Hohlbein Classics - Die Rache der Schattenreiter - Wolfgang Hohlbein - E-Book

Hohlbein Classics - Die Rache der Schattenreiter E-Book

Wolfgang Hohlbein

0,0
1,99 €

-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Jetzt zum ersten Mal als E-Book verfügbar: Die Reihe "Hohlbein Classics" versammelt die frühen Werke von Wolfgang Hohlbein, die seinerzeit im Romanheft erschienen sind.

Die Story: Raven hatte einen der Schattenreiter getötet! Und damit hatte er sie mehr geschwächt, als er selbst ahnte. Denn die schwarzen Dämonen auf ihren Echsenpferden konnten ihre Macht nur voll entfalten, wenn sie dreizehn waren. Die Schattenreiter holten sich einen Sterblichen in ihre Reihen. Charbadan, den Mann der in der Vergangenheit lebte und sich in der heutigen Welt nicht zurechtfand. Nur mit Blut konnte der Zugang zum Bund der dreizehn geschaffen werden, und Charbadan war dazu ausersehen, die Rache der Schattenreiter an Raven zu vollstrecken ...

"Die Rache der Schattenreiter" erschien erstmals am 21.06.1982 unter dem Pseudonym Henry Wolf in der Reihe "Gespenster-Krimi".

Der Autor: Wolfgang Hohlbein ist der erfolgreichste deutschsprachige Fantasy-Autor mit einer Gesamtauflage von über 40 Millionen Büchern weltweit.

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB

Seitenzahl: 143

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Inhalt

CoverHohlbein ClassicsÜber diese FolgeÜber den AutorTitelImpressumDie Rache der SchattenreiterVorschau

Hohlbein Classics

Jetzt zum ersten Mal als E-Book verfügbar: Die Reihe »Hohlbein Classics« versammelt die frühen Werke von Wolfgang Hohlbein, die seinerzeit im Romanheft erschienen sind.

Über diese Folge

Die Rache der Schattenreiter

Ein Gespenster-Krimi

Raven hatte einen der Schattenreiter getötet! Und damit hatte er sie mehr geschwächt, als er selbst ahnte. Denn die schwarzen Dämonen auf ihren Echsenpferden konnten ihre Macht nur voll entfalten, wenn sie dreizehn waren. Die Schattenreiter holten sich einen Sterblichen in ihre Reihen. Charbadan, den Mann der in der Vergangenheit lebte und sich in der heutigen Welt nicht zurechtfand. Nur mit Blut konnte der Zugang zum Bund der dreizehn geschaffen werden, und Charbadan war dazu ausersehen, die Rache der Schattenreiter an Raven zu vollstrecken ...

»Die Rache der Schattenreiter« erschien erstmals am 21.06.1982 unter dem Pseudonym Henry Wolf in der Reihe »Gespenster-Krimi«.

Über den Autor

Wolfgang Hohlbein ist der erfolgreichste deutschsprachige Fantasy-Autor mit einer Gesamtauflage von über 40 Millionen Büchern weltweit.

WOLFGANG

HOHLBEIN

Die Rache der Schattenreiter

Ein Gespenster-Krimi Roman

BASTEI ENTERTAINMENT

Aktualisierte Neuausgabe der im Bastei Lübbe Verlag erschienenen Romanhefte aus der Reihe Gespenster-Krimi

Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG

Copyright © 2015 by Bastei Lübbe AG, Köln

Lektorat/Projektmanagement: Esther Madaler

Covergestaltung: Christin Wilhelm, www.grafic4u.de unter Verwendung von © shutterstock/Natykach Nataliia; shutterstock/Dmitry Natashin

E-Book-Erstellung: Dörlemann Satz, Lemförde

ISBN 978-3-7325-1415-1

Die Rache der Schattenreiter

Ein Gespenster-Krimi von Henry Wolf

Irgendetwas stimmte nicht.

