Professor Zamorra 1339 - Morgan D. Crow - E-Book

Professor Zamorra 1339 E-Book

Morgan D. Crow

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Beschreibung

Zamorra und Nicole verschlägt es in das Jahr 1926 - und sie machen Bekanntschaft mit einer faszinierenden Frau: Lady Fitzgibbon. Und einem blutrünstigen Monster: Nicole fuhr herum. Die Lamia starrte ihr aus dem Unterholz entgegen. Das Monstrum, halb menschenähnliche Frau, halb gewaltige Schlange, richtete sich auf. Sein Kinn spaltete sich, als die Kiefer nach den Seiten aufklappten. In Sekundenschnelle überschlug Nicole, welche Möglichkeiten sie noch hatte ...

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Seitenzahl: 129

Veröffentlichungsjahr: 2025

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Inhalt

Cover

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Im Schatten der Lamia

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Impressum

Cover

Inhaltsverzeichnis

Inhaltsbeginn

Impressum

Im Schatten der Lamia

von Morgan D. Crow

Willkommen auf Musgrave Hall!

  

Zamorra und Nicole verschlägt es in das Jahr 1926 – und sie machen Bekanntschaft mit einer faszinierenden Frau: Lady Fitzgibbon. Und einem blutrünstigen Monster:

Nicole fuhr herum. Die Lamia starrte ihr aus dem Unterholz entgegen.

Das Monstrum, halb menschenähnliche Frau, halb gewaltige Schlange, richtete sich auf. Sein Kinn spaltete sich, als die Kiefer nach den Seiten aufklappten.

In Sekundenschnelle überschlug Nicole, welche Möglichkeiten sie noch hatte ...

   

Das Wesen hob den Kopf. Zunächst den eigenen, dann den des Mannes, über dem es kauerte. Ein Geräusch näherte sich dem kühlen Graben, in den es seine Mahlzeit gezogen hatte. Es lauschte. Senkte die Reißzähne an den Seiten seiner ausgehängten Kiefer in die Haut, die die Jochbeine des Bewusstlosen bedeckte. In den Winkeln der Schädelknochen fand es Halt. Harrte aus.

Die Straße war nicht weit weg. Das Wesen hätte seine Beute tiefer in den lichten Wald zerren sollen, bevor es begann zu fressen, doch zu dieser Stunde hatte es keine Störungen erwartet.

Seine Blicke huschten über die feuchte Asphaltdecke. Selbst im Mondlicht zeichnete sich die Blutlache deutlich gegen das Schwarz der Fahrbahn ab.

Das Wesen duckte sich tiefer über seine Beute, als in der lang gezogenen Kurve zwei grelle Lichtpunkte erschienen. Ein Wagen näherte sich.

Grollend biss es fester zu, ringelte seinen gewaltigen Körper zu einem festen, muskulösen Knoten. Hier konnte es nicht bleiben. Es stieß sich von der kalten, von erstem Herbstlaub bedeckten Erde ab und wälzte sich in das magere Unterholz. Seine Beute zerrte es mit sich. Seine Kiefer umschlossen den Kopf des Mannes, die kräftigen Arme den erschlafften Leib. Es musste einen ruhigen Ort zum Fressen finden. Einen Platz, an dem es ausruhen konnte – so spärlich die Mahlzeit auch war.

Im Mondschein entdeckte es einen seltsamen Hügel. Er ragte mit glatten, beinahe senkrechten Seiten hinter dem Wäldchen auf.

Dieser verfluchte Sonnensturm! Angeblich machten derlei kosmische Wutausbrüche nur höchst empfindlichen Menschen Probleme. Falls überhaupt. Doch seit der Sturm entfacht war, litt Nicole. Dabei war sie nicht die Einzige. Anfallsartiges Kopfweh, Schwindel ... Das ging seit Tagen so – und der Höhepunkt der Entladungen war noch nicht erreicht. Er sollte erst morgen eintreten: pünktlich zu einer totalen Sonnenfinsternis.

Unterwegs waren Nicole und Zamorra einigen Touristen begegnet, die eigens nach Südengland gekommen waren, um das Ereignis mitzuerleben. Auch von denen sahen einige recht käsig um die Nase aus, nahmen die Strapaze aber gern auf sich. Der Kernschatten sollte beinahe zehn Minuten lang über der Insel stehen. Überall wurde darüber gesprochen, sichere Brillen für die Beobachtung des seltenen Ereignisses angeboten und Finsternis-Nippes verkauft.

