Gespenster-Krimi 93 - Morgan D. Crow - E-Book

Gespenster-Krimi 93 E-Book

Morgan D. Crow

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Beschreibung

Das Meer schäumte. Graue Wellenberge trafen unnachgiebig gegen die Küste, rauschten wie von einem lange zurückgehaltenen Zorn getrieben. Immer wieder zuckten einzelne Blitze über den Himmel - den Donner vermochte niemand über dem Tosen des Meeres zu hören. Gischt schäumte gegen die Küste, und lange, schwärzliche Algenbündel wurden an den Strand geworfen.
Doch sie waren nicht das Einzige, was in jener Nacht auf die englische Küste traf. Nach Mitternacht, als der Sturm sich allmählich legte, rissen die Wolken auf. Das blasse Mondlicht fiel auf ein riesiges, regloses Etwas, das der Sturm an Land getragen hatte. Seine ledrige Haut glänzte wie eine schmutzige Perle.
Es war aus den Tiefen des Ozeans aufgestiegen. Es hatte keinen Namen, und namenlos war auch das Grauen, das es bringen würde ...


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Inhalt

Cover

Der Schrecken aus dem Meer

Vorschau

Impressum

Der Schreckenaus dem Meer

von Morgan D. Crow

Das Meer schäumte. Graue Wellenberge trafen unnachgiebig gegen die Küste, rauschten wie von einem lange zurückgehaltenen Zorn getrieben. Immer wieder zuckten einzelne Blitze über den Himmel – den Donner vermochte niemand über dem Tosen des Meeres zu hören. Gischt schäumte gegen die Küste, und lange, schwärzliche Algenbündel wurden an den Strand geworfen.

Doch sie waren nicht das Einzige, was in jener Nacht auf die englische Küste traf. Nach Mitternacht, als der Sturm sich allmählich legte, rissen die Wolken auf. Das blasse Mondlicht fiel auf ein riesiges, regloses Etwas, das der Sturm an Land getragen hatte. Seine ledrige Haut glänzte wie eine schmutzige Perle.

Es war aus den Tiefen des Ozeans aufgestiegen. Es hatte keinen Namen, und namenlos war auch das Grauen, das es bringen würde ...

Als Eliza Lady Fitzgibbon an jenem Morgen auf die weitläufige Terrasse ihres Anwesens trat, wehte ihr ein frischer Wind entgegen. Sie atmete den Duft der blühenden Büsche und Blumenrabatten tief ein. Musgrave Hall, der Familienbesitz ihres verstorbenen Mannes, war zu allen Jahreszeiten ein herrlicher Ort, vielleicht aber am meisten im Sommer.

Eliza war eine junge Frau von nicht ganz dreißig Jahren, mit einem fein geschnittenen Gesicht und dichtem, kastanienbraunen Haar, das ihr in weichen Wellen auf die Schultern fiel. Sie hatte eine aufrechte, sportliche Statur, lange weiße Beine und feingliedrige Hände.

Die urwüchsige Landschaft der Grafschaft Griefshire, hier, an der südlichen Küste Englands, mit ihren Wäldern, Mooren und weiten Weideflächen, ihren von Cottages und grauen Steinmauern bestimmten Dörfern, war Eliza lieb und vertraut: Musgrave Hall war ihre Perle.

Als Lady Fitzgibbon residierte Eliza erst seit ihrer Heirat mit Sir Henry in den ehrwürdigen Hallen von Musgrave Hall, doch gekannt hatte sie das große Haus schon immer. Die Familien von Stand kannten einander, besuchten sich, pflegten Kontakte, wie es immer gewesen war.

Elizas und Henrys Familie waren Nachbarn gewesen, das Haus ihr von Kindesbeinen an vertraut. Nun, da Henry seit drei Jahren tot war, gehörte Musgrave Hall ihr ganz allein.

Eliza Lady Fitzgibbon sah sich um und entdeckte einige abgebrochene Zweige auf dem weitläufigen Rasen. Darüber hinaus schien der Sturm, der in der vergangenen Nacht auf die Küste geprallt war, nichts angerichtet zu haben.

Sie sah über die Schulter zurück zum Haus und winkte Dillinger heran. Ihr deutscher Butler näherte sich ihr lautlos. Er verneigte sich und legte aufmerksam den Kopf schief. Sein sorgfältig pomadisiertes Haar glänzte wie ein Rabenflügel.