Äußerlich hatte sich nichts verändert, seit der Trupp seine Stellung am westlichen Flussufer bezogen hatte. Die Sonne war vor Stunden nach einer kurzen Dämmerung untergegangen, und das Gelb der Wüste, das silberdurchsetzte Blau des Flusses und das Glosen des Sommerhimmels waren dem gleichförmigen Graublau der Nacht gewichen. Aber wirklich verändert hatte sich nichts. Die Wüste erstreckte sich noch immer reglos und scheinbar friedlich bis zum Horizont, und das einzige Geräusch, das von Zeit zu Zeit die Stille der Nacht durchbrach, war das Plätschern des Flusses, der sich träge durch sein Bett wälzte.

Und doch war etwas geschehen. Etwas, was Charbadan zwar nicht sehen, aber dafür umso deutlicher spüren konnte ...

Er setzte den Feldstecher ab. Die Augen ließen ihren Blick zum hundertsten Mal an diesem Abend über das erstarrte Sandmeer der Wüste gleiten, und er legte das Glas dann vor sich auf den Boden. Er war nervös. Eine unterdrückte, fiebrige Spannung hatte von ihm Besitz ergriffen. Ein Gefühl, das tief in seinem Inneren brodelte und über dessen Ursache er schon den ganzen Abend nachgrübelte. Irgendetwas geschah oder würde geschehen. Er spürte es.

Seine Finger tasteten nach dem Feldstecher, glitten einen Moment lang über das kühle, glatte Plastikmaterial und schoben das Instrument dann entschlossen ins Futteral zurück. Vielleicht würde es seine Nerven beruhigen, wenn er aufstand und eine Runde um das Lager machte. Nicht dass es notwendig gewesen wäre. Trotz des Krieges waren sie hier sicher. Die Front lag fast fünfhundert Meilen weiter östlich, und weder er noch einer seiner Männer hatten in den letzten zwei Jahren auch nur einen scharfen Schuss abgegeben. Aber man konnte vor Überraschungen nie sicher sein. Erst am Nachmittag hatten sie zwei iranische Phantom-Jäger gesehen. Kleine, irrsinnig schnelle Silberpunkte, die hoch über ihnen nach Westen jagten und weiße Kondensstreifen in den Himmel malten. Aber die Piloten dort oben hatten andere Sorgen, als sich um ein halbes Dutzend müder Soldaten und einen schrottreifen Panzer zu kümmern.

Charbadan dachte oft über den Krieg nach. Er war Soldat mit Leib und Seele, und trotzdem hasste er den Krieg. Zumindest die Art von Krieg, die heute geführt wurde.

Er stammte aus einer Familie, in der das Kriegshandwerk Tradition hatte. Zumindest ein männliches Mitglied jeder Generation war Soldat gewesen, ein guter Soldat sogar, und auch Charbadan hatte diese Reihe fortgesetzt. Und wenn es nach ihm ging, dann würde auch sein Sohn eines Tages die Uniform seines Landes anziehen. Trotzdem hasste er den Krieg.

Er stand auf, reckte sich ungeniert und stieg mit umständlichen Bewegungen von dem Felsblock hinunter, den er als Aussichtsposten benutzt hatte. Das Lager lag eingekeilt zwischen zwei schroffen Berghängen am Ufer des Chat-el-arab. Dort drüben, wenig mehr als einen Steinwurf von ihrer Position entfernt, lag der Iran. Der Feind. Der Staat, mit dem sein Land seit Urzeiten in Fehde lag.

Vor Charbadans innerem Auge entstand für einen kurzen Moment eine Vision. Er sah Reiterhorden, Männer auf Pferden und Kamelen, Männer in erdbraunen Umhängen und prächtigen Rüstungen, die in einem glanzvollen Zug nach Osten ritten, um den Feind zu schlagen. Für einen Moment glaubte er sogar, den Lärm der Schlacht zu hören, das ungeheure, Erde und Himmel erschütternde Dröhnen, mit dem die beiden feindlichen Heere aufeinanderprallten, das Klirren von Stahl, Wut-, Kampf- und Schmerzensschreie. Aber die Vision verging rasch wieder, und mit ihr verging das kurzlebige Hochgefühl, das sich in ihm ausgebreitet hatte.

