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Valerie ist tieftraurig. Ihr Traum vom Leben mit ihrer großen Liebe ist wie eine Seifenblase zerplatzt und auch einen anderen Herzenswunsch musste sie schmerzlich aufgeben. Was wäre da wohltuender, als ganz allein in die malerische Abgeschiedenheit Schottlands zu reisen, um wieder zu sich selbst zu finden? Doch ihre beiden Freundinnen wollen davon nichts wissen und reisen spontan mit. Als auch noch der kernige Schotte Matt mit seinem Sohn auftaucht, ist es endgültig vorbei mit der Ruhe. Zudem scheint der geheimnisvolle Mann, dessen Akzent und Lachfältchen Valerie gegen ihren Willen faszinieren, etwas vor ihnen zu verbergen. Die Einladung ins touristische Pitlochry am Fuße der Highlands lehnt Valerie kategorisch ab, doch hat sie ihre Rechnung ohne den Einfallsreichtum ihrer Begleiterinnen gemacht ...
Die Romane der INSELfarben- und GIPFELfarben-Reihe sind in sich abgeschlossen und können unabhängig voneinander gelesen werden.
Die chronologische Reihenfolge der Romane: Inselblau (Svea, Langeoog und Mallorca), Inselgrün (Wiebke, Irland), Inselgelb (Claire, Island), Inselpink (Ida, Mallorca), Inselgold (Amanda, Rügen), Gipfelblau (Annika, Zermatt), Gipfelgold (Mona, Bad Gastein), Gipfelrot (Valerie, Schottland), Inseltürkis (Terry, Sardinien), Inselrot (Sandra, Sylt), Gipfelpink (Susa, Teneriffa), Inselhimmelblau (Svea, Langeoog), Gipfelglühen (Sebastian, Allgäu)
Außerdem: »Plätzchen, Tee und Winterwünsche«, »Misteln, Schnee und Winterwunder«, »Sterne, Zimt und Winterträume«, »Muscheln, Gold und Winterglück«, »Vanille, Punsch und Winterzauber«, »Mondschein, Flan und Winterherzen«, »Engel, Blues und Winterfunkeln«, »Pancakes, Samt und Winterglanz«, »Sommertraum mit Happy End«, »Stürmisch verliebt«, »Meersüchtig verliebt«, »Meerglück, friesisch blau«
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Veröffentlichungsjahr: 2019
Impressum
Über die Autorin
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Das Buch
Vorwort
Kapitel 1
Kapitel 2
Kapitel 3
Kapitel 4
Kapitel 5
Kapitel 6
Kapitel 7
Kapitel 8
Kapitel 9
Kapitel 10
Kapitel 11
Kapitel 12
Kapitel 13
Kapitel 14
Kapitel 15
Kapitel 16
Kapitel 17
Kapitel 18
Kapitel 19
Kapitel 20
Kapitel 21
Kapitel 22
Kapitel 23
Kapitel 24
Kapitel 25
Kapitel 26
Kapitel 27
Kapitel 28
Kapitel 29
Epilog
Nachwort
Eine persönliche Bitte
Alle Bücher von Stina Jensen
Leseprobe INSELtürkis
Erstausgabe: April 2019
© Stina Jensen
Bahnhofstraße 11
61118 Bad Vilbel
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Lektorat und Korrektorat: Ricarda Oertel www.lektorat-oertel.de
Covergestaltung © Traumstoff Buchdesign by Claudia Toman
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STINA JENSEN schreibt Insel- und Gipfelromane, romantische Wintergeschichten und Krimis.
Sie liebt das Reisen und saugt neue Umgebungen in sich auf wie ein Schwamm. Meist kommen dabei wie von selbst die Figuren in ihren Kopf und ringen dort um die Hauptrolle in ihrem nächsten Roman. Die Autorin hat ein Faible für authentische Figuren und Geschichten, die genau so passiert sein könnten. Sie mag Familiengeheimnisse und auch ein bisschen Drama. Eben genau das, was das Leben für uns alle bereithält!