»Chéri?«

Nicole Duval sah ihren Lebens- und Kampfgefährten Professor Zamorra mit hochgezogenen Brauen an. Sie fuhren seit einer kleinen Ewigkeit auf einer verlassenen Landstraße durch Südengland, auf der Suche nach ihrem Ferienhaus. Nach einer Reihe anstrengender Auseinandersetzungen wollten sich Nicole und Zamorra ein ausgedehntes Wochenende gönnen. Nur sie zwei allein: keine Dämonen, keine Ghouls, keine wie auch immer gearteten Kämpfe um Leben und Tod. Bisher war der Plan aufgegangen – vielleicht zu gut?

Zamorra bremste den schneeweißen Citroen DS 23 Pallas so unvermittelt, dass die Reifen ein unwilliges Quietschen auf dem feuchten Asphalt produzierten. Die Scheinwerfer des eleganten Wagens schnitten wie Schwerter durch die Schwärze der Nacht.

Zamorra starrte einen Augenblick lang angespannt geradeaus. Erst als Nicole ihre Hand auf seinen Arm legte, atmete er auf und löste sich aus der jähen Anspannung.

»Entschuldige«, murmelte er und gab behutsam wieder Gas. »Ich dachte nur ... – Merlins Stern wurde mit einem Mal warm.«

Unwillkürlich sah Nicole mit wachsamem Blick hinaus auf die Ausschnitte der Landschaft, die vor der Schnauze der »Göttin« auftauchten und vorbeizogen. Merlins Stern reagierte einzig auf Schwarze Magie und die Anwesenheit von Feinden. Wenn sich das silberglänzende Amulett erwärmte, das Zamorra an einer Kette um den Hals trug, bedeutete das eine klare Warnung.

Wieder verlangsamte sich der Wagen, kam endlich zum Stehen.

»Dort«, sagte Zamorra, mit neuerlicher Spannung in der Stimme. »Siehst du das? Das sieht aus wie ...«

»Blut«, vervollständigte Nicole seine Worte. Direkt vor ihnen beschrieb die Straße eine weitere sanfte Kurve, die in eine Senke hinein- und wieder hinausführte. Mitten auf der Fahrbahn breitete sich eine unförmige, nass glitzernde Pfütze aus. Schleifspuren verlängerten sie bis an den Randstreifen.

»Ein Wildunfall vielleicht«, mutmaßte Zamorra, ohne selbst recht daran zu glauben.

Nicole öffnete beherzt die Beifahrertür und stieg aus. Das Blut schien noch frisch zu sein. Vielleicht gab es einen Verletzten, der ihre Hilfe benötigte.

So viel zum ›stressfreien Wochenende‹, so viel zu ›Entspannung und Ruhe‹. Hinter sich hörte Nicole die Fahrertür des Citroën zuschlagen. Die Warnblinker pulsten gleichmäßig auf.

Die Blutlache war tatsächlich noch sehr frisch. Sie zeigte keine Spuren der Trocknung und verströmte einen Geruch, der sich metallisch auf die Zunge legte. Mit der Taschenlampenfunktion des TI-Gamma beleuchtete Nicole den Straßenbelag jenseits der schauerlichen Pfütze. Sie erkannte nirgends Bremsstreifen oder irgendeine Spur, die auf die Anwesenheit eines Notarztes hingewiesen hätte. Die Schleifspur wies zu dem Wäldchen, an dessen Flanke sich die Straße entlangschlängelte. Auf der anderen Seite der Fahrbahn erstreckte sich ein Weizenfeld, das im Nachtwind wogte und flüsterte wie das Meer.

Zamorra trat neben Nicole. Wieder spürte er, wie sich Merlins Stern erwärmte. Das mit Runen und weiteren geheimnisvollen Zeichen bedeckte Amulett, das einst der große Zauberer Merlin selbst erschaffen hatte, nahm zweifellos etwas wahr. Instinktiv griff der Meister des Übersinnlichen an seine Seite – doch der Blaster war nicht da. Er lag, sicher verwahrt, im Wagen.

»Ich glaube nicht, dass das ein Reh war«, sagte Nicole.

Sie hob das TI-Gamma über den Kopf und wechselte auf die andere Straßenseite. Ein schwaches Funkeln hatte ihre Aufmerksamkeit erregt.

