Hohlbein Classics - Der Meister des Satans - Wolfgang Hohlbein - E-Book

Hohlbein Classics - Der Meister des Satans E-Book

Wolfgang Hohlbein

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Beschreibung

Jetzt zum ersten Mal als E-Book verfügbar: Die Reihe "Hohlbein Classics" versammelt die frühen Werke von Wolfgang Hohlbein, die seinerzeit im Romanheft erschienen sind.

Die Story: Dass ein Sterblicher seine Seele dem Satan verschreibt, ist zwar ungewöhnlich, aber durchaus begreifbar.Wünschen dieser Art war die Hölle noch nie abgeneigt, und bereitwillig haben die Sendboten des Bösen bei solchen Geschäften mitgespielt. Ungewöhnlicher ist es da schon, wenn ein Sterblicher der Hölle Bedingungen stellt - weil er sich mächtiger dünkt als Asmodis selbst. Sein Name war Ulthar, und er hatte eine Waffe gefunden, mit der er sogar den Satan persönlich glaubt bedrohen zu können. Der Satan geht auf die Bedingungen Ulthars ein, verspricht dieser doch ihm Damona King, die weiße Hexe, auf einem Silbertablett zu servieren. Und was die Hölle bisher nicht geschafft hat, scheint tatsächlich zu gelingen. Damona wird in eine Falle gelockt, aus der es kein Entrinnen mehr gibt ...

"Der Meister des Satans" erschien erstmals am 27.07.1981 unter dem Pseudonym Henry Wolf in der Reihe "Damona King".


Der Autor: Wolfgang Hohlbein ist der erfolgreichste deutschsprachige Fantasy-Autor mit einer Gesamtauflage von über 40 Millionen Büchern weltweit.

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Seitenzahl: 137

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Inhalt

CoverHohlbein ClassicsÜber diese FolgeÜber den AutorTitelImpressumDer Meister des SatansVorschau

Hohlbein Classics

Jetzt zum ersten Mal als E-Book verfügbar: Die Reihe »Hohlbein Classics« versammelt die frühen Werke von Wolfgang Hohlbein, die seinerzeit im Romanheft erschienen sind.

Über diese Folge

Der Meister des Satans

Ein Damona King Roman

Dass ein Sterblicher seine Seele dem Satan verschreibt, ist zwar ungewöhnlich, aber durchaus begreifbar.Wünschen dieser Art war die Hölle noch nie abgeneigt, und bereitwillig haben die Sendboten des Bösen bei solchen Geschäften mitgespielt. Ungewöhnlicher ist es da schon, wenn ein Sterblicher der Hölle Bedingungen stellt – weil er sich mächtiger dünkt als Asmodis selbst. Sein Name war Ulthar, und er hatte eine Waffe gefunden, mit der er sogar den Satan persönlich glaubt bedrohen zu können. Der Satan geht auf die Bedingungen Ulthars ein, verspricht dieser doch ihm Damona King, die weiße Hexe, auf einem Silbertablett zu servieren. Und was die Hölle bisher nicht geschafft hat, scheint tatsächlich zu gelingen. Damona wird in eine Falle gelockt, aus der es kein Entrinnen mehr gibt...

»Der Meister des Satans« erschien erstmals am 27.07.1981 unter dem Pseudonym Henry Wolf in der Reihe »Damona King«.

Über den Autor

Wolfgang Hohlbein ist der erfolgreichste deutschsprachige Fantasy-Autor mit einer Gesamtauflage von über 40 Millionen Büchern weltweit.