Sein Blick wanderte zum Lager hinüber. Die Männer schliefen rund um das niedergebrannte Feuer. Hinter ihnen hockte ein riesiger, buckeliger Schatten. Der Panzer. Ein sowjetischer MK 87, eigentlich schon vor zwei Jahrzehnten für den Schrottplatz bestimmt und nur die halbe Zeit überhaupt einsatzfähig. Aber es war das Beste, was sie hatten. Und sie konnten von Glück sagen, dass sie überhaupt ein Fahrzeug erhalten hatten. Es gab genug andere Trupps, Kommandos wie das ihre, die wochen- und monatelang auf sich allein gestellt durch die Wüste patrouillierten, ohne mehr als ein paar lahme Kamele als Transportmittel zu haben. Da war der Panzer schon vorzuziehen. Auch wenn es darin tagsüber so heiß wie in einem Bratofen war und die Kanone wahrscheinlich beim ersten Schuss explodieren würde.

Aber dieser Panzer symbolisierte alles, was Charbadan an der modernen Art, Krieg zu führen, hasste. Er war ein Ungeheuer aus Stahl und Kraft, ein gepanzertes Monstrum, das den Krieg auf eine andere Ebene hob, eine Ebene, in der mehr und mehr die Technik tonangebend wurde und in der der Mann fast nichts mehr galt. Die modernen Kriege wurden in den Labors und Konstruktionsbüros gewonnen, nicht auf dem Schlachtfeld.

Er hängte sich seinen Karabiner über die Schulter, spuckte den Zigarettenstummel aus, auf dem er seit einer halben Stunde herumgekaut hatte, und begann seinen Rundgang um das Lager. Seine Stiefel erzeugten ein hartes, schallendes Echo auf dem Felsboden.

Eine der dunklen Gestalten um das Lagerfeuer regte sich, als Charbadan an ihr vorüberging. Er blieb stehen, versuchte, im Dunkeln das Gesicht des anderen zu erkennen, und nickte schließlich unmerklich.

»Schlaf weiter«, flüsterte er. »Du hast noch Zeit.«

Sabid schien zu überlegen. Sein Gesicht war ein heller Fleck in der Dunkelheit, aber Charbadan konnte trotzdem erkennen, dass er müde und erschöpft wirkte. Die letzten Wochen waren anstrengend gewesen. Heiß und anstrengend.

»Ich habe sowieso die nächste Wache«, murmelte Sabid.

»Du kannst noch eine Stunde schlafen«, gab Charbadan zurück. In Wirklichkeit war seine Wachtperiode längst um. Aber Sabid hatte am vergangenen Tag den Panzer gefahren – bei den hier herrschenden Temperaturen eine Arbeit, die Charbadan nicht einmal seinem ärgsten Feind gegönnt hätte. Außerdem würde er sowieso nicht schlafen können. Seine Nervosität hatte sich nicht gelegt. Im Gegenteil – er spürte die Gefahr, diese namenlose, stumme Drohung, die sich hinter dem Schweigen der Nacht verbarg, mit beinahe jeder Sekunde deutlicher.

Sabid zog seinen Arm aus dem Schlafsack hervor, streifte den Ärmel zurück und sah auf die Uhr.

»Du lügst«, sagte er schließlich. »Ich hätte dich schon vor anderthalb Stunden ablösen sollen.«

Charbadan zuckte mit den Schultern. »Vergiss es. Ich kann sowieso nicht schlafen.«

Sabid stand trotzdem auf. Seine Bewegungen wirkten fahrig, und die Strapazen des vergangenen Tages hatten deutliche Spuren in seinem Gesicht hinterlassen. Aber der Blick seiner Augen war klar, als er neben Charbadan anlangte.

»Du spürst es auch, nicht?«, fragte er geradeheraus.

Charbadan nickt überrascht. »Du auch?«

»Ich bin unruhig, wenn du das meinst. Und ich habe Angst.« Sabid lachte nervös. Seine Stimme war eine Spur zu schrill. »Aber frag mich nicht, warum«, sagte er hastig.

