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Ein Roman, bewegend wie ein Sonnenaufgang in den Bergen...
Annika hat die perfekte Hochzeit geplant: In einer romantischen kleinen Kapelle in den Schweizer Bergen, umgeben von Wildblumenwiesen und dem Geläut von Kuhglocken, will sie ihrem Verlobten das Ja-Wort geben. Louis, ein wohlhabender Zermatter Hotelier, scheint ein wahrer Märchenprinz zu sein – bis Annika etwas über ihn erfährt, das ihre gemeinsame Zukunft ernsthaft in Frage stellt. Dabei sind schon die ersten Gäste unterwegs, und eine geplatzte Hochzeit wäre ein unglaublicher Skandal. Die ganze Sache wächst Annika endgültig über den Kopf, als plötzlich Felix vor ihrer Tür steht. Der Extremsportler mit den bergseegrauen Augen hat Annika vor einiger Zeit nicht nur auf die atemberaubendsten Gipfel mitgenommen, sondern auch gefühlsmäßig an ihre Grenzen gebracht. Doch ausgerechnet Felix rät ihr, Louis um jeden Preis zu heiraten ...
Die Romane der INSELfarben- und GIPFELfarben-Reihe sind in sich abgeschlossen und können unabhängig voneinander gelesen werden.
Die chronologische Reihenfolge der Romane: Inselblau (Svea, Langeoog und Mallorca), Inselgrün (Wiebke, Irland), Inselgelb (Claire, Island), Inselpink (Ida, Mallorca), Inselgold (Amanda, Rügen), Gipfelblau (Annika, Zermatt), Gipfelgold (Mona, Bad Gastein), Gipfelrot (Valerie, Schottland), Inseltürkis (Terry, Sardinien), Inselrot (Sandra, Sylt), Gipfelpink (Susa, Teneriffa), Inselhimmelblau (Svea, Langeoog), Gipfelglühen (Sebastian, Allgäu) Inselorange (Vicky, Sizilien)
Außerdem: »Plätzchen, Tee und Winterwünsche«, »Misteln, Schnee und Winterwunder«, »Sterne, Zimt und Winterträume«, »Muscheln, Gold und Winterglück«, »Vanille, Punsch und Winterzauber«, »Mondschein, Flan und Winterherzen«, »Engel, Blues und Winterfunkeln«, »Pancakes, Samt und Winterglanz«, »Sommertraum mit Happy End«, »Stürmisch verliebt«, »Meersüchtig verliebt«, »Meerglück, friesisch blau«
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Veröffentlichungsjahr: 2018
Impressum
Über die Autorin
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Das Buch
Vorwort
Kapitel 1
Kapitel 2
Kapitel 3
Kapitel 4
Kapitel 5
Kapitel 6
Kapitel 7
Kapitel 8
Kapitel 9
Kapitel 10
Kapitel 11
Kapitel 12
Kapitel 13
Kapitel 14
Kapitel 15
Kapitel 16
Kapitel 17
Kapitel 18
Kapitel 19
Kapitel 20
Kapitel 21
Kapitel 22
Kapitel 23
Kapitel 24
Kapitel 25
Kapitel 26
Kapitel 27
Kapitel 28
Vier Monate später
Nachwort
Eine persönliche Bitte
Alle Bücher von Stina Jensen
Leseprobe GIPFELgold
Erstausgabe: Juli 2018
© Stina Jensen
Bahnhofstraße 11
61118 Bad Vilbel
www.stina-jensen.de
Alle Rechte vorbehalten. Die Verwendung der Texte und Bilder, auch auszugsweise, ist ohne schriftliche Zustimmung der Verfasserin urheberrechtswidrig und strafbar. Dies gilt insbesondere für die Vervielfältigung, Übersetzung oder die Verwendung in elektronischen Systemen.
Die Autorin behält sich die Verwertung der urheberrechtlich geschützten Inhalte dieses Werkes für Zwecke des Text- und Data-Minings nach § 44b UrhG ausdrücklich vor. Jede unbefugte Nutzung ist hiermit ausgeschlossen.
