Games of Greed - Torsten Dennin - E-Book

Games of Greed E-Book

Torsten Dennin

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Beschreibung

Nach dem internationalen Erfolg von "Von Tulpen zu Bitcoins" über die größten Finanzblasen der Geschichte, wendet sich Torsen Dennin nun den Themen Gier und Betrug zu. Er versammelt in seinem Buch die spannendsten, außergewöhnlichsten und absurdesten Fälle die ihresgleichen suchen und beleuchtet auf unterhaltsame Weise den Wahnsinn um die Enthüllungen der Pandora- und Panama-Papers, den Skandal um Enron, Worldcom, Wirecard und die aberwitzigen Börsengeschäfte von Jordan Belfort, dem Wolf of Wallstreet. Von Schneeballsystemen und Cryptoscams, bis hin zuden größten Kunstdiebstählen und ausgewachsene Kleptokratien – die Geschichte der Finanzskandale ist reich an schillernden Gestalten, vermeintlich gottgleichen Aufstiegen und mindestens so spektakulären Abstürzen. Faszinierende und unterhaltsame Geschichten die die Abgründe der menschlichen Seele dokumentieren und als abschreckendes Beispiel für unsere Gesellschaft dienen können, in der die Gier Menschen immer wieder den Kopf verlieren lässt.

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Seitenzahl: 374

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TORSTEN DENNIN

GAMES of GREED

TORSTEN DENNIN

Von Krypto-Scams, Schneeballsystemen und geheimen Konten

GAMES of GREED

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie.

Detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Für Fragen und Anregungen:

[email protected]

1. Auflage 2023

© 2023 by FinanzBuch Verlag, ein Imprint der Münchner Verlagsgruppe GmbH

Türkenstraße 89

80799 München

Tel.: 089 651285-0

Fax: 089 652096

Alle Rechte, insbesondere das Recht der Vervielfältigung und Verbreitung sowie der Übersetzung, vorbehalten. Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form (durch Fotokopie, Mikrofilm oder ein anderes Verfahren) ohne schriftliche Genehmigung des Verlages reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme gespeichert, verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden.

Lektorat: Manuela Kahle

Korrektorat: Petra Sparrer

Umschlaggestaltung: Maria Verdorfer in Anlehnung an die Gestaltung der englischsprachigen Ausgabe (Originalgestaltung von Greenleaf Book Group)

Satz: ZeroSoft, Timisoara

eBook: ePUBoo.com

ISBN Print 978-3-95972-682-5

ISBN E-Book (PDF) 978-3-98609-311-2

ISBN E-Book (EPUB, Mobi) 978-3-98609-312-9

Weitere Informationen zum Verlag finden Sie unter:

www.finanzbuchverlag.de

Beachten Sie auch unsere weiteren Verlage unter www.m-vg.de.

Inhalt

Stimmen zum Buch

Vorwort

Einführung

Kapitel 1: Ein Weckruf für die Reichen: Die Pandora-, Paradies- und Panama-Papiere

Kapitel 2: Bernie Madoff und die größten Schneeballsysteme aller Zeiten

Kapitel 3: Cowboy-Kapitalismus in Russland und die MMM-Pyramide

Kapitel 4: Von Enron und WorldCom zu Wirecard: Beispiele für Corporate Greed

Kapitel 5: Rogue Trader: Machos, Primadonnen und Criminal Masterminds

Kapitel 6: Las Vegas: Bringing Down the House

Kapitel 7: Operation Car Wash: Petrobras und der größte Korruptionsskandal in Südamerika

Kapitel 8: Die Jagd nach Einhörnern: Elizabeth Holmes, Theranos und die Blamage des Silicon Valley

Kapitel 9: Die wahre Thomas-Crown-Affäre: Die größten Kunstdiebstähle der Geschichte

Kapitel 10: The Soul of Wall Street: Gordon Gekko und Jordan Belfort

Kapitel 11: Kleptokratie. Der 1MDB-Milliardenskandal in Malaysia

Kapitel 12: Filthy Money: Die schmutzige Geschichte von Jeffrey Epstein

Kapitel 13: Verwöhnte reiche Kinder: Das Fyre Festival

Kapitel 14: Crypto Scams: Reich werden mit Bitcoins

Epilog

Danksagungen

Über den Autor

Empfohlene Bücher und Filme

Anmerkungen

Liste der Abbildungen

Stimmen zum Buch

»Gier und Angst sind die wohl wichtigsten Triebfedern an der Börse. Torsten Dennin gibt einen spannenden Überblick darüber, wie sich die Gier von Finanzmarkt-Akteuren in verschiedenen Anlageskandalen geäußert hat – und wie es überhaupt so weit kommen konnte. Das Buch ist gerade auch für Privatanleger lesenswert, wollen sie solchen Praktiken nicht zum Opfer fallen.«

Michael Ferber, Wirtschaftsredakteur Neue Zürcher Zeitung (NZZ)

»Spannend geschrieben wie ein Krimi!«

Frank Meyer, n-tv Börsenreporter und Moderator

»Ein Tauchgang in die Abgründe der menschlichen Gier.«

Florian Hofer, Journalist und Chefredakteur Zuger Presse

»Die lang erwartete und logische Fortsetzung von Torsten Dennins hervorragendem Buch Von Tulpen zu Bitcoins. Ein faszinierender Einblick in die Welt der Gier.«

Vsevolod Bernstein, Journalist

»Die Gier ist wohl die stärkste Emotion, die Investoren antreibt – und sie jegliches Maß für Moral, Anstand oder die juristischen Regeln verlieren lässt. Dieses Buch öffnet Augen und hilft jedem Anleger, die eigenen Emotionen besser zu kontrollieren.«

Jessica Schwarzer, Autorin and Journalistin

»Alle wichtigen Finanzskandale in einem Werk zusammengefasst. Nichts ist mitreißender als die Realität. Torsten Dennin hat hier ganze und gute Arbeit geleistet.«

Ralf Flierl, Chefredakteur des Magazins Smart Investor

»In akribischer Präzision hat Torsten Dennin ein weiteres bemerkenswertes und lesenswertes Buch über die dunkle Seite von Geld und Finanzen und ihre faszinierende Psychologie geschrieben. Es ist eine verrückte Fahrt durch die Geschichte der Ponzi-Szenen und Betrüger. Ich hoffe, dass viele Leute das Buch lesen und in Zukunft nicht auf das Thema hereinfallen.«

Marc Friedrich, Autor von Die Größte Chance aller Zeiten

»Dr. Dennin ist einer dieser wenigen Ökonomen, der nicht nur die vielen komplexen Faktoren des Wirtschaftsgeschehens versteht, sondern der auch in der Lage ist, die Ausschweifungen der Märkte unterhaltsam und für jedermann verständlich zu beschreiben.«

Klaus Martini, Landesbank Baden-Württemberg (LBBW)

»Ein absolutes must read! Torsten zieht eine Linie über Adam Smiths Eigeninteresse hinaus zur Gier. Das wunderbar geschriebene Buch erklärt die sozialen Umweltbedingungen der Raubsucht. Der Mehrwert des Buchs liegt in der Erkennung der verschiedenen Eigenschaften der Gier, denn oft geht es nicht nur um die Persönlichkeit, sondern auch um Institutionen.«

Ulrich Stephan, Deutsche Bank AG

»Wie der Titel andeutet, kann der Leser komplexe Pläne, verschlungene Handlungen, groß angelegte Betrügereien, exzessive Lebensstile und egozentrische intellektuelle Verrückte erwarten. Eine spannende Zusammenfassung von Dennins eigener Erfahrung in der Finanzbranche, gut kombiniert mit weiteren Nachforschungen und Erfahrungsberichten anderer Branchenexperten. Wieder ein Lesevergnügen!«

Björn Jesch, DWS Group

»Geschichte wiederholt sich nicht, aber sie reimt sich. Torstens umfangreiches Buch fasst die Verse der Gier hervorragend und unterhaltsam zusammen. Starke Lektüre!«