Wenn sie nicht verreist, lebt die Autorin mit ihrer Familie in der Nähe von Frankfurt am Main.
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Valerie wünscht sich nur eines: allein zu sein. Denn ihr Traum vom Leben mit ihrer großen Liebe ist wie eine Seifenblase zerplatzt. Was wäre da wohltuender, als in die malerische Abgeschiedenheit Schottlands zu reisen?
Doch sie bekommt ungewollt Gesellschaft: Zwei Freundinnen reisen spontan mit. Als auch noch der kernige Schotte Matt, dessen Akzent und Lachfältchen Valerie gegen ihren Willen faszinieren, mit seinem Sohn auftaucht, ist es endgültig vorbei mit der Ruhe.
Die Einladung ins touristische Pitlochry am Fuße der Highlands lehnt Valerie zwar kategorisch ab, doch hat sie ihre Rechnung ohne den Einfallsreichtum ihrer Begleiterinnen gemacht. Es geht zu wie in einer schottischen Familiensaga!
Bald weiß Valerie gar nicht mehr so genau, ob Einsamkeit wirklich das ist, was sie sich am meisten wünscht.
Was sie aber nicht ahnt: Nicht nur sie selbst, auch Matt verbirgt ein sorgsam gehütetes Geheimnis ...
Ein Roman, ergreifend wie der Blick in die Weite der Highlands.
Liebe Leserinnen und Leser,
für jeden meiner Romane reise ich an die Orte, an denen meine Geschichten spielen. Nach meiner Reise nach Schottland vergingen allerdings zwei Jahre, bis dieser Roman entstehen konnte. Umso mehr Freude hat es mir bereitet, mir die Schauplätze noch einmal in Erinnerung zu rufen und neu aufleben zu lassen.
Obwohl ich mir Mühe gebe, bei den Ortsbeschreibungen so exakt wie möglich zu bleiben, komme ich nicht darum herum, die örtlichen Gegebenheiten teilweise den Erfordernissen der Handlung anzupassen. Sollten Ähnlichkeiten mit real existierenden Personen bestehen, wären diese rein zufällig.
Dass ausgerechnet du allein nach Schottland fährst!«, sagte Susa. »Ich dachte, dich zieht es mehr in den Süden? Hast du dich nicht deswegen bei dieser Boutique-Hotelkette beworben, weil die hauptsächlich Häuser in Frankreich und Italien betreiben?« Sie schüttelte den Kopf. »Schottland ist jetzt nicht gerade berühmt für sein gutes Wetter. Außerdem hätte ich gedacht, dass das mehr so Eriks Ding wäre, nicht deins. Machst du das, um ihm eins auszuwischen?«
Meine Freundin und ich hockten in ihrer gemütlichen Küche, jede von uns einen Latte macchiato vor der Nase. Susas fünfzehnjährige Tochter Miri lehnte an der Anrichte und lauschte unserem Gespräch mit gelangweiltem Gesichtsausdruck, scrollte dabei über den Bildschirm ihres Handys.
»Das ist doch Blödsinn«, entgegnete ich Susas Frage. Von Erik hatte ich mich im Januar nach fünfeinhalb Jahren Beziehung getrennt. Er war während unseres gemeinsamen Skiurlaubs fremdgegangen, und ich hatte das zum Anlass genommen, einen Schlussstrich zu ziehen. Vielleicht hatte ich nur auf diesen Moment gewartet. Unter der Oberfläche hatte ich mich schon Monate zuvor mit dem Gedanken getragen. Jedenfalls war er sehr sportlich, und seinen Sport betrieb er am liebsten in der freien Natur. Schottland hätte ihm deshalb wahrscheinlich wirklich gefallen. Aber seinetwegen tat ich das ganz bestimmt nicht.
