Hohlbein Classics - Im Land des Unheils - Wolfgang Hohlbein - E-Book

Hohlbein Classics - Im Land des Unheils E-Book

Wolfgang Hohlbein

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Beschreibung

Jetzt zum ersten Mal als E-Book verfügbar: Die Reihe "Hohlbein Classics" versammelt die frühen Werke von Wolfgang Hohlbein, die seinerzeit im Romanheft erschienen sind.


Die Story: Nicole, Zamorra und Bill Fleming spielen es. Es ist ein aufregendes, seltsames und magisches Spiel, dessen Kraft erst frei wird, als sich die Freunde voll darauf konzentrierten. Dann geschieht etwas Grauenhaftes. Dimensionen verschieben sich. Das Spiel wird zur Realität. Nicole und Zamorra sind Gefangene im Land des Unheils, und Bill Conolly verliert sein Augenlicht ...

"Im Land des Unheils" erschien erstmals am 28.02.1983 unter dem Pseudonym Robert Lamont in der Reihe "Professor Zamorra".


Der Autor: Wolfgang Hohlbein ist der erfolgreichste deutschsprachige Fantasy-Autor mit einer Gesamtauflage von über 40 Millionen Büchern weltweit.

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Seitenzahl: 130

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Inhalt

CoverHohlbein ClassicsÜber diese FolgeÜber den AutorTitelImpressumIm Land des Unheils

Hohlbein Classics

Jetzt zum ersten Mal als E-Book verfügbar: Die Reihe »Hohlbein Classics« versammelt die frühen Werke von Wolfgang Hohlbein, die seinerzeit im Romanheft erschienen sind.

Über diese Folge

Im Land des Unheils

Ein Professor Zamorra Roman

Nicole, Zamorra und Bill Fleming spielen es. Es ist ein aufregendes, seltsames und magisches Spiel, dessen Kraft erst frei wird, als sich die Freunde voll darauf konzentrierten. Dann geschieht etwas Grauenhaftes. Dimensionen verschieben sich. Das Spiel wird zur Realität. Nicole und Zamorra sind Gefangene im Land des Unheils, und Bill Conolly verliert sein Augenlicht ...

»Im Land des Unheils« erschien erstmals am 28.02.1983 unter dem Pseudonym Robert Lamont in der Reihe »Professor Zamorra«.

Über den Autor

Wolfgang Hohlbein ist der erfolgreichste deutschsprachige Fantasy-Autor mit einer Gesamtauflage von über 40 Millionen Büchern weltweit.

WOLFGANG

HOHLBEIN

Im Land des Unheils

Ein Professor Zamorra Roman

BASTEI ENTERTAINMENT

Aktualisierte Neuausgabe der im Bastei Lübbe Verlag erschienenen Romanhefte aus der Reihe Professor Zamorra

Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG

Copyright © 2015 by Bastei Lübbe AG, Köln

Lektorat/Projektmanagement: Esther Madaler

Covergestaltung: Christin Wilhelm, www.grafic4u.de unter Verwendung von © shutterstock/Natykach Nataliia; shutterstock/Dmitry Natashin

E-Book-Erstellung: Dörlemann Satz, Lemförde

ISBN 978-3-7325-1456-4

Im Land des Unheils

Ein Gespenster-Krimi von Robert Lamont

Der Raum war klein und selbst für ein Krankenhauszimmer spärlich möbliert. Ein schmales, an der Wand befestigtes Bett, ein dreibeiniger Tisch mit einem niedrigen Hocker, in der Ecke neben der Tür das Toilettenbecken und eine nackte Glühbirne, die hinter einem Schutzgitter aus engmaschigem Draht von der Decke baumelte, bildeten die gesamte Einrichtung. Die Wände und die schräge Decke mochten früher einmal weiß gewesen sein, aber die Farbe hatte schon vor Jahren angefangen, in großen, hässlichen Flecken abzublättern, sodass der Verputz und an manchen Stellen bereits das nackte Mauerwerk zum Vorschein gekommen waren.

Vor dem schmalen, vergitterten Fenster hoch unter der Decke zogen schwere Regenwolken vorbei. Das dumpfe Klatschen der Tropfen vermischte sich mit den undeutlichen Geräuschen, die aus den benachbarten Zimmern oder vom Gang hereindrangen.