Charbadan musterte ihn einen Augenblick lang scharf und sah dann wieder die Berge an. Die Felsgrate wirkten plötzlich seltsam scharf und kantig. Die Schatten schienen tiefer geworden zu sein, und das Mondlicht hatte einen unwirklichen, harten Glanz bekommen.

Einbildung?

Er schüttelte den Kopf, atmete hörbar ein und wandte sich dann wieder an Sabid.

»Es wird Zeit, dass wir Urlaub machen«, sagte er. »Wir sind seit drei Monaten unterwegs. Kein Wunder, wenn wir anfangen, Gespenster zu sehen.«

Sabid schüttelte nachdenklich den Kopf. »Das ist es nicht. Es ist die Gegend hier. Wir sollten nicht hier sein.«

»Wie meinst du das?«

»Du bist nicht von hier?«

»Natürlich nicht.«

Sabid nickte. »Ich bin hier aufgewachsen. Jedenfalls in der Nähe. Die Berge hier ...« Er brach ab, biss sich auf die Lippen und starrte einen Augenblick lang zu Boden. »Man erzählt sich sonderbare Dinge über diese Berge. Früher einmal soll hier eine Räuberburg gewesen sein. Und angeblich treiben die Geister der Ermordeten noch immer ihr Unwesen in den Hügeln.«

Charbadan schauderte. Normalerweise hätte er über solches Gerede gelacht. Aber Sabids Worte hatten irgendetwas in ihm berührt. Die scharfe Entgegnung, die ihm auf der Zunge lag, wurde zu einem unwilligen Grunzen. »Du redest Unsinn«, sagte er leise.

Sabid antwortete nicht, aber sein Blick sprach Bände. Er spürte die wortlose Drohung so gut wie Charbadan, und er wusste auch, dass der andere sie spürte.

»Ich übernehme jetzt die Wache«, sagte er statt einer direkten Antwort. »Leg dich ein paar Stunden aufs Ohr. Wir brechen sowieso bei Sonnenaufgang auf.« Er ging zu seinem Schlafsack zurück, hob den Karabiner auf und hängte ihn mit gekonntem Schwung über die Schulter.

Charbadan zögerte. »Ich kann sowieso nicht schlafen«, sagte er schließlich. »Außerdem ...«

Der Berg hinter ihm flog auseinander.

Ein ungeheurer, dröhnender Schlag ließ die Wüste erzittern. Charbadan wurde von der Druckwelle von den Füßen gerissen, überschlug sich in der Luft und prallte mit einem schmerzhaften Schlag auf den Boden.

***

Es war keine Explosion, es gab keinen Blitz, keine Flammen, keinen Rauch. Vor Charbadans ungläubig aufgerissenen Augen barst die massive Felswand auseinander, bebte, zerriss wie unter einem ungeheuren Hammerschlag und überschüttete das Lager mit einem Hagel von Steinen und Felstrümmern. Neben ihm begann Sabid zu schreien, aber das Geräusch ging im Dröhnen des zusammenstürzenden Berghangs unter. Ein kopfgroßer Felsbrocken hämmerte neben Charbadan in den Boden. Kleine, scharfkantige Steinsplitter rasten wie winzige Schrapnellgeschosse über das Lager, fraßen sich in den Boden, klatschten mit hässlichem Geräusch in Körper oder gegen den stählernen Leib des Panzers. Eine riesige Staubwolke erhob sich vom Fuß des Berges.

Charbadan kam hustend auf die Beine. Sein linker Arm brannte, und aus einer Schnittwunde an seiner Schläfe tropfte Blut. Aber davon merkte er kaum etwas. Sein Blick hing fasziniert an der riesigen, gezackten Öffnung, die in der Bergflanke entstanden war. Das Loch war mindestens zehn Meter hoch und vier-, fünfmal so breit. Seine Form erinnerte Charbadan an ein gierig aufgerissenes Maul.

Neben ihm richtete sich Sabid mit schmerzverzerrtem Gesicht auf. In seinen Augen flackerte die beginnende Panik. »Sie kommen!«, stammelte er. »Sie sind da! Sie kommen, Charbadan!«

Charbadan fuhr herum und gab ihm eine schallende Ohrfeige. Sabid taumelte einen Schritt zurück, griff sich an die Wange und schüttelte benommen den Kopf.