»Ich will dort etwas ganz anderes. Ich habe dieses einsame Cottage mit Blick aufs Meer angemietet, um zu mir zu finden. Diese zerklüftete Küste und diesen Wind – noch dazu jede Menge Mystik, das bekommst du sonst nirgends.«
Vor einigen Wochen war ich beim Fernsehen zufällig auf eine Dokumentation über die schottische Isle of Skye gestoßen. Unter anderem war es darin um eine Frau gegangen, der es nach dramatischen Erlebnissen am sogenannten Neist Point, dem nordwestlichsten Punkt der Insel, gelungen war, einen Cut mit ihrer Vergangenheit zu machen. Die Aussicht, dass auch ich endlich die Geschehnisse des letzten Jahres hinter mir lassen könnte, klang verheißungsvoll in meinen Ohren. Die Trennung von Erik war gar nicht das Schlimmste gewesen.
»Außerdem«, fuhr ich fort, »möchte ich einen neuen Roman anfangen. Und wo könnte ich das besser als in der Abgeschiedenheit? Würde ich in den Süden fahren, wäre ich umgeben von Familien mit Kleinkindern und kontaktfreudigen Alleinreisenden.«
Ich zeigte Susa ein Foto des Cottages auf meinem Handy. Es handelte sich um ein romantisches Steinhäuschen, rosenberankt, mit Terrasse und gemauertem Grill. Wie gut ich es mir dort gehen lassen würde!
»Bist du eigentlich bei Insta?«, fragte Miri und war mit einem Schritt bei mir, hielt mir ihr Smartphone unter die Nase. Ich konnte mich noch immer nicht daran gewöhnen, wie sehr mein Patenkind innerhalb eines Jahres in die Höhe geschossen war. Inzwischen überragte sie ihre Mutter und mich um fast einen Kopf. Ihre schlanken, gebräunten Beine reichten mir bis zum Bauchnabel. Und dann dieses erdbeerblonde, lockige Haar. Beneidenswert.
»Was soll ich denn bitte auf Instagram?«, fragte ich und schnaubte belustigt. »Ich habe schon bei Facebook weniger als hundert Freunde.«
»O mein Gott.« Miri verdrehte die Augen. »Facebook ist so was von out, Valli. Du musst zu Snapchat und Insta. Dann kriegst du auch mehr Follower.«
Mehr Follower. Von denen hatte ich wirklich nicht genug. Wäre ich eine ehrgeizige Romanautorin, hätte ich mich von Anfang an intensiver mit Social Media beschäftigen sollen. Aber irgendwie bekam ich es nicht auf die Reihe. Instagram war jetzt also angesagt. Dank der Kinder meiner Freundin – Susa hatte auch noch einen neunzehnjährigen Sohn namens Ben – merkte ich, dass ich langsam alt wurde. Ich ging auf die Vierzig zu – was ich kaum glauben konnte. Manchmal fühlte ich mich nämlich so hilflos wie ein Kind. Ich hoffte inständig, dass ich gestärkt von meiner Schottlandreise zurückkehren würde. Innerlich gefestigt. Nicht wie ein Grashalm im Wind.
Miri hielt ihr Handy vor mein Gesicht. »Geiler melancholischer Blick, bleib mal so. Und jetzt nur noch leicht schräg.« Sie nahm meinen Kopf zwischen ihre Hände und kippte ihn. »Und jetzt ein bisschen vollere Lippen.« Sie machte ein Duckface, und ich tat es ihr gleich.
Susa hielt sich kichernd die Hand vor den Mund.
»Bist du denn bei Instagram?«, fragte ich meine Freundin.
Susa hob beide Hände in Abwehr. »Lass mich mit so was in Ruhe. Ich verstehe nichts davon und habe auch gar keine Zeit dafür. Nicht mal Ben ist auf Insta.«
Miri verdrehte die Augen. »Ben hat auch nichts als Fußball im Kopf. Aber für dich wäre es sogar was, Mama.« Sie drückte ab und nickte mir anerkennend zu. »Du bist ziemlich fotogen.« Routiniert tippte sie herum, schnalzte zufrieden mit der Zunge.