Peter Bösenberg, Société Générale

»Ein hervorragendes Buch, welches unser Verständnis zur Thematik des ›White Collar‹ Crimes weiter vertieft und einen Beitrag leistet, dass Wirtschaftskriminalität in unserer Gesellschaft KEINE Zukunft hat.«

Christian Trixl, Armundi Asset Management

»Отличное пособие о том как не стать бедным.«

Philip Dubin, VP Bank

»Unbedingt lesenswert. Auf äußerst unterhaltsame Weise gelingt es dem Autor, DIE großen Finanzskandale des letzten Jahrhunderts Revue passieren zu lassen.«

David Kunz, BX Swiss AG

»Games of Greed von Professor Dr. Torsten Dennin gibt einen wertvollen Überblick über Anlageskandale, die sich auf den Finanzmarkt auswirken, und identifiziert die kritischen Faktoren für deren Entstehung. Ein must read, denn der Autor versteht, was vor sich geht und erzählt dem Leser nichts als Wahrheit und Fakten.«

Dirk Spiegel, Partner AvelaLaw

»Education is key! Dieses Buch beweist eindeutig, dass wir die Geschichte und die Fehler verstehen müssen, die wir in der Vergangenheit gemacht haben. Nur um in dieser schnelllebigen Welt auf dem Laufenden zu bleiben, damit wir hoffentlich lernen und unsere Fehler nicht wiederholen. Aber Neuerungen dürfen nicht ignoriert werden, das ist Teil der Lektion!«

Sina Meier, 21Shares

»Gier frisst Hirn, und mit Angst darf man nie investieren. Hausaufgaben vorher machen und dranbleiben.«

Jochen Staiger, Swiss Resource Capital AG

Bettina Steiger, Bank Muscat, Oman

»Torsten Dennin fasst hervorragend historische Beispiele von Gier vor allem im Finanzbereich zusammen. Als Anlageexperte schätze ich diese Sammlung von Geschichten sehr, da sie helfen können, potenzielle Warnsignale bei zukünftigen Investitionen zu erkennen.«

Pascal Riehn, Pinechip Capital

»Wo Geld ist, da ist auch Gier. Egal welcher Markt, wenn es darum geht Vermögen zu machen, wird die Gier ihren Weg zu skrupellosen Menschen finden, die auf den schnellen Profit aus sind. Leider endet dies hin und wieder in Tränen für die Mehrheit der ahnungslosen Anleger. Torsten schafft es erneut und bringt uns ein Buch, das zu lesen Spaß macht und dabei die neuesten hochkarätigen Fälle präsentiert.«

Mathieu Parent, Credit Suisse AG

»Faszinierende Geschichten über Gier spannend auf den Punkt gebracht. Das Buch zeigt die Hintergründe der großen Betrugsmaschen der Finanzgeschichte!«

Professor Dr. Stefan Behringer, Hochschule Luzern (HSLU)

»Eine hervorragende Aufarbeitung der Mechanismen und systemischen Auswirkungen von Angst und Gier. Ein zeitloses Basiswerk, insbesondere für aktuelle und angehende Führungskräfte!«

Professor Dr. Timo Zimmermann, International School of Management (ISM)

»Ein spannender Spaziergang im Erkenntnisparadies der Finanzwelt.«

Professor Dr. Martin Uzik, Hochschule für Wirtschaft und Recht Berlin (HWR)

»Finanzanlagen sind definitiv keine Erfolgseinbahnstraße. Bei aller Euphorie empfiehlt sich auch der Blick auf die Seite des Misserfolgs. Spannend geschriebene Episoden mit hohem Lernwert!«

Dr. Andreas Block, Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW)

Für Aurelia und Alina

Greed is good. Greed is right. Greed works. Greed clarifies, cuts through, and captures the essence of the evolutionary spirit. Greed, in all of its forms -- greed for life, for money, for love, knowledge -- has marked the upward surge of mankind. Greed for the lack of a better word [. . .] is good.

—Michael Douglas alias Gordon Gekko in dem Film Wall Street (1987)

Just when I think you couldn’t possibly be any dumber, you go and do something like this . . .

—Jim Carrey alias Lloyd Christmas in dem FilmDumm und Dümmer (1994)

We have not become less greedy or less stupid.

—Stephen Hawking (2016)

Vorwort

Als ich begann, mich mit Angst und Furcht zu beschäftigen, war mein erster Eindruck, dass Angst und Gier Gegensätze sind. Angst löst eine starke Vermeidungsreaktion aus – unser ganzes Wesen ist darauf ausgerichtet, dem gefürchteten Objekt oder der Situation so schnell wie möglich zu entkommen. Gier hingegen ist die ultimative Annäherungsreaktion: Wir wollen mehr, mehr und mehr von dem gewünschten Objekt oder der Situation. Dennoch könnten die psychologischen Mechanismen ähnlicher sein, als man auf den ersten Blick vermuten würde.

Angst ist eine fest verankerte Emotion mit einem enormen evolutionären Vorteil. Im Angesicht einer Bedrohung wird eine starke physiologische Reaktion ausgelöst, die unseren gesamten Körper aktiviert: Unser Herzschlag beschleunigt sich, unsere Atmung beschleunigt sich, unser Blutdruck steigt an. Selbst unsere Muskeln spannen sich an, um eine schnelle Verhaltensreaktion hervorzurufen: Kampf, Flucht oder Erstarren. Wenn man zum Beispiel in den kanadischen Wäldern einem gefährlichen Bären gegenübersteht, muss man in Sekundenbruchteilen entscheiden, mit welcher Strategie man sein eigenes Leben retten will. Werden wir fliehen? Bleiben wir und kämpfen um unser Leben? Oder bleiben wir stehen und starren wie ein Eichhörnchen, um den nächsten Schritt unseres Gegners zu erkennen? Die Bedeutung des Erlebens von Angst wird deutlich: Angst löst die körperlichen Reaktionen aus, die erforderlich sind, die richtige Reaktion zur Rettung unseres Lebens einzuleiten.

Dieser wunderbare Prozess hat jedoch einen großen Nachteil: Unser Körper kann nicht zwischen Situationen unterscheiden, in denen wir tatsächlich in Gefahr sind, und solchen, in denen wir lediglich glauben, dass wir bedroht sind. Die physiologische Reaktion ist gleich. Die kognitive Komponente von Angst und Furcht ist so beschaffen, dass allein unsere Interpretationen einer (möglicherweise) unklaren Situation Angst und die damit einhergehende körperliche Reaktion auslösen, selbst wenn keine offensichtliche Bedrohung vorliegt. Dies ist bei vielen Phobien der Fall: Spinnenphobie, Klaustrophobie, Agoraphobie, Akrophobie und so weiter. Diese Angststörungen beruhen alle auf dem Irrglauben, dass die Situationen (Spinnen, kleine Räume, große und überfüllte Räume und Höhen) gefährlich und lebensbedrohlich sind. Diese Überzeugungen werden als irrational bezeichnet, da sie nicht der Realität entsprechen – sie sind in Wirklichkeit eine Art Illusion. Spinnen sind in den meisten Fällen nicht tödlich, ebensowenig wie große Höhen oder kleine Räume. Hält man diese irrationalen Überzeugungen jedoch für wahr, lösen diese harmlosen Situationen Angst und damit ein starkes Vermeidungsverhalten aus. Außerdem wird dieses Vermeidungsverhalten verstärkt, weil die vermeintliche Gefahr nicht eingetreten ist und die Angst somit abnimmt. Diese sogenannte »operante Verstärkung beziehungsweise Konditionierung« führt zu einem Teufelskreis, bei dem ein Individuum nicht lernt, dass keine tatsächliche Gefahr besteht und jahrelang ängstlich bleibt.