WOLFGANG

HOHLBEIN

Der Meister des Satans

Ein Damona King Roman

BASTEI ENTERTAINMENT

Aktualisierte Neuausgabe der im Bastei Lübbe Verlag erschienenen Romanhefte aus der Reihe Damona King

Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG

Copyright © 2015 by Bastei Lübbe AG, Köln

Lektorat/Projektmanagement: Esther Madaler

Covergestaltung: Christin Wilhelm, www.grafic4u.de unter Verwendung von © shutterstock/Natykach Nataliia; shutterstock/Dmitry Natashin

E-Book-Erstellung: Dörlemann Satz, Lemförde

ISBN 978-3-7325-1433-5

Der Meister des Satans

Gespensterkrimi von Henry Wolf

Die See war an diesem Tag so ruhig, dass selbst das leise Geräusch der ins Wasser tauchenden Ruderblätter wie das Tosen eines Wasserfalles zu klingen schien. Es war dunkel, aber es war eine seltsame, wattige Dunkelheit, in der nicht nur Licht, sondern auch die Geräusche des Hafens und der Stadt zu versickern schienen. Selbst der Mond wirkte fremd und beunruhigend – eine bleiche, fleckige Scheibe, die kein Licht spendete, sondern wie ein scharf ausgestanztes Loch im Himmel aussah. Bettalina hatte den Entschluss, Sheldon auf diesem nächtlichen Ausflug zu begleiten, schon lange bereut. Aber sie hatte bisher einfach nicht den Mut aufgebracht, ihm zu sagen, dass sie sich hier nicht wohlfühlte, dass ihr die Umgebung Unbehagen bereitete und sie im Grunde Angst hatte und nach Hause wollte. Sie versuchte, das langsam aufkeimende Gefühl der Furcht zu ignorieren und drehte sich um, um zum Ufer zurückzusehen.

Sie waren erst vor wenigen Augenblicken losgefahren, aber die Kaimauer war längst im Dunkel versunken und zu einem Teil der Nacht geworden. Rechts von ihrem Boot glänzte ein Meer heller Lichter, durchsetzt von kleinen, bunten, auf- und abblitzenden Sternen; der Yachthafen. Musikfetzen und undeutliche Stimmen wehten durch die Nacht zu ihnen herüber. Dahinter erhob sich die Lichtglocke der Riesenstadt New York, deren City zu dieser Uhrzeit erst richtig erwachte. Aber selbst der Glanz der Millionenstadt schien gedämpft, als hätte jemand einen unsichtbaren, lichtabsorbierenden Schleier über der Stadt ausgebreitet.

Bettalina schauderte.

Sheldon bemerkte ihr Zusammenzucken, aber er schien es falsch auszulegen. Er hob die Ruder aus dem Wasser, schälte sich umständlich aus seiner Jacke und legte sie um Bettalinas Schultern. »Es wird rasch kalt hier draußen«, sagte er überflüssigerweise.

Bettalina erwiderte sein Lächeln flüchtig und starrte an ihm vorbei zum gegenüberliegenden Ufer. Nacht und Entfernung hatte es zu einer drohenden, zweidimensionalen Silhouette werden lassen; eine schwarze, kompakte Masse aus unidentifizierbaren Umrissen und bizarren Türmen. Das Bild erinnerte Bettalina an jene Art von Schlössern, die man häufig in Zeichentrick- oder Märchenfilmen sieht: Schwarze Ungeheuer aus Stein und Materie gewordener Furcht, bewohnt von dunklen Zauberern und Magiern, und fast immer auf unbeschreibbaren Gipfeln oder inmitten grundloser Seen gelegen.

Der Gedanke erschien ihr so albern und kindisch, dass sie normalerweise laut darüber gelacht hätte. Aber heute war ihr nicht zum Lachen. Es war, als ob sich mit der Dunkelheit eine schwarze, erstickende Decke ausgebreitet hatte, etwas, das sich wie eine unbegreifliche und unsichtbare Barriere zwischen sie und die reale Welt geschoben hatte und langsam ihr Denken vergiftete.

Das Ufer kam rasch näher, als Sheldon sich mit der ganzen Kraft seines jugendlichen Körpers in die Riemen legte. Gleichzeitig fielen die Geräusche des Yachthafens und die Lichter der Stadt zurück.

Der Bootsrumpf fuhr scharrend über Sand und Kies, als sie das Ufer erreichten. Es war das einzige Geräusch weit und breit.