Ich nahm sie beim Handgelenk, um mir das Bild selbst anzuschauen. »Bin ich das?«, fragte ich zweifelnd. Mir strahlte eine Art Mangamädchen mit Kulleraugen entgegen.
»Ich hab nen Filter drübergelegt, dass die Falten noch’n bisschen smoother werden. Und die Mundwinkel einen Touch hochgezogen. Sieht doch gut aus.« Zufrieden betrachtete Miri ihr Werk. »Ich werd deine Augen noch ein bisschen mehr zum Leuchten bringen, dann ist es perfekt. Ich leg dir nen Account an, okay? Du musst mir nur deine E-Mail-Adresse geben und sagen, welches Passwort du willst. Schottland123 vielleicht?«
»Und was mache ich dann mit diesem Account?«
Miri tätschelte mir den Arm. »Zeig ich dir noch. Auch das mit den Hashtags. Auf jeden Fall musst du ganz viele Fotos posten. Wenn die cool aussehen, kriegst du ganz schnell ganz viele Follower.«
Ich nickte ergeben. Die Idee war gar nicht übel. So ein kleiner Reisebericht mit Fotos der mittelalterlichen Burgen und Schlösser wäre doch ganz schön. Vielleicht würde ich auch von ein paar dudelsack-spielenden Kerlen im Schottenrock berichten können oder von den berühmten langhaarigen Rindern. Ich hatte natürlich trotz der Sehnsucht nach Rückzug vor, mir verschiedene Sehenswürdigkeiten anzusehen – meine Reiseroute von Edinburgh über die Westküste zur Isle of Skye stand bereits fest. Aber neben all den wunderbaren landschaftlichen Eindrücken wollte ich vor allem Kraft tanken und mich von dem lösen, was mich im letzten Jahr zu sehr mitgenommen hatte. Zurückfinden zu der Valerie, die ich früher einmal war. Fröhlich und unbeschwert. Zu der Bevor-Erik-in-ihr-Leben-trat-und-dann-etwas-ganz-Schlimmes-passierte-Valerie. Und anschließend ganz neu durchstarten. Ich hatte meinen Job im Floyd’s gekündigt, wo ich seit vielen Jahren als Rezeptionistin arbeitete. Im September würde ich meine neue Stelle antreten – wo auch immer mich die Zentrale der Boutique-Hotelkette einsetzen würde. Das konnten beispielsweise der Mont Blanc oder Sardinien sein. Vielleicht auch Teneriffa. Überall dort, wo es die neuen Hotels gab und händeringend Personal benötigt wurde. Für exklusives Klientel aus aller Welt.
Susa und Hinnerk, meinem Kollegen im Floyd’s, gefiel es natürlich gar nicht, dass ich Deutschland für eine Weile den Rücken kehren wollte. Aber ein richtiger Neuanfang wäre in Frankfurt nicht möglich gewesen. Viel zu lange hatte ich hier festgehangen. In einer Beziehung, in der sich in fast sechs Jahren nichts bewegt hatte, weil mein Freund nicht nur ein sehr begeisterter Sportler, sondern nebenher auch noch ein Workaholic war.
»Aber jetzt mal ganz was anderes«, meinte Susa und holte ihrerseits ihr Handy hervor. »Schau mal, das ist unser Ferienhäuschen ganz in der Nähe von Husum.« Stolz blickte sie mich an. »Hat Tobi gefunden und gleich gebucht. Es war ja schon fast nichts mehr frei.«
Das Haus war weiß getüncht und hatte ein Reetdach. Eine blühende Ginsterhecke bildete den Zaun. Im Garten machte ich eine Wäschespinne und eine Schaukel aus.
