhaupt sprechen konnte. Wenn der schmalköpfige Mann doch endlich weiterginge. Oder sie wenigstens nicht mehr anstarren würde. »Beethovens Neunte konnte ich mir doch nicht entgehen lassen.«

Eine Dame in schillerndem Grün wirkte perplex. Seit wann interessierte sich ein international gefragtes Model, von dem es hieß, es flirte für sein Leben gern, für Beethoven?

»Wie ich dich beneide. War es schön?«, fragte Regine.

»Zum Niederknien!« Merle fügte rasch hinzu: »Du weißt, wie ich gerade diesen Komponisten liebe. Ich bin länger geblieben, um mir die Zugaben nicht entgehen zu lassen.«

»Das kann ich gut verstehen. Schatz, darf ich dir Bendix von Zierow vorstellen?« Regine hing sich bei ihr ein, wies auf den geheimnisvollen Unbekannten und raunte ihr vertraulich zu: »Ich glaube, du kennst ihn noch nicht. Sei so lieb und kümmere dich ein bisschen um ihn.«

Merle sah sie verblüfft an. Kümmern? Ausgerechnet um den einen Mann, aus dem sie nicht schlau wurde?

»Eine außergewöhnliche Persönlichkeit«, pries Regine ihn an. »Der klügste und gebildetste Mensch, der mir je begegnet ist. Hochmusikalisch übrigens. Als er einmal die ›Träumerei‹ von Robert Schumann spielte, habe ich losgeheult.«

Merle versuchte, ihre hohen Absätze in den Boden zu bohren. Doch Regine zog sie weiter. Die Baronin schenkte dem Gast, an dem ihr viel zu liegen schien, ein besonders herzliches Lächeln.

»Fürst, ich möchte Sie mit unserer Merle bekannt machen, meiner über alles geliebten Schwester.«

Ein Standesgenosse, mehr noch, ein Fürst. Ranghöher ging’s wohl nicht. Nerven-Alarm! Merle fragte sich inmitten des betäubenden Herzflimmerns, ob er sich ebenfalls an ihre Begegnung vor der Pariser Oper erinnerte. Bisher hatte er keine Miene verzogen, der Stolze mit den hellgrauen Augen.

Und wer war die alte Dame an seiner Seite gewesen, die sie unverkennbar missbilligend gemustert hatte? Seine Mama?

»Sehr erfreut.« Fürst Bendix gab es auf, sein tobsüchtiges Herz beruhigen zu wollen.

Aus der Nähe betrachtet war die Prinzessin noch schöner, ihre Gesichtszüge noch feiner. Der Fürst fragte sich, wie er mit seinem rasenden Pulsen den Abend überleben sollte.

Er deutete eine formvollendete Verbeugung an, die Merle Gelegenheit gab, ihn genauer zu betrachten. Sie stellte fest, herzklopfend, dass er aus der Nähe betrachtet noch attraktiver war. Ein Mann mit einer intensiven Ausstrahlung. Und er wirkte so frisch, als habe er sich just eben vom kurzen, dunklen Haar bis zu den Füßen die Zähne geputzt.

War ihr das nicht schon in Paris aufgefallen?

Regine verwöhnte ihren Gast mit einem strahlenden Lächeln.

»Zum Glück haben wir schon oft die Freude gehabt, Fürst Bendix bei uns begrüßen zu können. Auch wenn der Anlass seines Besuchs meist ein betrüblicher war.«

Merle zog verständnislos die Augenbrauen hoch.

Ihre Schwester schloss mit verschmitztem Lächeln: »Er ist Kinderarzt. Unser Doktor. Und kümmert sich vorbildlich um meine Raubtiergruppe, deine Patenkinder. Dass sie alle großen und kleinen Erkrankungen überstanden haben, verdanken wir ihm.«

Bendix war ihr Lob peinlich. Er wehrte bescheiden ab.

»Sie sind wie immer liebenswürdig, doch ich fürchte, Sie übertreiben, verehrte Baronin. Meine medizinischen Verdienste sind überschaubar. Ihre Kinder verfügen gottlob über eine robuste Gesundheit und brauchen mich eigentlich nicht.«

Regine glaubte ihren wichtigen Gast bei Merle bestens aufgehoben. Sie eilte trotz deren beschwörender Blicke weiter, um sich um ihren Mann zu kümmern.

Baron Harald schien sich bedrängt zu fühlen. Er, der furchtlose, gradlinige Hausherr, garstigen Wettern trotzend, nervöse Rösser souverän bändigend, aber auch neu geborene Fohlen zartfühlend mit trockenem Stroh abreibend, wich vor einer hageren jungen Dame zurück.