Sheldon zog die Ruder ein, sprang leichtfüßig auf den Strand hinaus und half Bettalina beim Aussteigen. Dann zog er das Boot ganz auf den feinkörnigen Sandstrand hinauf und überzeugte sich pedantisch davon, dass es nicht von einer unvorhergesehenen Welle mitgerissen werden konnte.

»Da wären wir«, sagte er dann. »Coney Island – das größte Vergnügungsparadies der Stadt. Und heute Abend ganz allein für uns zwei geöffnet.« Er grinste, und für einen Moment fühlte sich Bettalina von seinem überschäumenden Tatendrang mitgerissen.

Aber nur für einen Moment. Zu Anfang hatte sie Sheldons Idee, einfach ein Boot zu nehmen und zu dem stillgelegten Vergnügungspark hinüber zu rudern, begeistert. Aber mit jedem Schritt, den sie tiefer in die Geisterstadt aus Bretterbuden und verrottenden Wellblechhütten eindrangen, schien sich das Gefühl der Bedrohung, des Unwirklichen, zu verstärken.

Coney Island war eine regelrechte Stadt mit Straßen, Plätzen und Gebäuden. Das fahle Mondlicht ließ die Farben verblassen, aber es legte auch einen barmherzigen Schleier über die überall sichtbaren Zeichen des Verfalls; abgeblätterter Lack, heruntergefallene Dachziegel. Türen, die schräg und halb verfault in ihren Angeln hingen. Sie kamen an einer verlassenen Geisterbahn vorbei. Jemand hatte die Bretter, mit denen der Eingang zugenagelt gewesen war, heruntergerissen, und der gähnende schwarze Schlund erschien ihr wie ein Tor zu einer fremden, geheimnisvollen Welt. Sie blieb stehen.

Über dem Eingang glotzten sie die Augen eines Fantasiemonsters an, ein hornköpfiges, geschupptes Ungeheuer, vor dem sich wahrscheinlich nicht einmal kleine Kinder erschrecken würden. Daneben war etwas, das vage an eine menschliche Gestalt erinnerte, aber Regen und Zeit hatten die lackierte Oberfläche aufgebrochen und den Pappmachékörper zu einer verquollenen, weißgrauen Masse werden lassen. Das Einzige, was noch zu erkennen war, war eine Hand; eine Laune der Witterung hatte sie vor dem Zerfall bewahrt. Sie ragte weiß und zu einer Klaue verkrümmt aus dem Rest der aufgeschwemmten Masse, fast so, als hätte hier ein fantastisches Protoplasmawesen einen Menschen verschlungen.

Bettalina schüttelte sich. Obwohl der Anblick sie entsetzte, verspürte sie gleichzeitig eine morbide Faszination. Die drängende, an Panik grenzende Angst wich allmählich jener Art wohligen Grauens, das sie im Kino oder bei der Lektüre eines besonders gelungenen Horrorromans empfand. Sie spürte, wie ihr Herz wild und hart zu hämmern begann. Ihre Finger krallten sich so fest in Sheldons Oberarm, dass der junge Mann zusammenzuckte.

Er grinste. »Na, habe ich zu viel versprochen? Deine ganz persönliche Horrorshow.«

Bettalina schüttelte den Kopf ohne zu antworten. Sheldons Stimme hatte seltsam laut und durchdringend geklungen, obwohl er sich Mühe gab, leise zu sein. Aber die verlassenen Gebäude schienen jedes Geräusch zu verstärken und tausendfach verzerrt zurückzuwerfen.

Nein, nicht jedes, verbesserte sie sich in Gedanken. Das Geräusch ihrer Schritte beispielsweise war kaum zu hören. Der Boden schien die Laute aufzusaugen.

Irgendwo klapperte etwas – ein loser Fensterrahmen vielleicht. Eine Tür, die sich im Wind bewegte. Bettalina fuhr zusammen, lächelte unsicher und schmiegte sich enger an Sheldon. »Gehen wir weiter«, sagte sie leise. Ihre Stimme bebte.