Sämtliche Personen und Ereignisse dieses Werkes sind frei erfunden. Etwaige Ähnlichkeiten zu existierenden Personen, ob lebend oder tot, wären rein zufällig.
Lektorat und Korrektorat: Ricarda Oertel www.lektorat-oertel.de
Covergestaltung © Traumstoff Buchdesign by Claudia Toman
Covermotive © 4Max und Vitalii_Mamchuk shutterstock.com
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STINA JENSEN schreibt Insel- und Gipfelromane, romantische Wintergeschichten und Krimis.
Sie liebt das Reisen und saugt neue Umgebungen in sich auf wie ein Schwamm. Meist kommen dabei wie von selbst die Figuren in ihren Kopf und ringen dort um die Hauptrolle in ihrem nächsten Roman. Die Autorin hat ein Faible für authentische Figuren und Geschichten, die genau so passiert sein könnten. Sie mag Familiengeheimnisse und auch ein bisschen Drama. Eben genau das, was das Leben für uns alle bereithält!
Wenn sie nicht verreist, lebt die Autorin mit ihrer Familie in der Nähe von Frankfurt am Main.
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Annika hat die perfekte Hochzeit geplant: In einer romantischen kleinen Kapelle in den Schweizer Bergen, umgeben von Wildblumenwiesen und dem Geläut von Kuhglocken, will sie ihrem Verlobten das Ja-Wort geben. Louis, ein wohlhabender Zermatter Hotelier, scheint ein wahrer Märchenprinz zu sein, bis Annika etwas über ihn erfährt, das ihre gemeinsame Zukunft ernsthaft in Frage stellt. Dabei sind schon die ersten Gäste unterwegs, und eine geplatzte Hochzeit wäre ein unglaublicher Skandal.
Die ganze Sache wächst Annika endgültig über den Kopf, als plötzlich Felix vor ihrer Tür steht. Der Extremsportler mit den bergseegrauen Augen hat Annika vor einiger Zeit nicht nur auf die atemberaubendsten Gipfel mitgenommen, sondern auch gefühlsmäßig an ihre Grenzen gebracht.
Doch ausgerechnet Felix rät ihr, Louis um jeden Preis zu heiraten …
Ein Roman, bewegend wie ein Sonnenaufgang in den Bergen.
Liebe Leserinnen und Leser,
für jeden meiner Romane reise ich an die Orte, an denen meine Geschichten spielen. Nachdem ich fünf INSELfarben-Romane geschrieben hatte, wollte ich unbedingt eine Geschichte schreiben, die in den Bergen spielt. So kam es nicht von ungefähr, dass Bens Tochter Annika, die einige aus meinem Roman INSELgold kennen, in Zermatt arbeitet (keine Sorge, man benötigt keinerlei Vorwissen). Um nach Schauplätzen für Annikas Geschichte zu suchen, reiste ich in das bekannte Schweizer Bergdorf und verbrachte dort eine wunderbare Recherchereise. Leider fährt die Gondel zum Schwarzsee in der Zwischensaison nicht - ich hoffe, ich konnte dennoch alles korrekt darstellen.
Teilweise komme ich beim Schreiben ohnehin nicht darum herum, die örtlichen Gegebenheiten den Erfordernissen der Handlung anzupassen. So habe ich Louis’ Hotel und Örtlichkeiten wie das Dornrösli frei erfunden. Natürlich auch alle im Roman vorkommenden Personen. Sollten Ähnlichkeiten zu lebenden Personen bestehen, wären diese rein zufällig.
Ich wünsche viel Freude mit dieser Geschichte!
Ich kann es noch immer nicht fassen, dass du in knapp drei Wochen heiratest, Annika«, vernahm ich Mamas Stimme durchs Telefon. »Du und Louis müsst doch inzwischen furchtbar aufgeregt sein!«
»Das kannst du laut sagen«, bestätigte ich mit betonter Leichtigkeit, in der Hoffnung, dass meine Mutter nicht wahrnahm, wie es mir wirklich ging. Sie hatte, was meine Gefühlszustände betraf, sehr feine Antennen.