Die gleichen psychologischen Mechanismen könnten auch bei der Gier eine Rolle spielen – und genauer gesagt bei der übermäßigen Gier. Auch hier könnte es sich nur um eine Illusion handeln, die auf einer irrationalen, wenn auch übermäßig optimistischen Überzeugung beruht. Wenn man sich einer Situation gegenübersieht, die eine Chance bieten könnte, könnte man glauben, dass es sich um die Chance des Lebens handelt und damit eine starke, fast euphorische, emotionale Reaktion auslösen, die wiederum unseren Körper zu einer schnellen Verhaltensreaktion veranlasst. Doch statt ein starkes Vermeidungsverhalten auszulösen, wird in diesem Fall ein starkes Annäherungsverhalten verursacht, eine Verhaltenstendenz, die von Natur aus reflexartig und daher kaum zu hemmen ist. Darüber hinaus könnte das gleiche Prinzip der operanten Konditionierung zum Tragen kommen: Das Annäherungsverhalten wird mit Gewinn und Geld belohnt. Wir wissen auch, dass Belohnungen, die in Abständen vergeben werden (mal gewinnt man, mal verliert man), sehr effektiv sind, um das Verhalten zu trainieren, wie es zum Beispiel bei der Spielsucht der Fall ist, wodurch ebenfalls ein Teufelskreis entsteht. Sowohl Angst als auch Gier stellen emotionale Zustände dar, die das Individuum gefangen halten und beide haben das Potenzial, ein Eigenleben zu entwickeln.

In seinem aufschlussreichen Buch zeigt Torsten Dennin die Fallstricke der Gier anhand vieler konkreter Beispiele von Menschen auf, die wie Ikarus zu hoch geflogen sind, um dann abzustürzen und mit katastrophalen Folgen zu enden. Er tut dies mit großer Einsicht in psychologische, neurobiologische und ökonomische Mechanismen, die er nach und nach zusammenführt. In der heutigen Zeit zunehmender finanzieller Spannungen und knapper werdender globaler Ressourcen ist seine Analyse der Gier sowohl relevant als auch zeitgemäß. Dieses aufschlussreiche Buch wird Sie sicher auf Trab und wach halten!

Professor Dr. Anouk Vanden Bogaerde*

Einführung

Three great forces rule the world: stupidity, fear, and greed.

ALBERT EINSTEIN

Angst und Gier gehören zu den stärksten Motivatoren. Man denke nur an FOMO (fear of missing out), die Angst, etwas zu verpassen, und den Wunsch, schnell und ohne viel Aufwand reich zu werden. Denn die meisten von uns sind nicht zufrieden mit dem, was sie haben, und möchten ihr Leben aufwerten, vielleicht mit besserem Essen, mehr Reisen, einem Luxusauto, einem größeren Haus. Das Fernsehen und die sozialen Medien liefern uns ständig Ideen für unsere Träume, indem sie uns das Leben der Reichen und Berühmten zeigen: Häuser, Autos, Jachten, Privatjets, Leben an fantastischen Orten. Verlockend, wir wollen das alles auch!

Wenn Sie bei Google nach »Gier« suchen, stoßen Sie auf viele Darstellungen von ziemlich aufgeblasenen Personen – zumeist ältere weiße Männer –, die Geld horten. Gier ist nach allgemeinem Verständnis ein unwiderstehliches und unaufhaltsames Verlangen, mehr zu besitzen. Wie eine Sucht ist die Gier grenzenlos. Mehr Geld ist immer besser als weniger Geld.

Von der Todsünde zum gesellschaftlichen Nutzen: Gier in der Religion

Materialismus und Gier stehen in den meisten religiösen Philosophien auf der Negativliste. In der buddhistischen Tradition hält uns die Begierde vom Weg zur Erleuchtung ab. In der hinduistischen Bhagavad Gita bezeichnet Lord Krishna die Habgier als großen Zerstörer und die Grundlage der Sünde. Muslime werden im Koran gewarnt, sich vor Habgier in Acht zu nehmen. Genauer gesagt sollte ein Muslim keine großen Geldsummen sparen und horten, sondern sie an diejenigen verteilen, die sie brauchen. Auch heute noch darf ein Muslim nicht davon profitieren, dass er Geld verleiht und dann Zinszahlungen annimmt.

Das gleiche Verbot findet sich seit Langem auch im Christentum wieder, denn die Kirche verbot Christen lange Zeit, Geld zu verleihen und hierfür Zinsen zu verlangen. Später wurde dies in das Verbot von Wucher umgewandelt, das heißt in das Verbot, übermäßig hohe Zinsen zu verlangen. Da Geld- und Kreditgeschäfte für das Wirtschaftswachstum immer schon unverzichtbar waren, füllten mehrheitlich Menschen jüdischen Glaubens diese Lücke ab dem Mittelalter im christlichen Europa. Aber auch im Judentum warnen Talmud und Midrasch davor, dass Habgier vergeblich ist; es wird als ein Ziel ohne Ende dargestellt, das nicht zum menschlichen Glück führen wird. (»Wer Geld liebt, wird nie mit Geld zufrieden sein«, Kohelet 5:9)

Im Katechismus der katholischen Kirche verbietet das Zehnte Gebot die Habgier und den Wunsch, irdische Güter anzuhäufen. Die Habgier – auch als Geiz, Habsucht oder Begehrlichkeit bekannt – ist wie die Wollust und die Völlerei eine Sünde der Begierde. Papst Gregor veröffentlichte im Jahr 590 n. Chr. eine Liste der sieben Todsünden und Tugenden. Diese Todsünden, in der römisch-katholischen Theologie auch Kardinalsünden genannt, sind die schwersten Sünden, die eine bewusste Abkehr von Gott darstellen. Thomas von Aquin nannte sie Kapitalsünden, weil sie der Ursprung aller anderen Sünden sind. Dante Alighieri definierte die meisten Todsünden als perverse oder verdorbene Varianten der Liebe zu etwas oder jemandem: Wollust, Völlerei und Habgier sind allesamt übermäßige oder gestörte Liebe zu guten Dingen, während Trägheit ein Mangel an Liebe ist. Alle Todsünden sind mit Stolz verbunden, der als Vater aller Sünden bezeichnet wird.

Korruption, Habgier und das skandalöse Leben des Klerus waren einer der Auslöser für die protestantische Reformation in Europa zu Beginn des 16. Jahrhunderts. Reformatoren wie Erasmus, Zwingli, Luther und Calvin prangerten diese unhaltbaren Zustände an. Nach vielen Konflikten führte dies zu einer Spaltung der Kirche in die katholische und verschiedene protestantische Kirchen. Der Protestantismus entwickelte dabei eine eher materialistische Lebensauffassung. Erfolg durch harte Arbeit galt als Zeichen der Gunst Gottes. Eine Neuerung, welche dazu beitrug, die Saat des kapitalistischen Denkens zu legen.

Die Aufklärung, die erste Industrielle Revolution und der Aufstieg von Wissenschaft und Technik ließen den Einfluss und die Vorherrschaft der Kirche drastisch schwinden. Adam Smith, einer der Gründerväter der klassischen Ökonomie, baute auf diesem Gedankengut auf und proklamierte 1776 die These, dass das individuelle Eigeninteresse letztlich der beste Weg zu allgemeinem Wohlstand und einer florierenden Wirtschaft ist. Denn er legte zugrunde, dass das menschliche Streben nach Geld, Erfolg oder Ruhm eine starke Motivation für die Menschen ist, Produkte zu verbessern, Innovationen einzuführen und mit anderen zu konkurrieren.

Gier veranlasst die Menschen dazu, etwas zu tun, da sie für ihre Bemühungen belohnt werden. Nimmt man die Belohnung weg, entfällt auch der Anreiz zur Arbeit. Die Geschichte zeigt, wie sich das Konzept der Gier im Laufe der Jahrhunderte verändert hat, als sie sich von einer Todsünde zu einem wirtschaftlichen und sozialen Nutzenfaktor entwickelte.

Vom Homo Oeconomicus zur Neuroökonomie

Die Wirtschaftswissenschaften befassen sich mit der Frage, wie Menschen Geld verdienen und verwenden und wie die Wirtschaft funktioniert. Vor Jahrzehnten hat die moderne Wirtschaftswissenschaft die Theorie des Homo oeconomicus über Bord geworfen, die lange Zeit ein Modell für menschliches Verhalten war, das davon ausging, dass der Mensch über eine unendliche Fähigkeit verfügt, rationale Entscheidungen zu treffen.