Manchmal waren Schritte zu hören; langsame, schwere Schritte, die sich der Tür näherten, einen Herzschlag lang verharrten und sich dann genauso langsam wieder entfernten. Von irgendwoher kam leise, quäkende Musik aus einem billigen Kofferradio, dann und wann von der Stimme eines Ansagers unterbrochen, ohne dass man die Worte hätte verstehen können, und von Zeit zu Zeit trug eine Windböe die murmelnden Geräusche der nahe gelegenen Stadt mit sich.

Der Mann auf dem Bett regte sich. Seine Hände zuckten, führten nervöse, zupackende Bewegungen aus und erstarrten dann wieder. Wären nicht dann und wann diese unbewussten Bewegungen gewesen, hätte man den Mann für tot halten können. Er lag ausgestreckt auf der schmalen Pritsche, mit geschlossenen Augen und starrem, wachsbleichem Gesicht. Er hätte vierzig sein können, aber genauso gut siebzig oder hundert. Seine Wangen waren eingefallen, die Haut dünn und trocken wie altes Pergament und die Hände so abgemagert, dass sie eher an die Fänge eines Raubvogels erinnerten als an menschliche Hände. Er war seit mehr als einem halben Jahr hier, ohne dass sich an seinem Zustand etwas geändert hätte. Ärzte und Psychologen hatten ihn untersucht, ohne zu einem Ergebnis zu kommen. Der Mann war gesund, körperlich wenigstens. Er aß, verrichtete die notwendigen körperlichen Bedürfnisse und antwortete, wenn man ihn ansprach.

Aber das war auch alles.

Die Pfleger hatten sich im Laufe der Zeit an den Anblick gewöhnt, und die Kalfaktoren, die dreimal am Tag das Essen brachten, zuckten nicht mehr zusammen, wenn der lebende Leichnam die Augen öffnete und mit zitternden, unsicheren Bewegungen nach seinem Teller griff. Und auch die übrigen Patienten betrachteten ihren seltsamen Gefährten, der sein Zimmer nie verließ und an keiner der Veranstaltungen, die das trostlose Leben in der Nervenheilanstalt auflockern sollten, teilnahm, mittlerweile als harmloses, wenn auch etwas unheimliches Unikum.

Der Mann stöhnte.

Es war ein leises, kaum wahrnehmbares Geräusch, das irgendwo tief aus seiner Brust kam. Ein dünner Speichelfaden lief aus seinem Mundwinkel. Seine Stirn glänzte vor Schweiß, und die Augäpfel hinter den geschlossenen Lidern führten schnelle, ruckhafte Bewegungen aus. Äußerlich mochte er ruhig erscheinen, aber hinter seiner Stirn tobte ein fürchterlicher Kampf.

Seit zwei Jahren war er gefangen, seit einem halben Jahr hier, in der psychiatrischen Abteilung, und während all dieser Zeit hatte er ausschließlich an zwei Dinge gedacht. Den Mann, der ihn hierher gebracht hatte, dem er seine Niederlage und sein Martyrium zu verdanken hatte – und seine Rache.

Selbst jetzt, nach all dieser Zeit, dachte er an nichts anderes, und das einzige Gefühl, das er verspürte, war Hass. Es war sein größter Kampf gewesen, ein ehrgeiziges Unternehmen, jahrzehntelang geduldig vorbereitet, ein Schlag, der ihm die absolute Macht verschafft hätte.

Aber er hatte verloren.

Ein normaler, sterblicher Mensch hatte ihn besiegt, hatte seine Träume von Macht, absoluter Macht, zerstört und ihn selbst einsperren lassen. Seitdem konzentrierte er sich nur noch auf eines:

Rache ...

Er war ein Wrack, nicht mehr als ein Schatten seiner selbst, aber in ihm war noch etwas von der Macht, eine winzige Spur der alten dämonischen Kraft, die der andere nicht hatte auslöschen können. Ein letztes Reservoir, aus dem er noch Kraft schöpfen konnte. War es aufgebraucht, würde er sterben, endgültig.

Der Mann stöhnte erneut. Seine Glieder begannen wie unter Krämpfen zu zucken, und seine Brust hob und senkte sich in raschen, hektischen Stößen. Aber er gab nicht auf. Seine Gedanken konzentrierten sich auf einen winzigen, imaginären Punkt in seinem Inneren, jenen Punkt, auf den er seit zwei Jahren jedes bisschen Kraft, das er aufbringen konnte, gelenkt hatte.