»Papa wird auch immer nervöser«, fuhr sie fort. »Wer hätte gedacht, dass du und dein Vater mal eine Doppelhochzeit zusammen feiern würdet? Und auch noch in den Schweizer Bergen!«
Auf diese Idee wäre in der Tat niemand gekommen. Immerhin war ich in Binz auf Rügen aufgewachsen. Meine Eltern waren schon lange getrennt – wenn auch erst seit einem Vierteljahr geschieden. Dass Papa sich mit Mitte fünfzig noch einmal verlieben, geschweige denn heiraten würde, hätte ich bis letztes Weihnachten für ausgeschlossen gehalten. Doch dann hatte er Amanda kennengelernt, eine Kalifornierin, die seine verschlossene Austernschale knackte. Dass seine Hochzeitsfeier nun zusammen mit meiner eigenen platzen würde, würde er mir niemals verzeihen – Amanda freute sich doch so sehr darauf. Genau genommen waren die beiden schon verheiratet – die Trauung hier zu vollziehen, hätte nach zu viel Papierkram verlangt. Aber gemeinsam feiern wollten wir dennoch. ErundAmanda saßen in San Diego bestimmt schon auf gepackten Koffern.
Ich sah aus der geöffneten Balkontür des Schlafzimmers zum strahlend blauen Himmel, vor dem heute das Matterhorn mit seinem schneebedeckten Gletscher wie eine Pfeilspitze emporragte. Man bekam das Horn nicht oft so zu sehen. An manchen Tagen blieb es komplett hinter Wolken verborgen, und es gab Touristen, die es während ihres gesamten Aufenthalts in Zermatt nicht ein einziges Mal zu Gesicht bekamen. Aber heute, an diesem sonnigen Dienstagmorgen, zeigte es sich in seiner vollen Pracht, und man konnte davon ausgehen, dass Scharen von Reisegruppen in diesem Moment auf der Kirchbrücke, die über die Vispa führte, Spalier standen, um das beste Foto unseres Hausbergs zu schießen. Und auch ich selbst konnte mich nach nun fast drei Jahren in diesem Ort nicht sattsehen an diesem Berg. Ich mochte den Anblick so sehr. Er übte normalerweise eine beruhigende Wirkung auf mich aus – eine Ruhe, die ich in diesem Augenblick jedoch vergeblich in mir suchte.
Mein Blick glitt zu den saftig grünen Wiesen, die sich hinter dem Zaun unseres Grundstücks zum Ortsrand hin erstreckten. Die Gondel zum Furi verließ eben die Talstation und brachte die ersten Besucher nach oben, die meisten von ihnen wollten ganz hinauf zum Matterhorn glacier paradise, von wo aus man bei guter Sicht einen Rundumblick auf alle Viertausender des Mattertals bekommen kann. Allen voran das Matterhorn, das die Welt von der Toblerone-Verpackung kennt. Als ich das erste Mal dort oben stand, übermannte mich ein solches Glücksgefühl, dass ich verstohlen ein paar Tränen abwischte.
Ich lächelte in mich hinein. Man sollte erwarten, dass über den Gipfeln absolute Stille herrscht, doch das Gegenteil ist der Fall. Im Winter, zur Ski-Hauptsaison, dröhnt Musik aus den Lautsprechern, im Sommer, wenn dort oben noch immer Schnee liegt, nur weniger Ski gefahren wird, bereitet einem das Geschnatter der asiatischen Reisegruppen, die sich vor dem Gipfelkreuz mit einer Toblerone-Packung ablichten lassen, bald Kopfschmerzen.