Viele Finanz- und Wirtschaftsmodelle beruhen noch immer auf der Annahme, dass Menschen rational sind und versuchen, ihren Nutzen zu maximieren, sowohl in Bezug auf monetäre als auch auf nicht-monetäre Ziele. Doch trotz zahlreicher hochfliegender mathematischer Modelle kann nichts die sprunghaften Bewegungen bei Aktien oder anderen Vermögensgütern wirklich erklären. Praktiker wissen, dass die Finanzmärkte von zwei starken Emotionen – Gier und Angst – angetrieben werden, die zu irrationalem Marktverhalten wie Spekulationsblasen und Crashs führen, die nicht mit der Hypothese effizienter Märkte vereinbar sind.

Sowohl Gier als auch Angst gehören zu den von John Maynard Keynes identifizierten animal spirits, die die Wirtschaft und die Finanzmärkte tiefgreifend beeinflussen. Keynes spricht dabei von den menschlichen Emotionen, die alles, vom Verbrauchervertrauen bis zum Kauf und Verkauf von Wertpapieren, beeinflussen.

Als eine Sozialwissenschaft stützen sich die Wirtschaftswissenschaften auf Methoden aus angrenzenden Studienbereichen, um Erkenntnisgewinne zu generieren. Denn strenge und beweisbare Gesetzmäßigkeiten wie in der Mathematik, Physik oder Chemie gibt es hier nicht. Hier seien vor allem die Biologie und die Psychologie genannt.

Richard Dawkins berühmtes Buch Das egoistische Gen beeinflusste die Biologie und inspirierte auch den Zweig der evolutionären Wirtschaft. Methoden der Biologie (wie Evolutionsprozesse) und der Psychologie beeinflussten die modernen Wirtschafts- und Finanztheorien bis zum heutigen Tag.

Behavioral Economics und Behavioral Finance sind die Lehre von den Auswirkungen der Psychologie auf Anleger, Finanzmärkte und Entscheidungen. Sie konzentriert sich darauf, zu erklären warum es Anlegern oft an Selbstkontrolle zu mangeln scheint, sie gegen ihre eigenen Interessen handeln und Entscheidungen auf der Grundlage persönlicher Voreingenommenheit statt auf der Grundlage rationaler Fakten treffen. Behavioral Finance befasst sich dabei mit systematischen Kognitionsproblemen, Heurisiken und Anomalien.

Gier und Angst als Grundlage nicht-rationaler Entscheidungen beeinflussen viele Anleger. Das resultierende »Herdenverhalten« ist an der Börse als Ursache für dramatische Auf- und Abschwünge berüchtigt, da die Menschen dazu neigen, das Finanzverhalten der Mehrheit der Herde zu imitieren.

Richard Thaler und Daniel Kahneman leisteten bahnbrechende Arbeit bei der Anwendung psychologischer Erkenntnisse auf die Wirtschaftstheorie, insbesondere in den Bereichen Urteilsvermögen und Entscheidungsfindung unter Unsicherheit. Ihre »Nudge«-Theorie schlägt positive Verstärkung und indirekte Vorschläge als Möglichkeiten zur Beeinflussung des Verhaltens und der Entscheidungsfindung von Gruppen oder Einzelpersonen vor und beweist damit die Bedeutung der Psychologie für das menschliche Wirtschaftsverhalten.

In einem nächsten Schritt kann die Neuroökonomie – die Anwendung des medizinischen Fachgebiets der Neurowissenschaften auf die Ökonomie – mit Hilfe von bildgebenden Verfahren des Gehirns wie der Positronen-Emissions-Tomografie, der Magnetresonanz-Tomografie oder der Massenspektrometrie tiefer in das Verständnis der neuronalen Signalübertragung eindringen. Wenn wir die chemischen Veränderungen im Gehirn und das Feuern der Zellen verstehen, kommen wir dem Verständnis näher, wie Neuronen das individuelle wirtschaftliche Verhalten steuern.

Games of Greed: Spielarten der Gier

In der Zwischenzeit werden Gier und Angst weiterhin die Finanzmärkte und unser Privatleben beeinflussen. Die folgenden vierzehn Kapitel geben einen Einblick in verschiedene Spielarten der Gier. Einige dieser Geschichten aus dem wirklichen Leben wurden bereits zu Bestseller-Büchern und Blockbuster-Filmen, denn die besten Geschichten schreibt immer das Leben selbst.

Das erste Kapitel gibt einen kleinen Einblick in die Pandora, Paradise und Panama Papers. Diese und andere Datenlecks aus Offshore-Steuerparadiesen sind ein Weckruf für die Reichen. Julian Assange, WikiLeaks und Edward Snowden machten Whistleblowing gesellschaftlich ehrenwert und gaben den Reichen und Mächtigen Grund zu befürchten, dass ihre Namen – und ihr Vermögen – enthüllt werden könnten. Denn nur multinationale Konzerne und die globale Elite waren bislang in der Lage, ihren Reichtum in komplexen Offshore-Strukturen zu verstecken, die die Namen ihrer Besitzer nicht preisgeben, entweder um Geldwäsche zu erleichtern oder einfach um Steuern zu sparen. Willkommen in der undurchsichtigen Welt der Hochfinanz.

In den Kapiteln zwei und drei geht es um Pyramidensysteme, die – zurückgehend auf den Erfinder Charles Ponzi – versprechen, Anlegern innerhalb kurzer Zeit zu enormen Gewinnen zu verhelfen. Ponzi tat dies, indem er Anleger mit Geld bezahlte, das von neuen Anlegern kam. Bernie Madoff betrieb das größte Schneeballsystem aller Zeiten und nahm jahrzehntelang das Geld der Reichen und Berühmten. Die Kursturbulenzen der globalen Finanzkrise 2008 und eine Flut von Anlegern, die deswegen ihr Geld zurückhaben wollten, brachten ans Tageslicht, dass Madoff gar kein Geld hatte: Das Geld war fort und die enormen Renditen, die er seinen Kunden versprach, waren nichts als Schall und Rauch.

Fast 30 Jahre zuvor setzten Glasnost und Perestroika dem Kommunismus in Russland ein Ende, und die neu eingeführte Marktwirtschaft hatte seitdem viele einfache Menschen benachteiligt. Enttäuschte Anleger steckten ihr Geld in die Mavrodi Mondial Moneybox, bekannt als MMM, in der Hoffnung, dass auch sie so reich werden könnten wie die Oligarchen. Doch MMM entpuppte sich als reines Schneeballsystem und die Anleger verloren alles.

Enron und WorldCom im vierten Kapitel sind Best-Practice-Beispiele für die Gier von Unternehmen – und dafür, wie sich das Management bereichern und Anleger und Mitarbeiter gleichermaßen ruinieren kann. Wer glaubte, neue und verbesserte Rechnungslegungsstandards und strengere Finanzvorschriften würden diese Art von Betrug unmöglich machen, sollte einen Blick auf den in Ungnade gefallenen Liebling des deutschen Aktienmarkts im Jahr 2020 werfen: die Wirecard AG.

In der Finanzwelt ist es ein schmaler Grat zwischen einem Starhändler und einem Rough Trader. In Kapitel fünf geht es darum, wie ein einzelner Händler eine ganze Bank ruinieren kann, wie es Nick Leeson 1995 mit der britischen Barings Bank tat. In der Zwischenzeit spielte Jérôme Kerviel vom französischen Bankenriesen Société Générale ein riskantes Spiel und verlor 2008 bei einem Handelsskandal 5 Milliarden Dollar. Und Yasuo Hamanaka von der japanischen Sumitomo Corporation wettete 1996 falsch auf den Kupfermarkt und verlor 1,8 Milliarden Dollar.