Das Tor! Er musste das Tor schaffen!

Seit Monaten versuchte er verzweifelt, die kümmerlichen Reste seiner parapsychologischen Kräfte zu sammeln, um ein letztes Mal Verbindung zu jener fremden, tödlichen Dimension zu schaffen, aus der er Zeit seines Lebens geschöpft hatte. Er wusste, welchen Preis er würde zahlen müssen, wenn es ihm gelang. Er hatte nicht mehr die Kraft, sich selbst zu halten. Wenn er das Tor diesmal öffnete, würde sein Geist vollends hinübergleiten in jene dämonische Dimension. Und er wusste auch, welches Schicksal ihm bevorstand, wenn er sich freiwillig in ihre Hände begab. Aber es war ihm egal. Er wollte nicht sterben, ohne seine Rache vollzogen zu wissen.

Und heute gelang es ihm ...

Er hatte das Gefühl, dass in seinem Inneren ein unsichtbarer Damm brach, jene zähe, unnachgiebige Wand, von der er bisher stets abgeprallt war. Für einen winzigen, schrecklichen Moment hatte er das Empfinden, direkt in die Hölle zu stürzen. Hitze hüllte ihn ein, sengende, unerträgliche Hitze, durchwoben mit den gellenden Schreien der Verdammten, deren Seelen auf ewig in diesem Fegefeuer gefangen waren. Menschen gleich ihm, die die Mächte der Hölle beschworen hatten und daran gescheitert waren. Dann Kälte, eine starrende, tödliche Kälte, die sich wie eisige Klauen in seine Gedanken grub und alle Gedanken und Gefühle in ihm abtötete, als würde seine Seele langsam zu Eis erstarren. Und dann ...

***

Er stand auf einer weiten, flachen Ebene. Es war kalt. Ein rauer, böiger Wind trieb Wolken von Staub und trockenem Sand vor sich her, und am Himmel loderte eine böse, trüb rote Sonne. Zyklopische Felsbrocken umgaben ihn wie achtlos liegen gelassenes Riesenspielzeug, und in der Luft lag ein unangenehmer, schwer zu definierender Geruch. Schwefel und noch irgendetwas anderes, Ekelerregendes.

Diese Welt war nicht neu für ihn. Er war hier gewesen, in Gedanken, unzählige Male schon, aber noch nie hatte er sie so überdeutlich und mit solch erschreckender Klarheit gesehen wie jetzt. Und trotzdem ließ ihn das Wissen, jetzt hier zu sein, ausgeliefert zu sein, erschaudern. Aber es gab kein Zurück mehr. Er richtete sich langsam auf, sah aus zusammengekniffenen Augen über die brettflache Ebene und blinzelte. Er hatte seinen menschlichen Körper behalten, und das Licht der roten Sonne schmerzte in seinen Augen. Obwohl er fror, brannten ihre Strahlen unbarmherzig auf seine nackten Schultern herunter.

Er ging ein paar Schritte, sah sich unschlüssig um und setzte sich schließlich auf einen Stein.

Dann wartete er.

Er wusste nicht, wie viel Zeit verging oder ob überhaupt Zeit verging. Diese Welt war anders als die, aus der er stammte; in jeder Beziehung. Irgendwann entstand am Horizont Bewegung, und er wusste, dass sein Kommen bemerkt worden war.

Eine Gestalt näherte sich. Ein Mann. Nicht die wirkliche Gestalt des Wesens, sondern ein Spiegelbild seiner selbst, perfekt bis ins letzte Detail – ein Spiegelbild des Mannes, der er einstmals gewesen war. Jetzt war die Ähnlichkeit nur noch vage zu erkennen. Fast, als bemühe sich das Wesen, sein wahres Aussehen selbst hier, in seiner Heimat, noch zu verbergen. Er war groß, schlank und hatte dunkles Haar, das wie eine schwarze Kappe eng am Schädel anlag. Das Gesicht wirkte schmal und asketisch. Er trug einen weiten, lose fallenden Umhang, der seine Schultern wie ein Paar überdimensionaler Fledermausflügel umgab, und seine Füße steckten in schwarzen, mit rasiermesserscharfen Dolchen besetzten Stiefeln.

»Du bist also gekommen.« Keine Frage, sondern eine Feststellung. Und die Drohung, die in den Worten mitschwang, war unüberhörbar.

