Geschmacksverwirrung - Ella Danz - E-Book

Geschmacksverwirrung E-Book

Ella Danz

4,3

Beschreibung

Kommissar Georg Angermüllers Stimmung passt zum grauen Novemberwetter in Lübeck. Erst vor kurzem zu Hause ausgezogen, fühlt er sich in den neuen vier Wänden noch ziemlich fremd. Und dann wird ausgerechnet in der Nachbarwohnung der Journalist Victor Hagebusch tot aufgefunden. Der Mann ist an Gänseleberpastete erstickt, die ihm mit einem Stopfrohr eingeführt wurde, und sitzt, nur mit einer Unterhose bekleidet, blutig rot beschmiert und weiß gefedert an seinem Schreibtisch. Alles sieht nach einer Tat militanter Tierschützer aus. Hatte der Journalist etwas mit der Szene zu tun? Angermüller folgt vielen Spuren, bis er auf eine überraschende Verbindung stößt …

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Ella Danz

Geschmacksverwirrung

Angermüllers siebter Fall

Personen und Handlung sind frei erfunden.

Ähnlichkeiten mit lebenden oder toten Personen

sind rein zufällig und nicht beabsichtigt.

Besuchen Sie uns im Internet:

www.gmeiner-verlag.de

© 2012 – Gmeiner-Verlag GmbH

Im Ehnried 5, 88605 Meßkirch

Telefon 0 75 75/20 95-0

[email protected]

Alle Rechte vorbehalten

1. Auflage 2012

Lektorat: Claudia Senghaas, Kirchardt

Herstellung: Christoph Neubert

Für alle, die wissen wollen, was sie essen

Prolog

Guten Tag,

mein Name tut hier nichts zur Sache, abgesehen davon, dass ich gar keinen habe. Ich erblickte das Licht der Welt vor ungefähr einem halben Jahr. Doch es war nicht die Sonne, in die ich blinzelte, es war das Kunstlicht in einer Brüterei. Ich war ein niedliches, plüschiges Küken, genau wie alle meine Geschwister. Manche von denen aber waren zu langsam und kamen nicht auf ihre Beinchen. Die landeten gleich zusammen mit Eierschalen, toten und kranken Tieren im Häcksler. Ich hatte Glück und blieb auf dem Fließband ins weitere Leben. Obwohl ich mich inzwischen frage, ob es tatsächlich ein Glück gewesen ist …

Vom Fließband führte unser Weg mich und die anderen in diese Halle. Hier drinnen wird es nie richtig hell, und es ist auch ein wenig eng, das muss ich sagen. Gleich zu Beginn hatte ich eigentlich keine Lust, mir einen Quadratmeter mit zwei Kollegen zu teilen, war manchmal ziemlich gereizt und hackte mal nach rechts und links, die anderen machten das ja auch. Obwohl sie uns die Schnäbel gleich nach dem Schlüpfen mit einem Laser gekürzt haben– natürlich ohne Betäubung –, kann man damit die anderen noch ganz schön verletzen.

Doch es kam ja noch schlimmer. Wir waren alle gute Fresser, was sollten wir hier auch anderes tun? Leider waren die Kraftfutterpellets, die man uns täglich servierte, innerhalb einer Viertelstunde verputzt, und so langweilten wir uns dann nur noch den lieben langen Tag. Es soll Artgenossen geben, hab ich gehört, die ganz so leben dürfen, wie es unserer Natur entspricht. Auf kleinen Bauernhöfen spazieren sie draußen herum, erkunden die Umgebung, picken mal hier und mal dort ein bisschen, auf der Suche nach Futter, bis sie müde sind und sich zum Schlafen auf einen Baum zurückziehen. Ich habe in meinem ganzen Leben noch keinen Baum gesehen. Eine Wiese übrigens auch nicht.

Aber ich komme ins Träumen! Ich wollte doch erzählen, wie wir in rasender Geschwindigkeit an Gewicht zulegten. Stellen Sie sich vor: In nur fünf Monaten habe ich mein Körpergewicht von 50 Gramm auf stolze 20 Kilo gesteigert! Das Vierhundertfache! Machen Sie uns das mal nach! Die wachsende Enge machte uns nicht gerade friedlicher. Manche kriegten einen richtigen Lagerkoller, hackten so lange auf die Freunde neben ihnen ein, bis die schwer verletzt am Boden liegen blieben. Haben Sie schon einmal tagelang in mit scharfen, stinkenden Exkrementen beschmutztem Stroh gelegen? Nicht nur die kranken Kameraden, auch wir anderen nutzten den Boden zum Schlafen. Es gab ja nirgendwo ein Bett, sprich eine Sitzstange für uns.

Es ist mir ein wenig peinlich, das zu erwähnen, aber auch die Hygiene wurde mit der Zeit immer schwieriger. Ein Sandbad war in der Enge gar nicht mehr möglich, und wegen meiner künstlich hochgezüchteten Brust, deren Last mir das Gleichgewicht raubte, konnte auch ich irgendwann nur noch im Sitzen mein Gefieder putzen. Aber versuchen Sie das mal, wenn um Sie herum nur übel riechendes, kotiges Stroh ist!