Unten am Ortsrand, wo Louis’ Haus stand – von dem ich bis zum Vortag gedacht hatte, dass ich noch viele Jahre mit meinem Bräutigam darin verbringen würde – hörte man lediglich das Geplätscher der Vispa, das Gerumpel der Gondel oder die Zahnradbahn, die nicht weit von hier über die Brücke hoch zum Gornergrat fuhr. Darüber hinaus vernahm man das Summen der Insekten.
Diese köstliche, friedvolle Natur. Dieser Geruch nach Grün und reiner Alpenluft. Allein der Gedanke, mich mit Nevio, meinem acht Monate alten Sohn, auf einer Decke in den Halbschatten zu legen und wegzudösen, all das auszublenden, was ich gestern Abend erfahren hatte, kurz nachdem Louis zu einer Geschäftsreise aufgebrochen war, von der er erst am Freitagabend zurückkehren würde …
»Wird Mariella denn auch kommen?«, unterbrach Mama meine Gedanken. »Spricht sie endlich wieder mit dir?«
»Leider hat sie auf meine Einladung und meine Nachrichten noch immer nicht geantwortet«, erwiderte ich niedergeschlagen. »Ich vermute, für Mariella bin ich endgültig gestorben.«
Nun, da alles in Scherben lag, hätte sie zwar ohnehin nicht mehr zur Hochzeit kommen können. Aber ich hätte sie mehr denn je als Freundin hier vor Ort gebraucht.
»Ich verstehe das einfach nicht«, meinte Mama. »Du hast ihr doch gar nichts getan.«
Nein, das hatte ich wahrhaftig nicht. Im Gegenteil. Ich hatte seit meiner Ankunft in Zermatt vor bald drei Jahren alles dafür getan, um meine Schweizer Freundin nicht zu verlieren. Doch dass ich mit Louis, einem der bekanntesten und wohlhabendsten Zermatter, zusammengekommen war, hatte sie mir offenbar so übel genommen, dass sie vor anderthalb Jahren jeden Kontakt mit mir abgebrochen hatte. Ghosting nannte man so etwas. Man verabschiedete sich aus dem Leben des anderen ohne ein Wort der Erklärung oder des Abschieds.
In diesem Moment regte sich mein Sohn in seinem Bettchen. Ich wandte den Kopf und betrachtete wehmütig seine feinen Gesichtszüge und die langen Wimpern, die auf den rosigen Bäckchen ruhten. Die feinen Linien seiner blonden Augenbrauen sahen aus wie gemalt. Die zitternden Lippen saugten im Halbschlaf vermutlich noch an einer Mahlzeit. Ich würde mit dem Abblasen der Hochzeit meinem Kind nicht nur den Vater nehmen, den er so sehr vergötterte, sondern auch eine Zukunft als millionenschwerer Hotelerbe. Louis und seiner Mutter gehörte das OberwalliserGrandhotel.
»Du, Mama«, flüsterte ich ins Telefon, »ich muss Schluss machen. Nevio wird gerade wach, und wenn er nicht sofort seine Milch bekommt …«
Mamas Stimme nahm einen zärtlichen Tonfall an. »Wie ich mich darauf freue, den kleinen Schatz wiederzusehen. Jetzt müssen wir nur noch hoffen, dass das Wetter mitspielt.«
Um das Wetter sorgte ich mich am allerwenigsten. Mit fast dreihundert Sonnentagen im Jahr war Zermatt einer der sonnigsten Orte der Schweiz. Als ich vor drei Jahren von Rügen zum Arbeiten hierher zog, hatten mich diese Sonnentage besonders gelockt. Was ich dabei vergaß, waren die Monate, in denen hier meterhoch Schnee lag. Und die monatelange Kälte. Selbst jetzt, im Juli, wurden es selten über zwanzig Grad. Sogar im Mai hatte sich auf manchen Wiesen noch der Schnee gehalten. Doch das riesige Skigebiet mit seinem atemberaubenden Bergpanorama und diese betörenden Sommer mit Wiesen voller Wildblumen und tanzender Insekten entschädigten für die lange Durststrecke. Ich konnte mich an dieser Landschaft kaum sattsehen. Was meinen Weggang von der Küste in die Berge betraf, hatte ich meine Entscheidung noch keine Sekunde bereut.