Sie drangen tiefer in das Labyrinth aus Geisterbahnen, Schießbuden, Riesenrädern und Schiffschaukeln und tausend anderen Jahrmarktsattraktionen ein. Bettalina versuchte sich vorzustellen, wie es hier ausgesehen haben mochte, als Coney Island noch nicht aufgegeben, sondern eine der größten Attraktionen New Yorks gewesen war. Coney Island, die Insel der Träume, auf der Illusionen und Wünsche für ein paar Stunden wahr werden konnten. Plötzlich glaubte sie Stimmen zu hören, das dumpfe Raunen einer riesigen Menschenmenge, die die engen Gassen bevölkerte. Kinderlachen, die Stimmen der Ausrufer, die sich gegenseitig zu überbrüllen versuchten, das Plärren von einem Dutzend Lautsprechern. In ihrer Fantasie wurde der Vergnügungspark mit all seinen Farben und Lauten, seinem Treiben, dem Lachen und den fröhlichen Kindern, die ihre Mütter um ein paar Cent für die Geisterbahn anbettelten, noch einmal lebendig. Dann verschwand die Illusion, und stattdessen tauchte noch einmal die weiße, verquollene Masse aus Pappmaché und Klebstoff auf. Eine verkrampfte menschliche Hand ragte daraus hervor. Die Musik in ihren Ohren wurde schrill und misstönend, eine kreischende Kakophonie des Grauens, und all die fröhlichen, heiteren Menschen, mit denen ihre Fantasie die Halbinsel bevölkert hatte, begannen sich auf erschreckende Weise zu verändern. Ihre Gesichter wirkten plötzlich verzerrt. In den Augen, die Bettalina Hilfe suchend anzustarren schienen, stand ein Ausdruck unbeschreiblicher Qual.

Bettalina ballte die Fäuste, riss die Augen auf und versuchte, den grässlichen Anblick zu verscheuchen. Ihr Blick tastete über das Stahlskelett des Riesenrades, das hoch über die zerrissene Skyline der Geisterstadt aufragte. Ein einzelner blasser Stern blinkte durch das Gewirr aus Trägern und Streben, von dem die verrosteten Gondeln wie die Körper Gehenkter baumelten. Sie hatte plötzlich das Gefühl, dass dieser Stern sie anstarrte; ein kaltes, gefühlloses Auge, das sie abschätzte wie ein Raubtier, bevor es seine Beute schlug.

Mit äußerster Willenskraft gelang es Bettalina, sich von der Vorstellung loszureißen. Die Bilder verblassten, die Musik verklang, würde dünner und hörte schließlich ganz auf.

Nein – nicht ganz.

Sie blieb stehen, schloss die Augen und lauschte angestrengt. Von irgendwoher wehte Musik zu ihnen hinüber, dünne, anspruchslose Musik, wie man sie nur auf Jahrmärkten hören konnte.

Sheldon war ebenfalls stehen geblieben. »Sag mal – hörst du das auch?« fragte er.

Bettalina nickte wortlos. Ohne einen vernünftigen Grund dafür benennen zu können, fürchtete sie sich plötzlich vor der Musik.

»Komm. Wir gehen nachsehen«, schlug Sheldon vor.

Bettalina zögerte. »Nein – ich würde lieber ...«

Sheldon wischte ihren Einwand mit einer gebieterischen Handbewegung fort. »Nun komm schon. Wahrscheinlich hat noch jemand den klaren Abend zu einem Ausflug genutzt.« Er grinste. »Vielleicht ist das eine ganz heiße Party. Gehen wir.« Er nahm sie an der Hand und zog sie hinter sich her.

Die Musik wurde lauter, als sie sich dem Zentrum des Parks näherten. Schließlich blieb Sheldon vor einem niedrigen, aus Wellblech und bunten Kunststoffteilen gefertigten Gebäude stehen. Die Musik drang aus seinem Inneren. Er ließ Bettalina los, marschierte zögernd auf den Eingang los und klopfte gegen den Rahmen. Irgendwie, fand Bettalina, sah es albern aus. Sie wollte lachen, aber ihre Kehle war wie zugeschnürt. Das Gefühl der Bedrohung wurde stärker. Die Schatten, die bisher schweigend und drohend in ihren Winkeln gelauert hatten, schienen plötzlich auf sie zu zu kriechen, sie wie eine schweigende Armee großer dunkler Tiere zu umzingeln und einzukreisen.