Die Glücksspielmetropole Las Vegas –- auch bekannt als Sin City – ruft Bilder von schnellem Geld, Prostituierten und Drogen hervor. Es stellt sich heraus, dass erfolgreiche Händler viele Eigenschaften mit erfolgreichen Spielern gemeinsam haben, wie die großen Wale, die 1.000.000 Dollar pro Spiel setzen. In Kapitel sechs wird Edward Thorp vorgestellt, ein Mann für alle Märkte: Blackjack-Legende und Hedgefonds-Manager. Seine Taktik wurde von Bill Kaplan und dem MIT-Blackjack-Team übernommen, die Casinos um mehr als 100 Millionen Dollar erleichterten.

Im siebten Kapitel geht es nach Brasilien, wo 2014 mit der Operation Carwash ein riesiges systematisches Netz von Bestechungsgeldern aufgedeckt wurde. Einem Krebsgeschwür gleich kam in der brasilianischen Politikszene immer mehr Kriminalität zum Vorschein. Milliardäre wanderten ins Gefängnis und zwei Regierungen gerieten ins Straucheln.

Im Silicon Valley ist es schwer, Erfolg zu haben. »Fake it, until you make it«, ist ein Weg zum Erfolg, der auch sehr, sehr schiefgehen kann. In Kapitel acht jagt Elizabeth Holmes, die ehemalige gehypte Gründerin und Vorstandsvorsitzende des Start-ups Theranos, Einhörnern hinterher. Dabei lernt sie ihre Lektion auf die harte Tour, nachdem sie Investoren um Millionen betrogen und das Leben von Menschen durch ihre Produkte gefährdet hat.

In Die Thomas-Crown-Affäre, macht sich Hollywood die Idee eines kriminellen Superhirns und Gentleman-Gangsters zu eigen, der berühmte Kunstwerke stiehlt. Die Realität ist meist weniger aufregend, aber 1990 stehlen echte Diebe Kunstwerke im Wert von mehr als 1 Milliarde Dollar aus dem Isabella Stewart Gardner Museum in Boston. Es handelt sich um einen der größten Kunstdiebstähle der Geschichte, der bis heute ungelöst ist.

Aber nichts fängt das Konzept der Gier so gut ein wie die Seele der Wall Street, in diesem Fall repräsentiert durch Popkultur- und Leinwand-Helden wie Gordon Gekko, Jordan Belfort oder Bobby Axelrod. Kapitel 10 zeigt, wie eine Kultur der Gier die Dominosteine in Richtung der globalen Finanzkrise von 2008 kippen lässt.

Die Kleptokratie (Kapitel 11) führt nach Malaysia und zu einem der größten Finanzskandale aller Zeiten, bei dem es um die Veruntreuung von mehr als 4,5 Milliarden Dollar geht: der Skandal um die 1Malaysia Development Berhad. Bis heute hält sich dessen Drahtzieher mit Hunderten Millionen veruntreuter Gelder versteckt.

Kapitel 12 zeigt eine andere Art von Gier und konzentriert sich auf die Geschichte von Jeffrey Epstein, einem bekannten Milliardär und mutmaßlichen Sexhändler. Er hat jahrzehntelang minderjährige Mädchen missbraucht und einen internationalen Sexhandelsring für die Reichen und Berühmten geleitet. Aufgrund seines Gelds und seiner Verbindungen wurde er nie zur Verantwortung gezogen und beging 2019 in seiner Gefängniszelle Selbstmord – so wird angenommen.

Kapitel 13 führt uns zum Fyre Festival, dem von Billy McFarland organisierten Luxus-Musikfestival auf den Bahamas. Zum Unglück vieler Menschen stellte sich das Festival als massiver Betrug heraus und die Teilnehmer fanden sich in einer realen Version von Die Tribute von Panem und Herr der Fliegen wieder.

In Crypto Scams (Kapitel 14) hebt die Blockchain das Konzept der Schneeballsysteme auf den nächsten Level. Zu den unbeholfenen Teenagerjahren der Krypto-Szene gehörten Diebstahl, Betrug, unregulierte ICOs und andere Betrügereien. Hierbei ragen zwei Konzepte heraus, auf die ich näher eingehe: OneCoin und BitConnect.

Games of Greed verbindet die Enthüllungen der Pandora, Paradise und Panama Papers mit dem König der Lügen, Bernie Madoff, und anderen berühmten Gaunern und Betrügern wie Nick Leeson, Jérôme Kerviel, Billy McFarland und Jordan Belfort, dem wahren Wolf der Wall Street. Dieses Buch spannt einen Bogen von den Exzessen und Übertreibungen der Finanz- und Geschäftswelt vom Silicon Valley bis hin zum sündigen Las Vegas, von Kunsträubern zu Aktienmärkten, Bitcoins und Festivalbetrug. In einer Achterbahnfahrt von einzelnen Episoden und Geschichten zeige ich, dass diese Punkte in der menschlichen Psyche verbunden sind, tief in uns verwurzelt. Wir sollten uns also besser auch in Zukunft auf weitere Spielarten der Gier einstellen.

In der Zwischenzeit, genießen Sie die aufregende Fahrt!

Kapitel 1

Ein Weckruf für die Reichen: Die Pandora-, Paradies- und Panama-Papiere

Die globale Elite nutzt Steuerparadiese und Briefkastenfirmen, um ihren Reichtum vor der Öffentlichkeit oder gierigen Regierungen zu verbergen. An exotischen Orten wie den Britischen Jungferninseln oder den Cayman Islands vermischt sich Steuervermeidung mit Geldwäsche, Terrorismusfinanzierung sowie Sex- und Drogenhandel. Aber Whistleblower und undichte Stellen wie die Pandora, Paradise und Panama Papers bringen Komplizen wie Mossack Fonseca und Appleby auf die Titelseite der Nachrichten und die Reichen und Berühmten werden bloßgestellt.

Ich habe mir die Panama Papers genau angesehen und muss zugeben, dass ich selbst als Experte für wirtschaftliche und organisierte Kriminalität erstaunt war, dass so viel von dem, worüber wir in der Theorie sprechen, in der Praxis bestätigt wurde.

MARK PIETH, JURIST UND EXPERTE FÜR KORRUPTIONSBEKÄMPFUNG AN DER UNIVERSITÄT BASEL, SCHWEIZ

Der Harvard-Absolvent Mitch McDeere (gespielt von Tom Cruise), Einsteiger bei der Boutique-Anwaltskanzlei Bendini, Lambert & Locke, erfährt auf einer Reise zu den Cayman Islands, dass die Kanzlei wohlhabenden Kunden dabei hilft, Geld in Offshore-Firmen und anderen dubiosen Steuervermeidungsprogrammen zu verstecken. Dies ist der Auftakt des Films Die Firma (1993), der auf dem gleichnamigen Roman von John Grisham aus dem Jahr 1991 basiert.

Wie in der Popkultur und vielen Medienberichten dargestellt, versuchen die Superreichen der Welt in Steueroasen ihr Einkommen und Vermögen vor dem Zugriff der ihrer Meinung nach gierigen, nationalen Regierungen zu schützen. Hierzu wenden sie sich an eine verschwiegene Bank in der Schweiz oder an winzige Inselstaaten wie die Cayman Islands, Bermuda oder die Britischen Jungferninseln.

Was ist ein Steuerparadies?

Ein Steuerparadies ist ein Land, in dem ausländische Unternehmen und Privatpersonen für ihre Bankeinlagen in einem politisch und wirtschaftlich stabilen Umfeld keine oder nur geringe Steuern zahlen müssen.

Viele der Länder, die als Steuerparadiese für Privatpersonen dienen, werden auch von Unternehmen genutzt. In der Bewertung der Steueroasen für Unternehmen durch das Tax Justice Network aus dem Jahr 2021 werden die Britischen Jungferninseln, die Cayman Islands und die Bermudas als die drei wichtigsten Steueroasen für Unternehmen aufgeführt. Die Cayman Islands sind bei der amerikanischen Elite und großen multinationalen Unternehmen zu einem beliebten Steuerparadies geworden, weil dort keine Körperschaft- oder Einkommensteuer auf außerhalb des Hoheitsgebiets verdientes Geld erhoben wird. Anstatt Einkommensteuern zu zahlen, entrichten Offshore-Unternehmen eine jährliche Lizenzgebühr direkt an die Regierung.