Der Mann stand auf, nickte und senkte dann den Blick. Niemand hätte es vollbracht, diesen dunklen, stechenden Augen lange Zeit standzuhalten. Auch er nicht.

»Ich ... gebe auf«, sagte er leise.

Der Unheimliche lachte. Es war ein böses, hallendes Geräusch.

»Jetzt?«, fragte er. »Jetzt, wo du am Ende bist und ich deine Seele – oder was du dafür hältst – sowieso bekomme?«

»Das stimmt. Aber ich biete dir mehr.«

Ein höhnisches Lächeln huschte über die Züge des Dämons.

»Was hättest du mir schon zu bieten?«

»Das Tor.« Es fiel ihm schwer, die Worte auszusprechen. »Ich werde dir zeigen, wie du das Tor von deiner Seite aus öffnen kannst. Der Weg in die Menschenwelt – ist das nichts, was dich reizen könnte? Ich bin geschlagen, aber deiner Macht hätten sie nichts entgegenzusetzen.«

»Du wagst es, Forderungen zu stellen?« Das Gesicht des Unheimlichen blieb weiter ausdruckslos, aber in seiner Stimme schwang ein deutlich drohender Unterton mit.

»Keine Forderung. Ein Angebot. Mich und eine ganze Welt gegen eine kleine Gefälligkeit.«

Der Schwarzgekleidete überlegte. »Was verlangst du? Deine Freiheit?«

»Nein. Es ist nicht viel. Für dich nicht mehr als eine flüchtige Geste. Aber mir bedeutet es unendlich viel.«

Der andere nickte. »Das muss es wirklich, wenn du bereit bist, ein solches Opfer zu bringen. Du weißt, welches Schicksal dich erwartet. Und du weißt auch, dass ich dich nicht schonen werde. Unser Vertrag ...«

»Ich weiß. Trotzdem.«

»Dann sprich!«

Der Mann schwieg einen Moment. Als er dann antwortete, zitterte seine Stimme, als bereite es ihm unendliche Mühe, die wenigen Worte auszusprechen. »Ich will, dass du einen Menschen tötest!«

»Einen Menschen! Einen ganz gewöhnlichen Menschen? Und dafür ...«

»Ja, dafür!«, schrie der Mann. »Ich will, dass du ihn tötest! Er hat mich geschlagen! Ihm habe ich meine Niederlage zu verdanken! Töte ihn! Bring ihn um, und ich zeige dir den Weg hinüber!«

»Das wirst du ohnehin müssen, wenn ich diesen Menschen töten soll.«

»Natürlich. Aber ich vertraue deinem Wort.«

»Du hast wohl auch keine andere Wahl«, sagte der Schwarzgekleidete leise. Er schüttelte den Kopf. »Menschen«, stieß er abfällig hervor. »Menschen und ihre Gefühle. Dir ist jedes Opfer recht, wenn es dir nur hilft, deine alberne Rache zu vollziehen.«

»Das ist mein Problem«, schnappte der Mann. »Nimmst du an?«

»Natürlich. Der Handel ist perfekt. Eine Welt gegen ein Menschenleben. Ich muss gestehen, dass ich nicht oft zu solch guten Geschäften komme. Zeige mir den Mann, den ich töten soll!«

Der Mann konzentrierte sich. Vor seinem inneren Auge entstand das Bild eines schlanken, dunkelhaarigen Mannes von unbestimmbarem Alter.

»Das ist er?«

Der Mann nickte. Schweiß perlte auf seiner Stirn. »Ja«, flüsterte er. »Das ist er.« Seine Stimme bebte selbst jetzt vor Hass. »Geh jetzt. Das Tor ist offen.

TÖTE ZAMORRA!«

***

Er sah von dem Schriftsatz auf, über dem er die letzten zwei Stunden gebrütet hatte, gähnte hinter vorgehaltener Hand und fuhr sich müde mit Daumen und Zeigefinger über die Augen. Die Luft in dem kleinen Arbeitszimmer roch abgestanden; nach kaltem Rauch und Kaffee, den er in den letzten Stunden literweise in sich hineingekippt hatte. Trotzdem – oder vielleicht gerade deshalb – brummte ihm der Schädel. Er warf einen letzten, wehmütigen Blick auf das beschriebene Papier vor sich, seufzte hörbar und stand auf, um langsam zum Fenster zu gehen. Die getönten Butzenscheiben färbten das Sonnenlicht und tauchten die Landschaft draußen scheinbar in ein Meer von roten und orangegelben Farben. Er legte den Riegel um, zog die Fensterflügel weit auf und stützte sich auf dem schmalen Fenstersims ab. Die kühle Luft, die von draußen hereinströmte, half ein wenig, den Wust hinter seiner Stirn zu vertreiben. Vermutlich hatte Nicole recht; er arbeitete zu viel, besonders in letzter Zeit. Aber auf seinem Schreibtisch häufte sich die Arbeit, und die zahlreichen Reisen, die er immer wieder unternahm, halfen ihm auch nicht gerade dabei, damit fertig zu werden.