»Sheldon, ich möchte gehen«, sagte sie unsicher.

Sheldon drehte sich nicht einmal um. »Sei nicht albern«, murmelte er, während er mit zusammengekniffenen Augen versuchte, im abgedunkelten Inneren des Gebäudes etwas zu erkennen.

»Bitte, Sheldon, ich ...« Bettalina brach ab und stieß einen kleinen spitzen Schrei aus. In der Dunkelheit hinter dem Eingang hatte sich etwas bewegt.

Sheldon wich ebenfalls zurück. Er gab sich Mühe, sein Erschrecken zu verbergen, aber Bettalina konnte sogar bei der unzureichenden Beleuchtung sehen, dass seine Selbstsicherheit erschüttert war.

Aber es war nur ein alter, einarmiger Mann, der aus dem Gebäude trat und den jungen Hünen neugierig musterte. Bettalina war zu weit von dem Alten entfernt, um mehr als einen verwaschenen Fleck an der Stelle auszumachen, wo eigentlich sein Gesicht sein sollte, aber sie hatte trotzdem den Eindruck, dass die Augen des Alten triumphierend aufleuchteten. Wenigstens für einen Moment.

»Willkommen«, sagte er.

Sheldon nickte zaghaft. »Wir ...«

Der Alte unterbrach ihn mit einem sanften Lächeln. »Sie brauchen nichts zu erklären, junger Mann.« Er trat ins Licht hinaus und musterte Bettalina und Sheldon mit unverhohlener Neugierde. »Kommen Sie doch herein. Wir haben geöffnet.« Er drehte sich um und machte eine einladende Handbewegung. Aber weder Sheldon noch Bettalina machten Anstalten, seiner Einladung zu folgen.

»Sie interessieren sich nicht für mein Unternehmen?« fragte der Alte. In seiner Stimme klang Trauer.

Sheldon nickte hastig. »Doch«, sagte er verlegen. »Es ist nur ...«

»Sie sind überrascht, mich hier anzutreffen«, sagte der Alte. »Das verstehe ich. Aber kommen Sie doch herein. Wir können uns drinnen unterhalten, Es ist kühl hier draußen. Ein alter Mann wie ich friert schneller als Sie.« Er drehte sich um, schlurfte zum Eingang zurück und verschwand, ohne sich davon zu überzeugen, dass seine Besucher ihm auch tatsächlich folgten.

Sheldon tauschte einen verwirrten Blick mit Bettalina. »Was hältst du davon?«

»Nichts«, sagte Bettalina entschieden. »Und ich will auch nicht dort hinein. Ich will weg. Ich will nach Hause. Weg von dieser verdammten Insel.«

In diesem Augenblick flammte die Beleuchtung auf. Quer über die Front des Gebäudes gleißten Dutzende von kleinen, grellweißen Scheinwerfern, und über dem Eingang konnte Bettalina in verschnörkelten Neonbuchstaben die Worte ULTHARS SPIEGEL entziffern. Gleichzeitig wurde die Musik lauter.

Sheldon zuckte mit den Achseln, griff nach Bettalinas Hand und betrat das Gebäude. Ein kleiner, spärlich beleuchteter Raum nahm sie auf.

Der Alte saß hinter einem niedrigen Tisch aus weißem Kunststoff und lächelte ihnen zu. »Nur keine Scheu«, sagte er, als er bemerkte, dass sie immer noch zögerten. »Es wird Ihnen gefallen.« Er beugte sich unter, den Tisch und kam mit zwei Eintrittskarten wieder hoch. »Das macht einen Dollar. Für sie beide.« Sheldon runzelte die Stirn. »Augenblick, ich...«

»Ist es Ihnen zu teuer?« Auf dem Gesicht des Alten erschien Bestürzung. »Ein Dollar ist wirklich nicht viel.«

»Nein, das nicht«, entgegnete Sheldon hastig. »Es ist nur –« Er brach ab, lächelte verlegen und wischte sich den Schweiß von der Stirn. »Wir. .. hatten nur nicht damit gerechnet, dass Sie wirklich öffnen«, sagte er schließlich.