Miri lauschte den Ausführungen ihrer Mutter mit zunehmend missmutigem Gesichtsausdruck. »Ja, toll!«, murrte sie. »Und ich dann mittendrin zwischen euch beiden Streithähnen. An der Nordsee! Das kannst du voll vergessen, Mama!«
Susa schüttelte den Kopf. »Papa und ich streiten meistens deinetwegen. Schon gemerkt?«
Ich versuchte, ihr ein Zeichen zu geben. Das war nicht besonders nett. Doch Susa fuhr fort: »Was stehst du eigentlich hier so bei uns rum, hast du nichts zu tun? Valerie ist meine Freundin. Bei dir darf ich mich nicht mal sehen lassen, wenn du Besuch hast.«
Miri stieß sich mit beiden Händen von der Anrichte ab und schlug mit einem lauten Knall die Küchentür hinter sich zu. Aus dem Flur schallte ein »Fuck you!« zu uns herein.
Mit offenem Mund sah ich meine beste Freundin an. Solche Worte hatte ich noch nie aus dem Mund ihrer Tochter gehört. Seit ihrer Geburt war Miri mein Lieblingsmädchen gewesen. Und jetzt so was?
Susa sah mich niedergeschlagen an. »Im Moment ist sie wirklich nicht gut auf uns zu sprechen. Man könnte meinen, sie hätte am liebsten ganz andere Eltern. Wie vehement sie sich dagegen wehrt, auch nur irgendeine Eigenschaft von mir oder Tobi geerbt zu haben.« Sie kicherte. »Sie hatten gerade Vererbungslehre in Bio, und ich glaube, sie hat nach Anhaltspunkten dafür gesucht, dass sie bei der Geburt vertauscht worden sein könnte.«
»Du meinst wegen ihrer rötlichen Haare?«
Susa nickte. »Hat ja sonst keiner bei uns. Aber bei Blond und Braun kann das schon mal rauskommen.«
»Die Liebe zur Nordsee habt ihr jedenfalls nicht an sie weitergegeben«, entgegnete ich trocken.
Susa seufzte und umfasste ihren Latte-macchiato-Becher mit beiden Händen. »So geht es hier jedenfalls jeden Tag. Seitdem sie Bekanntschaft mit dieser Mädchenclique aus der Nachbarklasse gemacht hat, wird es immer schlimmer. Jedes Gespräch endet im Streit. Jedes Argument beantwortet sie mit einem Gegenargument. Ich mag mir gar nicht ausmalen, wie sie sich aufführen wird, wenn wir sie wirklich dazu zwingen, mit uns nach Husum zu fahren. Wie sollen wir sie denn ins Auto bekommen? Fesseln und knebeln? Seit sie weiß, dass Ben hierbleibt, ist es ganz vorbei.«
Susas Sohn hatte schon eine Freundin und freute sich auf drei Wochen sturmfrei. Miri war immer so pflegeleicht und anschmiegsam gewesen. Eine Traumtochter. Jetzt erinnerte sie eher an eine Katze, der man den Schwanz angezündet hatte.
»Husum ist aber auch nicht gerade the place to be für eine Fünfzehnjährige. Da kann ich sie schon ein bisschen verstehen«, merkte ich an.