Ab und zu betritt einmal ein Mensch unseren Stall, kontrolliert Wasser- und Futterversorgung, packt die Schwachen und die Toten in einen Sack und verschwindet wieder, das war’s. Aber ich wollte Ihnen noch von etwas anderem berichten, von unseren Krankheiten. Ich weiß gar nicht, wo ich anfangen soll. Manche hatten Verformungen an den Fersengelenken, andere litten unter Fußballengeschwüren. Bei keinem waren die Knochen in Ordnung– oder glauben Sie, Ihr Knochengerüst könnte so viel Übergewicht ohne Brüche oder Verformungen tragen? Natürlich blieben viele von uns auf der Strecke. Und weil die nun mal so zwischen uns lagen, von Fliegen umschwirrt, pickten wir aus Langeweile auch an denen herum. Immer nur Kraftfutterpellets fressen ist auf die Dauer ja auch öde. Manche Kollegen hatten es auch mit den Atemwegen, oder sie hatten Herz-Kreislauf-Probleme. Von den wunden Stellen und den Geschwüren am Bauch, vom langen Liegen, will ich gar nicht erst anfangen. Manchmal haben uns die Menschen auch Medizin gegeben, um uns wieder gesund zu machen, Antibiotika. Leider helfen die oft nicht mehr, weil man sie bei unsereins schon viel zu oft eingesetzt hat und die Krankheitserreger mittlerweile resistent dagegen sind.

Sie können sich vielleicht vorstellen, dass ich meinem Ende– so grausam es auch sein mag, langsames Ersticken durch Kohlendioxid oder kopfüber hängend durch ein Elektrobad– relativ gelassen entgegensehe. Und eines tröstet mich: Wenigstens hat mein Tod einen Sinn, denn ich werde Ihnen, liebe Verbraucherin, lieber Verbraucher, auf Ihrem Teller Genuss bereiten, als Putenschnitzel, Putenstreifen, geräucherte Putenbrust, Putenleber, Putenrollbraten, Putenkeule, Putenbrustfilet, als gesunde Geflügelwurst und in vielen anderen leckeren Dingen mehr.

Mir bleibt nur noch, Ihnen einen recht guten Appetit zu wünschen! Ansonsten nichts für ungut– ich bin nur irgendeine

dumme Pute.

Kapitel I

Blutrot wallte es auf im Topf. Dunkles rotes Blut. Gab es da nicht irgendeinen Grund für den Unterschied in der Farbe, so ein helleres und ein dunkleres Rot? Woran lag das noch mal? Das eine war wohl venöses und das andere arterielles Blut. Aber was bewirkte die unterschiedliche Farbgebung? Es hing irgendwie mit dem Sauerstoffgehalt zusammen, erinnerte sich Lina vage. Eine genauere Erklärung fiel ihr nicht ein. Egal, dies hier war das dunkle Rot, und sie fand die Farbe wunderschön. Sie schöpfte zwei Kellen davon auf einen Teller, streute ein paar geröstete Cashewkerne darüber, setzte einen Klecks Schlagsahne darauf und dekorierte mit ein paar Korianderblättchen. Ein perfektes Farbspiel! Und wie das wärmte! Die Schärfe des Ingwers in der süßsäuerlichen Rote-Bete-Suppe tat gut, und die Kombination schmeckte herrlich.

Zufrieden stellte Lina den leer gegessenen Teller in die Spülmaschine. Die Suppe würden die Leute mögen. Jetzt sollte sie aber erst einmal Feierabend machen. Es war nach zwei Uhr, und um neun öffnete sie normalerweise das Café. Allerdings war Anfang November, und nur ganz selten verlief sich jemand am Morgen auf die Promenade und noch weniger in das Strandcafé › Torten, Suppen, Meer‹. Touristen waren rar um diese Jahreszeit. Ab und zu eine junge Familie mit kleinen Kindern, ein paar Frauen aus dem Kurheim, hin und wieder tauchten welche von den Rentnern und Pensionären auf, die hier eine Zweitwohnung besaßen. An den Wochenenden kamen manchmal auch ein paar Tagesgäste.

Lina löschte das Licht und pfiff leise durch die Zähne. Die beiden Hunde, die in einer Ecke des Cafés gedöst hatten, kamen auf die Beine, gähnten und streckten sich und trotteten zur Tür. Sie schloss das Café ab und schwang sich auf ihr Fahrrad. Teufel sprang vorweg und Madame kam in gemessenem Tempo hinterher. Es war windstill und nicht sehr kalt, aber die Feuchtigkeit drang einem unter die Klamotten und hängte sich in winzigen Tröpfchen in Linas dunkle Locken. In behäbigem Rhythmus hörte sie die Ostsee an den Strand rollen. Der Nebel war noch dichter geworden. Dabei hatte sie schon vorhin, als sie mit Kai zurückgefahren war, die weißen Schwaden und die schlechte Sicht auf der Autobahn beängstigend gefunden. Dazu noch ihre aufgewühlte Stimmung nach dem, was sie in Lübeck gesehen und vor allem erfahren hatte. Selbst Kais freundliches, vernünftiges Wesen hatte heute seine beruhigende Wirkung auf Lina nicht entfaltet.

Sie hatte gewusst, sie würde nicht schlafen können. Nicht nach diesen Bildern, die ihr nicht aus dem Kopf gehen wollten. Doch viel schwerwiegender war etwas anderes: Dass sie wieder einmal zu gutgläubig gewesen war. Diesem Menschen vertraut zu haben, war ein Riesenfehler, das war Lina inzwischen klar. Sie hätte es besser wissen müssen. Jetzt war es zu spät. Oder ob es Sinn hatte, ein weiteres Mal dorthin zu gehen? Vielleicht konnte sie doch noch irgendwas retten. Ja, gleich morgen früh musste sie versuchen, die Sache wieder geradezubiegen.

Nein, an Schlaf war nicht zu denken gewesen, so voll wie sie den Kopf bei ihrer Rückkehr gehabt hatte. Zwischendurch nervte Olaf auch noch, der ihr ständig SMS schickte, nachdem sie seine Anrufe nie angenommen hatte. Irgendwann hatte sie das Handy einfach ausgeschaltet.

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

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