Bereits im Näherkommen erkannte sie, was es war. Ein Fahrrad lag in einem Wirrwarr aus niedergedrücktem Weizen und aufgewühlter Erde. Auch daran haftete Blut. Vom Besitzer des verbogenen Rades fehlte jede Spur.

Nicole spürte eine Welle des Schwindels in sich aufsteigen. Sie kniff die Augen zusammen und atmete tief. Wieder spürte sie leichten Schwindel.

»Wir sollten die Polizei alarmieren, Nici«, sagte Zamorra neben ihr.

Nicole schüttelte das Unwohlsein ab und warf ihm einen halb besorgten, halb spöttischen Blick zu.

»Chéri, du glaubst doch nicht, dass das ein Unfall war? Das Rad liegt sicher sechs, sieben Meter entfernt von dem Blut – und die Schleifspuren?«

»Führen auch nirgendwo hin. Man sieht drüben auch nicht mehr als hier. Niedergedrücktes Gras, ein paar geknickte Zweige, aber keinen Verletzten. In der Dunkelheit macht es allein wenig Sinn, zu suchen. Die Polizei kann das Unfallopfer vielleicht noch lebend finden.«

Zamorra wählte die Nummer des Notrufes. Während er darauf wartete, dass der Anruf entgegengenommen wurde, sah er sich mit gerunzelter Stirn um. Wo um Himmels willen waren sie überhaupt? Auf dem letzten Schild, an das er sich spontan erinnerte, waren nur drei Ortsnamen aufgetaucht. Ein Pfeil hatte sie in die Richtung zurückschicken wollen, aus der sie eben kamen; in die Hauptstadt der Grafschaft nach Milchester. Ein zweiter wies auf einen Ort namens Crowley hin, der geradewegs nach Norden lag. Der dritte schließlich zeigte ihnen den Weg nach Goodman's Land, wo sich ihr eigentliches Ziel befand, ein gemütliches Ferienhäuschen namens Hawthorne Cottage. Zamorra zählte darauf, dass die hiesigen Beamten etwas anfangen konnten mit ›mitten im Nichts, am Weizenfeld links‹.

Zamorra gab durch, was sie gefunden hatten, und versprach vor Ort zu warten, bis ein Streifenwagen eintraf. Das Gespräch war gerade beendet, als sich Nicole an ihn lehnte.

»Hässliches und Schönes liegen manchmal doch sehr nah beisammen, oder meinst du nicht?«, fragte sie leise.

Gemeinsam blickten sie nach oben, wo ein purpurschillerndes Polarlicht den schwarzen Himmel überspannte. Es war so satt in seiner Farbe, als wollte es jeden Moment selbst anfangen zu bluten.

Die Sonne schien voller Enthusiasmus durch die dünnen Leinenvorhänge des Schlafzimmers. Mindestens so tatkräftig wie eine Touristenführerin, die eine Traube schnatternder Besucher an Hawthorne Cottage vorbeiführte.

Zamorra tastete nach der TI-Watch auf dem Nachttisch. Wie spät war es? Dem Duft nach Seife und Shampoo nach zu urteilen, der samtig zu ihm herüberwehte, war zumindest Nicole schon auf den Beinen. Ein herzhaftes Lachen aus vielen Kehlen wurde unter dem Fenster laut. Offenbar war der Guide der vorbeiziehenden Gruppe recht unterhaltsam.

Die TI-Watch verriet Zamorra, dass es bereits kurz nach neun war. Er blinzelte. Bildete er sich das ein, oder hatte die Anzeige geflackert? Die Geräte machten seit ein paar Tagen schon Probleme. Nichts Gravierendes bisher, doch unerklärlich.

»Bonjour, chéri.«

Zamorra drehte sich auf den Rücken und sah hinüber zu dem geschmackvollen kleinen Bad, das an das Schlafzimmer angrenzte. Nicole kam eben daraus hervor. Sie trug noch keinen Faden Stoff am Leib; einzig einen Hauch teuren Parfums. Unweigerlich kam Zamorra der Gedanke, dass so eine Sonnenfinsternis vielleicht gar nicht so interessant war. Was machte es schon, wenn man sie verpasste? Die nächste kam sicher in ein- oder zweihundert Jahren auf einen Tee vorbei. Der Ausdruck auf Nicoles Gesicht machte ihn jedoch sogleich wieder nüchtern.