»Glaub mir, es gibt keinen Ort, der ihr gefallen würde. Vielmehr geht es darum, dass sie uns derzeit geradezu verabscheut. Wir sind spießig und haben vom Leben keine Ahnung. Und regen uns angeblich über jeden harmlosen Scheiß auf.« Susa seufzte vernehmlich. »Dabei geht es hier absolut nicht um Harmlosigkeiten, Valerie.«
Neugierig betrachtete ich meine Freundin. »Was stellt sie denn an?«
Susa schluckte. »Sie schwänzt die Schule, lügt uns und die Lehrer an, erfindet Geschichten, wo sie war …«
Meine Augen weiteten sich, und Susa nickte. »Es ist, als wären wir in einer schlechten Soap-Opera gelandet. Tobi und ich spielen dabei die Rolle der insgeheim miteinander zerstrittenen Eltern, die den Lehrern aber vorzumachen versuchen, dass zu Hause alles in bester Ordnung ist und wir uns das alles auch nicht erklären können. Dabei ist das alles Aufmerksamkeits-Heischerei, wenn du mich fragst.«
Ich griff über den Tisch hinweg nach Susas Hand. »Ihr kriegt euch schon wieder ein, war doch schon immer so. Dieser Urlaub könnte euch guttun – vorausgesetzt, ihr bekommt es hin, dass auch Miri sich wohlfühlt. Lange Strandspaziergänge begeistern Teenager eben nicht, das wäre doch bei uns nicht anders gewesen. Überlegt euch besser doch eine Alternative.« Plötzlich hatte ich eine Idee. »Oder ihr schickt sie mit anderen Jugendlichen irgendwohin auf eine Gruppenreise ans Meer.«
Susa schüttelte den Kopf. »Man kann sie nicht aus den Augen lassen. Wenn es jemand wäre, dem ich vertraue, okay. Aber bei solchen Gruppen weißt du nie, wer da sonst noch so mitfährt. Ich würde ja auch woanders hinfahren, aber Tobi hat nun mal diese Ferienwohnung schon gebucht und über tausend Euro anbezahlt, die wären futsch. Außerdem ist der ganze Mittelmeerraum total überbucht. Wir haben keine Chance auf einen Wechsel. Tobi meint außerdem, dass wir uns doch nicht unser Urlaubsziel von unserer Tochter diktieren lassen können. Darin sind wir uns sogar ausnahmsweise mal einig.«
»Bestimmt ist das nur eine Phase«, beschwichtigte ich, doch Susa sah mich zweifelnd an. »Dein Wort in Gottes Ohr.«
Natürlich konnte ich als Kinderlose eigentlich nicht mitreden. Und ehrlich gesagt wollte ich gerade auch wirklich nicht darüber nachdenken, warum ich kinderlos war. Erik hatte jedenfalls von Anfang an keinen Hehl daraus gemacht, dass er keine Kinder wollte. Und irgendwie war mir ziemlich schnell klar, dass es als Frau an seiner Seite ratsam war, auf eigenen Füßen zu stehen. Mich fallenzulassen war mir in unserer Beziehung nie gelungen. Im Grunde war sein Seitensprung zur rechten Zeit gekommen, um endlich den Absprung zu schaffen. Doch er akzeptierte meine Entscheidung nicht so richtig. Seit der Trennung sandte er mir immer wieder Nachrichten aufs Handy oder machte bei einer seiner Radtouren einen Abstecher zu mir. Schickte Blumen. Was versprach er sich nur davon?
Ich war so weit weg von ihm, konnte mir sogar vorstellen, nach meiner Schottlandreise wieder einen Mann kennenzulernen. Einen, für den sein Beruf nicht an erster Stelle stand. Oder sein Sport. Dieser Mann sollte zur Abwechslung mal unterhaltsam sein. Mich faszinieren und fesseln.
»Dienstag gehe ich übrigens zum Friseur«, sagte ich geheimnisvoll zu Susa. »Ich will einen ganz neuen Look.«
Die Augen meiner Freundin weiteten sich. »Inwiefern?«
Ich lächelte wissend und umspielte mein feines, kinnlanges Haar mit dem Finger. »Lass dich überraschen.«
In diesem Moment platzte Miri zurück in die Küche und war in zwei Schritten beim Kühlschrank, kramte lautstark darin herum. In ihren Ohren steckten Ohrstöpsel, aus denen hämmernde Musik schallte.
»Suchst du etwas Bestimmtes, Liebling?«, erkundigte sich Susa betont freundlich.
Miri nahm einen der Stöpsel heraus. »Hast du etwa keinen Himbeerjoghurt gekauft?« Ihr Gesichtsausdruck war ein einziger Vorwurf.
»Die waren leider ausverkauft.«
Miri sah aus, als wollte sie dem Kühlschrank einen Tritt verpassen. Oder ihrer Mutter. Wortlos knallte sie den Eisschrank zu und marschierte zur Küchentür, von dort schoss sie Susa erneut einen tödlichen Blick zu. »Hättest ja auch noch woanders schauen können. Irgendwo hätte es bestimmt welchen gegeben. Aber bin ja bloß ich.«
Diesmal ließ sie die Tür hinter sich offen stehen. Geräuschvoll nahm sie die Treppe nach oben zu ihrem Zimmer.