»Sie wünschen, Mylady?«

»Dillinger, seien Sie so gut, und notieren Sie, dass der Gärtner die Zweige wegnehmen soll. Er soll sich gut umsehen, ob es noch mehr Schäden gibt. Nicht auszudenken, Harker kommt zu Besuch, und ihm stößt etwas zu, weil ein Ast lose ist.«

»Sehr wohl, Mylady.«

Eliza atmete tief ein. Sie liebte den Duft des Meeres, das sie, über den leicht zur Küste hin abfallenden Rasen und die Rhododendronbüsche hinweg, sehen konnte. Die Gärten, einige Meter über dem Meeresspeigel erhaben, reichten bis unmittelbar an die Küste, wo eine steinerne Treppe hinunter auf den Strand führte.

Blau und strahlend zeigte sich der Ozean an diesem Morgen. Weit draußen erkannte Eliza einzelne Fischereiboote und das weiße Schimmern einer Jacht. Ein strahlender, friedlicher Sommermorgen lag über Griefshire. Ganz anders als in der vorigen Nacht, als der Sturm an den Fensterläden gerüttelt hatte wie ein Riese.

Seit dem Nachmittag schon war das Wasser grau wie Schiefer gewesen und der Wind immer kälter und erbarmungsloser geworden. Nichts deutete jetzt noch darauf hin, mit welcher Gewalt das Wetter über das Land gekommen war.

Eliza wollte eben zurück ins Haus gehen, als die zweite gute Seele des Hauses, die inzwischen ergraute Ms. Pennydern auf der Schwelle zum Salon erschien.

»Mylady, Ihr Besuch ist soeben eingetroffen.«

Ein kurzer Freudenschrei entfuhr Eliza. Sie klatschte in die Hände und wehte an Ms. Pennydern vorbei in den Salon, durch den getäfelten Flur und hinaus in die Halle. Die schwarz-weißen Bodenfliesen waren spiegelblank, aber Eliza fürchtete nicht zu stürzen. Sie hielt sich auf ihren hohen Absätzen wie eine Reiterin im Sattel, verlor nie die Balance. Ihr Rock bauschte in weichen Wellen um ihre Beine.

Selbst in der Eile ihrer Wiedersehensfreude verlor Eliza niemals ihre Eleganz und Haltung. Auch in der modernen Zeit des Jahres 1926 blieb ihr verinnerlicht, wozu man sie von klein auf erzogen hatte – selbst dann, wenn ihr bester Freund sie das erste Mal seit Henrys Tod besuchte.

Harker fuhr noch immer den gleichen alten Tin Lizzy wie eh und je. Und er trug sein pechschwarzes Haar noch immer so wirr und ungezähmt wie seine zuweilen genialen Gedanken.

Unsicher lächelnd stand er neben seinem Wagen, die Hände in den ausgebeulten Hosentaschen seines hellen Anzugs, die beinahe schwarzen Augen hinter blau getönten Brillengläsern und dem Schatten seines breitkrempigen Huts verborgen.

Eliza stürzte lachend auf ihn zu.

»Harker!«, begrüßte sie ihn und fiel ihm um den Hals.

Manchmal musste die Etikette doch zurückstecken.

Eliza Lady Fitzgibbon und Harker kannten sich, seit sie einander, als Kinder noch, in der Bibliothek über den Weg gestolpert waren. Er war dort gewesen, um ein Buch über die Entdeckung Trojas auszuleihen, Eliza hatte versucht, ein Exemplar der »Zwanzigtausend Meilen unter dem Meer« zu bekommen. Ihre Mutter, Lady Desmondshire, hatte derlei triviale Literatur für schädlich gehalten, aber damit die Neugier ihrer Tochter nur umso heller entzündet.

Eliza und Harker hatten vom ersten Augenblick an eine Verbindung gespürt. Sie verbrachten damals den ganzen staubig-heißen Nachmittag unter einer großen Platane vor der Bibliothek und redeten, bis es Abend wurde und sie in ihren sommerlichen Kleidern zu frieren anfingen. Von Stund an waren sie unzertrennlich gewesen – bis Harkers Arbeit ihn, viele Jahre später, in alle vier Winde davontrug.

Ein wenig rot geworden löste Harker sich aus Elizas Armen.

»Hallo, Lady Fitzgibbon.«

»Ach, Harker! – Lass doch das. Seit wann redest du so mit mir?«

Eliza nahm Harker beim Arm und ging mit ihm am Haus entlang zu den Gärten. Es war zu warm und zu schön, um in den Mauern des Anwesens zu verweilen.

»Wo kommst du gerade her?«, fragte Eliza voller Neugier. »Aus Syrien? Ägypten? Arabien? Lieber, seit du mir vorgestern gekabelt hast, bin ich ganz außer mir gewesen! Wir haben uns ganze drei Jahre nicht gesehen.«

Eine kurze Stille trat ein. Das letzte Mal, dass sie einander gesehen hatten, war die Beerdigung von Lord Henry Fitzgibbon gewesen.