Ich verabschiedete mich von Mama, trat von der offenen Balkontür zurück und legte das Handy auf dem Nachttisch ab. Dann eilte ich hinunter in die Küche, um Nevios Morgenfläschchen zuzubereiten. Ich musste mich unbedingt zusammenreißen, um meinem Baby nicht zu zeigen, wie es mir ging. Dabei war mir danach, mich ins Bett zu legen und mir die Decke über den Kopf zu ziehen. Aber es half nichts, ich musste mein Kind versorgen. Das wollte ich nicht vor mich hin weinend tun; Nevio sollte eine fröhliche Mama haben.
Während ich nach dem Milchpulver griff und in geübten Handgriffen Nevios Flasche zubereitete, fragte ich mich, wie ich alles nur so weit hatte kommen lassen können. Vielleicht sollte ich doch noch einmal versuchen, mit Mariella zu sprechen. Bei diesem Notfall konnte sie mich doch nicht abweisen? Würde sie mir endlich sagen, was letztes Jahr an Louis' fünfzigstem Geburtstag im Dornrösli geschehen war, als ich diesen entsetzlichen Filmriss hatte und am nächsten Morgen mit klatschnassen Haaren zu mir kam? Hing ihr Groll gegen mich vielleicht allein mit diesem Abend zusammen? Bisher hatte sie mir nur vorgeworfen, sich wohl unendlich in mir getäuscht zu haben. Dass ich mich an nichts erinnerte, hatte sie mir nicht geglaubt.
Mir schwante nichts Gutes.
Dabei hatte alles so vielversprechend begonnen, als ich nach Zermatt kam.
Mit Louis kam ich übrigens nicht gleich zusammen. Zuvor verliebte ich mich nämlich in einen anderen.
Daran, dass ich mich heute in dieser Situation befand, war er nicht ganz schuldlos.
Schon als kleines Mädchen träumte ich davon, eines Tages in den Bergen zu leben. Ich weiß nicht, ob es an den »Heidi«-Filmen lag, dass ich mit den Alpen ein Gefühl von Heimat verband, das ich auf Rügen vergeblich suchte. Es war, als sei ich falsch in all dieser Weite und Freiheit, die die See ausstrahlt. Ich suchte ein Tal, in dem die Berge mich umarmen – ein Gefühl von Geborgenheit, das mir in meiner Familie manchmal fehlte. Meine Eltern waren damals mit ihrem eigenen Klan zerstritten, und nachdem auch Mama und Papa sich getrennt hatten, blieben mir lediglich Bella, unser Labrador, und Mona, die bis heute meine Freundin ist.
Meine Eltern taten aber ihr Bestes, um mich aufzufangen: Papa zog in ein Haus direkt nebenan, er und Mama »teilten sich die Verantwortung« für mich, und doch fühlte ich mich dabei wie ein Koffer, der hin- und hergereicht wurde. Als ob keiner mich wirklich bei sich haben wollte. Oder als ob jeder der beiden dem anderen zu beweisen versuchte, dass er oder sie besser für mich sorgte. In Wahrheit ging es nicht um mich oder darum, wie ich mich fühlte.
Mama fing mich immerhin auf, wenn ich mal wieder mit Papa nicht klarkam. Er mäkelte ständig an mir herum, obwohl er auf den ersten Blick immer so ausgeglichen scheint. Wenn ich beschreiben müsste, wie mein Vater Ben aussieht, würde ich sagen: »Denk an den Jever-Mann aus der Werbung.« So lässig und verwegen und gleichzeitig erfolgreich und gut aussehend. Außerdem hat mein Vater lange Zeit als Barkeeper gearbeitet, wofür er sich in Smoking und Fliege schmiss, was ihm ebenfalls ausgezeichnet stand. Er kann alles tragen, er sieht immer cool aus. Ist er aber nicht. Er ist total verbohrt. Auch hinsichtlich meiner männlichen Freunde. Jedem, der auch nur Interesse an mir zeigte, unterstellte er, dies allein wegen meines Aussehens zu tun. Ich habe – bis auf die blonden Haare – eine gewisse Ähnlichkeit mit Natalie Portmann. Außerdem überrage ich mit meinen Einssechsundsiebzig viele meiner weiblichen Mitmenschen. Aber dass sich allein deswegen ein Junge für mich interessieren sollte, kränkte mich eher, als dass es mir schmeichelte.