»Wie hältst du das aus?«, fragte ich lachend.
Susa fuhr sich mit beiden Händen durchs Haar. »Wer sagt denn, dass ich es aushalte? Wenn diese Phase nicht bald vorbei ist, wird es Tote geben. Spätestens in Husum gehen wir einander an die Gurgel.«
Der nächste Tag war ein Sonntag, und es regnete Bindfäden. Das schlechte Wetter passte mir eigentlich ganz gut, dann konnte ich mich schon mal dem Packen widmen; immerhin musste ich die Woche über arbeiten, sodass dafür nicht allzu viel Zeit bleiben würde.
Ich belud die Waschmaschine im Keller und nahm die große Reisetasche mit nach oben, in der ich alles unterzubringen gedachte, was ich in den drei Wochen meines Aufenthalts benötigen würde. Für die ersten beiden Nächte hatte ich in Edinburgh ein Hotelzimmer reserviert. Danach würde ich auf meiner Route an der Westküste entlang zur Isle of Skye für zwei weitere Nächte in B&Bs unterkommen – einfach dort, wo es mir am besten gefiel. Mein Ziel am Ende dieser kleinen Tour: das einsame Cottage auf der Isle of Skye oberhalb von Portree. Ab Mittwoch hatte ich es gebucht.
Der Gedanke an die Fahrt mit dem Mietwagen machte mich etwas nervös – ich war noch nie im Linksverkehr gefahren. Natürlich hätte ich auch den Zug nehmen können, aber dann wäre ich viel unflexibler gewesen. Irgendwie würde es schon schiefgehen.
Ich war mit meiner Reisetasche aus dem Keller gerade vor meiner Wohnungstür im dritten Stock angekommen, als Rosina den Kopf zur Tür herausstreckte. Seit ich nach meinem Auszug bei Erik wieder hier eingezogen war – ich hatte meine Wohnung nie ganz aufgegeben, sondern an Studenten untervermietet –, lud meine Nachbarin mich andauernd zu sich ein, um mit mir über ihn zu reden. Wir hatten uns durch sie kennengelernt, und Rosina bedauerte noch immer, dass unsere Beziehung in die Brüche gegangen war.
In der einen Hand balancierte ich die Reisetasche, mit der anderen mühte ich mich ab, die Wohnungstür zu entriegeln.
»Wartest du, ich helfe dir.« Rosina nahm mir die Tasche ab, während ich am Schloss nestelte.
Endlich stieß ich die Tür auf, und meine Nachbarin folgte mir hinein. Irgendetwas hatte sie auf dem Herzen, das sah ich ihr an der Nasenspitze an. Wenn sie allerdings wieder von Erik und mir als Traumpaar anfing, würde ich sie sofort abwimmeln. Vielleicht wollte sie aber auch mit mir über die Versorgung meiner Wellensittiche sprechen, deren Gezwitscher aus dem Schlafzimmer schallte. Die beiden würden mir während meines Urlaubs am meisten fehlen.
Doch es ging um etwas anderes. In der Küche goss ich jeder von uns ein Glas Wasser ein und setzte mich zu ihr.
»Du hast gut«, sagte sie, »fährst du bald weg. Einfach mal raus hier aus ganze Alltag. War ich so lange nicht verreist, würde mir auch guttun.«
Ich nippte am Glas. »Dann mach doch mal frei, fahr in die Heimat. Wie lange warst du nicht in Russland?«
Rosina schnalzte mit der Zunge. »Ist lange her. Aber ist auch nicht so einfach zu reisen dorthin. Ich habe doch, wie sagt man, abgebrochene Zelte. Mit deutsche Papiere und alles. Es gibt Register, und jeder der ist gegangen, muss nicht kommen wieder.«
Stimmt, das hatte sie mir schon einmal erzählt. Keine Ahnung, wie sie an ein Bleiberecht gekommen war. Trotz gelegentlicher Fragen hatte ich nie viel über ihre Vergangenheit herausgefunden. Außer, dass »es war eine ganz andere Leben«.