»Du denkst noch immer an das, was wir vorige Nacht gefunden haben?«

Nicole verzog vielsagend das Gesicht und begann in ihrem Koffer nach Wäsche zu suchen. Nichts gefiel ihr. Weder das raffinierte schwarze Set, das sie erst vor Kurzem erworben hatte, noch das blaue, mit dem sie sehr angenehme Erinnerungen verband. Ihre Gedanken kreisten tatsächlich weiterhin um die Blutlache auf der verlassenen Straße. Und um das, was die Polizisten ihnen gesagt hatten.

»Man könnte meinen, wir ziehen den Ärger wirklich magisch an«, murmelte sie.

»Wir ziehen gar nichts an«, widersprach Zamorra liebevoll und wickelte sich aus den zerwühlten Laken. »Und es ist nicht unser Ärger, Liebling.«

Nicole versuchte ein Lächeln. Zamorra nahm sie zärtlich in die Arme und küsste ihr Haar.

»Diesmal nicht«, flüsterte er. »Wenn hier ein verrückter Mörder herumläuft, ist das nicht unsere Aufgabe. Wir machen Ferien. Wir werden etwas Nettes zum Frühstück essen, ein wenig spazieren gehen, und dann sehen wir uns die Finsternis an.«

»Sie wird nicht zu übersehen sein«, neckte Nicole ihn. »Sicher«, sagte Zamorra. »Aber wer darf sie schon von einem bronzezeitlichen Monument aus beobachten?«

Goodman's Land entpuppte sich als ein sehr ansehnliches, aufgeräumtes Städtchen. Ein Dorf konnte man es schon nicht mehr nennen. Direkt am Meer gelegen, mit herrlichen Bauerngärten, die vor später Blütenpracht überquollen, und vielen liebevoll gepflegten alten Häusern hätte man jeden Winkel auf eine Postkarte drucken können. Ebenso gab es jedoch auch Filialen großer Discounter, Buslinien, die sich ihre Wege durch enge Straßen bahnten, ein paar eher unansehnliche Sozialbauten und: Touristen. Sie störten das Bild nicht unerheblich. Nicole fragte sich, ob es immer so viele von ihnen hier gab, oder ob die astronomischen Ereignisse sie anzogen. Lebhaft schnatternd marschierten ganze Kolonnen zum Strandhotel oder hinaus auf die Felder und Wiesen, die mancher pfiffige Landwirt als ›Public Viewing Area‹ ausgewiesen hatte.

Am Tage konnte man die Verdunkelung der Sonne bewundern und bei Nacht, wenn man ein entsprechend gutes Teleskop besaß, eine Konstellation namens Syzygie, die sich ebenfalls aufgemacht hatte, Geld in die Kassen zu treiben. Dabei schoben sich mindestens drei Planeten des Sonnensystems in eine gerade Linie zueinander: in diesem Sonderfall sogar alle acht.

Im Pub war kein Platz mehr zu bekommen. Zamorra und Nicole, die den Vormittag damit verbracht hatten, Goodman's Land näher zu erkunden, kauften sich zu Mittag einen Bissen auf die Hand und machten es sich unter einer großen Linde gegenüber dem ›Golden Gibbet‹ gemütlich. Das reichlich belegte Sandwich war vorzüglich.

»Niedlich«, kommentierte Nicole, während sie sich einen Rest Soße von den Fingern leckte. Sie meinte das Aushängeschild des Pubs. Es zeigte einen Galgenkäfig, in dem ein eigenartig unförmiges Blob-Monster eingesperrt war. Ein weiterer Guide, der eben seine Schäfchen zurück in die Sonne führte, verkündete, dass vor nicht allzu langer Zeit noch der originale Galgenkäfig dort gehangen hatte. Inzwischen befand er sich im örtlichen Museum, dem nächsten Stopp der Tour.