»Syrakus«, sagte Harker, als sie um die Ecke des Westflügels bogen. »Ein Heiligtum der Göttin Demeter und ihrer Tochter Kore.«

»Ah! Das kenne ich auch. Kore hat immer ein halbes Jahr in der Unterwelt gelebt, nicht?«

»Ja, so ist es. Und ein halbes bei ihrer Mutter auf der Erde.«

»Aber, Harker, sag mal: Warum bist du eigentlich hier? Ich freue mich wahnsinnig dich zu sehen, aber es kommt mir so plötzlich vor.«

»Ach ...«, murmelte Harker, »es kam mir einfach so in den Sinn, weißt du ... Mein nächster Weg hätte mich ohnehin auf die Inseln geführt. Nach Schottland, um genauer zu sein. Aber ...«

»Druckse doch nicht so herum!« Eliza lachte, schnappte seinen Hut und setzte ihn auf ihr sorgfältig frisiertes Haar.

Sie blieben im Schatten eines blühenden Fliederbusches stehen. Harker nahm sanft Elizas Hände in seine. »Ich wollte dich einfach sehen. Brauche ich mehr Gründe?«

Elizas Lippen verzogen sich zu einem breiten Lächeln. »Nein, Harker, das brauchst du nicht.«

Einen Augenblick lang standen sie still beisammen. Dann seufzte Eliza und zog sich Harkers Hut verwegen in die Stirn. »Lass uns zum Strand gehen! Ich will sehen, ob etwas angespült wurde. Letzte Nacht hatten wir einen entsetzlichen Sturm! Weißt du noch? Früher haben wir uns immer das Strandgut angesehen und gehofft, dass ein Piratenschatz dabei ist!«

Auf der steinernen Treppe hinunter zum Strand ging Eliza voraus. Sie hatte sich ein Körbchen mitgenommen, falls es Interessantes aufzulesen gab. Doch diesmal erwartete sie kein von den Gezeiten geschliffenes Holz und kein buntes Glas.

Schon von der Treppe aus sahen sie ein riesiges Etwas im Sand liegen, keine hundert Yards von ihnen entfernt. Ein paar Jungen aus dem Dorf standen dabei und piekten die unbekannte weiße Masse mit Stöcken.

»Harker ... Was ist das? Das ist doch kein Wal.«

»Ich weiß nicht«, murmelte Harker.

Eliza glaubte, Sorge in seiner Stimme zu hören.

Gemeinsam gingen sie hinüber, doch auch aus der Nähe war nicht zu erkennen, um was für ein Tier es sich bei dem unförmigen Koloss handeln mochte. Seine Oberfläche war von feinen Haaren bedeckt, und ein undefinierbarer, durchdringender Geruch ging von ihm aus. Der reglose Leib war beinahe so hoch wie ein Mann, ebenso breit, und sein zum Meer zeigendes Ende verjüngte sich ein wenig, sodass es aussah wie ein riesiger, fleischiger Kegel.

Bei Eliza stellte sich eine Gänsehaut auf. Ohne dass sie es benennen konnte, flößte das Etwas ihr Grausen ein.

»He, Madam, das is'n mächtig großer Fisch, was?«, sagte einer der Jungen.

Er mochte acht oder neun Jahre alt sein, sein kleiner Bruder neben ihm ein wenig jünger. Eliza kannte sie aus dem Dorf. Billy und Kenny, die Söhne des Metzgers, beide strohblond und mit den typischen knubbligen, immer ausgeschrammten Knien kleiner Jungs.

»Ich glaube nicht, dass das ein Fisch ist, Billy«, sagte Eliza und musterte Harker, der im Halbkreis langsam um das gestrandete Wesen herumging.

»Nich?«, fragte Billy. »Na, was denn dann?«

»Keine Flossen«, murmelte Harker skeptisch.

Das vordere Ende des Tiers, das Billy und Kenny beharrlich mit ihren Stöcken piesackten, zeigte keine Verletzungen. Auch die Stöcke hinterließen weder Eindrücke noch Kratzer. Eliza erkannte weder Gliedmaßen noch irgendeine Öffnung, die auf Augen, Ohren oder ein Maul hätte schließen lassen. Sie verzog den Mund, wie sie es oft tat, wenn sie über etwas nachdachte, und ließ sich Kennys Stock geben.