Rosina lehnte sich konspirativ nach vorn. »Könnte ich mitfahren nach Schottland. Was meinst? Interessiert mich, was tragen schottische Männer unter Rock.« Sie lachte auf. »Nichts, oder?«
Ich hob eine Augenbraue. Sie meinte das hoffentlich nicht ernst. Beides. Ehe ich etwas entgegnen konnte, schickte sie nach: »Habe ich Schwierigkeiten mit jemand, wo ist nicht ganz einfach, Valeria. Was soll ich nur machen mit ihn? Ruft mich an, steht vor Tür. Aber egal, ob ich lege auf oder gehe an ihn vorbei, kommt immer wieder.«
Ich runzelte die Stirn. War der Mann, von dem sie sprach, ein Typ mit Schnauzer und Lederjacke? So ein Kauz hatte tatsächlich etliche Male im Hausflur herumgesessen. Unser Flur unter dem Dach diente als Rosinas Wartezimmer, sie hatte eigens einen Korbstuhl und einen Beistelltisch für ihre Klienten aufgestellt. Sie bezeichnete sich selbst als »Medium«, praktizierte »Rückführungen«. Bei mir biss meine Nachbarin allerdings selbst mit ihren Heilsteinen auf Granit. Die Wasserkaraffe mit den Mineralsteinen darin, die sie mir zu einem Geburtstag geschenkt hatte, hatte ich nur wenige Male benutzt. Ich fand Wasser auch ohne Steine heilsam.
Ich fragte sie nach dem Mann, und sie nickte.
»Du meinst, er ist ein Stalker?«, vergewisserte ich mich.
Sie sah mich stirnrunzelnd an.
»Fühlst du dich verfolgt?«
Rosina nickte nachdrücklich. »Und wie.«
»Ach du lieber Himmel.« Mehr fiel mir nicht ein.
Was konnte man gegen solche Typen unternehmen? Wie suchten sie sich ihre Opfer aus? Rosina fiel natürlich schon rein optisch auf. Wegen ihrer weißblonden, knapp schulterlangen Haare und der weiten Kleider oder bunten Pumphosen, ihrer eng anliegenden, gemusterten Tops sah mancher ein zweites Mal hin. Besonders, weil sie oft barfuß lief, nicht nur im Sommer. Wir waren hier nicht in Berlin, sondern in Frankfurt – in Kleidungsfragen wagte man hier kaum Experimente. Hinzu kamen Rosinas Tätigkeitsfeld und ihr originelles Auftreten.
»Was genau will er denn von dir?«
Sie rang die Hände. »Will er etwas haben, was ich kann ihn nicht geben.«
Sie sprach in Rätseln. »Ist er ein Klient?«
Sie schüttelte den Kopf.
»Und woher kennt er dich?«
Rosina leckte sich über die Lippen. »Aus frühere Leben.«
Ich bemühte mich, nicht die Augen zu verdrehen. Wenn sie von diesen Dingen anfing, konnte ich einfach nicht folgen. Es war ja nicht so, dass ich es vollkommen abstreiten würde, dass es ein Leben nach dem Tod und auch schon vor der Geburt geben könnte. Aber wieso um Himmels willen sollte man »zurückreisen« können und etwas »daraus lernen«? Mir fehlte dafür die Fantasie. Ich hatte nicht vor, das Thema zu vertiefen.
»Sag Herrn Brehm, dass er dafür sorgen soll, dass die Haustür immer ins Schloss fällt und man sie ohne Schlüssel nicht öffnen kann«, riet ich.
Herr Brehm war unser Hausmeister, und wenn man mich fragte, ging er mit der Haussicherheit viel zu lax um.
»Habe ich schon. Er kommt nicht mehr so leicht rein. Aber jetzt er begegnet mir auf Straße, und traue ich mich nicht raus.