Es klopfte, und Sekunden später wurde die Tür geöffnet, ohne dass er Zeit gefunden hätte, zu antworten. Nicole betrat den Raum. Sie schob die Tür hinter sich zu, warf einen Blick auf den überladenen Schreibtisch und schüttelte vorwurfsvoll den Kopf.

»Du arbeitest einfach viel zu viel«, sagte sie tadelnd. »Was ist?«, fragte Zamorra.

Nicole zuckte beinahe unmerklich die Achseln. »Nichts, eigentlich«, antwortete sie. »Bill ist gerade angekommen. Du könntest das als Anlass nehmen und eine kleine Pause machen. Vielleicht einen Kaffee mit uns trinken.« Sie schlenderte zum Tisch, warf einen flüchtigen Blick auf das eng bekritzelte Manuskriptblatt, über dem er gesessen und mit seiner kleinen, sauberen Handschrift Korrekturen eingetragen hatte, schüttelte abermals den Kopf und schlug den Ordner mit einer bestimmten Bewegung zu. »Du übertreibst«, stellte sie fest.

Zamorra lächelte flüchtig. »Möglich«, murmelte er. »Aber hätte ich eine Sekretärin, die acht Stunden am Tag für ihr Gehalt arbeitet, statt mein sauer verdientes Geld mit beiden Händen zum Fenster hinauszuwerfen, hätte ich es leichter, weißt du?«

Nicole zog es vor, die Spitze zu überhören. Mit ein paar raschen Schritten kam sie zu ihm hinüber, legte die Arme um seinen Hals und schmiegte sich eng an ihn. »Wenn wir schon einmal ein Wochenende zu Hause sind, dann könntest du wenigstens die Höflichkeit aufbringen und Arbeit Arbeit sein lassen und dich mir widmen. Oder wenigstens so tun.«

Zamorra machte sich mit sanfter Gewalt los, ging zum Tisch und blätterte in den Papieren, die sich auf der überladenen Platte stapelten.

»Bill ist kein Besuch«, stellte er fest, »sondern ein guter Freund, der genau weiß, dass ich nur so viel arbeite, um mir eine teure Sekretärin zu halten. Wahrscheinlich die teuerste in ganz Europa. Wenn nicht der Welt.«

»Aber dafür auch die beste«, versetzte Nicole. »Außerdem nutzt dir dein Ablenkungsmanöver gar nichts, mein Lieber. Kommst du herunter?«

Zamorra nickte. »Sicher. Eine kleine Pause wird mir sicher guttun. Aber danach mache ich weiter, ob es dir passt oder nicht. Ich habe noch ein hübsches Pensum vor mir. Das Manuskript geht in zwei Wochen in Druck, vergiss das nicht.«

»Ich vergesse nie etwas«, behauptete Nicole. »Vor allem nicht den Kaffee, der langsam kalt wird.«

»Ist die Post schon durch?«, fragte Zamorra.

»Sicher. Aber es war nichts Interessantes dabei. Ein Haufen Reklame, die Telefonrechnung – nichts, was dich zum Noch-mehr-Arbeiten bringen könnte. Zufrieden?«

Zamorra nickte und schloss das Fenster. Im Grunde war er ganz froh, dass Nicole ihn entführte. Er hatte sich in diesem leer stehenden Zimmer eingerichtet, um wirklich in Ruhe und ungestört arbeiten zu können. Aber er hatte in den letzten Tagen wahrlich genug getan.

Sie verließen das Zimmer und gingen ins Erdgeschoss hinunter. Die Eingangstür stand offen. Ein eisiger Windzug fegte durch die weitläufige Empfangshalle und ließ Zamorra frösteln. Er seufzte, ließ Nicoles Hand los und eilte zur Tür, um sie zu schließen.