Die Paradise und Panama Papers

Am 5. November 2017 schlug es ein wie eine Bombe. Die ersten Details eines weiteren großen Datenlecks über internationale Offshore- und Steueroasen wurden veröffentlicht: Die Paradise Paper listeten Staatsoberhäupter, hochrangige Regierungsbeamte, Personen des öffentlichen Interesses und Unternehmen mit ihren finanziellen Aktivitäten auf. Viele der Aktivitäten waren zwar legal, zeigten aber fragwürdige ethische und moralische Standards und enthüllten eine Vielzahl weiterer Aktivitäten, die für illegale Zwecke genutzt wurden, darunter Betrug, Steuerhinterziehung und sogar die Umgehung internationaler Sanktionen.

»Willkommen im elitären Club der Geldwäsche, der Finanzierung des Terrorismus und des Sex- und Drogenhandels.«

Bei den Paradise Papers handelt es sich um mehr als 13 Millionen vertrauliche Dokumente über Offshore-Investitionen, die von der Anwaltskanzlei Appleby auf den Bermudas stammen. Neben den Bermudas unterhält Appleby auch Niederlassungen an anderen Offshore-Standorten wie den Britischen Jungferninseln, den Cayman Islands, der Isle of Man, Jersey, Guernsey, Mauritius und den Seychellen sowie in den Finanzzentren Hongkong und Shanghai.

Die Paradise Papers, benannt nach den exotischen Steuerparadiesen auf den Bermudas, kamen ein Jahr nach den Panama Papers ans Licht und enthüllten fast doppelt so viele Informationen wie diese. Die Panama Papers stammten aus der Datenbank von Mossack Fonseca, der damals viertgrößten Offshore-Kanzlei der Welt. Mehr als 200.000 Offshore-Unternehmen wurden aufgedeckt, wobei einige der Aktivitäten bis in die 1970er-Jahre zurückreichen.

Leaks: If It Bleeds, It Leads

Pandora Papers (Oktober 2021)Mauritius Leak (Juli 2019)Paradise Papers (November 2017)Malta Files (Mai 2017)Bahama Leaks (September 2016)Panama Papers (April 2016)Schweizer Leaks (Februar 2015)Luxemburg Leaks (Dezember 2014)

Offshore Lecks (April 2013)

Die Panama Papers sind vielleicht das bisher bedeutendste Leck an Offshore-Informationen, das aus 2,6 Terabyte an Daten besteht, die 2016 von der Anwaltskanzlei Mossack Fonseca in Panama veröffentlicht wurden. Im darauffolgenden Jahr, 2017, wurden in den Paradise Papers 1,4 Terabyte an Daten veröffentlicht, die meisten davon von Appleby.

Die Paradise und Panama Papers stellen eine Lawine dar, verglichen mit der Größe früherer Datenlecks wie den Swiss Leaks (2015), den Luxembourg Leaks (2014) oder den Offshore Leaks (2013), die alle zusammen fast ein Zehntel des Datenumfangs der Panama Papers ausmachen.

Im Oktober 2021 übertraf die Veröffentlichung der Pandora Papers alles bisher Dagewesene: 2,9 Terabyte an Daten von 14 verschiedenen Offshore-Dienstleistern, deren Standorte von Belize über Vietnam und Singapur bis hin zu weit entfernten Inselgruppen wie den Bahamas, den Seychellen und Mauritius reichen. Aufgrund der Vielzahl von Dienstleistungsanbietern, Offshore-Standorten und auch prominenten Kunden wurde das Datenleck nach dem Artefakt in der griechischen Mythologie benannt, das als Büchse der Pandora bekannt ist – als Quelle großer und unerwarteter Schwierigkeiten.

The Fifth Estate: Von Julian Assange und WikiLeaks zu Edward Snowden

Das neue Jahrtausend brachte eine neue Blütezeit für Whistleblower. Allgemein gesprochen ist ein Whistleblower, in der Regel ein Angestellter eines Unternehmens oder einer Regierungsbehörde oder ein anderer Insider, jemand, der der Öffentlichkeit oder einer Behörde Informationen über ein Fehlverhalten in seinem Unternehmen mitteilt, welches als illegal, unerlaubt, unsicher oder betrügerisch angesehen wird.

Einer der prominentesten Whistleblower ist Julian Assange, der seit April 2019 ohne formale Verurteilung im Londoner Hochsicherheitsgefängnis Belmarsh inhaftiert ist und dem, im Fall seiner Auslieferung an die USA, 175 Jahre Haft drohen. Das passiert, wenn man die mächtigste Nation der Welt, ihr Militär und ihren Geheimdienst mit ihren Verfehlungen konfrontiert.

Assange ist ein australischer Redakteur, Verleger und Aktivist, der 2006 die Plattform WikiLeaks gründete, die 2010 internationale Aufmerksamkeit erlangte, als sie eine Reihe von Leaks veröffentlichte, die von Chelsea Manning, einer Angehörigen der US-Streitkräfte, zugespielt wurden. Ein Video, das an die Öffentlichkeit gelangte, zeigt, wie das US-Militär die Erschießung einer Gruppe von Zivilisten, darunter zwei Journalisten und zwei Kinder, im Irak vertuscht (bekannt geworden unter dem Stichwort »collateral murder«).

Nach den Leaks von 2010 leitete die US-Regierung eine strafrechtliche Untersuchung gegen WikiLeaks ein. Assange fühlte sich durch die liberalen Pressegesetze in Schweden geschützt und beantragte dort eine Arbeits- und Aufenthaltserlaubnis. Doch in Schweden wurde Assange diskreditiert: Er wurde von zwei Frauen im Anschluss an eine WikiLeaks-Konferenz in Stockholm der Vergewaltigung und sexuellen Nötigung beschuldigt. Da ihm die Auslieferung an die USA drohte, verstieß er gegen die Kaution und suchte im Juni 2012 Zuflucht in der ecuadorianischen Botschaft in London, wo er die folgenden sieben Jahre in Isolation verbrachte.

Im April 2019 wurde Assange nach einer Reihe von Streitigkeiten mit den ecuadorianischen Behörden das Asyl entzogen und die britische Polizei wurde in die Botschaft gelassen, um ihn festzunehmen. Kurz nach seiner Verhaftung stellte Schweden die Ermittlungen wegen Vergewaltigung ein.

Ein weiterer prominenter Whistleblower, Edward Snowden, sorgte 2013 für das größte Geheimdienstleck in der Geschichte der USA, als er eine Reihe globaler Überwachungsprogramme enthüllte, von denen viele von der National Security Agency (NSA) und einer globalen Allianz von Geheimdiensten mit Unterstützung mehrerer Telekommunikationsunternehmen betrieben wurden. Heute lebt Snowden in Russland, dessen Regierung ihm Asyl gewährt hat, nachdem das US-Justizministerium wegen Verstoßes gegen das Spionagegesetz und Diebstahls von Regierungseigentum Anklage gegen ihn erhoben hat.

Der Film The Fifth Estate (2013) mit Benedict Cumberbatch als Julian Assange in der Hauptrolle erzählt die Geschichte von WikiLeaks, während Snowden (2016) die Geschichte des jungen CIA-Subunternehmers und Whistleblowers erzählt, der streng geheime Informationen der NSA kopierte und sie aus ethischen und moralischen Gründen an die Presse weitergab.

Im Jahr 2008 hat Rudolf Elmer in der Schweiz vertrauliche Bankdokumente illegal an WikiLeaks weitergegeben, in denen die Aktivitäten der Schweizer Bank Julius Bär auf den Cayman Islands und die Rolle der Bank bei der Steuerhinterziehung beschrieben werden. Andere Whistleblower verkauften gegen Geld Steuer-CDs an lokale Regierungen. Weitere Beispiele, die in diesem Buch eine Rolle spielen, sind Sherron Watkins und Cynthia Cooper, die als Whistleblower in den Fällen von Enron, einem Energiehandelsunternehmen in Houston, TX, und dem Telekommunikationsriesen Worldcom tätig waren und Unternehmensbetrug in Milliardenhöhe aufdeckten. Harry Markopolos hat den milliardenschweren Star-Vermögensverwalter Bernie Madoff in den Jahren 2000, 2001 und 2005 bei der Finanzaufsicht angeschwärzt und sein System als Betrug deklariert. Leider wurde er von der US-amerikanischen Wertpapier- und Börsenaufsichtsbehörde SEC ignoriert.