»Aber, Ma'am, Mrs. Fitz, wenn es Sie nun beißt?«

»Und dich etwa nicht?«

Vorsichtig stach Eliza gegen die dicke, schmutzig weiße Haut. Der Körper fühlte sich hart an, wie festes Gummi. Er ähnelte keinem Tier, das Eliza jemals gesehen hatte. Mit der Spitze des Stocks hob sie ein paar der schlaffen, feuchten Haare an und versuchte, zu erkennen, wie die Haut darunter beschaffen war.

»Viel erkennt man nicht. Was meinst du dazu?«, fragte sie.

»›N Fisch, Madam, sag ich doch.«

»Nein, nicht du. – Harker.«

Der Junge lugte an Eliza vorbei und musterte Harker von oben bis unten, als hätte er ihn eben erst bemerkt. »Sind Sie ein Doktor oder so was?«

Harker nickte abwesend. »Ja. Ja, kann man sagen. Aber nicht der Biologie. Der ... Altertumskunde. Ich grabe alte Dinge aus und vergleiche sie mit anderen.«

»Ah«, machte Billy. »Dann komm Sie aber besser nich zu uns nach Hause, Mister. Da graben Sie bloß olle Schweineknochen aus. Und Hubbert.«

Mit krauser Stirn sah Harker auf. »Wer ist Hubbert?«

»Ihr Hund«, sagte Eliza und gab Billy seinen Stock zurück. »Alle ihre Hunde heißen Hubbert. Ist einfacher so.«

Eliza und Harker besahen sich das seltsame angespülte Tier eine Weile lang, konnten sich jedoch keinen Reim darauf machen, um was es sich handeln mochte.

Die Jungen schlugen vor, dass man es aufschneiden sollte, was Eliza entschieden ablehnte. Sie beschirmten die Augen, um zu sehen, ob noch weitere jener Wesen an Land getragen worden waren, doch außer langen Strängen Seetang war strandauf, strandab nichts zu erkennen.

Als Dillinger erschien, um Eliza und Harker zum Essen zu rufen, waren sie noch immer keinen Deut klüger als vorher.

Es sollte nicht lange dauern, bis sie sich wünschten, das Meer hätte jenes unbekannte Wesen nicht an ihre Küste geworfen.

Der Tag verging und machte dem dunklen Schleier der Nacht Platz. Nebel zogen in den Niederungen auf, nächtliche Vögel schrien in den Wäldern um Musgrave Hall.

Unten am Strand aber herrschte kein Frieden, sondern der mühsame Kampf einer Kreatur mit ihrer neuen, zweiten Geburt. Schwerfällig und von der Wärme des Tages erschöpft, schälte sich ein unförmiges Wesen aus der dicken, weißen Haut hervor. Es ächzte und bebte vor Anstrengung. Mondschein glitzerte auf seiner neuen, rohen Hülle, während es sich Stück für Stück weiter aus der alten herauswälzte.

Nachdem es endlich sein Werk vollendet hatte, blieb es erneut liegen. Musste ausruhen nach der Qual des Schlupfes. Es hörte Geräusche um sich. Das vertraute Rauschen der Wellen, doch auch anderes, Fremdes.

Ein nächtlicher Wanderer hatte sich an den Strand begeben, immer bei Fuß sein treuer Spaniel Trevor. Im Dorf hatte zunächst jedermann geglaubt, die Jungs von Alderby hätten Unsinn erzählt, sich eine nette kleine Geschichte ausgedacht, bei der mit ihnen die Fantasie durchgegangen war.

Am frühen Nachmittag hatte dann aber im Pub die Runde gemacht, dass wohl tatsächlich etwas wie ein Tier an den Strand gespült worden war. Loomis und auch der Milchmann hatten es gesehen. Der nächtliche Wanderer, ein Mann namens Clark, der im Ort aushalf, die Fischerboote in Schuss zu halten, war nun heruntergekommen, um sich von diesem Ding ein eigenes Bild zu machen.

Wenn die Jungs auch steif und fest behaupteten, es sei kein Wal, und damit prahlten, Lady Fitzgibbon habe es selbst ausgeschlossen, so hoffte Clark doch darauf, dass es einer war. Mit Walzähnen konnte man gutes Geld machen. Zum Verfaulen waren sie jedenfalls zu schade.

Clark hatte sich ein kurzes Beil und einen Eimer mitgenommen. Nun ging er die Nase rümpfend um die große, schimmernde Masse herum. Wie ein Wal sah das Ding eigentlich nicht aus. Es stank bestialisch. Am Wassersaum lag ein großes Stück Haut, viel größer als er es erwartet hatte, das noch blutig glänzte.