Meine Mutter, sie heißt Sonja, hat versucht, zwischen uns beiden zu vermitteln. Mama betreibt einen Dekorationsladen in Bergen auf Rügen, sie verkauft »hochwertige Inneneinrichtungsgegenstände, die ein Haus in ein Heim verwandeln«, und mit diesem Spruch hat sie die Kunden auch schon an der Angel. Sie kann gut mit Leuten, Papa gut mit Tieren. Denen kann man Kommandos erteilen, die sie schwanzwedelnd ausführen. So etwas gefällt ihm.
Jedenfalls wollte mein Vater, dass ich beruflich dem Tourismusgewerbe fern bleibe. Er war zu Zeiten der DDR auf Rügen aufgewachsen und der festen Meinung, dass der über unsere Insel hereinbrechende Tourismus nach der Wende nicht besonders toll war. Das hatte auch mit meinem Onkel Sven zu tun, der ein Hotel betreibt – aber diese Details würden jetzt zu weit führen. Jedenfalls absolvierte ich nach dem Abitur eine Ausbildung zur Röntgenassistentin in der Berufsfachschule für Medizinisch Technische Assistenten, da ich mich für Anatomie interessiere und gern mit Menschen zu tun habe. Es macht mir nichts aus, andere zu berühren, und ich habe ein Gespür für ihre Ängste – was ein großer Vorteil in diesem Beruf ist. Nach meinem Staatsexamen arbeitete ich ein paar Jahre im Klinikum Bergen auf Rügen, gab mir jedoch innerlich das Versprechen, mir irgendwann meinen Traum zu erfüllen und in die Berge zu gehen. Mit meinem Beruf hatte ich gute Voraussetzungen dafür. Bei meinen Recherchen von Stellenanzeigen im Internet stieß ich eines Tages auf die Annonce einer Unfallpraxis in Zermatt. An die Schweiz hatte ich natürlich – insbesondere wegen der Verdienstmöglichkeiten – schon gedacht. Sie suchten jemanden mit meiner Qualifikation und dem Schwerpunkt auf Röntgendiagnostik.
Mehr oder weniger aus Jux, und weil Mona mich dazu ermunterte, rief ich an, berichtete von meinen bisherigen Tätigkeiten, beantwortete Fachfragen, und man lud mich zum Gespräch ein. Es war fast eine Tagesreise, doch die Praxis übernahm Fahrtkosten und Übernachtung. Und dann, wir hatten kaum eine Stunde geredet, unterbreitete Frau Dr. Kälin mir ein Jobangebot und offerierte mir so viel Gehalt, dass mir schwindelig wurde. Ich konnte nichts anderes tun, als spontan zuzusagen.
Das Gefühl, das sich dabei in meinem Magen ausbreitete, ist kaum zu beschreiben: als ob eine Kanne warmes Öl im Bauch ausläuft. Ich würde in den Bergen leben!
Papa war entsetzt, Mama todtraurig. Ich rang mit mir, weil ich mir kaum zugestehen mochte, glücklich zu sein, wo ich andere doch so unglücklich machte. Doch schließlich gewöhnten sich meine Eltern an den Gedanken, dass ihre Tochter die erste eigenständige Entscheidung ihres Lebens getroffen hatte.