Entlarvt . . .

Die Pandora, Panama und Paradise Papers enthüllten Steuervermeidungsstrategien der globalen Elite, enthielten aber auch Beweise für Verbrechen wie Geldwäsche für Kinderprostitutionsringe. Zusammen enthüllten die Pandora-, Paradise- und Panama-Papiere illegale Aktivitäten von mehr als 100.000 Personen und Unternehmen, darunter verschiedene Staatsoberhäupter und hochrangige Regierungsvertreter aus aller Welt, darunter das englische Königshaus, der saudische König, Wladimir Putin, der ehemalige britische Premierminister David Cameron, der ehemalige deutsche Bundeskanzler Gerhard Schröder sowie Geschäftsleute, Sportler, Medienstars und andere Personen des öffentlichen Interesses.

Die undichten Stellen führten zu einer Reihe von öffentlichkeitswirksamen Skandalen, darunter der Rücktritt des isländischen Premierministers Sigmundur Davíð Gunnlaugsson, nachdem ihm vorgeworfen wurde, er habe Anlagen in Millionenhöhe in einer Offshore-Firma versteckt.

In den USA sind die ehemaligen Finanz- und Handelsminister Steven Mnuchin und Wilbur Ross sowie der ehemalige Außenminister Rex Tillerson aufgeführt. In Russland sind neben Wladimir Putin auch Roman Abramowitsch, Eigentümer des Fußballclubs Chelsea, und Leonid Mikhelson, CEO des Erdgasriesen Novatek, dankbare Offshore-Kunden. In der Unternehmenswelt sind Paul Allen, Mitbegründer von Microsoft, James Harris Simons und Robert Mercer, Gründer und CEO von Renaissance Technologies, Financier Carl Icahn sowie Jeffrey Epstein, Financier und verurteilter Sexualstraftäter, in Offshore-Steuerparadiesen aktiv. Zu den Top-Managern in Europa gehören Bernard Arnault, CEO von LVMH; Curt Engelhorn, ehemaliger Eigentümer von Roche Diagnostics in Deutschland; und Juan Villalonga, ehemaliger CEO von Telefónica in Spanien.

Über 120 Politiker aus 47 Ländern sind beteiligt

Die ehemaligen Ministerpräsidenten und Kanzler von Österreich, Australien, Kanada, Deutschland, Italien und Japan sowie von Argentinien, Kolumbien, Ecuador, Pakistan, Katar und der Ukraine verbergen ihr Vermögen, ebenso wie hohe Regierungsbeamte aus Brasilien, China und Indien.

Beispiele aus der Welt des Sports und der Unterhaltung sind FIFA- und UEFA-Funktionäre wie Michel Platini und Ex-Präsident Gianni Infantino, mehrere Fußballclubbesitzer und Fußballspieler wie Lionel Messi, Golf-Legende Tiger Woods, Formel-1-Stars Fernando Alonso, Lewis Hamilton und Nico Rosberg. In der Unterhaltungsbranche sind die bekanntesten Beispiele Nicole Kidman, Avril Lavigne, Shakira, Bono, Julio Iglesias, Keira Knightley, Emma Watson, Madonna, Justin Timberlake und Sheryl Crow, um nur einige zu nennen.

Gabriel Zucman vom Economist sagte der Süddeutschen Zeitung, dass die globale Elite schätzungsweise 10 Billionen Dollar in Offshore-Steuerparadiesen versteckt hat.

Die Paradise und Panama Papers sind den Journalisten Frederik Obermaier und Bastian Obermayer von der Süddeutschen Zeitung zugespielt worden. Die Zeitung gab sie an das International Consortium of Investigative Journalists weiter, welches im Jahr 2021 ebenfalls eine führende Rolle bei der Untersuchung der Pandora Papers spielte. Das Konsortium ist eine in Washington ansässige Nichtregierungsorganisation und vereint 280 investigative Journalisten aus mehr als 100 Ländern, die bei gemeinsamen Untersuchungen zu Themen wie Korruption, Steuerhinterziehung, Finanzelite, öffentliche Gesundheit und Einwanderung zusammenarbeiten.

Offshore-Steueroasen und Briefkastenfirmen

Die internationale Presseberichterstattung über die Paradise und Panama Papers hat eines der heißesten Themen der Hochfinanz ins Rampenlicht gerückt: Steueroasen! Der Begriff »Steuerparadies« wird in der Regel von den Medien verwendet, während die Finanzindustrie den Begriff »Offshore-Finanzzentrum« bevorzugt. Bei diesen Offshore-Steueroasen handelt es sich im Wesentlichen um stabile und geheime Finanzplätze außerhalb der Vorschriften des eigenen Landes mit niedrigen oder gar keinen Unternehmenssteuern, die von Unternehmen und Privatpersonen genutzt werden, um ihre Steuern auf Gewinne oder Vermögenswerte zu senken.

Steuerparadiese schränken in der Regel auch die Offenlegung von Unternehmen und deren Eigentümern ein. Offshore-Steuerparadiese gibt es überall auf der Welt. Einige sind unabhängige Länder, wie Panama, die Niederlande und Malta. Andere liegen innerhalb eines Landes, wie der Staat Delaware in den USA, oder sind Territorien eines Staats, wie die Cayman Islands.

Bücher und Filme

Das Bestseller-Buch Panama Papers: Die Geschichte einer weltweiten Enthüllung (2016) von Bastian Obermayer und Frederik Obermaier deckt die Hintergründe der Jahrhundertgeschichte auf, in die europäische Premierminister und internationale Diktatoren, Emire und Könige, Prominente und Aristokraten verwickelt sind.

In Secrecy World (2017) nimmt uns Jake Bernstein, zweifacher Pulitzer-Preisträger, mit in die Welt, die durch die Panama Papers aufgedeckt wurde, eine Landschaft aus Schwarzgeld, politischer Korruption und Betrug auf globaler Ebene.

Die Anwälte Jürgen Mossack und Ramón Fonseca fungieren als Erzähler in dem Film The Laundromat (2019) mit Meryl Streep, Gary Oldman und Antonio Banderas in den Hauptrollen. Der Film basiert auf dem genannten Buch Secrecy World und Mossack und Fonseca führen uns in die Konzepte und Praktiken der Geldwäsche ein.

Das dunkle Herz des Offshore-Gelds

Mossack Fonseca war eine Anwaltskanzlei und ein Anbieter von Unternehmensdienstleistungen in Panama. Auf ihrem Höhepunkt war sie der viertgrößte Anbieter von Offshore-Finanzdienstleistungen der Welt. Die Firma wurde 1977 von dem deutschen Rechtsanwalt Jürgen Mossack gegründet. Der panamaische Anwalt Ramón Fonseca kam 1986 hinzu. Später kam ein dritter Direktor, der Schweizer Rechtsanwalt Christoph Zollinger, hinzu.

Von ihrer Gründung 1977 bis zur Veröffentlichung der Panama Papers im April 2016 blieb das Unternehmen weitgehend im Dunkeln, obwohl es im Zentrum der globalen Offshore-Industrie stand und für rund 300.000 Unternehmen mit Schwerpunkt auf britischen Steueroasen tätig war. Die Firma spezialisierte sich auf Wirtschaftsrecht, Treuhanddienstleistungen, den Schutz geistigen Eigentums, Investorenberatung und internationale Geschäftsstrukturen. Aber wie ein internes Memorandum in den Panama Papers enthüllte, bestanden 95 Prozent der Arbeit darin, Unternehmen zu gründen und Vehikel zu verkaufen, um Steuern zu vermeiden.