»Ich verstehe«, sagte der Alte. »Aber sehen Sie – ich lebe schon sehr lange hier. Ich bin ein alter Mann, müssen Sie verstehen. Wenn man so jung ist wie Sie, dann begreift man es vermutlich nicht, aber ... aber ich kann hier nicht weg. Ich habe beinahe mein ganzes Leben hier draußen verbracht, und dieses Geschäft ist alles, was ich habe.« »Aber wovon leben Sie?« fragte Sheldon neugierig.

»Von meinem Geschäft. Ich weiß, was Sie jetzt denken. Aber ich kann davon leben. Es kostet praktisch nichts – ein bisschen Strom und etwas Arbeit. Und ich selbst brauche nicht viel.«

»Aber kommen denn überhaupt Besucher?«

»Genug. Sie sind nicht die Einzigen, die nachts hier herauskommen. Viele Menschen kommen hierher, obwohl es eigentlich verboten ist. Und jeder, der einmal bei mir war, kommt wieder.« Er reichte Sheldon die Karten. »Ich mache Ihnen einen Sonderpreis. Fünfzig Cent für jeden.«

Sheldon stutzte, grinste flüchtig über den Scherz und kramte eine Dollarnote aus der Tasche.

Der Alte nahm das Geld und legte es achtlos auf den Tisch. »Der Eingang ist dort drüben.« Er deutete auf eine schmale, in Gold und Schwarz lackierte Tür. »Es wird Ihnen gefallen. Ich bin ganz sicher.«

Für einen Augenblick hatte Bettalina das Gefühl, in Ulthars Stimme so etwas wie gehässige Befriedigung zu hören. Aber sein Gesicht blieb ausdruckslos, und der Blick seiner grauen Augen wirkte eher väterlich als verschlagen.

Sie gingen durch die bezeichnete Tür.

Zuerst sahen sie nichts. Der Raum war vollkommen finster, eine Dunkelheit, die alles übertraf, was Bettalina jemals erlebt hatte. Sie spürte, wie ihr Herz erneut zu rasen begann. Wenige Menschen ertragen es, totale Finsternis zu erleben.

Dann glomm über ihnen ein schwach gelbes Licht auf. Es schien aus keiner sichtbaren Quelle zu stammen, sondern überall gleichzeitig aufzuglühen, als wäre die ganze Decke eine einzige überdimensionale Lampe. Gleichzeitig begannen die Wände ringsum im gleichen Farbton zu glimmen, bis sich der ganze Raum in ein Meer flackernder, orangegelber Helligkeit verwandelt hatte.

Spiegel.

Sie waren in einem scheinbar endlosen Raum voller Spiegel, durchfuhr es Bettalina.

Nach wenigen Augenblicken war es taghell geworden. Bettalina machte einen vorsichtigen Schritt. Tausend Spiegel verkehrte Ebenbilder von ihr kopierten die Bewegung. Sie streckte die Hand aus und löste damit eine ganze Lawine gleichartiger Bewegungen ringsum aus. Sie sah, wie Sheldon nervös lächelte. Tausend gleichgesichtige Sheldons lächelten zurück.

Vorsichtig trat sie einen Schritt vor. Der Boden unter ihr fühlte sich kühl und glatt und hart an. Als sie den Blick senkte, sah sie, dass selbst der Fußboden ein riesiger, mattsilberner Spiegel war.

Ihre Angst verschwand und machte einer Mischung aus Neugierde und Faszination Platz. Mit einem Male empfand sie für den Alten so etwas wie Bewunderung, mindestens aber Respekt. Wenn er die ganze Anlage hier wirklich allein in Ordnung hielt, dann musste er über eine geradezu unglaubliche Energie verfügen.

Sie ging weiter. Ihre tastend vorgestreckten Fingerspitzen verschmölzen mit denen ihrer Ebenbilder und stießen auf ein Hindernis.