Ein wenig davon entfernt sah er einen Berg feuchtes Fleisch, ebenso weißlich wie die Haut, doch ... Etwas war anders damit. Clark blinzelte. Seine Augen mussten ihm einen Streich spielen, es sah aus, als ob der Klumpen atmete. Tiefe, leise brummende Züge, in langen Abständen zueinander. Clark musste die Augen zusammenkneifen, um zu erkennen, ob es wirklich so war.

Trevor gab ein Kläffen von sich.

»Ruhe, Trevor. Was bist du denn für ein Vieh ...«

Langsam ging Clark näher heran. Ihm gefiel das nicht. Ihm gefiel das ganz und gar nicht. Was er da sah, war anders als das, was die Bengel oben im Dorf erzählt hatten. Es war größer und ... es sah aus, als hätte es sich regelrecht aus der Haut herausgeschält.

Wieder kläffte Trevor. Er knurrte leise.

»Ist gut jetzt, Trevor. Aus!«

Aber Trevor knurrte nur lauter.

DA.

Clark stolperte zurück.

Das Ding hatte sich bewegt.

»Jesus, Maria ...«

Clark erkannte es jetzt deutlich. Das vordere Ende des unförmigen Fleischklumpens regte sich. Es schwoll an, schien sich ein Stück vom Sand zu heben. Weitete sich und zog sich wieder zusammen. Clark schluckte. Wie benommen schlug er das Kreuz.

»Mir langt's ... Komm, Trevor.«

Doch Trevor schoss bellend auf den Klumpen zu, die Haare gesträubt wie ein Besen! Clark öffnete den Mund, um ihn zurückzurufen – da machte der entsetzliche Fleischbrocken einen Satz nach vorn und begrub Trevor unter sich!

Clark stolperte, stürzte. Er hörte ein kurzes, schmerzerfülltes Winseln, bekam keine Zeit, sich von seinem Schock zu erholen. In unerklärlicher Schnelle robbte das Etwas auf ihn zu!

Er rappelte sich auf die Beine, nur um gleich wieder zu stürzen. Der Eimer war ihm aus der Hand gefallen und zwischen seien Beine geraten. Er fluchte, stützte sich auf.

Es gab kein Entkommen. Mit einem gleichmäßigen, dumpfen Geräusch wuchtete sich das unheimliche Ungetüm unaufhaltsam auf ihn zu.

Das letzte, was Clark spürte, war eine zähe, feuchtwarme Masse, die sich über ihn stülpte und jeden Schrei erstickte.

Elizas helles Lachen perlte durch die große Bibliothek von Musgrave Hall. Sie hielt ihr Cocktailglas in den schlanken Fingern wie eine exotische Blüte. Der ganze Raum war von ihr und ihrem Lachen erfüllt, bis hoch an die bemalte Decke.

Eliza hob ihr Glas und brachte einen Toast auf Harker aus, mit dem man sich so vortrefflich unterhalten konnte.

»Auf meinen besten Freund und Komplizen! Du musst mich unbedingt öfter besuchen!«

Harker nippte an seinem Drink. Nach einer anfänglichen Befangenheit hatte er sich endlich ein wenig entspannt. Eliza glaubte, dass es an der Bibliothek lag. Sie hatte die Ausmaße eines Tanzsaals, eine große Flügeltür zur Halle und eine zu den Gärten hinaus. Über geschnitzte Wendeltreppen konnte man die obere Ebene erreichen. An beiden Enden des prächtigen Raums gab es eine Sitzgruppe und Kamine mit Gorgonenhäuptern über der Feuerstelle. Ein großer handbemalter Globus stand mitten im Raum, und üppige Blumensträuße verbreiteten ihren Wohlgeruch.

Eliza ging hinüber zu der Chaiselongue, auf der Harker saß, und nahm neben ihm Platz. »Sag, Harker, was meinst du, ist das für ein Tier am Strand?«

»Ich weiß es nicht«, sagte er frei heraus. »Es erinnert mich an kein Tier, das ich kenne. Aber ich bin auch kein Biologe.«

»Aber Abenteurer«, beharrte Eliza.

Er erlaubte sich ein leises raspelndes Lachen. Seine Freundin hatte eine eindeutig zu romantische Vorstellung von seiner Arbeit. Zumindest wenn sie in Laune war, ein wenig zu spinnen und zu albern.

»Ich erlebe keine Abenteuer. Es sei denn, du sprichst von Zollbestimmungen und renitenten Eseltreibern.«

»Und Studenten.«

»Ja, und Studenten.«

Eliza stützte den Kopf auf. Sie sah hinunter in die Bernsteinfarben ihres Rob Roy. Dillinger tat ihr immer etwas mehr süßen Wermut hinein, als im Rezept stand. So mochte sie ihn lieber.