Operation Car Wash: Korruption bei Petrobras

Im Januar 2016 wurden Mitarbeiter des brasilianischen Büros von Mossack Fonseca im Zusammenhang mit dem laufenden Petrobras-Korruptionsskandal angeklagt. Im April 2016 gab die Süddeutsche Zeitung bekannt, dass ihr 11,5 Millionen vertrauliche Dokumente der Kanzlei von einer anonymen Quelle zugespielt worden waren. Diese Dokumente, die bald als »Panama Papers« bekannt wurden, enthüllten, wie Kunden Milliarden von Dollar in Steuerparadiesen versteckten, darunter auch Steuerhinterziehungssysteme, die von mindestens 140 Politikern aus mehr als 50 Ländern genutzt wurden.

Ausgestellte Haftbefehle

Im März 2018 musste Mossack Fonseca schließen und gegen die Gründer wurde ein internationaler Haftbefehl ausgestellt. Nach der weltweiten Medienaufmerksamkeit, ausgelöst durch die vom International Consortium of Investigative Journalists angestoßene Untersuchung, gab die Firma im März 2018 bekannt, dass sie aufgrund des Schadens, den die Aufdeckung der milliardenschweren Geldwäschepläne für ihre Finanzen und ihren Ruf bedeutet, geschlossen wird.

Im Oktober 2020 erließ die deutsche Staatsanwaltschaft internationale Haftbefehle gegen Ramón Fonseca und Jürgen Mossack und klagte die beiden Gründer wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung und Bildung einer kriminellen Vereinigung an.

Appleby: Rechtsberatung für die Weltelite

Appleby ist ein Offshore-Rechtsdienstleister mit Niederlassungen auf den Bermudas, den Britischen Jungferninseln, den Cayman Islands, der Isle of Man, Jersey, Guernsey, Mauritius und den Seychellen sowie in den Finanzzentren Hongkong und Shanghai. Appleby sammelt Auszeichnungen als »Offshore Law Firm of the Year« und wird von Insidern als Teil des »Offshore Magic Circle« bezeichnet, einer informellen Gruppe der größten Offshore-Dienstleister der Welt. Zu seinen Kunden gehören Prinzessinnen, Premierminister und Hollywood-Stars. Das Unternehmen arbeitet für einige der reichsten Oligarchen der Welt aus Russland, dem Nahen Osten, Asien und Afrika.

Appleby gibt es seit mehr als 100 Jahren. Die ursprüngliche Firma wurde 1898 von Reginald Appleby auf den Bermudas gegründet. Ein Jahr nach den Panama Papers, im Oktober 2017, bestätigte das Unternehmen, dass es im Vorjahr eine massive Datensicherheitsverletzung erlitten hatte, und infolgedessen die Quelle eines massiven Lecks von Dokumenten war, das als Paradise Papers bekannt wurde.

Appleby wurde durch das Datenleck nicht ernsthaft geschädigt, obwohl die Paradise Papers enthüllten, dass Appleby Dienstleistungen für den kasachischen Geschäftsmann und politischen Aktivisten Mukhtar Qabyluly Ablyazov leistete, der zu dieser Zeit in mehreren Ländern wegen Betrugs und Veruntreuung von bis zu 10 Milliarden Dollar angeklagt war. Im Jahr 2016 gliederte Appleby ihr sehr profitables Treuhandgeschäft Estera aus, welches Unternehmen, Trusts, Jets und andere Vermögenswerte der globalen Elite verwaltet. Bis heute gehört Appleby zum magischen Kreis der Offshore-Dienstleister – neben Bedell, Carey Olsen, Conyers, Harneys, Maples, Mourant Ozannes, Ogier und Walkers.

Die Putin-Connection und der Reichtum Russlands

Wladimir Wladimirowitsch Putin ist seit Mai 2000 das Oberhaupt Russlands und gilt als einer der mächtigsten Männer der Welt. Und seit er der Ukraine im Februar 2022 den Krieg erklärt hat, ist er mit in die Riege der gefährlichsten Diktatoren aufgestiegen.

Im Sommer 2020 startete Russland ein Referendum über Verfassungsänderungen, die Putin sogar bis 2036 an der Macht halten könnten. Eine seiner ersten Amtshandlungen war die Entmachtung der enorm reichen russischen Oligarchen – all die Geschäfts-, Mafia- und Parteimagnaten, die in den Jahren des Cowboy-Kapitalismus nach Glasnost und Perestroika ein Vermögen angehäuft hatten.

Neben seiner politischen Macht gibt es auch viele Spekulationen über Putins Vermögen. Inoffiziell wird das Vermögen von Präsident Putin auf 70 bis 200 Milliarden Dollar geschätzt. Es kommt wirklich darauf an, wen man fragt, oder wie es der russische Exil-Banker Sergej Pugatschow ausdrückte: »Alles, was zum Territorium Russlands gehört, betrachtet Putin als sein persönliches Eigentum.«

Offiziell verdient der russische Präsident weniger als 9 Millionen Rubel pro Jahr, was einem relativ bescheidenen Jahresgehalt von etwa 120.000 Dollar entspricht. Putins privater Palast am Kap Idokopas an der Schwarzmeerküste ist ein millionenschwerer Komplex. Er erregte 2021 große öffentliche Aufmerksamkeit, als die Anti-Korruptionsstiftung des russischen Oppositionsführers Alexej Nawalny einen investigativen Dokumentarfilm über ihn veröffentlichte.

Die Panama Papers enthüllten im Jahr 2016 eine milliardenschwere Offshore-Spur, die zu Wladimir Putin führte. Die Offshore-Spur begann in Panama, führte durch Russland, die Schweiz und Zypern und umfasste ein privates Skigebiet, in dem Putins jüngere Tochter Katerina 2013 geheiratet hat.

Die Panama Papers werfen ein besonderes Schlaglicht auf Sergei Roldugin, einen russischen Cellisten und engen Freund von Wladimir Putin. Roldugin stellte Putin die Frau vor, die er später heiratete, Ljudmila, und ist der Patenonkel von Putins älterer Tochter, Maria. In den Panama Papers finden sich in den Akten von Mossack Fonseca mindestens fünf Offshore-Firmen in geheimem Besitz, die mit der Roldugin-Operation in Verbindung stehen. Sie haben weitgehend bedeutungslose Namen wie Sonnette Overseas, International Media Overseas, Sunbarn, Raytar und Sandalwood Continental.

Aber eine Verbindung bringt sie alle zusammen: die Kanzlei Dietrich, Baumgartner & Partner, eine Gesellschaft von Schweizer Anwälten in Zürich, und die Bank Rossiya. Eine weitere Bank, die in den Panama Papers auftaucht, ist die Russian Commercial Bank (RCB) in Zypern, eine Tochter der russischen Staatsbank VTB. Beide Banken (Rossiya und RCB) gelten als Selbstbedienungsläden für hochrangige Regierungsbeamte in Russland, einschließlich Putin.

Vor etwas längerer Zeit, im September 2003 fand in Monaco ein dubioses Geschäft statt. Für 4 Millionen US-Dollar wechselte eine exklusive Wohnung den Besitzer. Der offizielle »Käufer« war eine auf den Britischen Jungferninseln eingetragene Offshore-Gesellschaft, Brockville Development. Brockville war wiederum im Besitz von zwei anderen in Panama registrierten Unternehmen: Sefton Securities und später Radnor Investments.

Dank der Pandora-Papiere konnte die eigentliche Nutznießerin identifiziert werden: eine Frau; die 2003 28 Jahre alte und zu diesem Zeitpunkt unbekannte Svetlana Krivonogikh. Sie wurde die Geliebte von Wladimir Putin und Mutter seiner Tochter, als er 1994 stellvertretender Bürgermeister von St. Petersburg war und sie wurde innerhalb weniger Jahre extrem reich. Sie erwarb eine prestigeträchtige Wohnung in St. Petersburg sowie weitere Immobilien in Moskau, eine Jacht und weitere Vermögenswerte im Wert von schätzungsweise 100 Millionen Dollar.