Diese hatte zwar eine große Nase, gehörte aber leider nicht zu jenen Frauen, mit denen man nur ein paar Worte zu wechseln brauchte, um ihre große Nase zu vergessen.

Ständig hob sie den Zeigefinger und fuchtelte mit ihm vor Haralds Gesicht herum, was ihn enorm irritierte.

Nein, Lenore von Vellmar brachte überhaupt kein Verständnis dafür auf, dass er nicht wusste, wo genau sich seine Gäste, speziell Fürst Bendix von Zierow, aufhielten.

Frau von Vellmar musterte ihn streng.

»Wieso wissen Sie nicht, wo er zu finden ist? Herrgott, so unübersichtlich ist die Umgebung doch nicht. Ich würde eher von überschaubar sprechen.« Lenore schob mit dem vielbeschäftigten Zeigefinger die heruntergerutschte Brille eben jene große Nase hoch, betrachtete den hübsch, aber eben nicht exquisit geschmückten Schlosshof eher blasiert und beharrte eigensinnig darauf, unverzüglich zum Fürsten geführt zu werden. »Es ist dringend«, fügte sie auftrumpfend hinzu.

Regine trat hinzu und schenkte der – ähnlich der dreizehnten Fee im Märchen Dornröschen – nicht eingeladenen Eingetroffenen ein sanftes Lächeln.

»Meine liebe Frau von Vellmar, ich hoffe doch sehr, dass Sie mir die Freude machen, sich meinen Rosengarten anzuschauen. Als wir uns kürzlich in der Stadt begegneten, erzählten Sie mir, wie sehr Sie Rosen lieben.«

»Jawohl, das stimmt. Aber jetzt ist es dunkel. Und Ihre Durchlaucht ist leider unpässlich. Sie braucht ihren Sohn.«

»Ich verstehe. Nun, ich werde Fürst Bendix suchen lassen.« Regine legte einen Arm um Lenores Taille und gab sich entwaffnend freundschaftlich. »Wie wäre es, wenn Sie inzwischen trotzdem einen flüchtigen Blick auf meine Rosen werfen würden?«

Es gelang ihr tatsächlich, Lenore für ihre Rosen zu interessieren. Sie winkte Rike heran und trug ihr auf, sich um Frau von Vellmar zu kümmern. Die Baronesse knickste wohlerzogen, ihre genervte Miene jedoch sprach Bände. Später würde sie ihren kleinen Bruder Carl mit der Mitteilung erschrecken, genau gesehen zu haben, dass Lenore von Vellmar auf einem struppigen Besen durch die Luft geflogen war.

Baron Harald war verblüfft.

»Was soll sie jetzt im Rosengarten? Dort ist es stockfinster, Schatz.«

Regine strich ihm liebevoll über die Wange.

»Ach, ihr Männer begreift die einfachsten Dinge nicht«, murmelte sie.

»Nein?«

»Zum Beispiel, dass ich dich lieb habe und immer lieb haben werde. Bis ans Ende meines Lebens.« Sie schmiegte sich an ihn. »Der arme Fürst tut mir leid. Seine dominante Mutter schnürt ihm die Luft ab, er kommt ja kaum zum Atmen.«

»Fürstin Emma scheint ein Herzproblem zu haben.«

»Sie gönnt ihrem Sohn nicht das kleinste Vergnügen. Und das Herzproblem glaube ich ihr nicht. Sie ist eine überaus vitale Frau, die sich einbildet, auf einem Thron zu sitzen und deshalb ihre Umgebung tyrannisieren zu dürfen.«

»Du hast die Vellmar also fortgeschickt, damit er sich in Ruhe mit Merle unterhalten kann?« Er sah ihr tief in die Augen. »Was hast du vor, Regine? Woran denkst du?«

»Zum Beispiel daran, dass die Vellmar bestimmt nicht die richtige Frau für ihn ist. Der Fürst braucht jemanden mit Schwung und Pfiff. Vor allem ein Herz muss sie haben.«

»Die Vellmar soll eine großartige Bibliothekarin sein.«

»Die Fürstin hat sie engagiert, damit sie das Familienarchiv ordnet. Vielleicht hat sie dabei auch an ihren Sohn gedacht. Da die Vellmar auf eine glänzende Ahnenreihe zurückblickt, ist es nicht ausgeschlossen, dass Emma eine solche Verbindung für ideal hält.«

»Der Fürst muss letztendlich wissen, wen er heiratet.«

»Als er Merle eben ansah, war da ein Ausdruck in seinem Gesicht, den ich noch nie gesehen habe.«