»Denny Shore hat mich vorgewarnt, dass die Leute hier etwas eigen sind«, sagte Zamorra.

er kleine Wissenschaftler war es, der ihnen zur Beobachtung der Finsternis einen besonderen Platz organisiert hatte. Unweit von Goodman's Land gab es ein – wahrscheinlich – bronzezeitliches Monument, das zurzeit restauriert wurde. Denny war als Experte für untergegangene Kulturen daran beteiligt und hatte seinem alten Freund Zamorra sofort angeboten, ihm und Nicole die Stätte zu zeigen. Niemand wusste exakt, wozu sie ursprünglich gedient hatte: Aber Theorien gab es reichlich. Bei der Freilegung des Monuments, das eine gewisse Ähnlichkeit mit dem Grabhügel in Newgrange besaß, hatte man eine königliche Begräbnisstätte gewittert – jedoch keinerlei Skelette, Urnen, Grabbeigaben oder anderes entdeckt, die diese These untermauerten. In den vergangenen einhundert Jahren waren allerlei Interpretationen durch Fachpresse und Internetforen gegeistert, die sich in ihrer Exotik schier zu überbieten versuchten. Hoch gehandelt wurde die Theorie, es handele sich um ein Observatorium: Immerhin war die Decke des Monuments nicht geschlossen, sondern wies ein kreisrundes Loch auf, durch das zu bestimmten Daten die Mittagssonne senkrecht hineinschien. Gegen diese Interpretation sprach, dass sich direkt unterhalb des Loches ein Steinquader befand und es auch keine weiteren Anlagen im Umkreis des Monuments gab, wie beispielsweise die Trilithe von Stonehenge oder einzelne Steinsetzungen. Selbsterklärte Druiden, die unweigerlich herbeieilten, wenn das Monument Erwähnung fand, beschworen, es handele sich um einen Altar, eine Opferstätte, ein Heiligtum von sensationeller Bedeutung. Selbstredend fehlten auch jene selbsternannten Experten nicht, die das Monument Aliens zuschrieben. Wie sollte es anders sein?

Zamorra hielt von all dem wenig bis rein gar nichts. Gewiss musste das Monument für seine Erbauer von großer Wichtigkeit gewesen sein, andernfalls hätten sie kaum über Jahre hinweg tonnenweise Erde und Gestein bewegt, um es zu errichten. Handfeste Beweise für seine Bedeutung fehlten jedoch. Denny W. Shore vertrat die These, dass es sich um ein Gemeinschaftsgrab gehandelt haben mochte und der Steinquader dazu diente, die neu hinzugekommenen Toten in aller Ruhe verwesen zu lassen, um ihre Gebeine schließlich in Nischen oder unter dem Boden beizusetzen. Das Fehlen jeglicher Knochen konnte verschiedene Gründe haben.

Zamorra freute sich jedenfalls darauf, das Monument mit eigenen Augen zu sehen. Bisher kannte er nur Fotografien davon. Ihn reizte, sich die Symbole anzuschauen, die an größeren Steinblöcken am Eingang und auch auf dem Steinquader im Zentrum angebracht worden waren. Mehr aber noch, wenn er ehrlich war, interessierte ihn die Öffnung im Dach des künstlich erschaffenen Hügels. Während die Esoteriker ihm alle erdenklichen, luftig-erleuchteten Namen wie ›Sonnentor‹ oder ›Lichtbrunnen‹ verpasst hatten, kannte der Volksmund der Region es nur unter einer einzigen Bezeichnung: Dämonenloch.

Die Ortung der TI-Gammas spann bei beiden fröhlich vor sich hin. Es nahm zwar die Adresse des Monuments auf, zu dem ein bescheidenes Besucherzentrum gehörte, konnte sich aber nicht entschieden, wie die umliegenden Straßen hießen. Sogar ihr Verlauf schien eine Frage der Auslegung zu sein. Die Anzeige wechselte unentschlossen von einer Möglichkeit zur anderen.

»Natürlioh kann ein TI-Gamma mal spinnen, obwohl auch das schon ungewöhnlich wäre, chéri, aber dass meines und deines zugleich verrückt spielen, ist unnatürlich. Findest du nicht auch?«, gab die schöne Französin zu bedenken.

Das Ti-Gamma, entwickelt von der High-Tech-Schmiede Tendyke Industries, sah äußerlich einem modernen Smartphone ähnlich. Allerdings verfügte es über weit mehr Möglichkeiten und Finessen.

»Ich würde es nicht nur unnatürlich nennen, sondern geradezu übernatürlich«, entgegnete Zamorra. »Wenn ich nur wüsste, was hier nicht stimmt.«

Zamorra und Nicole entschieden sich, es auf die altmodische Art anzugehen: mit einer Karte.

Flyer zum Monument flogen beinahe so viele durch den Ort wie solche, die über die Sonnenfinsternis informierten. Geschäftstüchtig waren die Bewohner von Goodman's Land, das musste man ihnen lassen.