Aber der Schlag hatte gewirkt. Der Blick seiner Augen klärte sich.

»Danke«, sagte er leise.

Charbadan nickte knapp und richtete seine Aufmerksamkeit dann wieder voll und ganz auf den Berg. Hinter der gezackten Öffnung war ein sanftes dunkelrotes Glühen entstanden, so, als spiegele sich der Widerschein eines unterirdischen Höllenfeuers an den zernarbten Wänden.

Charbadans Herz begann, wild zu hämmern. Das seltsame, beklemmende Gefühl, das schon den ganzen Abend lang in ihm gewesen war, verdichtete sich zu brodelnder Angst. Seine Hände begannen zu zittern.

Einer der Männer tauchte schwer atmend neben ihm auf.

»Was ist los, Kommandant? Ein Überfall?«

Charbadan schüttelte mühsam den Kopf. Er versuchte, den Blick von der gigantischen Öffnung zu nehmen, aber es ging nicht. Irgendwie spürte er, dass dies nur der Auftakt war. Dass irgendetwas Schreckliches geschehen würde. Er versuchte zu sprechen, aber alles, was er hervorbrachte, war ein mühsames Krächzen. Hinter ihm erwachte der Panzermotor zu dröhnendem Leben, während die Männer in Stellung gingen.

»Diese Narren«, wimmerte Sabid. »Sie – sie denken, die Iraner kämen. Sie ...«

Der Rest des Satzes ging in einem entsetzten, vielstimmigen Aufschrei unter. In der Höhlenöffnung erschien eine riesige, grotesk verzerrte Gestalt. Zuerst hatte Charbadan den Eindruck, eine monströse Kreuzung zwischen Mensch und Ungeheuer zu erblicken. Das Ungeheuer war mehr als drei Meter groß: eine bizarre Kreatur mit dem Leib eines Pferdes, dem Oberkörper eines Menschen und dem gehörnten Schädel eines Stieres. Dann bewegte sich die Gestalt, und Charbadan sah, dass es sich um einen Reiter handelte.

Einen Reiter ...?

Charbadan schrie entsetzt auf, als er endlich die Wahrheit begriff.

Das, was er dort sah, war nichts als ein Schatten! Ein gigantischer, körperloser Schatten, der reglos in der Höhlenöffnung stand und die Männer aus unsichtbaren Augen anstarrte.

Sabid keuchte entsetzt. Plötzlich lag der Karabiner in seinen Händen. Der Sicherungsflügel schnappte herum, und der Lauf richtete sich drohend auf die schattenhafte Gestalt.

»Die Schattenreiter!«, keuchte er. Seine Stimme glich eher einem hysterischen Krächzen. Die Worte waren kaum zu verstehen, und der Ausdruck in seinen Augen war der eines Wahnsinnigen.

Charbadan fuhr herum und schlug ihm die Waffe aus der Hand.

»Niemand schießt ohne meinen ausdrücklichen Befehl!«, brüllte er. »Niemand!«

Er fuhr herum und blickte wieder zu der Höhlenöffnung hinauf. Das Bild hatte sich abermals verändert. Neben dem Reiter war eine zweite Gestalt erschienen. Und noch während Charbadan versuchte, das fantastische Bild zu verarbeiten, materialisierte sich ein dritter Reiter. Er kam nicht etwa aus dem Hintergrund der Höhle oder aus einem Loch im Boden. Er erschien.

Charbadan ächzte. Sein Verstand sagte ihm, dass das, was er da sah, vollkommen unmöglich war. Aber seine Augen sagten ihm das Gegenteil.

Zuerst waren es nur treibende Schatten. Brodelnde schwarze Nebelfetzen, die neben den beiden Reitern in der Luft wogten, hin und her flossen und bizarre, umrisslose Formen bildeten. Dann, wie bei einem Fernsehbild, das man langsam einblendet, materialisierte sich der Reiter. Groß, wuchtig, drohend – eine perfekte Kopie der beiden anderen unheimlichen Gestalten.