Papa stichelte zwar unentwegt weiter, sobald wir uns zu den wenigen Gelegenheiten seit meinem Fortgehen sahen. Besonders, als er feststellte, dass ich mit Louis mit einem Mann zusammengekommen war, der nur wenige Jahre jünger war als er selbst. Von meinem Bergsteiger, an den ich zuvor mein Herz verlor, hatte er gar nichts mitbekommen. Aber das alles kam erst später. Nach dem Vorfall bei Frau Dr. Kälin, der dazu führte, dass ich meinen Job verlor.
Nach meinem Weggang von Rügen besserte sich zunächst das Verhältnis zwischen Papa und mir. Nachdem alle Formalitäten erledigt waren und meine neue Chefin mir ein möbliertes Zimmer mit Kochnische und Bad auf dem Flur unweit der Praxis vermittelt hatte, brachten Mama und Papa mich mit ein paar persönlichen Dingen wie meiner Bettwäsche und einem Bücherregal nach Zermatt.
Es war ein regnerischer, nasskalter Tag im September. Das Matterhorn war wolkenverhangen und die Heizung in meiner Unterkunft kaputt. Papas Blicke sprachen Bände.
Von Anfang an fühlte ich mich wohl in diesem Team aus Ärzten, Arzthelfern und Medizinisch Technischen Assistenten. Ich war für das Röntgen zuständig. Wie gesagt lag es mir, Patienten zu beruhigen und ihnen die Angst vor Schmerzen zu nehmen, ihnen das Vertrauen zu vermitteln, dass sie bei uns in allerbesten Händen waren. Mir ging die Arbeit leicht von der Hand, es stellte sich rasch Routine ein, und ich integrierte mich gut in das Team aus Schweizern, Deutschen, Italienern und Franzosen. Überhaupt ist dieses Dorf ein internationales Pflaster. Natürlich gibt es Zermatter, die hier geboren sind – aber in dieser ersten Zeit lernte ich schnell, dass es ebenso viele Ausländer gibt, die hier leben und arbeiten.
Über meine Chefin lernte ich Mariella kennen, die in einer Kletterschule mit angrenzendem Outdoorladen auf der Bahnhofstraße arbeitete. Mariella und Frau Dr. Kälins Tochter Linda, die inzwischen in Zürich lebt, waren zusammen zur Schule gegangen. Mariella und ich waren uns auf Anhieb sympathisch. Ihre Mutter stammte aus Sardinien und hatte ihrer zierlichen Tochter eine wilde, schwarze Lockenmähne und sehr dunkle Augen vererbt. Mariella und ich mit meiner nordischen Körpergröße, den blonden, glatten Haaren und den grauen Augen, die bei Sonnenschein auch mal wie blau wirken können, hätten nicht unterschiedlicher aussehen können. Mariella war ebenso wie ich drahtig und wendig, doch im Gegensatz zu mir, die früher nur gelegentlich am Strand joggte und stattdessen viel lieber segelte, hatte sie schon als Kleinkind Skilaufen gelernt und kraxelte auch gern über Berge. Sie nahm mich mit zum ersten Skifahren.
Frau Dr. Kälin sah das nicht gern, da sie befürchtete, ich könnte bald selbst Patientin ihrer Praxis werden, doch glücklicherweise stand ein Verbot nicht in meinem Arbeitsvertrag. Ich hatte noch nie auf Brettern gestanden und war anfangs recht wacklig unterwegs, doch Mariella war eine hervorragende Lehrerin, die mir schnell beibrachte, ohne Verletzungen die Berge hinunter zu kommen. Sie half mir mit ihrer offenherzigen Art, mich bald heimisch zu fühlen, und sorgte dafür, dass sich immer mehr Schweizer Begriffe in meinen Sprachgebrauch mogelten – was meine Eltern und Freunde auf Rügen bei meinem ersten Besuch in der Heimat an Weihnachten belustigt zur Kenntnis nahmen. Grüezi gehört übrigens nicht dazu. Der Walliser sagt »Güeten Tag« und bereits nach zwölf Uhr mittags »Güete Abu«. Solche Dinge verinnerlicht man schnell.
Die ersten Monate nach meiner Ankunft arbeitete ich ohne Pause.