Charbadan wich Schritt für Schritt zurück. Neben den drei Reitern ballte sich das Nichts zu einer vierten Gestalt zusammen, dann zu einer fünften, sechsten. Schließlich, nach einer Ewigkeit, in der die Zeit erstarrt zu sein schien und nur noch das Hämmern seines eigenen Herzens und das unfassbare Grauen in Charbadans Denken Bestand hatten, standen zwölf gigantische schwarze Schatten in dem Höhleneingang.

Einer der Männer verlor die Nerven und begann zu schießen.

Charbadan wirbelte herum und trat dem Mann die Waffe aus der Hand. Aber seine Reaktion kam zu spät. Ein kurzer, abgehackter Feuerstoß peitschte zur Höhle hinauf, hämmerte in den Felsen und zerriss die Stille.

Und dann brach die Hölle los. Charbadans gebrüllte Befehle gingen im Krachen und Hämmern der Schüsse unter, als die Männer wie auf ein geheimes Kommando hin das Feuer eröffneten. Die Felsen rings um den Höhleneingang schienen unter der Wucht des Feuerschlages zu zerbersten. Funken stoben auf, Querschläger heulten sirrend davon, Steinsplitter fetzten durch die Luft.

Jemand warf eine Granate. Ein greller Blitz löschte das rote Höllenfeuer der Höhle aus. Schwarzer fettiger Rauch versperrte für einen Augenblick die Sicht, und irgendwo neben dem Höhleneingang begann etwas zu brennen.

Und inmitten dieses Chaos standen die Schattenreiter. Ungerührt, unverwundbar und drohend.

Charbadans Verstand weigerte sich einfach, das Geschehen als wahr zu akzeptieren. Die Männer feuerten ununterbrochen aus ihren automatischen Waffen auf die Unheimlichen. Auf diese Entfernung konnten sie einfach nicht danebenschießen! Und doch standen die Unheimlichen seelenruhig inmitten dieser Hölle aus detonierenden Geschossen und splitterndem Fels.

Für einen kurzen, schrecklichen Moment hatte Charbadan das Gefühl, dass der Blick der Dämonen direkt auf ihn gerichtet war.

Und dann setzten die Reiter sich in Bewegung. Langsam, als hätten sie alle Zeit der Welt, lenkten sie ihre Tiere den abschüssigen Hang herunter und näherten sich den Soldaten.

Charbadan erwachte aus seiner Erstarrung.

»Rückzug!«, brüllte er mit vollem Stimmaufwand. »Nichts wie weg hier!«

Trotz des Höllenlärms schienen seine Worte verstanden worden zu sein. Die Männer stellten das Feuer ein, liefen zum Flussufer hinunter oder sprangen auf den Panzer, der sich schwerfällig in Bewegung setzte.

Aber sie waren zu langsam.

Der vorderste Schattenreiter stieß plötzlich einen markerschütternden Kampfschrei aus, riss seinen Krummsäbel aus der Scheide und preschte los. Die Gruppe teilte sich. Die Hälfte galoppierte zum Flussufer hinunter und trieb die verstörten Soldaten auseinander, während der Rest der gespenstischen Armee den Talausgang blockierte.

Charbadan sah, wie der Turm des Panzers langsam herumschwenkte. Die Sicherung der Kanone rastete hörbar aus. Gleichzeitig begannen die Maschinengewehre des Panzerfahrzeugs zu feuern. Charbadan schloss stöhnend die Augen, als die Leuchtspurgeschosse auf die herangaloppierenden Reiter zujagten.

Die Salve saß genau im Ziel. Neben und vor den Schattenreitern explodierte der Boden. Eine schnurgerade Linie winziger Dreckfontänen raste auf die Angreifer zu, kreuzte ihre Spur und jagte hinter ihnen in die Nacht. Aber die Unheimlichen waren immun gegen menschliche Waffen. Die Geschosse rasten harmlos durch sie hindurch, durchschlugen ihre Körper ohne sichtbaren Widerstand und explodierten an der Felswand in ihrem Rücken.

Dann feuerte die Kanone.